Der Markt für Instrumentelle Analytik

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In das biowissenschaftliche Labor haben die Methoden der Instrumentellen Analytik längst Eingang gefunden

Den Markt für Instrumentelle Analytik in Chemie und Life Sciences teilen sich Unternehmen unterschiedlicher Herkunft und Kompetenz untereinander auf. Wir haben uns im Vorfeld der Analytica einige wichtige Player angesehen.  

 

Es waren zwei Unternehmen mit Geschichte, die da zusammenkamen, als Agilent (das 1999 durch Abspaltung von Hewlett Packard entstanden war) und Varian 2010 fusionierten, und beide Geschichten reichen bis zu den Anfängen des legendären Silicon Valley zurück. Sowohl HP als auch Varian waren Pioniere der Elektronik in einer Zeit, als diese noch die Vakuumröhre und nicht den Transistor als genrebegründende Komponente definierte, und brachten diese Kompetenz über die  Jahrzehnte in zahlreiche Gebiete ein, darunter auch in den Bau von Messinstrumenten für das chemische Labor. 1999 war nicht zufällig ein Jahr der Umbrüchen für beide Firmen: Dem Trend der Zeit entsprechend, spalteten sich beide Konzerne in kleinere Einheiten auf, die bestimmte, einheitlicher zu fassende Geschäftsmodelle verfolgten. So entstanden mit Varian Inc. und Agilent schließlich jene Spezialisten der Instrumentellen Analytik, die 2010 einen der weltweit größten Anbieter auf diesem Sektor entstehen ließen

Franz Weigang ist General Manager von Agilent in Österreich. „Das Varian-Sortiment ist eine gute Ergänzung, zu dem was Agilent schon angeboten hat“, sagt er, „durch Varian sind gute Geräte für die NMR-, UV- und IR-Spektroskopie dazugekommen.“ Ein anderes Beispiel seien Systeme für Zerfallstests in der pharmazeutischen Industrie. Bei einem solchen Test wird das Zerfallsverhalten eines Arzneimittels simuliert, von dem die Resorption der Wirkstoffe im Organismus abhängt. Mit den Komponenten aus dem Varian- und jenen aus dem Agilent-Sortiment kann das Unternehmen der pharmazeutischen Industrie nun Werkzeuge für eine Vielfalt vorgeschriebener Prozeduren zur Verfügung stellen und so wertvolle Synergien zu den bisherigen Analyse-Geräten für diese wichtige Kundengruppe erzielen. Eine gute Ergänzung stellten laut Weigang auch die Angebote der beiden Unternehmen in der Atomspektroskopie dar. Agilent hatte seit langem Geräte für die Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma  (ICP-MS) im Programm, durch Varian kam auch Equipment für die optische Emissionsspektroskopie (ICP-OES) hinzu. Zuletzt präsentierte Agilent ein System für die Mikrowellenplasma-Atomemissionsspektroskopie, das ohne entflammbares Gas auskommt. Agilent bietet heute eines der breitesten Sortiments für beinahe alle Aspekte der Instrumentellen Analytik an – von der Atomspektroskopie bis zur Gaschromatographie, von der HPLC bis zur Polymerase-Ketttenreaktion (PCR). Nicht alle Anbieter sind so breit auf dem Analytik-Markt vertreten.

 

Breites Portfolio versus hochspezialisiert

Karin Wihsböck, die in Österreich den Vertrieb des Massenspektrometrie-Anbieters AB Sciex verantwortet, ist froh, dass sie heute bei einem hochspezialisierten Unternehmen arbeitet. Als AB Sciex noch Teil von Applied Biosystems, einem Anbieter von Life-Science-Equipment, war, sei man nur eine Abteilung von vielen gewesen. Da seien auch schon einmal Neuerungen zurückgehalten worden, weil man damit einem bestehenden Geschäft Konkurrenz gemacht hätte und dieses nicht bremsen wollte. Heute könne man ohne derlei Rücksichtnahmen dem Innovationsgeschehen freien Lauf lassen. In Richtung HPLC hat man sich aber dennoch verbreitert und bietet hier mit „Eksigent“ eine eigene Marke an. Außerdem ist man vor kurzem eine Kooperation mit dem HPLC-Anbieter Phenomenex eingegangen, den Wihsböck als hochwertigen Partner auf dem gemeinsamen Markt ansieht.

In ein ähnliches Horn stößt Konstantin Halikias von Bruker Austria. Brukers Geschichte ist fest mit der Entwicklung der ersten kommerziell erhältlichen NMR-Pulsspektrometer verbunden, später entwickelte das deutsch-amerikanische Unternehmen auch Infrarot-Spektroskopie-Geräte und stieg durch Zukäufe in die Massenspektrometrie und in die Röntgenanalyse ein. Heute sind unter dem Dach der Bruker Corporation mehrere hochspezialisierte Unternehmen vereinigt. Synergien könne man im High-End-Bereich nutzen, wie Halikias erzählt, so sei Bruker führend bei der Kopplung von HPLC, NMR und Massenspektrometrie gewesen – heute für die Metabolomik ein essentielles Werkzeug.

