Archive - Mär 17, 2015

Energieeffizienz: Streit um die Kosten

Rechtlich und in der Sache unzutreffend“ sei die Kritik der Wirtschaftskammer (WKO) an den Maßnahmen der Energieversorger im Zusammenhang mit dem Energieeffizienzgesetz. Das betont der Branchenverband Oesterreichs Energie in einer Aussendung.

 

Gestützt auf ein Rechtsgutachten des Wiener Unternehmens- und Wirtschaftsjuristen Heinz Krejci behauptet die Kammer, die Energieversorger dürften die Kosten, die ihnen durch das Gesetz entstehen, „nicht beliebig“ auf ihre Kunden überwälzen. Auch Preisanpassungsklauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Energieversorger, die grundsätzlich die Möglichkeit von Kostenwälzungen eröffnen, seien „mit Vorsicht zu genießen“. Bei einer Pressekonferenz in Wien verlautete der Leiter der Abteilung für Umwelt- und Energiepolitik der WKO, Stephan Schwarzer, aus der 80-seitigen „tollen Analyse“ Krejcis gehe dreierlei hervor: Erstens müssten Preisanpassungsklauseln in den AGB ausgewogen sein, was sie für die Kunden der Energieversorger oft nicht seien. Zweitens seien intransparente Klauseln verboten. Drittens schließlich dürften die Energieunternehmen allenfalls die ihnen tatsächlich entstehenden Kosten weiterverrechnen. Eine Weiterverrechnung erwarteter Kosten, wie sie derzeit erfolge, sei dagegen unzulässig.

 

Vom Chemiereport gefragt, wie die Kammer weiter vorgehen wolle, sagte Schwarzer: „Wir werden unsere Mitglieder von dem Gutachten informieren.“ An eine Verbandsklage gegen die E-Wirtschaft denke die Kammer indessen nicht. Gespräche zwischen der E-Wirtschaft und ihren Kunden seien im Gange und verliefen „meines Wissens nach konstruktiv. Niemand hat Interesse an einer Prozessflut.“ Notfalls müssten strittige Fragen jedoch zwischen den Energieversorgern und ihren Kunden ausjudiziert werden. Vom Chemiereport darauf angesprochen, dass manche Großunternehmen von ihren Energieversorgern verlangen, Konzepte für Effizienzmaßnahmen umzusetzen und dafür überdies Zahlungen zu leisten, sagte Schwarzer: „Davon habe ich noch nie gehört.“ Falls dergleichen vorkomme, handle es sich um eine privatrechtliche Angelegenheit. Und worauf sich zwei Vertragspartner einigten, sei grundsätzlich jedenfalls legal.

 

Himmel, hilf

Krejci ergänzte, die Kammer habe vorerst einmal eine Drohkulisse aufgebaut: „Es würde sich bestimmt auch ein Anwalt finden, der eine Sammelklage macht.“ Dennoch empfehle sich nicht, die offenen Fragen auszujudizieren: „Vor Gericht und auf hoher See ist man bekanntlich in Gottes Hand.“ Krejci zufolge wäre es besser, „eine Empfehlung oder eine Art Richtlinie“ für die Weiterverrechnung von Kosten, die den Energieversorgern tatsächlich entstünden, zu erarbeiten. Im Gespräch mit dem Chemiereport beklagte Krejci ein allgemeines Nachlassen der Kompromissbereitschaft: „Ich sehe eine Tendenz zum raueren Umgang miteinander. Kontrahenden sind heute viel leichter bereit, Grenzen auszuloten als in der Vergangenheit.“

 

Effizienz kostet

Seitens der E-Wirtschaft verlautete die Generalsekretärin von Oesterreichs Energie, Barbara Schmidt, die Branche habe „bereits vor Beschlussfassung des Gesetzes eindringlich davor gewarnt, dass mit dem Gesetz Kosten verbunden sein werden, die nicht nur von den Lieferanten getragen werden können.“ Effizienzmaßnahmen zu setzen oder zuzukaufen, „kostet Geld. Und Effizienzkosten sind nun einmal Teil des Energiepreises.“ Die Vorgangsweise der Energieversorger stehe im völligen Einklang „mit den Vorgaben des Energieeffizienzgesetzes und den zwischen Lieferant und Kunde vereinbarten individuellen Lieferverträgen im Gewerbe- und Industriebereich.“

 

