Weblog von fischer

Boehringer Ingelheim meldet „erfolgreiches Geschäftsjahr“

Der deutsche Pharmakonzern Boehringer Ingelheim erwirtschaftete 2015 einen Umsatz von 14,8 Milliarden Euro. Um Währungseffekte bereinigt, ist dies gegenüber 2014 ein Plus von 4,1 Prozent, teilte das Unternehmen mit. Ebenfalls um Währungseffekte bereinigt, erhöhte sich das Betriebsergebnis (EBIT) um sechs Prozent auf 2,3 Milliarden Euro. Von 1,0 auf 1,5 Milliarden Euro gestiegen ist der Jahresüberschuss. 

 

Umsatzwachstum erreichte Boehringer Ingelheim in allen Geschäftsbereichen. So stieg der Umsatz im weitaus wichtigsten Bereich, den verschreibungspflichtigen Medikamenten ohne Generika, währungsbereinigt um 4,1 Prozent auf 10,7 Milliarden Euro. Dieser Bereich macht rund 72 Prozent des Gesamtumsatzes von Boehringer Ingelheim aus. Bei den freiverkäuflichen Arzneimitteln (Anteil am Gesamtumsatz zehn Prozent) war ein Zuwachs von 7,1 Prozent auf rund 1,5 Milliarden Euro zu verzeichnen. In der Tiermedizin (Umsatzanteil 10,5 Prozent) erwirtschaftete Boehringer Ingelheim knapp 1,4 Milliarden Euro, um 10,5 Prozent mehr als 2014. Den höchsten Umsatzanstieg erzielte das Unternehmen mit rund 15 Prozent im Biopharmageschäft (Umsatzanteil vier Prozent), in dem 576 Millionen Euro in die Kassen flossen.

 

Weichen gestellt 

 

Andreas Barner, der Vorsitzende der Unternehmensleitung, konstatierte, Boehringer Ingelheim habe 2015 „viele bedeutende medizinische Fortschritte erzielt. Gleichzeitig haben wir wichtige strategische Weichen für den Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit und eine auch in Zukunft nachhaltige Geschäftsentwicklung gestellt.“ Anfang des heurigen Jahres verkaufte Boehringer Ingelheim seine US-amerikanische Tochter Roxane und stieg damit aus dem Generikageschäft aus. Noch heuer soll der Bereich Selbstmedikation/freiverkäufliche Arzneimittel an Sanofi verkauft werden. Im Gegenzug will Boehringer Ingelheim das Tiergesundheitsgeschäft von Sanofi übernehmen. Ein weiterer strategischer Schritt ist der Ausbau der Biopharma-Produktion in Wien, die Barner als „größte Einzelsachinvestition in der Geschichte des Unternehmensverbandes“ bezeichnete. Wie berichtet, soll der Bau der neuen Produktionsstätte Mitte 2016 beginnen. Rund 500 Millionen Euro werden investiert und damit 400 neue Arbeitsplätze geschaffen.

 

Für Barner war die heutige Bilanzpressekonferenz die letzte in dieser Funktion. Er wechselt mit Juli in den Gesellschafterausschuss von Boehringer Ingelheim. Sein Nachfolger wird der derzeitige Finanzchef des Unternehmens, Hubertus von Baumbach. Baumbach sagte, er übernehme seine neue Funktion „nicht ohne den nötigen Respekt“ und in hoher „Anerkennung vor dem Geleisteten.“

 

 

 

Chemikalienleasing: Erleichterter Einstieg

Es gilt als internationale Erfolgsgeschichte: Chemikalienleasing, ein in Österreich seitens des Umweltministeriums entwickeltes Geschäftsmodell. Dieses unterstützt Chemieunternehmen auf dem Weg von Produktanbietern zu umfassend ausgerichteten Dienstleistern. Grob gesprochen, gelangt nicht mehr eine bestimmte Menge eines Produkts, etwa eines Reinigungsmittels, zum Verkauf, sondern die damit zu erbringende Leistung, also etwa die Reinigung eines Raumes oder einer Maschine. Dadurch haben sowohl der Hersteller des Mittels als auch sein Kunde einen Anreiz, das Mittel möglichst effizient einzusetzen. So lassen sich die Kosten für die Chemikalie wie auch die Umweltauswirkungen ihrer Anwendung verringern.

