Von Exporten und Zertifikaten Chemie 21.04.07 von Facebook Twitter LinkedIn via eMail teilen Menschen der Finanzen: Karl Zojer im Gespräch mit Werner Schmied. Der Leiter der Abteilung Projekt- und Umweltanalysen der Österreichischen Kontrollbank AG erklärt die Rolle der <a href=http://www.oekb.at>OeKB</a> bei Exportgeschäften, dem Emissionshandel und dem Kyotoprotokoll. Von Exporten und Zertifikaten <% image name="OeKB_Schmied" %><p> <small> Werner Schmied: „Die Beurteilung des türkischen Kraftwerks Ilisu ist abgeschlossen. Wir gehen davon aus, dass das Projekt den Operational Policies der Weltbank entspricht.“ © OeKB </small> <i>Es ist etwas außergewöhnlich, wenn ein promovierter Chemiker in einer Spitzenposition einer Bank tätig ist. Haben Sie während Ihres Studiums an der TU Wien schon an eine derartige berufliche Entwicklung gedacht?</i> Ich habe zwar bei der Auswahl meines Studiums Wert auf einen betriebswirtschaftlichen Teil gelegt, an eine Bankkarriere habe ich aber mit Sicherheit nicht gedacht. Die an der WU Wien belegten Fächer waren quasi das Tüpfelchen auf meinem Technikstudium –diese Vielseitigkeit meiner Ausbildung hat mir später sehr geholfen. Für die OeKB habe ich mich durch interessante Aufgabenstellungen an der TU Wien qualifiziert – als Bindeglied zwischen Technik und Finanzwelt. <i>Die OeKB wiederum ist ein Bindeglied zwischen Projekten heimischer Unternehmer und dem Rest der Welt?</i> Ja, sie entstand 1946 als Spezialbank für Aufgaben, die von einzelnen Geschäftsbanken nicht wahrgenommen werden konnten. Zunächst waren das Aufgaben für den heimischen Börsehandel. Etwas später, vor mehr als 50 Jahren, ist dann die ,Bevollmächtigung des Finanzministers’ dazugekommen, um österreichische Exporte zu fördern. Diese Exporthaftungen für die Republik Österreich sind auch heute noch der größte Bereich der Geschäftstätigkeit. Auf dieser Basis haben wir ein Exportfinanzierungsverfahren eingerichtet, das unsere Aktionärsbanken nicht konkurrenziert, sondern ihnen und allen anderen Banken attraktive Refinanzierungsmöglichkeiten bietet. <i>Sie selbst sind Leiter der Abteilung Projekt- und Umweltanalysen. Was macht ein solcher?</i> Meine Abteilung ist eine Dienstleistungsabteilung und leitet die offizielle österreichische Exportkreditversicherung. Hier bewerten sowohl Kaufleute als auch technisch ausgebildete Kollegen Risiken und die Erfüllung von Kriterien, die für den Zugang zu Haftungen und bestimmten Finanzierungen gelten. Wenn Sicherheiten nicht im üblichen Ausmaß vorliegen oder nicht ausreichend erscheinen, ist dabei die Bonität von Unternehmen und von Projekten – auf Basis des künftigen Cashflows – zu untersuchen. Diese Projektprüfungen sind wegen der Vielfalt der zu beurteilenden Risken ein sehr spannendes Aufgabenfeld. Denn in sensiblen Sektoren oder an kritischen Standorten nehmen wir auch – gemäß den Umweltrichtlinien der OECD sowie spezifisch österreichischen Kriterien wie der ,Nachhaltigkeit’ und wirtschaftspolitischer Faktoren – die Umweltverträglichkeit und die sozialen Auswirkungen dieser Projekte unter die Lupe. Diese Umweltverträglichkeitsprüfungen haben stark zugenommen und sind ein sehr wichtiger Teil unserer Arbeit. In meiner Abteilung werden auch die Kriterien bei den gebundenen Hilfsfinanzierungen (Soft Loans), die Österreich für Projekte in ärmeren Ländern zur Verfügung stellt, geprüft. <i>Aktuell ist ein Projekt besonders heikel – die Errichtung des Wasserkraftwerks Ilisu im türkischen Teil des Tigris. Was können Sie uns dazu sagen?</i> Es handelt sich um ein sehr großes Wasserkraftwerksprojekt, das schon vor mehr als 20 Jahren geplant wurde. Bei einem Anlauf zur Realisierung des Projektes im Jahr 2000 ist es nicht in die Vergabe- bzw. Bauphase gekommen. Es hat dann eine gründliche Überarbeitung der entsprechenden Pläne und eine Erarbeitung zusätzlicher Milderungsmaßnahmen für die Auswirkungen auf die Umwelt, die Anrainer und die Kulturgüter gegeben. Wir haben für die österreichischen Kredite überprüft, ob international vereinbarte Sozial- und Umweltstandards eingehalten werden. Diese Beurteilung haben wir abgeschlossen. Und wir gehen jetzt davon aus, dass das Projekt dank der Maßnahmen, die wir sowohl mit den Exporteuren als auch mit den lokalen Stellen verbindlich festgelegt haben, den üblichen internationalen Kriterien – den Operational Policies der Weltbank – entspricht. Auch während der Errichtungs- und Betriebsphase, solange die Republik Österreich dafür haftet, führen wir ein Monitoring dazu durch. <i>Welche Rolle spielt die OeKB im CO<small>2</small>-Handel?