Weblog von fischer
EuGH: Mutagenese ähnelt Transgenese
25.07.18
von
Klaus Fischer
Mit Verfahren wie der „Genschere“ CRISPR/CAS9 hergestellte Organismen fallen unter die GVO-Richtlinie der EU, urteilt das Höchstgericht.
„Durch Mutagenese gewonnene Organismen sind genetisch veränderte Organismen (GVO) und unterliegen grundsätzlich den in der GVO-Richtlinie vorgesehenen Verpflichtungen“. Zu diesem Schluss kommt der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in seinem Urteil in der Rechtssache C-528/16. Wie der EuGH festhält, werden als Mutagenese „alle Verfahren bezeichnet, die es, anders als die Transgenese, ermöglichen, das Erbgut lebender Arten ohne Einführung einer fremden DNS zu verändern“. Unter anderem wurde auf diese Weise Saatgut erzeugt, das gegen bestimmte Herbizide resistent ist.
Entscheidend ist laut dem EuGH: Durch Mutagenese wird „eine auf natürliche Weise nicht mögliche Veränderung am genetischen Material eines Organismus vorgenommen“. Daher unterliegen mit einschlägigen Techniken wie der „Genschere“ CRISPR/CAS9 gentechnisch veränderte Organismen der GVO-Richtlinie. Der Grund: „Mit der unmittelbaren Veränderung des genetischen Materials eines Organismus durch Mutagenese lassen sich die gleichen Wirkungen erzielen wie mit der Einführung eines fremden Gens in diesen Organismus, und die neuen Verfahren ermöglichen die Erzeugung genetisch veränderter Sorten in einem ungleich größeren Tempo und Ausmaß als bei der Anwendung herkömmlicher Methoden der Mutagenese.“ Das heißt: Die Methoden der Mutagenese und der Transgenese ähneln einander. Deshalb sind auch die Risiken der beiden Verfahren einander ähnlich. Und das wiederum bedeutet, dass ähnliche Vorkehrungen gegen diese Risiken getroffen werden müssen. Unter anderem sind die Gefahren zu prüfen, die mittels Mutagenese erzeugte GVO für die menschliche Gesundheit und die Umwelt darstellen können. Ferner gelten strenge Anforderungen „hinsichtlich ihrer Rückverfolgbarkeit, Kennzeichnung und Überwachung“. Dies entspricht im Übrigen auch dem Vorsorgeprinzip, das in der EU generell gilt, erläutert der EuGH.
Ergänzend konstatiert der Gerichtshof: Die GVO-Richtlinie gilt zwar nicht für Organismen, die mit seit langem als sicher geltenden Mutagenese-Verfahren produziert werden. Das sind primär Verfahren, bei denen nicht gezielt in das Erbgut eingegriffen wird, wie etwa die Bestrahlung mit UV-Licht. Allerdings können die EU-Mitgliedsstaaten solche GVO sehr wohl den Verpflichtungen aus der Richtlinie unterwerfen: „Denn der Umstand, dass diese Organismen vom Geltungsbereich der Richtlinie ausgeschlossen sind, bedeutet nicht, dass interessierte Personen sie nach Belieben absichtlich freisetzen oder in der Union als Produkte oder in Produkten in den Verkehr bringen dürfen. Den Mitgliedstaaten steht es somit frei, in diesem Bereich – unter Beachtung des Unionsrechts, insbesondere der Regeln über den freien Warenverkehr – Rechtsvorschriften zu erlassen.“
Das Urteil erging aufgrund einer Anfrage des französischen Conseil d’État (Staatsrat). Dort hatten der Landwirtschaftsverband Confédération paysanne und acht weitere Organisationen Klage erhoben. Sie richtete sich dagegen, dass Frankreich Mutagenese-Verfahren wie CRISPR/CAS9 von der Geltung der GVO-Richtlinie ausgenommen hatte.
Gentechnikkritiker wie Thomas Waitz, ein EU-Abgeordneter der österreichischen Grünen, begrüßten das Urteil. „Gentechnik bleibt Gentechnik, auch, wenn sie in neuem Gewande als „Gentechnik 2.0“ daherkommt. Das ist ein Rückschlag für die Agrochemiekonzerne, die versucht haben, ihre Methoden der strengen europäischen Gentechnikgesetzgebung zu entziehen“, verlautete er in einer Aussendung. Seitens der Arbeiterkammer hieß es, auch für mittels Mutagenese erzeugte Produkte werde es künftig „eine klare und verpflichtende Kennzeichnung als Gentechnik-Produkte geben“. Das helfe den Konsumenten, sich zurecht zu finden.