 

Um die bisherigen Erfahrungen mit Chemikalienleasing noch leichter zugänglich zu machen und Unternehmen sowie politischen Entscheidungsträgern den Zugang zu der Thematik zu erleichtern, ist seit wenigen Tagen eine neue Version des Chemical Leasing Toolkit online. Für beide Zielgruppen werden spezielle Informationsinhalte angeboten. Für die Unternehmen kann vor allem ein Leitfaden hilfreich sein, der den Einstieg ins Chemikalienleasing in drei Schritten erläutert, von der Vorbereitung über die Durchführung bis zur Überprüfung der Resultate. Ein Glossar sowie eine Linkliste runden das Angebot ab. Das Toolkit ist unter http://chemicalleasing-toolkit.org verfügbar.

 

Wie die UNIDO in ihrem kürzlich veröffentlichten „10 Years Chemical Leasing Report and Strategy Outlook“ berichtete, wurden bisher in 14 Ländern mehr als 50 Demonstrationsprojekte durchgeführt. Etwa 1.700 Unternehmen haben sich über Chemikalienleasing informiert. Über 450 Personen, insbesondere aus Entwicklungs- und Schwellenländern, absolvierten einschlägige Trainings. In Brasilien, Kolumbien, Serbien und Sri Lanka bestehen Nationale Arbeitsgruppen. Bereits drei Mal wurde für besonders gelungene Projekte der „Global Chemical Leasing Award“ vergeben, zuletzt 2014 in Wien. Auch für heuer ist die Vergabe der Auszeichnung wieder geplant.

 

 

 

FOPI: Arzneimittelmarkt könnte schrumpfen

Heuer könnte der Arzneimittelmarkt netto um rund fünf Prozent schrumpfen, warnte Ingo Raimon, der Präsident des Forums für forschende pharmazeutische Industrie in Österreich (FOPI), bei einem Hintergrundgespräch in Wien. Seine Rechnung: Der neue Rahmen-Pharmavertrag verpflichtet die Pharmaindustrie, den Krankenkassen des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger (HV) heuer einen „Solidaritätsbeitrag“ von 125 Millionen Euro einzuräumen. Das entspricht rund sechs Prozent der 2,1 Milliarden Euro, die die Kassen jährlich für Medikamente ausgeben. Im ersten Quartal nun wuchs der Arzneimittelmarkt brutto um rund 1,2 Prozent. Bleibe dieser Wert im Jahresdurchschnitt stabil, errechne sich daraus das von ihm genannte Minus, argumentierte Reimon.

 

Der FOPI-Präsident fügte hinzu, dass die Arzneimittelkosten laut HV-Vorsitzender Ulrike Rabmer-Koller im vergangenen Jahr um rund 5,4 Prozent stiegen. Davon müssen seiner Ansicht nach jedoch zwei Prozentpunkte abgezogen werden. Die Gründe dafür sind der „alte“ Rahmen-Pharmavertrag, der die Kosten für die Kassen um 18 Millionen Euro verminderte, sowie individuelle Vereinbarungen der Pharmafirmen mit den Kassen (Preismodelle, PMs), die mit weiteren mindestens 21 Millionen Euro Kostenverminderung zu Buche schlugen. Reimons Fazit: „Damit sind wir für 2015 bei einem realen Wachstum der Arzneimittelkosten um 3,6 Prozent. Die Steigerung war damit niedriger als die der Krankenkassenbeiträge, die sich auf etwa 3,8 Prozent belief.“

 

Kosten senken

 

Nicht kommentieren wollte Reimon, dass der Rechnungshof in einem Ende März veröffentlichten Bericht mit den Krankenkassen hart ins Gericht ging. Dem Bericht zufolge hätte das Potenzial der Kassen zur Senkung der Arzneimittelkosten im Jahr 2014 rund 276 Millionen Euro betragen. Statt dessen wurden aber via Rahmen-Pharmavertrag nur 18 Millionen Euro realisiert. „Ich kenne die Berechnungen des Rechnungshofs nicht“, teilte Reimon dem Chemiereport mit. Tatsache sei aber jedenfalls, dass der neue Rahmen-Pharmavertrag die Pharmaunternehmen ihrerseits zwinge, ihre Kosten zu senken. Manche bauten Personal ab, andere wie seine Abbvie strichen Projekte, „die gut gewesen wären“. Zahlen hinsichtlich der Arbeitsplatzverluste wollte Reimon nicht nennen: „Wir sind dabei, die Werte zu aggregieren.“

