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February 27th

Montavit wird vorerst weitergeführt

Das Insolvenzgericht Innsbruck billigte die einstweilige Fortführung des angeschlagenen Tiroler Pharmaunternehmens in Eigenverwaltung, berichten Kreditorenverbände. Allerdings gilt der Einstieg eines Investors als unvermeidbar.

 

 

Das angeschlagene Tiroler Pharmaunternehmen Montavit kann vorausichtlich bis zur Tagsatzung hinsichtlich des Sanierungsvorschlags am 24. April weitergeführt werden. Das berichtete der Kreditschutzverband von 1870 (KSV1870) nach der Gläubigerversammlung am 27. Februar vor dem Insolvenzgericht Innsbruck. Er berief sich auf die Ausführungen des Sanierungsverwalters Stephan Kasseroler. Laut dem KSV 1970 hatte sich dieser bei dem Termin zuversichtlich gezeigt und mitgeteilt, die Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung laufe „problemlos“. Auch lägen die „notwendigen betrieblichen Kennzahlen zur Steuerung des Unternehmens“ vor. Allerdings ist dem KSV1870 zufolge die Finanzierung der Sanierungsplanquote von 30 Prozent, zahlbar in zwei Jahren, „nur bei einem Einstieg eines Investors gesichert“.

 

Der Regionalleiter West des KSV1870, Klaus Schaller, konstatierte, die Montavit habe in den vergangenen drei Jahren „hoch negativ“ bilanziert. Selbst wenn das Unternehmen rasch operative Restrukturierungen vornehme, sei es „.nicht realistisch, dass eine Sanierung aus dem laufenden Betrieb finanziert werden kann. Ich erwarte, dass die Schuldnerin den Austausch mit den Investoren intensivieren und gleichzeitig das Gespräch mit den finanzierenden Banken suchen wird. Bei den Verhandlungen mit den Kreditinstituten wird es insbesondere darum gehen, inwieweit diese - mit ihren unbesicherten Forderungen - auf eine Quote aus dem Sanierungsplan bestehen oder allenfalls hier eine Stundung gewähren“.

 

Schließung „wenig attraktiv“

 

Schaller zufolge wäre die Schließung der Montavit samt anschließender Verwertung ihres Betriebsvermögens „für die Gläubiger wenig attraktiv“. Seine Argumentation: „Bei einem derartigen Szenario würde auf der einen Seite der Stand der am Verfahren beteiligten Verbindlichkeiten stark ansteigen. Dies deshalb, da sämtliche Beendigungsansprüche von nahezu 200 Dienstnehmern sofort zu berücksichtigen wären. Auf der anderen Seite ist zu erwarten, dass im Rahmen der Einzelverwertung aller vorhandenen Vermögensteile enorme Abschläge beim Verkaufspreis hinzunehmen wären.“ Schaller ergänzte, laut den Ausführungen Kasserolers bei der Gläubigerversammtlich seien „mehrere Investoren“ interessiert, bei der Montavit einzusteigen. Definitive Zusagen gebe es allerdings noch nicht.

 

Ähnlich äußerte sich der Alpenländische Kreditorenverband (AKV). „Die Unternehmensfortführung verläuft bisher sehr gut. Das Gericht hat die Fortführung des Unternehmens beschlossen und die Eigenverwaltung bei der Schuldnerin belassen“, verlautete er in einer Aussendung. Dem AKV zufolge ist die Montavit bei mehreren Banken mit insgesamt rund 35 Millionen Euro verschuldet, insbesondere bei der Tiroler Sparkasse, der Salzburger Sparkasse sowie der Bank für Tirol und Vorarlberg (BTV). Dazu kommen weitere etwa 6 Millionen Euro an Schulden bei Lieferanten. Die Eigentümerfamilien wollen dem AKV zufolge eine Fortführungskaution von 100.000 Euro erlegen, um so ihr „Commitment“ zum Weiterbestand des Unternehmens zu unterstreichen.

 

 

 

February 24th

BASF macht 627 Millionen Euro Verlust

Aus dem 72,7-Prozent-Anteil am Öl- und Gaskonzern Wintershall Dea ergab sich ein Beteiligungsverlust von rund 4,9 Milliarden Euro. Jetzt wird gespart: Die Kosten „außerhalb der Produktion“ sollen um 500 Millionen Euro pro Jahr sinken. Bis Ende 2024 müssen 2.600 Beschäftigte gehen.
    

