Bundessparte Industrie fordert Entlastungen

Angesichts der schlechten Konjunktur formuliert die Wirtschaftskammer eine Reihe von Forderungen von der Lohnnebenkostensenkung bis zum Stromkostenausgleichsgesetz.

 

Credit: Ottakringer
Siegfried Menz, Obmann der Bundessparte Industrie: Lohnnebenkosten senken unverzichtbar

Grund zur Freude habe seine Klientel derzeit kaum, betonte der Geschäftsführer der Bundessparte Industrie der Wirtschaftskammer (WKÖ), Andreas Mörk, bei einer Pressekonferenz zur konjunkturellen Lage. Der Wert der produzierten Güter sei 2024 im Vergleich zu 2023 um 6,2 Prozent auf knapp 200 Milliarden Euro gesunken. Zwar verzeichnete die Chemische Industrie „ein leichtes Plus, aber nur, weil die Pharmasparte inkludiert ist. Ohne sie ist die Produktion um rund drei Prozent zurückgegangen“. Und von einer Rückkehr zum Niveau von 2022 könne keine Rede sein.

 

Der Auftragsstand der Unternehmen in der Bundessparte insgesamt habe sich seit 2022 um rund zwölf Milliarden Euro auf 128 Milliarden Euro verringert. Auch diesbezüglich sei es der Chemischen Industrie etwas besser ergangen: „Allerdings gab es in den letzten Jahren rückläufige Tendenzen.“ Und das wirke sich zum Bedauern der Unternehmensführungen auch auf den Stand der Belegschaften aus. Dieser sei 2024 bei insgesamt 461.000 Personen gelegen. Davon seien 438.000 oder um 1,9 Prozent weniger als 2023 Beschäftigte der Unternehmen selbst und 23.000 Leiharbeitskräfte, was einem Rückgang um 15,6 Prozent entspreche. Als Grund nannte Mörk den „stark schwächelnden Außenhandel: Einzelne Fachverbände haben Exportquoten von rund 90 Prozent“. Da sei jede Verwerfung im Welthandel Gift. Zwar hätten Österreichs Unternehmen 2024 Waren im Wert von etwa 16,2 Milliarden Euro in die USA exportiert, um 10,1 Prozent mehr als 2023: „Aber wegen der amerikanischen Zölle hat das natürlich ein Ablaufdatum.“ Die Ausfuhren nach Deutschland wiederum, den wichtigsten Auslandsmarkt der heimischen Industrie, seien um 2,9 Prozent oder 1,7 Milliarden Euro auf 56,8 Milliarden gefallen.

 

Düster ist laut Mörk auch der Ausblick: Laut einer aktuellen Umfrage im Auftrag seiner Bundessparte erwarten die Unternehmen mehrheitlich bestenfalls eine Stagnation: „Das Tal der Tränen ist offenbar noch nicht durchschritten.“ Österreich werde wohl bald in ein weiteres Jahr der Rezession eintreten.

 

Nulllohnrunde für Beamte 

 

Dringend notwendig sind daher Maßnahmen zur Entlastung der Industrie, betonte Spartenobmann Siegfried Menz: „Wir brauchen einfach wieder Wachstum. Und allzu viele Möglichkeiten gibt es leider nicht.“ Um die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie insgesamt zu stärken, müsse die vor allem bei den Lohnkosten und bei den Aufwendungen für Energie sowie Rohstoffe eingreifen: „Die Lohnstück- und Lohnnebenkosten sind jenseits von Gut und böse. Der Faktor Arbeit ist hierzulande um rund vier Prozent stärker belastet als im OECD-Durchschnitt.“ Eine Senkung der Lohnnebenkosten sei daher schlechterdings unverzichtbar. Einmal mehr forderte Menz in diesem Zusammenhang „die ersatzlose Abschaffung des rein arbeitgeberfinanzierten Familienlastenausgleichsfonds“.

 

Überdies sollte ihm zufolge über Nulllohnrunden im öffentlichen Dienst wenigstens nachgedacht werden. Eine Ausnahme dürfe lediglich das Gesundheitswesen bilden. In der Industrie selbst wiederum seien Kollektivvertragsabschlüsse „über der Inflationsrate“ gefährlich. Und dabei gelte es, zu bedenken, dass die Inflation in Österreich über jener im EU-Durchschnitt liege.

 

Nachzudenken sei auch über die neuerliche Einführung der Kurzarbeit, wobei in den ersten drei Monaten erleichtere Bedingungen mit eingeschränkten Prüfungen gelten sollten, empfahl Mörk.

 

Stromkostenausgleich und Gas aus Russland

 

Wünsche hat die Bundessparte Industrie laut Menz ferner hinsichtlich der Energiepolitik: Die Geltung des Stromkostenausgleichsgesetzes (SAG) müsse bis 2030 verlängert werden. Immerhin habe die Regierung im Budget dafür Mittel vorgesehen. Jetzt gehe es um die Umsetzung. Mörk erläuterte, in allen EU-Staaten, die für Österreich als Handelspartner wichtig seien, gebe es längst eine Art SAG: „Und die zwei oder drei Staaten, in denen es das nicht gibt, sind für uns wirtschaftlich nicht von Bedeutung.“

 

Überdies forderte Menz für den Fall eines Friedensschlusses in der Ukraine eine zügige Wiederaufnahme der Gasimporte aus Russland: „Darüber müssen wir reden. Und wir müssen uns auch darüber unterhalten, ob US-amerikanisches LNG von eventuellen Zöllen der EU betroffen sein wird.“ Auf Nachfrage der Redaktion erläuterte Mörk, die WKÖ sei sich bewusst, dass neuerliche Gaseinfuhren aus Russland angesichts der Schäden an den Infrastrukturen eine Vorlaufzeit von etwa zwei Jahren hätten: „Aber wir brauchen einfach weiter Erdgas. Und wir sollten dafür sorgen, dass wir von keinem einzelnen Lieferanten mehr als ein Drittel der benötigten Mengen beziehen.“ Auch eine Abhängigkeit von den USA sei keineswegs wünschenswert.

 

Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer, kurzzeitig bekanntlich Generalsekretär der Wirtschaftskammer, ist über die Wünsche der Bundesspartenvertreter übrigens informiert, berichtete Menz: „Wir haben ihm gesagt, was wir brauchen.“ Und der Minister habe sich durchaus aufgeschlossen gezeigt.