Kritik kam dagegen vom Verein Saatgut Austria, dem unter anderem die Agrotechnologiekonzerne DuPont Pioneer und Syngenta angehören. Obmann Michael Gohn sprach von einer „undifferenzierten Entscheidung“ und malte die Katastrophe an die Wand. Gerade für kleine und mittelständische Züchter entstehe „immenser Schaden. Sie sind im internationalen Wettbewerb längerfristig quasi chancenlos, was den Konsolidierungsprozess in der Züchtungsbranche weiter beschleunigt“. Und „ mit den heimischen Züchtern werden auch regionale und flächenmäßig weniger bedeutende Sorten bald verschwunden sein“.
Apeiron: Llewellyn-Davies folgt Loibner
17.07.18
von
Klaus Fischer
Der Brite, seit Oktober 2017 Finanzchef, übernahm den Vorstandsvorsitz des Wiener Immunonkologie-Unternehmens.
Der bisherige Finanzvorstand des Wiener Immunonkologie-Unternehmens Apeiron, Peter Llewellyn-Davies, hat mit 15. Juli den Vorstandsvorsitz übernommen. Er folgt Hans Loibner, der sich nach 13 Jahren an der Vorstandsspitze zurückzieht. Laut einer Aussendung von Apeiron steht er aber weiter als Berater zur Verfügung. Unter seiner Leitung brachte das Unternehmen das Medikament Qarziba auf den Markt. Dieses wirkt gegen das Neuroblastom, eine Krebsart, die vor allem bei Kindern auftritt. Weiters gelang Loibner unter anderem die Auslizensierung zweier Entwicklungsprojekten an Pharmakonzerne.
Llewellyn-Davies kam im Oktober vergangenen Jahres zu Apeiron. Der gebürtige Brite ist seit langem im Biotechnologiegeschäft tätig. Unter anderem arbeitete er für die Medigene und die Wilex, die heutige Heidelberg Pharma AG. Laut Apeiron-Vorstandschef Manfred Reichl war er „der Wunschkandidat des Aufsichtsrates und ist von Hans Loibner hochgeschätzt. In den letzten neun Monaten hat er sich hervorragend eingearbeitet und bereits wichtige Akzente gesetzt“. Llewellyn-Davies kündigte an, er wolle den „Hauptsitz in Wien ausbauen und gleichzeitig unsere internationalen Aktivitäten und Partnerschaften weiter verstärken“.
Loibner dankte den Investoren und den Mitarbeitern „für die jahrelange Zusammenarbeit und Loyalität“. Llewellyn-Davies bezeichnete er als „ausgezeichneten Nachfolger“.
Bilanz „erfreulich“, Aussichten nicht
13.07.18
von
Klaus Fischer
Der VCI gibt sich zufrieden mit dem Ergebnis des ersten Halbjahres und blickt „besorgt“ in die Zukunft.
„Erfreulich“ seien die Geschäfte der deutschen Chemie- und Pharmaindustrie im ersten Halbjahr 2018 gelaufen, meldet der Branchenverband VCI. Der Umsatz wuchs im Vergleich zum ersten Halbjahr 2017 um 5,5 Prozent „auf gut 100 Milliarden Euro“. Die Produktion erhöhte sich um rund fünf Prozent. Für das Gesamtjahr prognostiziert der Verband weiterhin einen Umsatzzuwachs von 4,5 Prozent auf über 204 Milliarden Euro. Die Produktion dürfte um 3,5 Prozent wachsen, die Preise sollen laut VCI um etwa ein Prozent zulegen. Dennoch warnte Verbandspräsident Kurt Bock: „Dass wir nach einem guten ersten Halbjahr die Prognose nicht nach oben korrigieren, zeigt unsere gedämpften Erwartungen für die zweite Jahreshälfte.“
Aufs Gemüt drückt den Chemie- und Pharmagewaltigen „die Gefahr eines globalen Handelskrieges zwischen den USA, China und der EU, die Folgen eines harten Brexits und die stürmische Ölpreisentwicklung“. Und die deutsche Politik habe die Lage offenbar immer noch nicht begriffen, klagte Bock. Es sei zu bedauern, „dass die fehlende industriepolitische Perspektive der Bundesregierung, zum Beispiel zu Unternehmensteuern und Forschungsförderung, diesen Risiken keine positiven Impulse für die Wirtschaft entgegensetzt.“
Bock verlangte von der Regierung, „im Herbst einen konkreten Gesetzentwurf für eine steuerliche Forschungs- und Entwicklungsförderung vorzulegen. Die Glaubwürdigkeit politischen Handelns steht hier auf dem Spiel – nicht nur innerhalb unserer Branche“. Als Vorbild nannte Bock Österreich, wo die F&E-Quote bei rund 3,14 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) liegt. In Deutschland beläuft sich diese auf 2,93 Prozent.