Einen Jahresverlust von rund 627 Millionen Euro meldet der deutsche Chemiegigant BASF für das Geschäftsjahr 2022. Geschuldet ist das „Loch“ in der Bilanz nicht zuletzt der Beteiligung von 72,7 Prozent an dem Öl- und Gaskonzern Wintershall Dea, der seinerseits 2022 Wertberichtigungen von rund 6,3 Milliarden Euro für seine Aktivitäten in Russland vornehmen musste. Dies betraf die dortige Produktion ebenso wie die vollständige Abschreibung der Beteiligung an der Nord Stream AG, die die mittlerweile teilweise zerstörten Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 betrieb. Damit ergab sich für die BASF ein Beteiligungsverlust von rund 4,9 Milliarden Euro, nachdem sie 2021 noch einen Beteiligungsgewinn von 207 Millionen Euro verbuchen konnte. Angesichts dessen wird eisern gespart. Bis Ende 2024 sollen die jährlichen Kosten des Konzerns „außerhalb der Produktion“ um 500 Millionen Euro sinken. Netto baut die BASF rund 2.600 Jobs ab. Zum „Cost-Cutting“ gehört laut Mitteilung der BASF „die konsequente Bündelung von Dienstleistungen in Hubs, die Vereinfachung von Strukturen in der Leitung von Unternehmensbereichen, der bedarfsgerechte Zuschnitt von Business Services sowie die Effizienzsteigerung von F&E-Aktivitäten“. 

 

Betroffen von den Maßnahmen ist nicht zuletzt der Hauptstandort Ludwigshafen. Dort müssen bis Ende 2026 rund 700 Personen gehen. Die Caprolactamanlage, eine der beiden Ammoniakanlagen samt der damit verbundenen Düngererzeugung, die TDI-Anlage sowie die Anlagen für die Vorprodukte DNT und TDA werden zugesperrt. Das betrifft auch die Anlagen zur Produktion von Cyclohexanol, Cyclohexanon und Schwersoda. Ferner reduziert die BASF ihre Produktionskapazitäten für Adipinsäure. Damit will die BASF ihre Fixkosten in Ludwigshafen um mehr als 200 Millionen Euro pro Jahr kappen. Vorstandschef Martin Brudermüller konstatierte, das Konzernmanagement sei „sehr zuversichtlich, dass wir für die meisten der in der Produktion betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in anderen Betrieben Beschäftigung anbieten können. Wir haben höchstes Interesse, ihre breite Erfahrung für das Unternehmen zu erhalten, ganz besonders angesichts offener Stellen und der steigenden Zahl von Pensionierungen“.
 

Durchwachsenes Geschäft 
 

Auch ohne das Desaster um die Wintershall Dea war das Geschäft der BASF 2022 eher durchwachsen gelaufen. Zwar erhöhte sich ihr Umsatz um rund 11,1 Prozent auf 87,3 Milliarden Euro. Geschuldet war das aber vor allem dem Anstieg der Rohstoff- und Energiepreise, den der Konzern seinen Kunden weiterverrechnen konnte. Die Absatzmengen gingen dem gegenüber „deutlich“ zurück, vor allem in den Geschäftsbereichen Surface Technologies und Chemicals. Das Ergebnis der Betriebstätigkeit vor Sondereinflüssen sank um 11,5 Prozent auf 6,9 Milliarden Euro. Bedingt war das durch die schlechtere Geschäftsentwicklung in den Bereichen Chemicals und Materials. Sie verzeichneten laut BASF „niedrigere Margen und Mengen sowie höhere Fixkosten“.

 

Wie Brudermüller ausführte, ist nicht mit einer Erholung der gesamtwirtschaftlichen Lage zu rechnen. Daher werde die BASF-Gruppe heuer voraussichtlich rund 84 bis 87 Milliarden Euro Umsatz erzielen, was bestenfalls einer Stagnation gleichkäme. Ferner dürfte das EBIT vor Sondereinflüssen auf 4,8 Milliarden Euro bis 5,4 Milliarden Euro sinken, also um etwa 22 bis 30 Prozent. 