Renate Dietl verantwortet bei Bruker Austria den Verkauf von Geräten für die Infrarot- und Raman-Spektroskopie. Der vor Jahren von Pessimisten bereits totgesagte Bereich erfreut sich nach wie vor wachsender Beliebtheit. Gerade für Geräte, die die Absorption im nahen Infrarot-Bereich (NIR) messen, finden sich immer neue industrielle Applikationen – beispielsweise wenn es um die Identifizierung von Fehlerquellen in der Produktion geht. Einerseits würden Methoden der Schwingungsspektroskopie immer mehr in zahlreiche analytische Routinen eindringen, so Dietl, andererseits erobern sie, beispielsweise in der Material- und Oberflächenforschung, neue Anwendungsbiete in der Forschung.

Shimadzu ist auf dem österreichischen Markt besonders in den Bereichen  HPLC und  Massenspektrometrie stark vertreten. Der japanische Technologie-Konzern konzentriert sich in Europa auf jene Bereiche seines umfangsreichen Portfolios, die nicht vollständig von anderen Anbietern dominiert sind. Das gilt beispielsweise für Equipment aus dem Life-Sciences-Bereich, wo man in jüngerer Zeit mit der von vielen Anbietern nicht mehr angebotenen Methode des Edman-Abbaus zur Bestimmung der Aminosäuresequenz von Proteinen punktet, wie Roman Binder von Shimadzu Österreich  erzählt. Gegenüber der wichtigen Kundengruppe der Pharma-Unternehmen hat Shimadzu als strategische Zielsetzung, seine Produkte möglichst genau an den Workflow der Arzneimittelentwicklung – von der Target-Identifizierung bis zur Qualitätskontrolle in der Produktion – anzupassen. Beispielsweise entwickelt man HPLC/MS-basierte Methoden zur Aufreinigung von chemischen Verbindungen, die zum Aufbau von Substanzbibliotheken verwendet werden.

 

Die Analytische Chemie und die Life Sciences

Die Geschichte von General Electric (GE) reicht noch etwas weiter zurück als jene von Agilent oder Bruker. Das Unternehmen wurde 1890 von Thomas Alva Edison gegründet und hat sich seither zu einem der größten Technologie-Mischkonzerne der Welt entwickelt. Das unter dem Dach von „GE Healthcare“ zusammengefasste Medizintechnik-Geschäft  wurde 2004 durch den Zukauf des britischen Unternehmens Amersham erweitert, das auf Produkte für die Diagnostik und die aufstrebenden Life Sciences spezialisiert war. Der aus Letzteren entstandene Geschäftsbereich „GE Life Sciences“ wurde 2008 noch weiter durch den Zukauf von Whatman ergänzt.

In diesem Life-Sciences-Sortiment steckt vieles an analytischem Equipment drinnen. Rainer Hallama vertreibt in Österreich Produkte für die Genomik und Proteomik: chromatographische Säulen für die Proteinreinigung, Equipment für Elektrophorese, Western-Blotting und PCR, Spektralphotometer für die Bestimmung von Proteinen und Nucleinsäuren. Kunden sind die Labors in Pharma- und Biotechnologie-Unternehmen sowie einschlägig tätige Universitäts-Forschungsgruppen. Ein  Großteil der Produkte wird über Fachhandel verkauft. Dieser Markt wächst stark, meint Hallama, doch müsse man, um vorne mit dabei zu sein, mit der technologischen Entwicklung Schritt halten können, die in dieser Branche rasant erfolge. Trotz zahlreicher Fusionen sei der Markt daher aufgrund immer neuer Produkte nach wie vor zersplittert – je nach Produkt treffe man auf viele verschiedene Konkurrenten.

Diese Dynamik spürt auch ein Händler wie VWR International, der heute ein breites Portfolio an Life-Science-Equipment anbietet. „Wir haben in Österreich vier Spezialisten, die ausschließlich auf dem Gebiet der Life Sciences beraten und verkaufen“, sagt Brigitte Niebler-Földi von VWR Österreich. Trotz des raschen Wandels habe aber schon ein hohes Maß an Standardisierung Einzug gehalten, die dem Anwender zahlreiche Vorteile bringe. Aufmerksam verfolgt man bei VWR auch die Trends bei den Herstellern analytischer Instrumente. Zwar habe man im High-End-Bereich keine eigenen Spezialisten, arbeitet aber mit allen namhaften Herstellern zu beiderseitigem Nutzen zusammen: „Ein Hersteller kann von unserem hohen Grad an Marktdurchdringung profitieren“, so Niebler-Földi, ein Kunde könne, etwa beim Aufbau eines neuen Labors, seinen gesamten Bedarf bei einem Ansprechpartner abdecken.