Spatenstich in Tulln

Am 9. Jänner setzten das Land Niederösterreich und seine Wirtschaftsagentur ecoplus mit dem Spatenstich für die vierte Ausbaustufe des TFZ Tulln den nächsten Schritt zur Entwicklung dieses schon heute gut sichtbaren Biotechnologie-Standorts.

Bild: Erich Marschik
Die Bagger haben schon begonnen, das Grundstück für die virte Ausbaustufe des TFZ Tulln zu bearbeiten.

Auf dem Podium des Festzelts, das anlässlich des Spatenstichs zum weiteren Ausbau des Technologie- und Forschungszentrums (TFZ) Tulln aufgebaut war, herrschte joviale Stimmung: Die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, die ecoplus-Geschäftsführer Helmut Miernicki und Jochen Danninger (der designierter Nachfolger von Petra Bohuslav als Wirtschaftslandesrat ist), Tullns Bürgermeister Peter Eisenschenk, Alexander Pretsch (Gründer und CSO des Startup-Unternehmens Oxford Antibiotic Group) – sie alle kennen einander gut und arbeiten seit langem zusammen. In einer solchen Atmosphäre kommen auch Anekdoten leichter über die Lippen: Sie habe Pretsch auch schon an seinem Arbeitsplatz an der Universität Oxford besucht, so Mikl-Leitner, das sei sehr beengt gewesen, gar kein Vergleich zu den Räumlichkeiten, die nun am TFZ Tulln geplant sind.

13 Millionen Euro investiert das Land hier in eine Hochtechnologie-Spezialimmobilie, der Europäische Fonds für regionale Entwicklung kofinanziert das Vorhaben. Es ist die vierte Ausbaustufe des Technologie- und Forschungszentrums Tulln, mit der die vorhandenen Kapazitäten von derzeit rund 5.000 auf 8.000 Quadratmeter vermietbare Fläche erhöht werden. In den drei bestehenden Gebäuden sind heute 18 Unternehmen mit rund 180 Mitarbeitern angesiedelt, die Mieterstruktur spiegelt die Schwerpunkte des von der ecoplus gemanagten Technopols Tulln wider, der auf biobasierte Technologien im Bereich Prozesstechnik, Agrarbiotechnologie, Lebens- und Futtermittelsicherheit fokussiert ist: Die Erber-Gruppe mit ihren Unternehmen Biomin und Romer Labs, das Cellulosechemie-Startup Acticell oder die Eurrus Biotech GmbH, die einen neuartigen Asthma-Impfstoff entwickelt, sind nur einige der hier angesiedelten Firmen.

 

Familiär und kompetent

Die Oxford Antibiotic Group ist heute noch im nahegelegenen Universitäts- und Forschungszentrum Tulln (UFT) eingemietet. Gründer Alexander Pretsch hatte 2016 nach der operativen Schließung seines früheren, ebenfalls in Tulln angesiedelten Unternehmens Sealife Pharma in Oxford angedockt und beschäftigte sich dort mit Medizinalchemie. Aus seiner Zusammenarbeit mit Mark Moloney vom Chemie-Department der Uni Oxford erwuchsen die Ideen, die zur Gründung der Oxford Antibiotic Group führten und mit denen in der Natur vorkommende Molekülstrukturen abgewandelt und für den pharmazeutischen Einsatz optimiert werden sollen – insbesondere, um dem drängenden Problem Antiobiotika-resistenter Bakterien zu begegnen. Gegründet wurde das Unternehmen trotz der wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit Oxford in Tulln. Man finde hier optimale Rahmenbedingungen für die Wirkstoffentwicklung vor und könne Synergien mit der hier vorhandenen Mikrobiologie-Kompetenz nutzen, wie Pretsch betonte.  Und dazu komme ein weiterer Faktor: „Hier gibt es wesentlich familiärere Strukturen als an einer englischen Elite-Universität“, so Pretsch.

Das hörte die anwesende Politik gerne. „Durch das TFZ hat Tulln eine völlig neue Perspektive in einem intelligenten Wirtschaftssegment bekommen“, freute sich etwa Bürgermeister Eisenschenk. Miernicki und Danninger wiesen darauf hin, dass die ecoplus mit dem Technopol-Programm und der Errichtung des TFZ wesentlich zur Entwicklung eines attraktiven Innovationsstandorts beitragen konnte, der heute mehr als 1.000 Forschungs- und Technologie-orientierte Arbeitsplätze umfasse. Nicht zuletzt soll hier auch die physische Version des virtuell schon existierenden „Haus der Digitalisierung“ entstehen, das vom Land Niederösterreich vorangetrieben wird, wie die Landeshauptfrau betonte.

Im Gespräch mit dem Chemiereport unterstrich Pretsch die Bedeutung, die die am TFZ bald zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten für weitere Entwicklung der Oxford Antibiotoic Group haben: „Unser Team besteht heute bereits aus sieben Leuten, bald könnten es 17 bis 20 sein. In den bisherigen Räumen können wir uns nicht weiterentwickeln.“ Zu diesem Wachstumsplänen haben auch Forschungs- und Syntheseaufträge von zwei englischen Firmen beigetragen, mit denen man die eigenen Entwicklungsprojekte finanzieren könne. Noch in diesem Jahr will das Unternehmen in das dann fertiggestellte vierte TFZ-Gebäude übersiedeln.