 

Politik gefordert 

 

Im Vorwort zum BASF-Jahresbericht resümierte Brudermüller, auch 2023 werde „große Herausforderungen mit sich bringen. Die hohen Unsicherheiten werden fortbestehen. Es wird keinen Schub mehr aus den Nachholeffekten aus der Corona-Pandemie geben wie zu Beginn des Jahres 2022“. Doch der Konzern sei „ vorbereitet auf das, was vor uns liegt“, und habe „frühzeitig wichtige Weichen gestellt“. Gefordert sei nun die Politik: „Nicht zuletzt der Krieg in der Ukraine hat deutlich gemacht, dass viele dringend nötige Modernisierungsanstrengungen in Deutschland und Europa zu lange hinausgezögert wurden – von der Digitalisierung über den schleppenden Ausbau der erneuerbaren Energien bis hin zu den notwendigen Investitionen in die Infrastruktur. Wir können es uns nicht mehr leisten, dass Genehmigungsprozesse eine Dekade dauern oder Projekte zerredet werden. Vor allem in Deutschland stehen wir weiterhin zu sehr auf der Bremse. Dabei ist jetzt Vollgas gefragt.“

February 20th

„Erneuerbare-Gase-Gesetz“: Positive Reaktionen

Der seit langem erwartete Entwurf wird weitgehend wohlwollend zur Kenntnis genommen. Verbesserungsbedarf in einigen wesentlichen Punkten sieht die Gaswirtschaft. 


Weitgehend positiv fallen die ersten Reaktionen zum Entwurf des „Erneuerbare-Gase-Gesetzes“ (EGG) aus. Klima- und Energieministerin Leonore Gewessler sowie Landwirtschaftsminister Norbert Totschnit hatten den Entwurf bekanntlich Mitte Feber zur Begutachtung ausgesandt. Stellungnahmen sind bis Ablauf des 29. März möglich. Laut dem Ministerratsvortrag soll das EGG „sicherstellen, dass 2030 mindestens 7,5 Terawattstunden (TWh) grünes Gas zum Einsatz kommen. Eine jährliche Quote für Versorger wird dabei die notwendige Investitionssicherheit für österreichische Unternehmen gewährleisten“. Diese Quote beträgt im kommenden Jahr 0,7 Prozent der an Endverbraucher abgegebenen Menge und steigt bis 2030 auf 7,7 Prozent an. Nachzuweisen haben die Versorger die Erfüllung ihrer jeweiligen Quoten dem Entwurf zufolge „mittels Herkunftsnachweisen mit Grüngassiegel oder Grünzertifikaten mit Grüngassiegel“ gemäß dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG). Die Austrian Gas Clearing and Settlement AG (AGCS) hat in ihrer Eigenschaft als Bilanzgruppenkoordinator der Regulierungsbehörde E-Control „bis zum letzten Tag im Februar jeden Jahres die von Versorgern an Endverbraucher in Österreich im Vorjahr verkauften Gasmengen und die auf deren Basis zu berechnende und von den Versorgern zu erreichende Grün-Gas-Quote zu melden. Die Versorger haben dem Bilanzgruppenkoordinator alle Unterlagen vorzulegen, die erforderlich sind, um die Richtigkeit der Angaben überprüfen zu können“. Verfehlt ein Versorger seine Quote, hat er eine Ausgleichszahlung zu leisten. Sie beläuft sich bis einschließlich 2026 auf 18 Cent je zu wenig eingespeister Kilowattstunde (kWh), danach auf 20 Cent. Gewessler und Totschnig können im Einvernehmen per Verordnung höhere Ausgleichszahlungen festlegen. 

 


Weiters sieht der Entwurf des EGG vor, bis 2040 eine jährliche Grüngaseinspeisung von mindestens 15 TWh zu erreichen. Zu diesem Zweck haben die Klima- und Energieministerin sowie der Landwirtschaftsminister Quoten in angemessener Höhe zu verordnen. Die Kosten für die Endkunden von den Haushalten bis zur Industrie beziffern die beiden Ministerien, abhängig von den Großhandelspreisen für Erdgas, mit 90 bis 266 Millionen Euro für den Zeitraum 2024 bis 2030. 

