Mit Hypothermie gegen die Folgen des Herzstillstands

Wenn die Körpertemperatur von Herzstillstands-Patienten rechtzeitig gesenkt wird, wird eine signifikante Verbesserung der Überlebenschancen erreicht. Das Wiener Start-up <a href=http://www.emcools.com>Emcools</a> hat mit Wiener Ärzten Kühlmatten entwickelt, die Patienten schnell auf 33 &deg; C Kerntemperatur abkühlen können. <% image name="EMCOOLS1" %><p> <small> Bei einem Herzstillstand zählt jede Minute. Durch rasche, aber milde Absenkung der Körpertemperatur können Spätfolgen minimiert und die Überlebenschancen stark verbessert werden. </small> Bei einem Herzstillstand zählt jede Minute: Wie viel Zeit zwischen dem Herzversagen und erfolgreicher Wiederbelebung vergeht, entscheidet über Leben oder Tod des Patienten. Dazu kommt, dass ein Herzstillstand ungeachtet der erfolgreichen Reanimation automatisch irreversible Prozesse im Körper des Patienten auslöst, die auch noch auf der Intensivstation zum Tod oder zu schweren Behinderungen führen können. Die milde therapeutische Hypothermie – eine moderate Herabkühlung des Patienten – kann die Überlebensquote drastisch anheben. Die neuen internationalen Richtlinien des European Resusciation Councils (ERC) und der American Heart Association (AHA) empfehlen deshalb seit Dezember 2005, bewusstlose, erwachsene Patienten nach einem Herzstillstand für 12 bis 24 h auf 32 bis 34 &deg; C Körpertemperatur abzukühlen. Die ersten Hinweise auf die vorteilhafte Wirkung einer kühleren Körpertemperatur lieferte bereits Napoleons Leibarzt: Er beobachtete, dass bei Schlachten Offiziere eher ihren Verletzungen erlagen als einfache Soldaten. Neugierig geworden, begann er die Verhaltensweisen der Soldaten zu studieren und fand schließlich heraus, dass die höheren Ränge die besten Plätze um das Feuer erhielten und zum Zeitpunkt der Verarztung durchwegs eine höhere Körpertemperatur aufwiesen. Aufgrund seiner Beobachtungen schlug der Arzt schon damals eine Kühlung der Verletzten vor. Soweit die Theorie- Praktisch ist die Abkühlung eines Patienten aber kein leichtes Unterfangen. Entsprechende Kühlgeräte befinden sich noch in den Kinderschuhen – sie sind meist stationär gebunden, teuer und ineffizient. Das Wiener Start-up Emcools (Emergency Medical Cooling Systems) will diese Lücke schließen und hat spezielle Kühlmatten entwickelt, die auch in Rettungsfahrzeugen eingesetzt werden können. „Wir haben zuerst mit vielen verschiedenen Geräten experimentiert. Fazit war, diese Geräte waren laut, benötigten viel Platz und konnten vor allem den Körper nicht schnell genug abkühlen“, umreißt Peter Vogel, Geschäftsführer von Emcools, die Anfangsphasen der Entwicklung. „Mit unseren Kühlmatten kann ein Körper jedoch in einer halben Stunde auf 33 &deg; C gekühlt werden – und jede Minute zählt dabei“. Herkömmliche Geräte – etwa Kühlzelte auf Kompressoren-Basis – würden bis zu vier Stunden benötigen, um die entsprechende Abkühlung zu erreichen, außerdem vergehe viel Zeit zwischen Herzstillstand und dem Eintreffen in der Intensivstation. <b>Erhöhung der Überlebensraten.