Archive - Dez 2, 2015

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Patentstreitbeilegung: EU-Kommission präsentiert Monitoringbericht

Die EU-Kommission präsentierte heute ihren sechsten Monitoringbericht über die Beilegung patentrechtlicher Streitfälle im Pharmabereich. Diesem zufolge wurden 2014 insgesamt 76 Fälle zwischen Herstellern von Originalmedikamenten und von Generika bereinigt. Im Jahr 2013 waren es noch 146 Fälle gewesen, 2012 sogar 183. Wie die Kommission feststellte, liegt der Vorjahreswert aber immer noch weit über dem der Jahre 2000 bis 2008, in denen im Durchschnitt jeweils 24 Beilegungen verzeichnet wurden. Ausdrücklich betonte die Kommission, die Zahl der wettbewerbsrechtlich bedenklichen Fälle sei „auf einem niedrigen Niveau“ geblieben. Die weitaus meisten Beilegungsfälle verzeichnete Portugal mit 35, was die Kommission auf neue Rechtsvorgaben zurückführt. Österreich lag mit zehn Fällen hinter Portugal, Spanien, Deutschland und Italien an fünfter Stelle, das Schlusslicht bildete Malta mit drei.

 

In 49 Prozent Beilegungen erfolgte die Einigung ohne Marktzugangsbeschränkung für das jeweilige Generikum. In 39 Prozent der Fälle wurde der Marktzugang beschränkt, der Generikahersteller leistet(e) jedoch keinen „Werttransfer“ (üblicherweise in Form von Zahlungen) an den Produzenten des Originalmedikaments. Bei den restlichen zwölf Prozent umfasste die Einigung sowohl eine Zugangsbeschränkung als auch einen Werttransfer. Die Zugangsbeschränkung bedeutet in einer Reihe von Fällen, dass der Generikaproduzent sein Medikament erst anbieten darf, wenn das Patent des Orginialherstellers abgelaufen ist.

 

Der Bericht ist auf der Website der Generaldirektion Wettbewerb der EU-Kommission verfügbar. 

 

 

Kreislaufwirtschaft: Umstrittenes Paket

Die EU-Kommission präsentierte heute ihr neues Maßnahmenpaket zur Kreislaufwirtschaft. Laut einer Aussendung soll dieses „dazu beitragen, den Kreislauf der Produktlebenszyklen durch mehr Recycling und Wiederverwendung zu schließen.“ Gefördert wird das Paket durch 650 Millionen Euro aus dem Forschungs- und Innovationsprogramm „Horizont 2020“, weitere 5,5 Milliarden Euro kommen von den Strukturfonds für die Abfallbewirtschaftung sowie von den Nationalstaaten. Erarbeitet wurde das Paket von einem Team unter dem Ersten Vizepräsidenten der Kommission, Frans Timmermans, sowie dem für Arbeitsplätze, Wachstum, Investitionen und Wettbewerbsfähigkeit zuständigen Vizepräsident Jyrki Katainen „und unter enger Beteiligung“ von Umweltkommissar Karmenu Vella sowie Industriekommissarin Elżbieta Bieńkowska.

 

Geplant sind unter anderem die Verminderung der Lebensmittelverschwendung, die Entwicklung von Qualitätsstandards für Sekundärrohstoffe, die Erarbeitung einer „Strategie für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft“ sowie Maßnahmen zur verstärkten Wiederverwendung von Wasser. In der Abfallwirtschaft will die Kommission bis 2030 unter anderem eine Recyclingquote von 65 Prozent für Siedlungsabfälle und von 75 Prozent für Verpackungsabfälle einführen. Maximal zehn Prozent aller Abfälle sollen ab diesem Jahr noch deponiert werden dürfen.

 

Timmermans sagte, beim Thema Kreislaufwirtschaft gehe es um einen „grundlegenden Wandel in der Funktionsweise unserer Wirtschaft. Mit dem heute vorgelegten Paket liefern wir den umfassenden Rahmen, der diesen Wandel möglich machen wird. Die Mischung aus intelligenter Rechtssetzung und Anreizen auf EU-Ebene wird Unternehmen und Verbraucher sowie nationale und lokale Behörden dabei unterstützen, diesen Wandel voranzutreiben.“

 

Kritik aus Österreich


Umweltminister Andrä Rupprechter zeigte sich in einer ersten Reaktion dagegen skeptisch. Österreich werde die Vorschläge der Kommission „sehr genau prüfen.“ Jedenfalls „nicht ehrgeizig genug“ seien die Deponierungsquote und die vorgesehene Qualität der für das Recycling gedachten Abfälle. Laut Aussendung des Umweltministeriums sollten „Recyclingprodukte möglichst frei von Problemstoffen sein, um nachteiligen Umweltauswirkungen entgegenzuwirken.“

 