 

„Misthaufen statt Bohrtürme“ 

 

In einer Aussendung stellten das Klima- und Energieministerium (BMK) sowie das Landwirtschaftsministerium (BML) fest, das sogenannte „grüne“ Gas könne „das aus Ländern wie Russland importiert werden muss, ersetzen. Es eignet sich deshalb für den Einsatz in Bereichen, in denen Gas nicht durch bessere Alternativen ersetzt werden kann. Dazu gehören etwa Hochtemperaturanwendungen in der Industrie. So leistet Biogas einen wichtigen Beitrag zur Unabhängigkeit unseres Energiesystems“. Indirekt wiederholt die Regierung damit ihre bekannte Position: Der Einsatz der „grünen“ Gase, also Biogas und Biomethan, zu Heizzwecken, ist nicht vorgesehen. Ergänzend hieß es in der Aussendung, Biogas werde „in entsprechenden Anlagen aus Holzresten, landwirtschaftlichen Abfällen oder auch Biomüll durch einen chemischen Prozess erzeugt. Dabei wird über den gesamten Prozess gleich viel klimaschädliches CO2 gebunden, wie bei der Verbrennung erzeugt wird. Biogas verursacht also keine zusätzlichen klimaschädlichen Emissionen“. Die These der CO2-Neutralität gilt allerdings seit längerem als umstritten, nicht zuletzt auf der Ebene der Europäischen Union. 


Dessen ungeachtet konstatierte Gewessler, die Bundesregierung wolle auch heuer daran arbeiten, „die Energieunabhängigkeit zu stärken und die Energiewende zu. Indem wir die heimische Biogasproduktion bis 2030 auf 7,5 TWh ausbauen, leisten wir dazu einen wichtigen Beitrag. Denn mehr Biogas aus Österreich bedeutet weniger Erdgas aus Russland“. Das EGG mache „die Misthaufen in Österreich zu Kraftwerken.Wir können aus Holzresten, aus landwirtschaftlichen Abfällen oder aus dem Biomüll grünes Gas produzieren und damit unsere Industrie versorgen“.


Totschnig ergänzte, mit dem Gesetz zünde Österreich „den Turbo für Biogas aus Österreich und sichern unsere Energieversorgung weiter ab. Biogas ist ein Schlüsselfaktor für die Energiewende. Es schafft weniger Abhängigkeit von fossilen Importen, mehr Klimaschutz sowie Wertschöpfung für unsere Regionen. Angesichts der geopolitischen Lage gilt es mehr denn je das verfügbare Potenzial auf unseren Bauernhöfen weiter auszubauen. Mit dem Erneuerbaren-Gase-Gesetz setzen wir auf den Misthaufen, statt auf den Bohrturm und schaffen die Basis, um Holzreste, Gülle und andere biogene Reststoffe künftig energetisch besser zu nutzen“. 

 

„Regierung meint es ernst“ 
    

Erfreut zeigte sich der Kompost- und Biogasverband. Ihm zufolge soll mit dem Entwurf „endlich der von der Branche lange ersehnte und notwendige Rechtsrahmen zur Produktion und Einspeisung von Grüngas vorgegeben werden. Durch die geplante Quotenregelung und dem im Entwurf festgelegten Hochlauf der Grüngasproduktion entsteht auch die nötige Planungssicherheit für die Produzenten. Die Erneuerbare-Gase-Branche steht bereit, ihren Beitrag zur Energiewende zu leisten und eine wesentliche Rolle bei der Transformation des Energiesystems im Gasbereich einzunehmen“. Allerdings räumte der Verband ein, dass die derzeitige Produktion von Biogas eher bescheiden ausfällt: Gerade einmal 15 Anlagen im gesamten Bundesgebiet speisen den Stoff, aus dem Gewesslers Unabhängigkeitsträume sind, in die öffentlichen Gasnetze ein. 


Den Branchenverband ficht das indessen nicht an. Ihm zufolge sollte „die Umstellung bestehender Biogasanlagen auf die Gasnetzeinspeisung der nächste Schritt sein und sicherstellen, dass die Quotenverpflichtung von Beginn an erzielbar ist. In weiterer Folge sollen auch Anlagen aus fester Biomasse Biomethan und Anlagen zur Produktion von grünem Wasserstoff dazu kommen und erneuerbare Gase in Österreich erzeugen“. Verbandsobmann Norbert Hummel verwies auf die Ankündigung der Regierung bei ihrer Klausur in Mauerbach zu Jahresbeginn, das EGG ehestmöglich auf den Tisch zu legen: „Dass das Gesetz nun, innerhalb kurzer Zeit nach der Regierungsklausur im Jänner, in Begutachtung geht, zeigt, dass die Regierung es ernst meint. Jetzt gilt es, dieses Tempo beizubehalten und das Gesetz rasch zur Beschlussfassung im Parlament zu bringen. Dann kann der Markthochlauf endlich beginnen.“