Ecoplus: Neue Offensivstrategie für Wirtschaftsparks
11.07.18
von
Klaus Fischer
Weitere Parks sollen entwickelt, bestehende gestärkt und entsprechende Schwerpunkte gesetzt werden.
Eine neue Offensivstrategie für die Ecoplus-Wirtschaftsparks präsentierten Niederösterreichs Wirtschaftslandesrätin Petra Bohuslav und Ecoplus-Geschäftsführer Helmut Miernicki am 11. Juli im Eco-Forum im Industriezentrum Niederösterreich Süd in Wiener Neudorf. Die Kernpunkte der Strategie sind die Entwicklung neuer Wirtschaftsparks, die Stärkung bestehender Standorte sowie eine entsprechende Schwerpunktsetzung. „Ganz entscheidend sind die Verkehrsinfrastruktur von Straße und Schiene sowie der Nahbereich zu Wien oder die Lage entlang einer der Hauptverkehrsachsen. Die vier am meisten Erfolg versprechenden Regionen sind jene um den Flughafen Schwechat, in Bruck an der Leitha, Wiener Neustadt und St. Pölten“, konstatierte Bohuslav.
Zurzeit betreibt Ecoplus 17 Wirtschaftsparks mit insgesamt rund 1.000 Hektar Fläche. In diesen haben sich 973 österreichische sowie internationale Firmen angesiedelt. Sie beschäftigen in Summe rund 21.400 Personen, was etwa der Anzahl der Einwohner Mödlings entspricht. Laut Bohuslav investierte Ecoplus in den vergangenen fünf Jahren rund 73 Millionen Euro in Immobilien und Infrastrukturmaßnahmen zum Ausbau der Wirtschaftsparks. Damit löste die Wirtschaftsagentur Gesamtinvestitionen von 900 Millionen Euro aus. Etwa 7.740 Arbeitsplätze entstanden. Für heuer sind weitere rund 16 Millionen Euro budgetiert.
Allein im ersten Halbjahr 2018 unterstützte Ecoplus 62 Betriebsansiedlungen bzw. -erweiterungen. Dadurch wurden 543 Arbeitsplätze neu geschaffen und weitere 41 gesichert. Laut Bohuslav sind die Ecoplus-Wirtschaftsparks damit „der Kern und das Rückgrat der erfolgreichen Betriebsansiedlungen“. Miernicki zufolge unterstützt die Ecoplus „nicht nur die Firmen in den Wirtschaftsparks, sondern alle interessierten Unternehmen in ganz Niederösterreich. Aktuell haben wir 300 Anfragen, rund die Hälfte davon bezieht sich auf die Wirtschaftsparks. Unser Standort-Kompass umfasst mittlerweile eine Datenbank von 300 Immobilien. Im ersten Halbjahr 2018 haben auch bereits über 5.000 User darauf zugegriffen“.
BASF: Große Pläne in China
10.07.18
von
Klaus Fischer
Der Chemiekonzern will rund 8,55 Milliarden Euro in eine neue Petrochemiefabrik investieren. Das verlautete am Rande des Staatsbesuchs Ministerpräsident Li Keqiangs in Deutschland.
