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Chemiereport_2016-4

61 AustrianLifeSciences chemiereport.at 2016.4 CHEMIE & TECHNIK Bild: Proionic CBILS-Herstellungsverfahren, das Kalb erfunden hat und eine ganze Reihe von Vorteilen, vor allem für die Anwendungen in großen industriellen Maßstäben auf- weist. Dabei werden organische Kohlen- säurester als Alkylierungsmittel verwen- det und die gewonnenen Alkylcarbonate mit der konjugierten Säure des Anions zur ionischen Flüssigkeit umgesetzt. „Das Verfahren ist halogenfrei, und erzeugt nur äußerst geringe Abfallmengen. Der anfallende Alkohol kann zusammen mit dem gebildeten CO2 großtechnisch rezyk- liert werden“, erläutert Kalb die Vorteile des Verfahrens. Auf diese Weise wird eine große Zahl von Kationen und Anionen zugänglich, die im Sinne eines Baukasten- systems beliebig miteinander kombiniert werden können. Bei Proionic kann aus einer Liste von Standard-Ionen bestellt oder die Synthese maßgeschneiderter Produkte in Auftrag gegeben werden. Auch die Lizenzierung des CBILS-Verfah- rens für eine Produktion im industriellen Maßstab ist möglich, was beispielswiese vom Chemie-Konzern BASF genutzt wird. Kühlung bei hohen Temperaturen Von Anfang an stand bei Kalb dabei nicht das akademische Interesse an der neuartigen Substanzklasse im Vorder- grund, sondern deren Anwendung auf industriell bedeutsame Problemstellun- gen. Denn durch die einzigartigen und im Detail durch zugeschnittene molekulare Strukturen bestimmbaren Eigenschaf- ten von ionischen Flüssigkeiten ist eine ganze Reihe von Anwendungen mög- lich, die sonst nur schwierig handhabbar wären. Ein Beispiel ist die Verwendung als Kühlmittel für Temperaturbereiche, in denen die meisten Alternativen versa- gen. „Bei metallurgischen Anlagen ist oft eine Kühlung in außerordentlich hohen Temperaturbereichen erforderlich. Wir haben dafür eine Lösung mit einer Klasse von ionischen Flüssigkeiten entwickelt, die auch bei sehr hohen Temperaturen stabil sind“, erzählt Kalb. Dadurch treten keine explosiven Reaktionen auf, selbst wenn die Kühlflüssigkeit direkt mit der Metallschmelze in Berührung kommen sollte. Zudem können damit Anlagenteile gekühlt werden, bei denen das bisher gar nicht möglich war, was deren Lebenszeit deutlich verlängert. „Diese Anwendung ist heute bereits auf dem Markt, die zuge- hörige ionische Flüssigkeit wird bei Pro- ionic im Tonnenmaßstab produziert“, erzählt Kalb. Eine andere Besonderheit von ioni- schen Flüssigkeiten ist ihr extrem niedri- ger Dampfdruck und ihre außerordentlich geringe Kompressibilität – Eigenschaf- ten, die sonst nur bei Festkörpern vor- kommen. Dies wird zum Beispiel beim sogenannten Ionen-Verdichter genutzt, der gemeinsam mit der Firma Linde ent- wickelt wurde. Dabei dient eine ionische Flüssigkeit als flüssiger Kolben zum ener- gieeffizienten Verdichten von Gasen. Eine der Anwendungen dafür ist die Verdich- tung von Wasserstoff auf bis zu 1.000 bar, um diesen – beispielsweise als zukünftige Treibstoffalternative – lagern und trans- portieren zu können. Ionische Flüssigkeiten können auf die- sem Gebiet aber auch noch eine andere Funktion erfüllen: Proionic hat Vertreter diese Substanzklasse entwickelt, die Was- serstoff drucklos und bei Normaltempe- ratur speichern können. Die dabei der- zeit erreichbaren Energiedichten liegen bereits bei 20 bis 25 Prozent der Spei- cherkapazität von herkömmlichen Treib- stoffen. Aber auch als Hightech-Schmier- stoffe in der Automobilindustrie, als Kühlmittel in der Sorptionskühlung oder als Lösungsmittel für Polymere und faserhaltige Werkstoffe zeigen ionische Flüssigkeit vielversprechende Eigen- schaften. In all diesen Fällen ist es von beson- derem Nutzen, dass die VTU nicht nur als Mehrheitseigentümer sondern auch als Technologie-Partner zur Verfügung steht. „Es gibt wenige Ingenieure, die Know-how auf dem Gebiet der ionischen Flüssigkeiten haben“, erzählt Kalb. VTU könne 25 Jahre Erfahrung in Prozessent- wicklung und Engineering mitbringen, die man dem Kunden bei der Lösung seiner spezifischen Probleme anbieten könne. Das Wissen zu ionischen Flüssig- keiten ermöglicht dabei, technische Pro- bleme aus einem ganz neuen Blickwinkel zu beleuchten: „In vielen Fällen können wir radikale und nicht bloß inkrementelle Innovationen anbieten“, so Kalb. Proionic wurde 2003 von Roland Kalb gegründet, 2010 stieg die VTU Holding GmbH ein und hält heute 85 Prozent der Anteile. Das Unternehmen entwickelt, produziert und verkauft ionischen Flüssigkeiten bis in den Multi-Tonnen-Bereich. Zudem wer- den zukunftsträchtigen Technologien unter anwendungsorientiertem Design von ionischen Flüssigkeiten entwickelt. Das Beratungsunternehmen Frost & Sul- livan zählt in einer aktuellen Marktstudie Proionic unter den Innovatoren auf dem Gebiet der ionischen Flüssigkeiten zu den Top 5 weltweit. Über Proionic Kat+CH3 CO3 - + NH4 + An- Kat+ An- + CO2 + NH3 + CH3 OH Kat+CH3 CO3 - + HAn Kat+ An- + CO2 + CH3 OH Im Zuge des CBILS-Verfahrens werden Methylcarbonate des gewünschten Kations mit den konjugierten Säuren oder Ammoniumsalzen des gewünschten Anions zur ionischen Flüssigkeit umgesetzt. Michael Koncar (links) und Roland Kalb bilden die Geschäftsführung von Proionic.

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