Eine neue Studie zeigt, dass Bruchstücke eines Eiweißes, das im Sperma im Übermaß vorhanden ist, die Infektiosität des AIDS-Virus (HIV) drastisch steigert. Dieser "HIV-Verstärker" könnte eine wesentliche Rolle bei der Ausbreitung von HIV spielen, weil die meisten der jährlich etwa 4 Mio Neuinfektionen durch Kontakt mit HIV-infiziertem Sperma beim heterosexuellen Kontakt erfolgen.<% image name="Muench_Kirchhoff" %><p>
<small> Jan Münch (li) und Frank Kirchhoff. </small>
Die Forscher unter der Leitung von Jan Münch und Frank Kirchhoff von der Uni Ulm und Wolf-Georg Forssmann von ViroPharmaceuticals aus Hannover konnten zeigen, dass Fragmente der Sauren Prostataphosphatase (PAP) amyloide Fibrillen ausbilden. Diese SEMEN-ENHANCER OF VIRUS INFECTION (SEVI) binden HIV-Partikel mit hoher Effizienz und verstärken die Anheftung der Viren an die Zielzellen.
Die Forscher konnten zudem belegen, dass Sperma selbst die HIV-Infektion fördert und Beweise dafür vorlegen, dass SEVI deutlich zu diesem verstärkenden Effekt beiträgt. "Die enorme Effizienz von SEVI, die großen Mengen des Vorläufereiweißes im Sperma und die Tatsache, dass die Virusmenge, die beim heterosexuellem Verkehr übertragen wird, normalerweise zu gering für eine erfolgreiche Infektion ist, machen es äußerst wahrscheinlich, dass diese Fibrillen wichtig für die sexuelle HIV-Übertragung sind", so die Forscher.
"Die Stärke der Effekte war überraschend. In Gegenwart von SEVI benötigten wir nur wenige Viruspartikel, um Zellen zu infizieren - mehr als 1.000 Mal weniger als sonst", so Kirchhoff. Dies ändere die bisherige Lehrmeinung, dass nur ein kleiner Teil der Viren infektiös ist.
In der aktuellen Studie untersuchten die Forscher eine Peptidbank, die von der Arbeitsgruppe um Forssmann aus menschlicher Seminalflüssigkeit hergestellt worden war - eigentlich, um neue Hemmstoffe zu finden. Unerwarteterweise hemmte keine der 300 Fraktionen, die eine Vielzahl von Verbindungen aus dem Sperma enthalten, das Virus. Im Gegenteil, eines der Peptidgemische verstärkte die HIV-Infektion mit hoher Effizienz.
Weitere Untersuchungen zeigten, dass das aktive Gemisch Bruchstücke der Sauren Prostataphosphatase enthielt. Anschließend entdeckten sie, dass die Eiweißbruchstücke kleine Stäbchen - Fibrillen - ausbilden und konnten zeigen, dass diese Strukturen (SEVI) tatsächlich für die Steigerung der HIV-Infektion verantwortlich sind.
Derzeit arbeiten die Forscher an der Entwicklung von Substanzen, welche die Ausbildung der Fibrillen oder zumindest ihre verstärkende Wirkung blockieren.Fibrillen-bildende Peptide im Sperma als HIV-Verstärker