Um rund zehn Milliarden US-Dollar (8,55 Milliarden Euro) möchte BASF eine Petrochemiefabrik in der südchinesischen Provinz Guangdong errichten. Eine diesbezügliche unverbindliche Absichtserklärung unterschrieben BASF-Vorstandschef Martin Brudermüller und der Vizegouverneur der Provinz, Lin Shaochun, am 9. Juli in Berlin. Die Unterzeichnung erfolgte im Beisein Bundeskanzlerin Angela Merkels und des chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang, der zurzeit auf Staatsbesuch in Deutschland weilt. Laut einer Aussendung von BASF könnten die ersten Anlagen der neuen Fabrik 2026 in Betrieb gehen. Deren endgültige Fertigstellung wäre für 2030 zu erwarten.
Errichtet würde zunächst ein Steamcracker zur Erzeugung von rund einer Million Tonnen Ethylen pro Jahr. In der Folge kämen nach Angaben von BASF „Anlagen für verbrauchernähere Produkte und Lösungen in Bereichen wie Transport oder Konsumgüter“ hinzu. Nach ihrer Fertigstellung wäre die Fabrik in Guangdong „der drittgrößte BASF-Standort weltweit“ nach Ludwigshafen und Antwerpen.
Guangdong ist mit rund 110 Millionen Einwohnern die bevölkerungsreichste Provinz Chinas. Seitens BASF wird sie weiters als größter chinesischer Standort für die Autozuliefer- und die Elektronikindustrie bezeichnet. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) soll jährlich um rund sieben Prozent wachsen. Bereits derzeit ist das BIP der Provinz mit etwa 1.136 Milliarden Euro laut BASF größer als das Spaniens, „bald“ werde jenes von Südkorea erreicht. Dieses beläuft sich auf rund 1.300 Milliarden Euro, also ungefähr das Dreifache des BIPs Österreichs.
BASF eröffnete seine erste Fabrik in China im Jahr 1966. In Nanjing betreibt der deutsche Konzern seit 2005 eine große petrochemische Fabrik. Sie erwirtschaftete 2017 rund 2,76 Milliarden Euro Umsatz sowie ein EBITDA von etwa 450 Millionen Euro. Insgesamt erzielte BASF in China vergangenes Jahr einen Umsatz von rund 7,3 Milliarden Euro.
Transparenz mit Schönheitsfehler
04.07.18
von
Klaus Fischer
Auch heuer veröffentlichte die Pharmaindustrie die Höhe ihrer Zahlungen an Personen und Institutionen im Gesundheitswesen. Die Ärzte sind hinsichtlich Namensnennung weiter zurückhaltend.
Zahlungen von insgesamt rund 140 Millionen Euro leistete die Pharmaindustrie 2017 an österreichische Ärzte, Apotheker, Krankenhäuser und medizinische Forschungseinrichtungen. Das meldet der Branchenverband Pharmig. Ihm zufolge entfielen etwa 89 Millionen Euro oder 64 Prozent der Gesamtsumme auf Forschung, also etwa die Mitwirkung an klinischen Studien. Weitere 31 Millionen Euro (22 Prozent) gab die Branche für Veranstaltungen aus, darunter die Erstattung von Kongressgebühren. Beratungs- und andere Dienstleistungen, darunter Vortragshonorare, ließen sich die Pharmaunternehmen 14,5 Millionen Euro (zehn Prozent) kosten. Für Spenden und Förderungen wandten sie 5,5 Millionen Euro auf, was vier Prozent des Gesamtbetrags entspricht. Offengelegt werden diese Zahlen alljährlich im Rahmen der freiwilligen Transparenzinitiative der Pharmaindustrie auf den Webseiten der einzelnen Unternehmen. Pharmig-Präsident Martin Munte verlautete, es sei „ein äußerst positives Zeichen“, dass der Großteil des Gelds in die Forschung fließe.
Differenziert äußerte sich einmal mehr der Antikorruptions-Verein Transparency International (TI). Die Vorstandschefin der österreichischen TI-Vertretung, Eva Geiblinger, nannte die Initiative einen „wichtigen Schritt im Kampf gegen Korruption“. Der Wermutstropfen: „Nur wenige Pharmafirmen in Österreich halten sich an die freiwilligen Vorgaben der Branche zur namentlichen Offenlegung der Empfänger.“ Ändere sich das in den kommenden Jahren nicht „drastisch“, empfehle sich eine „gesetzliche Verpflichtung“. Aufgrund des österreichischen Datenschutzrechts können die Pharmaunternehmen Zahlungsempfänger nur namentlich nennen, wenn diese ausdrücklich zustimmen. Und das taten in den vergangenen Jahren nur rund 20 Prozent der Ärzte.