</b> Laut WHO erleidet in Europa und den USA jährlich durchschnittlich eine Person von 1.000 Einwohnern einen plötzlichen Herztod. Nur 3 bis 10 % der Patienten verlassen wieder gesund das Krankenhaus. Die während des Herzstillstandes beginnenden, fatalen Schädigungsprozesse von Gehirn und Organen schreiten auch nach erfolgreicher Wiederbelebung fort (Post Resusciation Syndrome). Eine entsprechende Kühlung nach Herzstillstand bewirkt laut einer Wiener Studie eine signifikante Verbesserung der Überlebenschancen (plus 31 %) und einen Rückgang des Risikos schwerer Gehirnschädigungen (41 %). „Dies sind sensationelle Zahlen. In der Medizin spricht man bereits von einem Erfolg, wenn durch Medikamente die Überlebenschance um 5 % erhöht werden kann“, so Vogel. Die ersten Versuche in die entsprechende Richtung wurden 2004 unternommen, 2005 kristallisierte sich schließlich das jetzige Kernteam heraus. „Insgesamt haben wir 1,5 Mio € an Kapital aufgestellt, wovon die Hälfte von privaten Investoren, die andere Hälfte über öffentliche Förderungen zu Verfügung gestellt wurde“, so Vogel. Mit an Bord des Unternehmens ist Wilhelm Behringer, Facharzt für Innere Medizin und Notarzt, der unter dem Pionier der therapeutischen Hypothermie, Peter Safar, mehrere Jahre in Pittsburgh tätig war. Behringer hat auch an der Studie mitgewirkt, die den therapeutischen Erfolg von Hypothermie nachwies. „Die Theorie war somit auf unserer Seite, schwierig gestaltete sich nur die Entwicklung der mobilen Kühlmatten“, erinnert sich Friedrich Vogel. „Reine Eismatten wirken aufgrund der schlechten thermischen Leitung nicht, und zu starke Abkühlung durch Eis-Salz-Lösungen hätten zu Erfrierungen geführt“. Ein Geistesblitz eines Mitarbeiters erlaubte schließlich, die Wärmeleitfähigkeit richtig anzupassen – die entsprechenden Veränderungen am Aufbau der Kühlmatten wurden bereits zum Patent angemeldet. <b>Serienproduktion ab Herbst.</b> Im Herbst dieses Jahres sollen schließlich die ersten Matten in Serie gehen. Die Matten werden nur einmal verwendet, im Tiefkühlgerät gelagert und können bei Bedarf – „in der Praxis gleich nach der Reanimation“ – angelegt werden. Die Matten werden über Rumpf und Oberschenkel gelegt, wo die Kälte die meiste Angriffsfläche hat. „Für den mobilen Betrieb in Rettungsfahrzeugen wird die Matte in einen isolierten Kühlcontainer gepackt, in dem die Temperatur auch bei hohen Außentemperaturen über 24 h gehalten werden kann“, so Vogel. Beim Schichtwechsel würden die Container einfach wieder getauscht – „bis zu ersten Anwendung können die Matten beliebig oft eingefroren werden“. Wichtiges Element bei der Abkühlung des Patienten ist die ständige Überwachung der Körpertemperatur. „Ein einfacher Fieberthermometer ist nicht ausreichend, es geht um die Ermittlung der Kerntemperatur“, erklärt Vogel. Mit der Messung in der Speiseröhre sei ein Verfahren gefunden worden, das zuverlässige Ergebnisse liefert. Neben der Temperaturanzeige, die am Arm des Patienten festgeschnallt wird, gibt es auch einen Signalausgang, der direkt in herkömmliche EKG-Geräte eingespeist werden kann. „Somit ist die ständige Überwachung gegeben“. Darüber hinaus würde Defibrillatoren-Hersteller langsam dazu übergehen, in ihren Geräten auch Temperatursignale verarbeiten zu können. <b>Vertriebsstart in Europa und USA.</b> Emcools will seine Kühlmatten vorerst in Europa und den USA vertreiben. Der Kostenpunkt pro Matte liegt bei rund 700 € – „günstiger als herkömmliche Methoden, vom volkswirtschaftlichen Aspekt ganz zu schweigen“, so Vogel. Während dieses Jahr der Fokus auf der Markteinführung liegt, sollen 2007 bereits 2.000 Systeme abgesetzt werden. „Unser Potenzial liegt in rund einem Drittel aller Fälle, das entspricht weltweit rund 100.000 Behandlungen pro Jahr.“ In den Europa und den USA kommt es jährlich zu 800.000 Herzstillständen, wobei aber mehr als die Hälfte der Patienten verstirbt, da die meisten Herzstillstände ohne dem Beisein Dritter passieren. Mit Hypothermie gegen die Folgen des Herzstillstands