70 Jahre Pharmig 

Im Zuge seiner heurigen Generalversammlung feierte der österreichische Pharmaindustrieverein ein rundes Jubiläum. Damals wie heute gilt das Motto „Verbundenheit wirkt“, betonte Präsident Ingo Raimon. 

 

Foto: Pharmig / Katharina Schiffl
„Verbundenheit wirkt“: v. l. Vizepräsident Bernhard Wittmann, Vizepräsidentin Nicole Schlautmann, Generalsekretär Alexander Herzog und Präsident Ingo Raimon 

Der österreichische Pharmaindustrieverein Pharmig hielt dieser Tage seine 70. Generalversammlung ab und feierte in einem Zuge sein 70jähriges Bestehen. Seine formelle Gründung erfolgte am 7. Oktober 1954 unter der Bezeichnung „Pharmig – Vereinigung pharmazeutischer Erzeuger Österreichs“. Wie die Vereinsbehörde am 11. Dezember des selben Jahres mitteilte, hatte der Verein sämtliche Auflagen des Allierten Rates einzuhalten. Er musste sich unter anderem verpflichten, „ein freies und unabhängiges Österreich zu stärken“. Ferner durfte er „keinerlei Tätigkeiten gegen die Besatzungsmächte“ richten – wobei solche Tätigkeiten freilich ohnedies nicht geplant waren. Wie Pharmig-Präsident Ingo Raimon bei der 70-Jahr-Feier betonte, arbeitet der Verein seither „an der besten Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln, einem guten Pharmastandort sowie der verstärkten Sichtbarkeit der Tätigkeit unserer Branche“. Das Motto der Feier, „Verbundenheit wirkt“, habe seit jeher gegolten und werde in Hinkunft noch größere Bedeutung gewinnen. 

 

Bundeskanzler Karl Nehammer lobte die Pharmig in einer Videobotschaft als Partner der (Gesundheits-)Politik, der sich nicht zuletzt während der COVID-19-Pandemie einmal mehr bewährt habe. Nehammer versicherte, sich weiterhin für die Stärkung des Life-Sciences- und Pharmastandorts einsetzen zu wollen. 

 

Von „Zeitenwende“ zu „Zeitenwende“

 

Gemeinsam unternahmen Raimon und Pharmig-Generalsekretär Alexander Herzog einen Streifzug durch die Geschichte des Vereins – vom Beschluss des Gesetzes über die Allgemeine Sozialversicherung (ASVG) am 9. September 1954 über den Startschuss für den Pharmig-Verhaltenskodex im Jahr 1963 aufgrund eines Beschlusses des europäischen Pharmaverbands, die Etablierung der Pharmakovigilanz 1968 infolge eines WHO-Programms, die Einführung der Pharmaberater-Prüfung 1974, das Inkrafttreten des Arzneimittelgesetzes 1980, die seit 1987 bestehende Generika-Preisregelung, den EU-Beitritt 1995, die Einführung des Erstattungskodexes und den Rahmen-Pharmavertrag 2005 bis zur Transparenzinitiative der Branche 2013/14, zur „Initiative Pharmastandort“ 2015, zur Serialisierung 2019 und zu den neuesten Entwicklungen, Stichwort Überarbeitung der EU-Arzneimittelgesetzgebung. „Die Aufgaben werden nicht weniger“, konstatierte Herzog.  

 

Raimon resümierte, um das Jahr 1954 habe sich eine weltweite „Zeitenwende“ begeben. Nun spiele sich wieder eine solche ab. In Entwicklung sei ein „multipolares“ weltpolitisches System, geprägt nicht zuletzt durch die zunehmenden Ansprüche der BRICS-Staaten, die „ihren Platz“ einforderten. Der Westen wiederum wolle seine dominierende Rolle behalten und werde dies tun, „wenn wir bei unserer wirtschaftlichen Stärke bleiben“. 

 

Unruhige Verhältnisse 

 

Dass künftig mit eher unruhigen Verhältnissen zu rechnen ist, konstatierten der Politikberater Thomas Hofer und der Meinungsforscher Peter Hajek. Hofer geht davon aus, dass die politische Entscheidungsfindung auf EU-Ebene „vielleicht noch komplizierter“ sein könnte als bereits derzeit. Populisten versuchten, das Bild einer Polarisierung zwischen „uns da unten“ und „denen da oben“ zu zeichnen, wobei die Pharmaindustrie „denen da oben“ zugerechnet werde. Umso wichtiger werde es für die Pharmaindustrie, mit einer Stimme zu sprechen, wie die Pharmig dies tue. Überdies gelte es, sich darüber klar zu werden, „dass man jederzeit zur Zielscheibe werden kann“. Angesichts der zunehmenden Emotionalisierung der politischen Kommunikation empfehle es sich, „positive Emotionen zu finden, mit denen man selbst kommunizieren kann“. 

Hajek zufolge ist nicht auszuschließen, dass im Nationalrat künftig sieben Parteien vertreten sein werden. Neben den derzeitigen Fraktionen (ÖVP, SPÖ, FPÖ, Grüne und Neos) haben auch die Bierpartei sowie die KPÖ diesbezüglich Chancen. Sollte dies eintreten, dürfte sich auch bei einer Beteiligung der FPÖ keine mit einer absoluten Mehrheit ausgestattete Zweiparteienkoalition mehr zustande bringen lassen. In einer Drei- oder gar Vierparteienkoalition wiederum werde die Entscheidungsfindung schwierig. Hajek erwartet für diesen Fall „israelische Verhältnisse“ mit Neuwahlen im Abstand von zwei Jahren oder noch kürzeren Zeiträumen. Der Pharmig bleibe angesichts dessen nichts anderes übrig, als „ihre eigenen Positionen zu klären, was Sie sicher bereits getan haben, und zu schauen, wer die Ansprechpartner in den einzelnen Parteien sind“. 

 

Neue Vizepräsidentinnen 

 

Im Zuge der Generalversammlung bestätigten die Mitglieder der Pharmig Präsident Raimon sowie Vizepräsident Bernhard Wittmann in ihren Funktionen. Neu ins Präsidium gewählt wurden Elisabeth Keil, die Geschäftsführerin von Daiichi Sankyo Austria, und Nicole Daniela Schlautmann, die Geschäftsführerin der Pfizer Corporation Austria. Raimons Vorgänger als Pharmig-Präsident, Philipp von Lattorff, wurde zum Ehrenvorstandsmitglied gekürt.