Immerhin: GlaxoSmithKline (GSK) schließt nach eigenen Angaben als einziger Pharmakonzern „bereits seit 2015 nur mehr mit jenen Ärzten und Institutionen Verträge über Dienstleistungen ab, die vorab einer namentlichen Offenlegung von Zahlungen zustimmen“. Die Veröffentlichungsrate beziffert GSK mit mehr als 99 Prozent. Widerruft ein Arzt seine Einwilligung, „müssen die bereits bezahlten Leistungen aggregiert gemeldet werden“. Zurückgefordert wird das liebe Geld aber nicht.
Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres konstatierte in einer Aussendung mit der Pharmig: „Ich bin der Meinung, wer seine ärztliche Expertise für die Verbesserung oder Neuentwicklung von Medikamenten zur Verfügung stellt, sollte stolz darauf sein. Es ist selbstverständlich und völlig legitim, dass Kolleginnen und Kollegen für ihre Leistungen im Rahmen von Kooperationen mit der Pharmaindustrie auch angemessen honoriert werden.“
CEFIC: Handelsbilanzüberschuss gewachsen
28.06.18
von
Klaus Fischer
Laut dem EU-Chemieindustrieverband exportierte die Branche im ersten Quartal Waren im Wert von 12,6 Milliarden Euro mehr als sie importierte. Gegenüber dem ersten Quartal 2017 ist das ein Plus von 6,6 Prozent.
Die Chemieindustrie in der EU verzeichnete im ersten Quartal 2018 einen Handelsbilanzüberschuss von rund 12,6 Milliarden Euro, meldet der Branchenverband CEFIC. Gegenüber dem Vergleichswert des Vorjahres bedeutet der neue Wert einen Zuwachs um rund 838 Millionen Euro oder 6,6 Prozent. Die Exporte stiegen um 3,3 Prozent auf 40,8 Milliarden Euro. Größter Exportmarkt waren die USA mit einem Anteil von 21,5 Prozent, gefolgt von den nicht der EU angehörigen europäischen Ländern, ausgenommen die Russländische Föderation, mit 19,2 Prozent. Gesunken sind die Exporte nach Japan, Südkorea, China, den Nahen Osten und Afrika.
Die Importe erhöhten sich laut CEFIC um 1,7 Prozent auf 28,2 Milliarden Euro. Auch diesbezüglich waren die USA mit rund 20,2 Prozent Anteil der größte Handelspartner der EU-Chemieindustrie, wiederum vor den nicht der EU angehörigen europäischen Ländern ohne die Russländische Föderation mit 17,2 Prozent. Zurückgegangen sind die Importe aus den USA, dem Nahen Osten und Afrika.
Die Produktion der Chemiebranche in der EU wuchs im Zeitraum Jänner bis einschließlich April 2018 gegenüber dem Vorjahreswert um 1,2 Prozent. Einen Absolutwert nennt die CEFIC wie üblich nicht. Den Anstieg der Preise im genannten Zeitraum beziffert sie mit 2,3 Prozent. Eine Bewertung dieser Entwicklungen nimmt der Branchenverband nicht vor.
Lenzing plant Faserzellstoffwerk in Brasilien
22.06.18
von
Klaus Fischer
Die Anlage wäre mit 450.000 Tonnen Jahreskapazität die größte ihrer Art. Errichtet würde sie gemeinsam mit dem Holzpaneelproduzenten Duratex.
Der Faserkonzern Lenzing und der brasilianische Holzpaneelproduzent Duratex planen, nahe São Paulo in Brasilien ein Faserzellstoffwerk mit 450.000 Tonnen Jahreskapazität zu bauen. Laut Lenzing wäre die etwa eine Milliarde US-Dollar (860 Millionen Euro) teure Fabrik die weltweit größte ihrer Art. Die beiden Unternehmen gründen gerade ein Joint-Venture, an dem Lenzing 51 Prozent hält. Diese Firma prüft das Umfeld der Fabrik und erarbeitet die technischen Pläne für sie. Außerdem werden die Genehmigungen für den Bau eingeholt. Lenzing zufolge soll die Investitionsentscheidung 2019 fallen.