Ähnlich äußerte sich die Geschäftsführerin des Dachverbands Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ), Martina Prechtl-Grundnig. Ihr zufolge sind „grüne“ respektive „erneuerbare“ Gase „ein gewichtiger Faktor für Österreichs Energiewende und die Energiesicherheit hierzulande. Sie können die Abhängigkeit Österreichs von fossilen Gasimporten massiv reduzieren“. Prechtl-Grundnig ergänzte, allein Biomethan könne mittelfristig bis zu 20 Prozent des österreichischen Jahreabedarfs an Erdgas decken. Daher „müssen wir alles daransetzen, die heimischen Potenziale an erneuerbarer Energie, und damit auch an erneuerbaren Gasen, zu realisieren“. Und dafür seien selbstverständlich entsprechende Rahmenbedingungen notwendig. 

 

Quotenmodell „schade“ 

 

Stichwort Rahmenbedingungen: Diese urgierte auch Peter Weinelt, der Obmann des Fachverbands Gas Wärme (FGW). Und er ließ Kritik an dem Entwurf anklingen. Es sei „schade, dass die Regierung beim Heben der Grün-Gas-Potentiale auf ein Quotenmodell mit einer Lieferantenverpflichtung setzt, anstatt auf ein kostengünstigeres Marktprämienmodell, wie es auch beim Ausbau von Ökostrom angewendet wird“. Jedenfalls müsse die Regierung den EGG-Entwurf in einigen wesentlichen Punkten noch nachbessern. Die Ausgleichszahlung von 20 Cent/kWh sei „überhöht“ und „nicht sachgerecht“. Ferner plädierte Weinelt im Namen des FGW „dafür, sich bei der Zielsetzung an das Regierungsprogramm zu halten und spätestens ab 2030 Grüne Gase aus dem In- und Ausland für die Quotenerfüllung zuzulassen. Nur so ist sicherzustellen, dass die heimische Industrie und unsere Haushalte mit leistbarem klimaneutralem Gas versorgt werden können“. Zu guter Letzt verlangte der FGW-Obmann, „die im Erdgasabgabengesetz vorgesehene Befreiung für Biogas von der Erdgasabgabe und der CO2-Steuer“ endlich umzusetzen. Grundsätzlich sieht die Gasbranche den EGG-Entwurf aber positiv, stellte Weinelt klar: „Als FGW begrüßen wir den Vorstoß der Politik, den im Regierungsprogramm angekündigten Ausbau von grünem Gas voranzutreiben.“

 


Auch die Industriellenvereinigung (IV) begrüßte den Entwurf. „Nun ist es aber wesentlich, dass Verfügbarkeit und Leistbarkeit von grünen Gasen langfristig gewährleistet werden“, betonte Generalsekretär Christoph Neumayer. 

 

February 9th

Bayer: Anderson folgt Baumann

Ein US-amerikanischer Chemieingenieur übernimmt per 1. Juni den Vorstandsvorsitz des deutschen Pharma- und Argochemiekonzerns. 

 

Der US-Amerikaner Bill Anderson wird mit 1. Juni Vorstandschef des deutschen Pharma- und Argochemiekonzerns Bayer. Per 1. April tritt er in den Vorstand ein. Sein Vorgänger Werner Baumann geht im Alter von 60 Jahren in Pension. Er hatte 35 Jahre bei Bayer gearbeitet, davon sieben Jahre als Vorstandschef. Umstritten war Baumann in den vergangenen Jahren wegen der Übernahme des US-amerikanischen Agrobusiness-Konzerns Monsanto, des Herstellers  des Pflanzenschutzmittels Glyphosat. In den USA sind tausende Gerichtsverfahren wegen angeblicher Schädigungen durch das Präparat anhängig. Ihr Ausgang ist ungewiss. Die Bereinigung der Misere hatte Baumann mehrfach vergeblich versucht. Immerhin streute ihm Aufsichtsratschef Norbert Winkeljohann zum Abschied Rosen: „Im Namen des gesamten Aufsichtsrats möchte ich Werner Baumann herzlich danken. Bayer ist heute ein führendes Life-Science-Unternehmen mit herausragenden Innovationsfähigkeiten in den Bereichen Gesundheit und Ernährung. Das Unternehmen ist in hochattraktiven Wachstumsmärkten sehr gut positioniert. Und die jüngst erfolgreiche operative Performance ist ein klarer Beleg, dass Bayer auf einem extrem starken Fundament steht. Wir wünschen Werner Baumann für die Zukunft alles erdenklich Gute.“