Einmal mehr kritisierte Schmidt das „das Fehlen stabiler Rahmenbedingungen.“ Bis zur Einrichtung der Monitoringstelle werde es noch Monate dauern. Auch die Richtlinienverordnung, ein zentrales Dokument hinsichtlich der zulässigen sowie anrechenbaren Energieeffizienzmaßnahmen, liege noch immer nicht vor. Dennoch „setzt die E-Wirtschaft bereits aktiv eine Vielzahl von Maßnahmen im Bereich der Energieeffizienz um, zu denen auch Kooperationen mit energieverbrauchenden Unternehmen gehören.“

 

Für nicht realistisch halten Vertreter der E-Wirtschaft die von Schwarzer genannten Kosten für Energieeffizienzmaßnahmen. Schwarzer bezifferte diese bei der Pressekonferenz mit „etwa zehn Cent pro eingesparter Kilowattstunde (kWh).“ Dem gegenüber berichtete Herwig Hauenschild, Prokurist und Leiter der Rechtsabteilung der EnergieAllianz Austria, Energieberatungen bei Großunternehmen hätten einen Preis von etwa 32 Cent pro kWh ergeben, Beratungen bei Kleinbetrieben einen von rund 97 Cent.

 

 

 

Goldgräberzeit für die Immunonkologie

In einer von Novartis ausgerichteten Veranstaltung trafen der Grundlagenforscher Josef Penninger und der Kliniker Christoph Zielinski aufeinander und diskutierten den Transfer neuer Erkenntnisse aus der Wissenschaft in die klinische Praxis.

 

Es gibt Forschungsfelder, in denen die Entwicklung so rasant vor sich geht, dass Arzneimittelentwicklung und klinische Anwendung nur hinterherhinken können. Ein Beispiel dafür ist die Krebsforschung. Im Rahmen einer von Novartis ausgerichteten Veranstaltung mit dem Titel „Science or Fiction“ trafen Josef Penninger, wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Molekulare Biotechnologie, und Christoph Zielinski, Vorstand der Klinik für Innere Medizin I an der Meduni Wien, aufeinander. Beide sind in der Krebsforschung  an vorderster Front tätig – der eine in der Grundlagenforschung, der andere in der Klinik.

Noch bis vor weniger Jahren war in der Krebstherapie die „targeted therapy“ das Maß aller Dinge. Die Fortschritte in der Gensequenzierung ließen immer mehr Mutationen zu Tage treten, die für bestimmte Typen von Tumoren oder Leukämien  charakteristisch sind und Ausgangspunkt zielgerichteter medikamentöser Behandlung waren. Doch bald stellte sich heraus, dass die Dinge nicht so einfach liegen. Viele Tumoren wiesen mehr als eine Mutation auf, von denen man erst feststellen musste, welche „driving“ und welche „passenger mutations“ waren, wie die Onkologen das nennen. Konzentrierte man sich zu einseitig auf eine einzelne Veränderung, traten schnell Resistenzen gegen die eingeschlagene Therapieroute auf. „Manche Tumoren sind so heterogen, dass kaum eine Zelle der anderen gleicht“, gab Zielinski zu bedenken.

Neuere Vorstöße setzen dagegen stark auf die Roll des Immunsystems bei der Bekämpfung von Krebszellen. Über sogenannte Checkpoint-Inhibitoren kann dabei eine natürlich vorhandene Bremse des Immunsystems gelöst und dieses für den Angriff auf den Tumor aktiviert werden.

 

Von der Forschung in die Klinik

Im besten Fall dauere es etwa drei Jahre bis neue Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung in der Klinik verwertet werden können, so Zielinski im Gespräch mit dem Chemiereport. Einer der Wege, den Transfer kurz zu halten, seien retrospektive Studien, bei denen Patientenproben, zu denen man die zugehörige Krankengeschichte man schon kennt, im Nachhinein auf bestimmte molekulare Marker hin untersucht werden. Prospekte Studien hingegen, die dazu dienen, neuartige Therapien an betroffenen Patienten zu testen, nehmen einen ungleich größeren Zeitraum in Anspruch. Zwischen einer von Penningers wichtigsten Entdeckungen (der regulativen Rolle des Proteins RANKL bei der Entstehung von Osteoporose) und der Zulassung des darauf aufbauenden Arzneimittels Denosumab vergingen immerhin mehr als zehn Jahre.