Als Rohstoff für die Faserproduktion ist Holz aus einem 43.000 Hektar großen Nutzwald vorgesehen, der Lenzing und Duratex gemeinsam gehört. Dieser ist nach den Kriterien des Forest Stewardship Council (FSC) für verantwortungsvolle Waldbewirtschaftung zertifiziert. Lenzing-Vorstandschef Stefan Doboczky verlautete, er wolle gemeinsam mit Duratex „eine sehr ökologische und konkurrenzfähige Rohstoffbasis für die globalen Expansionspläne der Lenzing-Gruppe schaffen“.
Duratex mit Sitz in São Paulo gilt als einer der größten Holzpaneelerzeuger der südlichen Hemisphäre. Im Jahr 2017 erwirtschaftete der Konzern rund 3,99 Milliarden Brasilianische Real (910 Millionen Euro) Umsatz. Die Nettoerträge lagen bei 180,0 Millionen Real (41,0 Millionen Euro).
Neonicotinoide: EFSA untersucht Notfalleinsätze
21.06.18
von
Klaus Fischer
Im Wesentlichen erteilten sieben EU-Mitgliedsstaaten einschlägige Genehmigungen auf tragfähiger wissenschaftlicher Basis, berichtet die EU-Lebensmittelsicherheitagentur.
Den Einsatz neonicotinoidhaltiger Pflanzenschutzmittel in sieben EU-Mitgliedsstaaten im Jahr 2017 überprüfte kürzlich die Europäische Agentur für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Die Verwendung war in Bulgarien, Estland, Finnland, Lettland, Litauen, Rumänien und Ungarn für Notfälle genehmigt worden. Laut EFSA erfolgte dies zumeist auf einer tragfähigen wissenschaftlichen Grundlage. Alternativen zum Einsatz der „Neonics“ Clothianidin, Thiamethoxam und Imidacloprid bestanden in der Mehrzahl der Fälle nicht. In Estland etwa traf dies in sechs von zehn Fällen zu, in Finnland in allen vier Fällen, in Lettland im einzigen Zulassungsfall, in Litauen in zwei von vier Fällen, in Rumänien in drei von sechs Fällen und in Ungarn für sieben von 15 Fällen. In vier weiteren Fällen hatte das Land nicht untersucht, ob Alternativen bestanden hätten. Bulgarien wiederum behauptete, alles sei ordnungsgemäß abgelaufen. Dies wurde jedoch nicht methodisch korrekt nachgewiesen.
Der Einsatz von Clothianidin, Thiamethoxam und Imidacloprid ist in der EU seit 2013 nur mehr in Ausnahmefällen zulässig, weil die Mittel als gefährlich für Bienen gelten. Im vergangenen Jahr erarbeitete die EFSA eine Methode „zur Bewertung von Anträgen auf Verwendung von Insektiziden in Fällen, in denen eine ernst zu nehmende Gefahr für die Pflanzengesundheit besteht“. Aufgrund eines Ersuchens der EU-Kommission benutzte sie diese für die nun vorgelegten Untersuchungen. Wie die EFSA betonte, bewertete sie „ausschließlich die Begründung für die Erteilung der Notfallzulasungen“. Nicht berücksichtigt wurden dem gegenüber „etwaige von den Mitgliedstaaten unternommene Maßnahmen zur Verminderung des Risikos für Bienen und Umwelt durch Pflanzenschutzmittel auf Neonicotinoidbasis“.
Arzneimittel: Zwischen Kosten und Nutzen
14.06.18
von
Klaus Fischer
Die geplante EU-weite Harmonisierung der Nutzenbewertungen (HTAs) für Medikamente war Thema einer Veranstaltung der Pharmig-Academy.
Welchen Nutzen bringt ein neues Arzneimittel, und welcher Preis ist folglich dafür gerechtfertigt? Das war der Hintergrund einer Veranstaltung der Pharmig-Academy am 13. Juni in Wien. Das übliche Instrument für Nutzenbewertungen sind „Health Technology Assessments“ (HTAs), in denen Arzneimittel direkt miteinander verglichen werden. Die Verfahren dazu sind zurzeit noch auf nationalstaatlicher Ebene geregelt. Ende Jänner präsentierte die EU-Kommission jedoch einen Vorschlag, um die Vorschriften bezüglich der HTAs zu harmonisieren. Seither wird mit Hingabe gestritten. Und nicht zuletzt geht es ums Geld: Zeigt ein Assessment, dass ein neues Medikament keinen Zusatznutzen bringt, kann sein Preis schwerlich über dem eines Generikums liegen. Das aber macht es für die Pharmaindustrie unattraktiv, das Präparat auf den Markt zu bringen. Gilt nun ein einziges HTA für die gesamte EU, könnte eine negative Nutzenbewertung das Aus für das Mittel auf dem gesamten europäischen Markt bedeuten.