25 Jahre Erfahrung 


Baumanns Nachfolger Anderson ist Chemieingenieur mit 25 Jahren Berufserfahrung. Seine Ausbildung absolvierte er unter anderem am Massachusetts Institute of Technology (MIT). Zuletzt leitete er das Pharmageschäft des Schweizer Roche-Konzerns und baute dieses um – erfolgreich, wie seine neuen Arbeitgeber bei Bayer betonten. Zuvor hatte Anderson die Geschäfte des US-amerikanischen Biotech-Unternehmens Genentech geführt. Im Verlauf seiner Karriere war er unter anderem beim Biotechunternehmen Biogen sowie bei der Technologie- und Elektronikfirma Raychem tätig. In Europa arbeitete er in Belgien, Großbritannien, den Niederlanden und der Schweiz.

 

Bayer-Aufsichtsratschef Winkeljohann bezeichnete ihn als „idealen Kandidaten, um Bayer zusammen mit dem Team in ein neues, erfolgreiches Kapitel zu führen – in einer Zeit, in der wir bemerkenswerte Innovationszyklen in der Biologie, Chemie und künstlichen Intelligenz sehen“. Anderson verfüge über eine „hervorragende Erfolgsbilanz bei der Entwicklung starker Produkt-Pipelines und ist sehr erfahren darin, bahnbrechende biotechnologische Innovationen zur Marktreife zu bringen“. Ferner habe er „außergewöhnliche Führungsqualitäten. Er schafft eine Kultur, die Innovationen fördert, Produktivität und Performance steigert und in der sich Mitarbeiter weiterentwickeln können“. Nun solle er „sein ganzes Potenzial entfalten und nachhaltigen Wert für unsere Aktionäre, Landwirte, Patienten, Verbraucher, Beschäftigte und alle Stakeholder des Unternehmens schaffen“.

February 6th

Montavit beantragt Sanierungsverfahren

Laut dem KSV1870 Tirol wird eine Entschuldung binnen 90 Tagen nach Antragstellung angestrebt. Herausforderungen bestanden bereits seit Jahren, nicht zuletzt wegen COVID-19 und des Krieges in der Ukraine. 

 

Die Tiroler Montavit beantragt beim Landesgericht Innsbruck die Eröffnung eines Sanierungsverfahrens mit Eigenverwaltung. Das berichtete der Kreditschutzverband 1870 Tirol (KSV1870 Tirol). Ihm zufolge ist dies „für das wirtschaftlich angeschlagene Unternehmen bei Einbindung der Gläubiger eine Möglichkeit, binnen eines Zeitraums von 90 Tagen eine Entschuldung zu erreichen“. Nach Angaben des KSV bietet die Montavit ihren Gläubigern eine Quote von 30 Prozent, zahlbar in den nächsten zwei Jahren. Dem Verband zufolge hatte die Montavit zuletzt 2019 „ein leicht positives Ergebnis erzielt. Die beiden Folgejahre weisen bereits deutliche Jahresfehlbeträge aus. Die Jahresabschlüsse zeigen eine Reduktion der Betriebsleistung, wobei sich die Kosten nicht in entsprechendem Maß vermindert haben. Im Rahmen einer Ursachenanalyse wird man sich die Kosten-Erlös-Struktur im Unternehmen detailliert ansehen müssen“.

