Physik-Nobelpreis für Anton Zeilinger

Nach langer Zeit kann sich wieder ein Österreicher über einen der wissenschaftlichen Nobelpreise freuen: Anton Zeilinger, Pionier der experimentellen Quantenphysik, erhält gemeinsam mit Alain Aspect und John Clauser den Nobelpreis für Physik 2022.

Bild: Universität Wien/ Jaqueline Godany

Die Arbeiten der drei Laureaten kreisen um einen zentralen Begriff der Quantenphysik: Verschränkung (englisch „entanglement“): Mehrere Teilchen bilden zusammen ein System in einem bestimmten Zustand, auch wenn sie sich in gewisser Distanz zueinander befinden. Werden in einer Messung die Eigenschaften eines Teilchens bestimmt, sind die der anderen unmittelbar mitdeterminiert. Prinzipiell könnte es dafür zwei Gründe geben: Diese Eigenschaften stehen schon vor der Messung fest, können aber nicht bestimmt werden (in einem solchen Fall würde man von „verborgenen Variablen“ sprechen), oder sie werden nach stochastischen Gesetzen erst im Zuge der Messung festgelegt (was echte Verschränkung wäre).

Zwischen den beiden Situationen kann man durch geeignete Experimente unterscheiden, wie zuerst John Clauser auf Basis der von John Stewart Bell formulierten theoretischen Grundlagen zeigen konnte: Die Ergebnisse, die Clauser erzielte, verletzten die sogenannte Bellsche Ungleichung und zeigten damit, dass die Quantenmechanik nicht durch eine Theorie mit verborgenen Variablen ersetzt werden kann. Alain Aspect verfeinerte das experimentelle Setting, um zu beweisen, dass diese Ergebnisse nicht von den Einstellungen des Detektors zum Zeitpunkt der Emission der Teilchen abhängen.

 

Fasziniert durch die Quantenphysik

Anton Zeilinger baute in langen Versuchsreihen auf die Ergebnisse zur Verschränkung von Teilchen auf. 1997 ließ er mit seinem Team zwei verschränkte Photonen voneinander wegbewegen, wobei eines davon auf ein drittes, bisher unbeteiligtes Teilchen traf. Nun verschränkten sich die Zustände der beiden aufeinandergetroffenen Photonen und das „freigelassene“ Teilchen übernimmt die Eigenschaften des davor „Ungepaarten“, obwohl sich ersteres an einem anderen Ort aufhält – ein Phänomen, das man „Teleportation“ nennt. Dem folgten zahlreiche weitere Experimente, die nicht nur Rekorde in der Übertragung von Quanteninformation brachen, sondern auch wesentlich zu deren Verständnis beitrugen. Heute gibt es dafür eine ganze Reihe von Anwendungen, beispielsweise Quantenkryptographie und Quantencomputer.

In einem ersten Statement hob Zeilinger das Klima hervor, das sein Doktorvater Helmut Rauch am Atominstitut in Wien (damals eine interuniversitäre Einrichtung) geschaffen hatte und das ihm den Raum gab, seiner Faszination an der Quantenphysik nachzugehen. Aus Zeilingers Arbeiten an den Universitäten Innsbruck und Wien gingen zahlreiche Forschungsgruppen hervor, die heute untereinander und mit anderen im Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (IQOQI) verbunden sind.