Umso heikler ist die Frage, wie ein HTA durchzuführen ist und was als Vergleichsmittel (Komparator) gegenüber dem neuen Medikament einzusetzen ist. Besonders pikant wird die Angelegenheit bei Arzneien gegen Seltene Erkrankungen (Rare Diseases), für die oft nur ein einziges Medikament verfügbar ist, berichtete Alexander Natz von der European Confederation of Pharmaceutical Entrepreneurs (EUCOPE), die kleine sowie mittelgroße Pharma- und Medizintechnikunternehmen vertritt. Manche EU-Mitgliedsstaaten wie Deutschland und Frankreich stünden dem Vorschlag der Kommission eher skeptisch gegenüber. Andere, darunter Österreich, befürworteten ihn zumindest grundsätzlich - übrigens ähnlich wie der europäische Pharmaindustrieverband EFPIA. „Viel hängt nun von der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2018 ab“, erläuterte Natz. Österreich müsse versuchen, die Positionen der Kommission, des Rats und des Europäischen Parlaments unter einen Hut zu bringen. Geplant ist ausschließlich die Harmonisierung der Vorschriften bezüglich der HTAs selbst. Kostenbewertungen und Preisfindungsmechanismen bleiben dagegen unberücksichtigt. Mit gutem Grund, konstatierte Natz: „Es hat ja keinen Sinn, die Preise in Staaten wie Deutschland und Österreich mit denen in Rumänien, Bulgarien oder Griechenland zu vergleichen.“
Geht es nach dem Wunsch der Kommission, könnten die neuen Bestimmungen in den Jahren 2023 bis 2026 eingeführt werden. Sie würden für sämtliche Arzneimittel gelten, also auch für die „Orphan Drugs“ gegen die Seltenen Erkrankungen. Laut Natz gab es im Rahmen des Projekts EUnetHTA bereits Bestrebungen, die HTAs zu harmonisieren. Allerdings zogen die EU-Mitgliedsstaaten nicht so recht mit. Natz zufolge lässt sich noch nicht abschätzen, was die Verhandlungen zwischen Rat, Parlament und Kommission ergeben werden. „Ich habe allerdings ein gewisses Grundvertrauen, es wird ein vernünftiges Resultat geben. Auf fachlicher Ebene sind Personen involviert, die die Thematik bestens kennen.“
Nur Unterstützung
Brigitte Piso von der „Gesundheit Österreich“-GmbH betonte, die HTAs würden auch künftig nur der Unterstützung der Entscheidungen über die Preise dienen: „Sie nehmen nichts vorweg.“ Und die Methoden für die HTAs zu harmonisieren, habe allemal Sinn. Ihr zufolge leistete EUnetHTA diesbezüglich wertvolle Vorarbeiten und erbrachte daher „viel Nutzen“. Mit der Harmonisierung könnten die Debatten über die Preise „vielleicht transparenter“ geführt werden. Heikel werde die Sache freilich, wenn es um „ethische Entscheidungen auf Ressourcenallokationsebene“ gehe. Zu deutsch: Lässt es sich rechtfertigen, einem Patienten ein Medikament nur deshalb zu verweigern, weil es teuer ist?
Für grundsätzlich sinnvoll hält europaweit harmonisierte HTAs die Leiterin der Klinischen Abteilung für Hämatologie und Hämostaseologie am Wiener Allgemeinen Krankenhaus (AKH), Ingrid Pabinger. Sie ermöglichten einen „kritischen Blick und eine transparente Bewertung“ vom Arzneimitteln. Allerdings wäre es Pabinger zufolge sinnvoll, die Verbesserung der Lebensqualität stärker zu berücksichtigen. Bei Seltenen Erkrankungen bestehe für HTAs eine spezielle Herausforderung: der Mangel an unbehandelten Patienten: „Das heißt in meinem Bereich: Die ganze Fachwelt stürzt sich auf jeden neugeborenen Bluter.“ Deshalb habe sie gemeinsam mit ihren Kollegen und mit Hilfe der Pharmaindustrie das österreichische Hämophilie-Studienregister aufgebaut. Derzeit sind darin über 750 Patienten mit Bluterkrankheit erfasst, was etwa 90 Prozent der zu erwartenden Fälle entspricht.