 

Die Passiva des Unternehmens schätzt der KSV1870 Tirol auf mehr als 45 Millionen Euro. Davon sei „ein wesentlicher Teil pfandrechtlich besichert“. Rund 20 Millionen Euro dürften indessen nicht besichert sein. Sie betreffen „beträchtliche Lieferantenforderungen“ sowie die Löhne und Gehälter der etwa 180 Beschäftigten für Jänner 2023. „Inwieweit Forderungen der Dienstnehmer aus Beendigungsansprüchen letztlich schlagend werden, wird sich zeigen. Diese Zahlen konnten vom KSV1870 bisher nicht verifiziert werden“, hieß es in einer Aussendung. Laut dem KSV könnte die angestrebte Weiterführung des Unternehmens möglich sein, wenn die „die kurzfristige Schaffung einer ausreichenden Liquiditätsreserve, welche nur von dritter Seite kommen kann“ gelingt. Dies wäre die Voraussetzung, um „ein Sanierungskonzept zum Erhalt des Standortes in Absam umzusetzen“. KSV1870-Tirol-Geschäftsführer Klaus Schaller konstatierte, bei den bereits laufenden Gesprächen mit dem Ziel, zusätzliches Kapital ins Unternehmen zu bringen, es gehe darum, „dass es zu einem Erhalt der betrieblichen Struktur in Absam kommt. Eine Schließung des Betriebes mit anschließender Zerschlagung des Unternehmens und einem Abverkauf der Vermögensteile zu Liquidationswerten stellt in der Regel ein wenig attraktives Szenario für die Gläubiger dar. Eine gelungene Sanierung des Unternehmens hätte auch zur Folge, dass zumindest eine ansprechende Anzahl der vorhandenen Dienstnehmer weiterbeschäftigt werden könnte“. Die Geschäftsführung der Montavit sei hinsichtlich der „Fortführung des Betriebes ohne weitere Nachteile für die Gläubiger optimistisch“. 

 

Schwieriges Marktumfeld 

Bezüglich der Ursachen der Insolvenz erläuterte Schaller, das Marktumfeld für die Montavit sei „in letzter Zeit schwierig“ gewesen: „Aufgrund der staatlichen Corona-Maßnahmen war auch die Zahl von Erkältungs- und leichten Infektionskrankheiten stark rückläufig. Folglich war die Nachfrage an Produkten der Gläubigerin gesunken. Vom Unternehmen neu angeschaffte Maschinen bereiteten ebenfalls Probleme und so waren die Produktionsabläufe am Standort in Absam über einen längeren Zeitraum nachhaltig gestört.“ 


 
Dass die Lage für die Montavit zuletzt nicht einfach war, hatte Geschäftsführerin Katherina Schmidt bereits Ende Oktober vergangenen Jahres eingeräumt. Bei einem Pressegespräch des Pharmaindustrieverbands Pharmig konstatierte sie, zurzeit jage „eine Herausforderung die nächste“. Unter anderem hätten sich die Strompreise seit Beginn des Kriegs in der Ukraine vervierfacht und die Transportkosten verdoppelt. Ferner seien die Kosten für Verpackungsmaterial um 20 bis 30 Prozent gestiegen. Unter den derzeitigen rechtlichen Rahmenbedingungen sei es unmöglich, höhere Produktionskosten weiterzugeben. Wie die gesamte Pharmabranche forderte Schmidt daher eine  Inflationsabgeltung bei den Arzneimittelpreisen sowie die Überführung des Generika-Preisbands in Dauerrecht. „Wir wollen nichts geschenkt haben, sondern nur gut wirtschaften können“, verlautete Schmidt damals. 

 

February 3rd

Endress+Hauser blickt auf sieben bewegte Jahrzehnte zurück

Am 1. Fabruar 1953 gründeten Georg H. Endress und Ludwig Hauser das nach den beiden Familiennamen benannte Unternehmen. Aus bescheidenen Anfängen hat sich Endress+Hauser in den vergangenen 70 Jahren zu einem weltweit führenden Anbieter von Prozessmesstechnik und Automatisierung entwickelt.

Es ist ein ungleiches Gespann, das 1953 zusammenfindet, um ein Unternehmen zu gründen: Auf der einen Seite der Schweizer Ingenieur Georg H. Endress, gerade 29, auf der andern der Deutsche Ludwig Hauser, 58 Jahre alt, Leiter einer Genossenschaftsbank. Doch die beiden ergänzen sich bestens. Der Weitblick und der Vorwärtsdrang des einen sind für den Erfolg so wichtig wie die Umsicht und die Erfahrung des andern.

