„Unglaublich gut unterwegs“

Niederösterreichs Wirtschaft ist stark im Export - nicht zuletzt dank der Europäischen Union, hieß es bei einem Symposium der Wirtschaftsagentur Ecoplus in Schloss Laxenburg.

Foto: Martin Hörmandinger
Plädoyer für Europa: Ecoplus-Geschäftsführer Helmut Miernicki, Landesrat Martin Eichtinger, Landesrätin Petra Bohuslav, Bundeskanzler a.D. Wolfgang Schüssel und der kaufmännische Geschäftsführer der Ecoplus, Jochen Danninger (v. l.)

In Sachen Exporte ist Niederösterreich „unglaublich gut unterwegs“, und die Europäische Union spielt dabei eine entscheidende Rolle: Unter den zehn wichtigsten Auslandsmärkten gehören nur die USA und die Schweiz nicht der EU an. Das betonte Wirtschaftslandesrätin Petra Bohuslav beim Symposium „Niederösterreichs Wirtschaft im Zeichen der EU-Ratspräsidentschaft - Was Niederösterreichs Betriebe von der Europäischen Union erwarten“ der Wirtschaftsagentur Ecoplus am 25. September in Schloss Laxenburg. Bohuslav erläuterte, Niederösterreich erwirtschafte etwa 50 Prozent seines Bruttoregionalprodukts mittels Exporten. Jede Milliarde Euro an Ausfuhren sichere rund 11.000 Arbeitsplätze. Und das Exportvolumen könne sich ebenfalls sehen lassen: 2017 sei dieses bei 21,8 Milliarden Euro gelegen, verglichen mit 7,8 Milliarden Euro vor 20 Jahren. Laut Bohuslav geht Niederösterreich die Erschließung neuer Auslandsmärkte strategisch an. Die Basis bilden Deutschland und die östlichen Nachbarstaaten Österreichs. Interessante Handelspartner außerhalb der EU sind unter anderem die Russländische Föderation, die Türkei und die Vereinigten Arabischen Emirate. Auf längere Sicht könne auch der Iran ein Thema werden. Für das kommende Jahr sei geplant, Frankreich als neuen Markt zu erschließen. Als Fernziel sei China im Blick. Ausdrücklich betonte Bohuslav die Bedeutung der Regionalförderung der EU für die niederösterreichische Wirtschaft: „Ohne sie gäbe es keine Innovationszentren. Auch manche touristischen Angebote wären ohne Regionalförderung nicht möglich.“

Martin Eichtinger, der Landesrat für internationale Beziehungen, ergänzte, der ehemalige Landeshauptmann Erwin Pröll habe sich seinerzeit für Regionalförderungen für alle Regionen ausgesprochen, unabhängig von ihrer Wirtschaftskraft. Auch Landeshauptfrau Johanna Mickl-Leitner vertrete diese Position, und das erfolgreich: „Es steht mittlerweile fest, dass auch die am meisten entwickelten Regionen wie Niederösterreich weiterhin Regionalförderung bekommen werden.“

Eine nicht zu unterschätzende Herausforderung ist laut Eichtinger der EU-Austritt Großbritanniens (Brexit) im kommenden Jahr. Immerhin exportiert Niederösterreich alljährlich Güter und Dienstleistungen im Wert von 477 Millionen Euro nach Großbritannien und erwirtschaftet damit einen Exportüberschuss von etwa 150 Millionen Euro. Daher sei es notwendig, den Austritt möglichst geordnet zu vollziehen und ein diesbezügliches Abkommen zu schließen: „Dann gäbe es Rechtssicherheit und klar definierte Übergangsfristen.“

„Auf die Hinterfüße stellen“

Auch der ehemalige Bundeskanzler Wolfgang Schüssel plädierte für einen reibungsfreien Austritt der Briten. Sie hätten sich immer wieder für den Freihandel und gegen den Zentralismus ausgesprochen - beides Positionierungen, die dringend benötigt würden. Und gerade für Niederösterreich hätten der EU-Beitritt sowie die Ostöffnung eine „Doppelchance“ geboten, die auch gut genutzt worden sei, betonte Schüssel. Angesichts der weltweiten wirtschaftspolitischen Verwerfungen - Stichwort US-amerikanischer Protektionismus - müsse sich Europa „auf die Hinterfüße stellen“. Insbesondere gelte es, den Euro zu stärken. Als Zahlungsmittel sei dieser bereits „fast so stark wie der US-Dollar“. Als Reservewährung müsse er indessen noch attraktiver gemacht werden. Zu überlegen sei ferner ein schrittweiser Ausstieg aus „gewissen Sanktionen“ gegenüber der Russländischen Föderation, wenngleich deren Agieren im Zusammenhang mit der Krim nicht einfach akzeptiert werden könne.

Die Digitalisierung bezeichnete Schüssel als „Klassiker einer disruptiven Technik, die zu einer qualitativ total anderen Wirtschaft führt“. Niederösterreich solle sich daher um die Einrichtung einer Technischen Universität mit Schwerpunkt Digitalisierung bemühen. Das sei wichtiger, als beispielsweise „irgendwo“ eine weitere medizinische Universität zu etablieren.

Für ein rasches Ende der EU-Sanktionen gegenüber der Russländischen Föderation sprach sich der Gewürzindustrielle Erwin Kotányi aus. Wie er erläuterte, führt fast jede neue „Sanktionsrunde“ zu einer Abwertung des Rubels. Und das sei für sein Unternehmen ein erhebliches Risiko: „Russland ist unser wichtigster Auslandsmarkt im Osten. Wir können da nicht jahrelang zuschauen.“ Silvia Fluch, Vorstand der Ecoduna AG, die Mikroalgen erzeugt, konstatierte, der Marktaufbau für ein neues Produkt wie ihres sei stets „eine Herausforderung“. Vor allem in Asien biete das Gütesiegel „Made in Austria“ einen nicht zu unterschätzenden Wettbewerbsvorteil, weil dort die hohen österreichischen Qualitätsstandards bestens anerkannt seien. Novomatic-Vorstandschef Harald Neumann betonte, sein Unternehmen benötige für Investitionen stabile Rahmenbedingungen und Rechtssicherheit. Beides sei in der EU grundsätzlich gegeben, wenn auch die italienische Regierung in letzter Zeit etwas „absurd“ agiere. Allerdings bezahle der Glücksspielsektor in Italien jährlich etwa sechs bis sieben Milliarden Euro Steuern: „Will die Regierung auf dieses Geld wirklich verzichten?“

Wie immer sich die internationale Lage darstellt, ist jedoch eines klar, betonte Ecoplus-Geschäftsführer Helmut Miernicki: „Eine unserer Kernaufgaben ist es, die bestmöglichen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit heimische Unternehmen und Innovationen wachsen können. Unsere Tochtergesellschaft Ecoplus International übernimmt diese wichtige Aufgabe für die niederösterreichische Exportwirtschaft.“ Über eigene Länderteams verfügt diese in Polen, der Slowakei, Tschechien, der Türkei, Rumänien, der Russländischen Föderation und Ungarn.