Robert Sauermann vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (HV) plädierte dafür, HTAs auch bei den „Orphan Drugs“ vorzunehmen, „trotz aller Schwierigkeiten, die damit natürlich verbunden sind“. Beim Zugang zu einem Medikament sei meistens ohnehin nicht das HTA das Haupthindernis, sondern der Preis: „Der muss einfach in einer angemessenen Relation stehen. Deshalb sind gesamteuropäisch harmonisierte HTAs so wichtig.“ Auch laut Sauermann war und ist EUnetTHA durchaus sinnvoll: „Wir haben eine EUnetHTA-Bewertung bereits einmal bei den Diskussionen über die Kostenerstattung für ein Medikament berücksichtigt.“ In Österreich gebe es bei der Kostenerstattung für Arzneimittel freilich ein spezielles Problem: „Was wird wo verabreicht, und wer zahlt dafür?“ Die Krankenkassen seien bekanntlich für die niedergelassenen Bereich zuständig, nicht jedoch für den „intramuralen“, also die Krankenhäuser.
„Luxusprobleme“
Für die Patienten sind derartige Debatten „so etwas wie ein Luxusproblem“, konstatierte Rainer Riedl, der Obmann der Pro Rare Austria, in der die Selbsthilfeverbände bezüglich der Seltenen Erkrankungen zusammenarbeiten. Für die weit überwiegende Zahl an Seltenen Erkrankungen gebe es kein einziges Medikament, für viele nur ein einziges. Eine vergleichende Nutzenbewertung sei somit kaum möglich. Außerdem gehe es ja um die Lebensqualität der Patienten und ihres Umfelds. Dies müsse bei Nutzenbewertungen ebenfalls berücksichtigt werden.
Ähnlich argumentierte Jasmin Barman-Aksözen. Sie ist Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates der Schweizer Gesellschaft für Porphyrie und leidet selbst an Erythropoietischer Protoporphyrie. Bei dieser „ultraseltenen“ Krankheit treten schmerzhafte Verbrennungen in den Adern auf - wenige Minuten, nachdem ein Patient von Lichtstrahlen getroffen wird. Ob es sich um natürliches oder um Kunstlicht handelt, spielt keine Rolle. Barman und ihre Kollegen entwickelten ein präventiv und rasch wirkendes Medikament, „das das Leben sehr erleichtert“. Dieses ist seit 2014 in der EU grundsätzlich zugelassen. Zugang haben aber bei weitem nicht alle Patienten, in Österreich von rund 40 Betroffenen nur vier oder fünf. Laut Barman geht es bei den HTAs um Durchschnittswerte, die oft nichts mit der realen Lebenswelt eines Patienten zu tun haben. „Mir ist beispielsweise wichtig, an einem sonnigen Samstagnachmittag mit meiner Familie einige Stunden im Freien verbringen zu können. Das HTA bezieht sich aber auch auf die Verbesserung der Lebensqualität an Regentagen, die mit dem Mittel erreicht wird. Und die ist natürlich gering.“ Nichts einzuwenden sei gegen europaweit harmomisierte HTAs, wenn diese hohen Qualitätsanforderungen genügten und transparent durchgeführt würden. Wenig Verständnis zeigte Barman für die Debatten um die Erstattung der Kosten durch unterschiedliche Stellen sowie die Auseinandersetzungen zwischen den Erstattern und der Pharmabranche: „Das Preisverhandlungen auf dem Rücken der Patienten.“
Wilhelm Frank, Professor für Gesundheitsmanagement, bezeichnete HTAs ebenfalls als grundsätzlich sinnvoll. Und gerade eine gut gemachte Harmonisierung wäre ihm zufolge zu begrüßen. Allerdings sind laut Frank noch wesentliche Fragen offen. Unter anderem müsse geklärt werden, wie verbindlich die Ergebnisse von HTAs sind: „Außerdem gilt es, Methodensicherheit zu schaffen.“
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