 

Dennoch war es laut Reimon richtig, einen neuen Rahmen-Pharmavertrag abzuschließen, anstatt den Beitrag der Pharmaindustrie gesetzlich festzulegen. Zwar stünden voraussichtlich auch heuer wieder Debatten über die Entwicklung der Arzneimittelkosten und damit die Höhe des Solidarbeitrags ins Haus: „Trotzdem ist der Vertrag einem Gesetz vorzuziehen.“

 

Grundsätzlich äußerte der FOPI-Präsident Verständnis für die Position der Kassen, die Arzneimittel ausschließlich als Kostenfaktor zu betrachten: „Der ökonomische Nutzen kommt ja nicht bei ihnen an, sondern beim Sozialminister und bei den Gesundheitslandesräten.“ Aus diesem Grund empfehle sich eine „einheitliche Finanzierung“ des Gesundheitssystems, um Kosten und Nutzen miteinander abgleichen zu können. Dies habe auch HV-Chefin Rabmer-Koller vorgeschlagen. Wie eine diesbezügliche Lösung aussehen könnte, „kann ich leider nicht sagen“, so Reimon zum Chemiereport.

 

 

Standort erhalten

 

Positiv beurteilt er die Biotechnologie-Plattform, die der Pharmaindustrieverband Pharmig kürzlich präsentierte. Die Mitglieder der FOPI würden sich der Plattform anschließen. Diese könne sich als sehr wichtig für die Entwicklung neuer Medikamente in Österreich erweisen. Allerdings müsse dazu das Patentrecht verbessert werden. Lob zollte Reimon in diesem Zusammenhang Technologieminister Gerald Klug, der kürzlich einen Preis für neue Patente auslobte: „Das ist sehr gut, auch wenn Klug dabei eher nicht an Pharmaprodukte gedacht hat.“ Prinzipiell sei Österreich nach wie vor ein guter Standort für die Branche: „Wir sollten nur darauf achten, das auch weiterhin zu bleiben.“

 

 

EU-Parlament für Glyphosat-Neuzulassung

Das EU-Parlament votierte gestern dafür, die Verwendung des Pflanzenschutzmittels Glyphosat für weitere sieben Jahre zuzulassen. Erlaubt werden sollte jedoch ausschließlich die Anwendung durch professionelle Land- und Gartenbaubetriebe. Zu verbieten ist nach Ansicht des Parlaments dagegen der Einsatz des Mittels in öffentlich zugänglichen Parks und Gärten sowie Spielplätzen. Der nicht rechtsverbindliche Beschluss fiel mit 374 Ja-Stimmen gegen 225 Nein-Stimmen bei 102 Enthaltungen, teilte das Parlament in einer Aussendung mit.

 

Überdies forderten die Parlamentarier eine unabhängige Untersuchung hinsichtlich der Auswirkungen des Mittels sowie die Veröffentlichung des gesamten wissenschaftlichen Materials, das die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA bei ihrer Bewertung von Glyphosat herangezogen hatte. Die EFSA hatte sich dafür ausgesprochen, Glyphosat für weitere 15 Jahre zuzulassen. Seitens der Parlamentarier wurde auf Bedenken verwiesen, das Mittel könnte krebserregende sowie erbgutschädigende Eigenschaften aufweisen. Die Pflanzenschutzmittelindustrie hält dem entgegen, dass Glyphosat seit rund 40 Jahren verwendet wird und etwa 1.000 einschlägige Studien keine Gesundheits- oder Umweltschäden nachweisen konnten.

 

Die endgültige Entscheidung über die Neuzulassung liegt bei der EU-Kommission. Sie muss innerhalb der kommenden Wochen fallen, weil die Genehmigung für den Einsatz von Glyphosat mit Juni endet. Nach geltendem Recht muss die Zulassung alle zehn Jahre neu beantragt werden.

