Entropie: Nachhaltigkeit nach Maß

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Entropie konkret: Ein Teil des Stoffdurchsatzes von Prozessen wird immer zu Abfall.

Zur Etablierung der Entropiezunahme als ergänzendes Maß für die Nachhaltigkeit beitragen möchte Thomas Jakl, der Leiter der Abteilung V/2 im Umweltministerium. Die von ihm vertretene Überlegung: Bei jeder Energieumwandlung in einem System entstehen entstehen Abwärme und Abfälle, und zwar umso mehr, je schlechter der Wirkungsgrad des Umwandlungsprozesses ist. Die Entropie in dem System steigt an. Wenn Nachhaltigkeit bedeutet, dass Energie möglichst effizient zu nutzen ist und Abfälle so weit wie möglich zu vermeiden sind, kann Entropie somit grundsätzlich als Maß für die Nachhaltigkeit eines Systems verwendet werden.

Wie das konkret funktionieren könnte, erläuterten Experten auf Initiative Jakls beim Symposium „Nachhaltigkeit messbar machen“ im Rahmen der Diskussionsreihe „Risikodialog“ des Umweltbundesamtes. Wie der bekannte Abfallwirtschaftsexperte Helmut Rechberger von der Technischen Universität Wien erläuterte, wird das Konzept der Entropie im Bereich des Ressourcenmanagements bereits eingesetzt. So quantifiziert etwa die „Statische Entropie-Analyse“ (SFA) die Verteilung von Stoffen durch einen Prozess. Grob gesprochen zeigt sich dabei laut Rechberger, „dass die Vermischung von Stoffen möglichst zu vermeiden ist, da die Konzentrierung eines Stoffes aufwendiger ist als seine Verdünnung.“

Grundsätzlich anzustreben ist also eine Art „Kreislaufwirtschaft“, bei der die zum Einsatz kommenden Stoffe möglichst rein erhalten und Abfälle möglichst vermieden werden. Eine solche Wirtschaftsform würde eine minimale Entropie aufweisen. Ihrer Realisierung steht Rechberger zufolge allerdings entgegen, dass es „keine vollständig geschlossenen Kreisläufe gibt und immer ein Teil des Stoffdurchsatzes zu Abfall wird.“

 

Short-range chemicals“ gefragt

Ähnlich argumentierte Klaus Günter Steinhäuser vom deutschen Umweltbundesamt, seines Zeichens ausgebildetet Chemiker. Er warnte davor, den Begriff der Entropie als „Allzweckwaffe“ zu verwenden. So sei es etwa schwierig, ihn auf betriebswirtschaftlicher Ebene sinnvoll einzusetzen: „Allzu sehr integrierende Kennzahlen haben auf betrieblicher Ebene auch den Nachteil, dass man nicht mehr erkennt, wo eigentlich die Handlungsoptionen liegen.“ In manchlerlei Hinsicht könne der Entropiebegriff allerdings durchaus sein – nicht zuletzt, was den verantwortungsvollen Umgang mit Chemikalien betreffe. Steinhäuser: „Als besonders kritisch und der Nachhaltigkeit zuwider bezeichnen wir Stoffe, die zeitlich oder räumlich eine hohe Reichweite haben und / oder die sich irreversibel in der Umwelt verteilen, weil sie nicht abgebaut und nicht mehr zurückgeholt werden können. Sowohl Reichweite als auch Irreversibilität lassen sich über Entropie verstehen. Wir brauchen „Short-range chemicals“ – Chemikalien, die niederentropisch sind.“