Scharfe Kritik kam von der Delegationsleiterin der österreichischen Grünen im EU-Parlament, Ulrike Lunacek. Sie bezeichnete den Vorschlag als „eine Ansammlung von Lippenbekenntnissen. Verbindliche Vorgaben fehlen fast in allen Bereichen. Der jetzige Vorschlag bleibt sogar hinter der ursprünglichen Fassung zurück, die die EU-Kommission vor einem Jahr zurück gezogen hat. Damit wird Vizepräsident Timmermans wortbrüchig.“ Das EU-Parlament werde „diese Minimalpolitik sicher nicht mittragen.“

 

 

EU: Krach um Genmais und Glyphosat

Die EU-Kommission sollte die gentechnisch veränderte glyposat-tolerante Maissorte NK603 x T25 als Bestandteil von Nahrungs- und Futtermitteln nicht zulassen. So lautet eine Empfehlung des Umweltausschusses des EU-Parlaments, die am gestrigen Dienstag beschlossen wurde. Für die Empfehlung stimmten 40 Parlamentarier, 26 lehnten sie ab, drei enthielten sich der Stimme. Das Plenum des Parlaments wird sich in seiner Sitzung vom 18. bis 21. Jänner in Straßburg mit dem Thema befassen. Die Maissorte wird vom US-amerikanischen Agrarkonzern Monsanto produziert.

 

Der Umweltausschuss begründete seine Entscheidung im Wesentlichen formalrechtlich. Wie es in dem Beschluss heißt, funktioniert das Zulassungsverfahren für gentechnisch veränderte Nahrungs- und Futtermittel nicht zufriedenstellend. Daher sollten keine weiteren Zulassungen erfolgen, bevor dieses nicht verbessert wurde. Insbesondere kritisieren die Parlamentarier, dass die Kommission im Alleingang entscheiden kann, wenn die Mitgliedsstaaten sich nicht mit qualifizierter Mehrheit auf die Zulassung oder Ablehnung eines bestimmten Produkts einigen.

 

Die Überarbeitung dieses Verfahrens ist derzeit im Gang. Seitens der Kommission wurde vorgeschlagen, dass die Mitgliedsstaaten der EU den Verkauf und die Nutzung gentechnisch veränderter Nahrungs- und Futtermittel auf ihrem Gebiet verbieten können. Dies wurde vom EU-Parlament jedoch im Oktober als unpraktikabel abgelehnt. In einem forderte das Parlament die Kommission auf, einen neuen Vorschlag auszuarbeiten.

 

Umstrittene EFSA-Feststellung

In seiner gestrigen Empfehlung verweist der Umweltausschuss darauf, dass das Pflanzenschutzmittel Glyphosat, gegen den die Maissorte NK603 xT25 resistent ist, im März von der World Health Organization (WHO) als krebserregend eingestuft wurde. Er kritisierte damit wenigstens indirekt die Feststellung der Europäischen Lebensmittelsicherheitsagentur EFSA vom 12. November, der zufolge Glyphosat für Menschen kein Risiko mit sich bringt, an Krebs zu erkranken. Die EFSA stützte sich darin auf den „Renewal Assessment Report“ des deutschen deutschen Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). Laut einer am 24. November veröffentlichten Zusammenfassung kommt das BfR „nach Prüfung aller bisher vorliegenden Studien, Dokumente und Veröffentlichungen einschließlich der Glyphosat-Monographie der Internationalen Agentur für Krebsforschung der WHO (IARC) zu dem Ergebnis, dass nach derzeitiger wissenschaftlicher Kenntnis bei bestimmungsgemäßer Anwendung von Glyphosat kein krebserzeugendes Risiko für den Menschen zu erwarten ist.“

 

Dies wird von 96 Wissenschaftlern in einem offenen Brief an EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis, Agrarkommissar Phil Hogan sowie eine Reihe weiterer Persönlichkeiten vehement kritisiert. Die Experten verweisen darauf, dass die Auffassungen der EFSA und des BfR jener der IARC zuwiderlaufen. Ihnen zufolge ist die letztere „wesentlich glaubwürdiger. Sie wurde in offenen und transparenten Verfahren von Wissenschaftlern erarbeitet, die keine Interessenkonflikte aufweisen und in keiner Weise mit der chemischen Industrie verbunden sind oder von dieser finanziell unterstützt wurden. Im Gegensatz dazu ist die BfR-Entscheidung unglaubwürdig, weil sie nicht von den Fakten unterstützt wird und nicht auf offene und transparente Weise zustande kam.“

 

Daher solle die EU-Kommission in ihrer Entscheidung über die weitere Zulassung von Glyphosat und glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln nicht berücksichtigen. Der Einsatz solcher Mittel ist in der EU nach derzeitigem Stand noch bis Mitte 2016 zulässig.