</i> Für den Emissionshandel ist die OeKB aufgrund ihrer langjähriger Erfahrung im Bereich Clearing und Handel besonders gut gerüstet – und daher an der österreichischen Energiebörse EXAA beteiligt. Die OeKB führt dabei selbst das Clearing und Risk Management im Auftrag der EXAA durch. Über ihre 100 %-Tochter OeKB Business Services GmbH (OBS) ist sie zudem ein Handelsmitglied, das als Broker Kauf- und Verkaufsaufträge übernimmt. Insbesondere dann, wenn eine eigene Börsenmitgliedschaft nicht sinnvoll erscheint, bieten wir für Unternehmen, die in diesem Umfeld Chancen wahrnehmen wollen oder vom NAP betroffen sind, eine attraktive Variante, um dennoch am börslichen und außerbörslichen Handel mit CO<small>2</small>-Zertifikaten teilnehmen zu können. Im Rahmen des Competence Center Energiemarkt hat sich die OeKB 2004 auch an der österreichischen Registerservicestelle (ECRA) beteiligt. Die ECRA führt für alle Anlageninhaber die erforderlichen Konten, auf denen die Ausgabe der Emissionszertifikate sowie alle nachfolgenden Transfers verbucht werden. <i>Welche Rolle spielt die OeKB bei JI- und CDM-Projekten?</i> Wir haben sehr früh den Export im Rahmen Kyoto-tauglicher Projekte mit dem Erhalt von CO<small>2</small>-Zertifikaten kombiniert. Im Umweltfördergesetz ist die OeKB auch explizit als Einreichstelle genannt. Das heißt, man kann Projekte bei uns einreichen und wir leiten diese, was den Kyoto-Teil anlangt, an die Kommunalkredit Public Consulting (KPC) weiter – diese beschafft dann die Zertifikate für die Republik Österreich. Den reinen Exportförderungs-Teil, also die Bonitätsprüfung, etwaige Finanzierungen auf Basis einer Bundesgarantie sowie die Bundesgarantie selbst, betreuen wir in der Kontrollbank natürlich ebenfalls. <i>Bietet die OeKB auch Studien für die Expansion in neue Märkte an?</i> Ja, die OeKB betreut auch Markterschließungsstudien-Programme. Bisher waren dies Programme unter der Ägide von Finanz- bzw. Wirtschaftsministerium. Wir gehen sie in der Regel regional oder branchenmäßig an. Wir haben dabei eine deutliche Häufung bei Produkten und Branchen gefunden, die mit Energieeinsparung, erneuerbarer Energie und Umweltschutz zu tun haben. <i>Die OeKB hat auch einen Nachhaltigkeitsindex entwickelt. Was ist dieser OeSFX?</i> Mit dem OeKB Sustainability Fund Index können Investoren und Fondsmanager die Wertentwicklung eines Aktienfonds tagesaktuell mit jener des Gesamtmarktes der in Österreich zugelassenen ökologischen und nachhaltigen Aktienfonds vergleichen. Er ist der weltweit erste Aktienfonds-Index dieser Art und ermöglicht das Benchmarking in diesem wachsenden Segment des österreichischen Fondsmarktes. Und der OeSFX hat sich exzellent entwickelt. Unser Finanzdaten-Service hat im Vergleich mit dem MSCI World Equity Return festgestellt, dass der OeSFX den MSCI seit Anfang 2006 outperformed. Im Markt nachhaltiger Geldanlage hat sich dieser Index als Benchmark bewährt. Das merken wir auch am wachsenden Interesse internationaler Datenanbieter am OeSFX. Der aktuelle Wert und die Entwicklung des Index ist kostenlos unter profitweb.at abrufbar. <i>Nachhaltiges Wirtschaften: Ist das ein wichtiges Kriterium für den Exportservice der OeKB?</i> Für die exportorientierte österreichische Wirtschaft haben die Services der OeKB einen hohen Stellenwert. Diese volkswirtschaftlich wichtige Position bedeutet für uns eine weit über die betriebsökologischen Aspekte hinaus gehende Verantwortung, die bei jedem Projekt im Auge behalten wird. Auch wenn der Einfluss der OeKB auf die konkreten Exportgeschäfte nur in beschränktem Maße erfolgen kann, fördert doch der den Prüfungsprozess begleitende Dialog mit den Garantienehmern die ökologische und soziale Qualität von Projekten, was in der Regel auch zur Reduktion ökonomischer Risiken beiträgt. <i>Welche Rolle spielt die chemische Industrie für die Kontrollbank?</i> Bei den unmittelbaren Kunden ist die chemische Industrie nicht so stark vertreten, wahrscheinlich weil dort kaum mittel- oder langfristiger Exportversicherungs- und Finanzierungsbedarf besteht. Wichtig ist, dass wir eine starke chemische Industrie in Österreich haben, die Know-how aufbaut und damit den Anlagenbau österreichischer Firmen ins Ausland befruchtet.