Am 1. Februar nimmt die L. Hauser KG ihre Tätigkeit auf; Firmensitz ist Hausers Wohnung im badischen Lörrach. Das Grundkapital des jungen Unternehmens beträgt gerade einmal 2.000 D-Mark. Namensgeberin ist Hausers Ehefrau Luise. Der Handelsregistereintrag weist sie als Gesellschafterin aus. Die junge Firma vertreibt neuartige elektronische Füllstandmessgeräte und stößt damit in eine Marktlücke vor. Bald schon beginnt Endress, eigene Instrumente zu entwickeln. 1955 lässt er beim Eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum sein erstes Patent registrieren. Produziert wird in angemieteten Räumen. Die Mitarbeiter arbeiten über mehrere Gebäude verteilt – sie sprechen liebevoll-spöttisch von den „Vereinigten Hüttenwerken“.

Zug um Zug neue Märkte erschlossen

Ab 1957 firmiert das Unternehmen als Endress+Hauser. Die Geschäfte entwickeln sich prächtig. Das Unternehmen besetzt immer neue Nischen. Weitere Messverfahren kommen dazu – Georg H. Endress spricht vom „Teigausrollverfahren“. Nach ähnlichem Muster dehnt sich das Vertriebsnetz aus. 1960 wird in den Niederlanden die erste Auslandsgesellschaft gegründet; weitere Sales Center folgen im Jahrestakt.

Firmenzukäufe und Neugründungen erweitern das Angebot. Messwertregistrierung, Flüssigkeitsanalyse und Durchflussmessung kommen als neue Arbeitsgebiete hinzu, später folgen Druck und Temperatur: Endress+Hauser wird zum Komplettanbieter für die verfahrenstechnischen Industrien. Zu diesem Zeitpunkt ist die Ära Hauser bereits Vergangenheit. Seit 1975 ist die Familie Endress alleinige Gesellschafterin.

Globale Strukturen, universelle Kultur

Klaus Endress übernimmt 1995 die Führung der Firmengruppe von seinem Vater. Er weitet das Geschäft in den folgenden Jahren über die eigentliche Prozessmesstechnik auf Dienstleistungen und Automatisierungslösungen aus. Und er stellt sich den Herausforderungen einer globalisierten Welt. Nach dem Vertrieb wird auch die Fertigung weltumspannend; moderne IT sorgt für Vernetzung.

Über 19 Jahre hinweg prägt Klaus Endress das Unternehmen und die Firmenkultur. Loyalität und Verantwortung versteht er als zentrale Werte im Miteinander von Kunden, Mitarbeitenden und Gesellschaftern. Nicht zuletzt liegt ihm die Zukunft des Familienunternehmens am Herzen. Er treibt die Arbeit an einer Familiencharta voran. Darin hält die Gesellschafterfamilie fest: Endress+Hauser soll ein erfolgreiches Unternehmen im Familienbesitz bleiben. Mit dem Tod von Georg H. Endress 2008 wird dieser Satz zum Vermächtnis.

2014 übernimmt Matthias Altendorf als CEO. Er gehört nicht zur Familie, aber arbeitet schon über 25 Jahre im Unternehmen. Laboranalyse-Spezialist Analytik Jena ist zu diesem Zeitpunkt bereits Teil der Firmengruppe. Weitere Zukäufe stärken die Prozessanalyse und die Messung von Qualitätsparametern. Daneben treibt Matthias Altendorf das Thema Digitalisierung voran: in den Produkten, in der Interaktion mit Kunden und in den Geschäftsprozessen.

In der Coronavirus-Pandemie bewährt sich der hohe Grad an Digitalisierung. Endress+Hauser kann Kunden auch aus der Ferne unterstützen und bewältigt die Krise gut. Doch die Herausforderungen reißen nicht ab. Der russische Angriff auf die Ukraine hat harte Sanktionen zur Folge – Endress+Hauser muss die Arbeit in Russland einstellen. Zudem trübt der Konflikt die wirtschaftlichen Aussichten ein.

Mit Zuversicht ins Jubiläumsjahr

Dennoch geht Endress+Hauser zuversichtlich ins Jubiläumsjahr. Die Firmengruppe unterstützt Kunden bei Zukunftsaufgaben wie der Digitalisierung und der Dekarbonisierung. Endress+Hauser trägt zu Versorgung, Ernährung und Gesundheit der Menschen bei. Das Unternehmen steht auf gesunden Füßen; der globale Fußabdruck sorgt für Stabilität. Und die Gesellschafterfamilie hat alles geregelt, um die Verantwortung gut in die dritte Generation zu übergeben.