 

 

Technologieförderung weiterenwickeln

Ein Förderkonzept für die Entwicklung neuer Technologien kündigten Technologieminister Gerald Klug, Hannes Androsch, der Vorsitzende des Rates für Forschung und Technologieentwicklung, FFG-Geschäftsführer Klaus Pseiner und AIT-Geschäftsführer Anton Plimon am 11. April an. Es gehe allerdings nicht um etwas grundlegend Neues, sondern um die laufende Weiterentwicklung bestehender Pläne, erläuterte Androsch auf Anfrage des Chemiereport. Auch die 25 Milliarden Euro, mit denen Klug mittels Infrastrukturausbau (Schienen-, Straßen- und Breitbandnetz) die Industrie unterstützen will, sind bereits budgetiert.

 

Pseiner ergänzte, die FFG wolle „eine Benchmark in Europa“ sein. Sie verfolge mit ihrer Förderpolitik zwei Stoßrichtungen, erstens die Verbreiterung der Forschungs- und Entwicklungbasis, zweitens „zusätzliche Dynamik für die Leitbetriebe.“ Dazu solle die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft weiter verbessert werden. Im Fokus stünden insbesondere Klein- und Mittelbetriebe. Erst kürzlich habe die FFG zur Interessensbekundung hinsichtlich der Einrichtung drei neuer Pilotfabriken im Zusammenhang mit der „Industrie 4.0“ aufgerufen: „Vor allem KMUs können und sollen hier mitmachen.“

 

Plimon zufolge ist gerade auch das das AIT bezüglich der Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft schon jetzt ein „wesentlicher Knotenpunkt. Wir haben uns zu einem Player in der europäischen Liga entwickelt.“ 

 

 

Branchenbericht: Kein Grund für Optimismus

Er zeichnet ein ebenso umfassendes wie eindrucksvolles Bild der europäischen Chemieindustrie: der kürzlich erschienene Bericht „The European Chemical Industry - Facts and Figures 2016“ des Branchenverbandes CEFIC. Zu übertriebenem Optimismus bietet der Bericht indessen nur sehr wenig Anlass.

 

Wie die CEFIC feststellt, belief sich der weltweite Umsatz der Chemienbranche im Jahrt 2014 auf rund 3,2 Billionen Euro, gegenüber 2013 ein Plus von immerhin 2,6 Prozent. Der größte Markt war China mit 1,1 Billionen, gefolgt von Europa (einschließlich der Nichtmitglieder der EU) mit 649 Milliarden Euro und der NAFTA-Zone (USA, Kanada und Mexiko) mit 528 Milliarden. In China generierte die Chemieindustrie somit ebenso viel Umsatz wie in Europa und der NAFTA zusammen. Zu beachten ist dabei laut CEFIC, dass das Umsatzwachstum in Asien etwa doppelt so hoch ausfiel wie jenes in der Europäischen Union. Seit 2004 fiel der Anteil der europäischen Chemieindustrie am Weltmarkt von 30,4 Prozent auf nur mehr 17,0 Prozent, womit Europa seine bisherige Spitzenstellung einbüßte. Diese nimmt nun China mit 34,4 Prozent ein. An dritter Stelle liegt die NAFTA, deren Anteil von 2004 bis 2014 von 24,5 auf 16,3 Prozent zurückging. Warnend fügt die CEFIC hinzu, dass mit einer Fortsetzung dieser Trends zu rechnen ist. Als Gründe nennt sie, gestützt auf eine Studie der Universität Oxford, die in Europa vergleichsweise hohen Energiepreise, Währungseffekte, die hohen Arbeitskosten sowie regulatorische und steuerliche Belastungen.

 

 

Bedrohliche Bürokratie 

 

Dringend geboten ist nach Auffassung der CEFIC deshalb die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der chemischen Industrie. Dies bedeutet insbesondere, unnötige Belastungen zu vermeiden. Als „Achillesferse“ müssen laut CEFIC die Energiekosten betrachtet werden, sowohl im Vergleich zum öl- und erdgasreichen Nahen Osten als auch in Relation zu den USA, die von ihrer Schieferöl- und Schiefergasförderung profitieren. Der Verfall der weltweiten Ölpreise habe diese Situation zwar leicht verbessert, aber keineswegs substanziell entschärft, geschweige denn grundlegend geändert, warnt die CEFIC. Immerhin gibt es ihr zufolge einen Hoffnungsschimmer: Die Rückkehr des Irans auf den globalen Ölmarkt könnte die Angebotssituation weiter verbessern „und damit hoffentlich zu langfristig niedrigen Preisen führen.“

 

Dennoch ist es für die europäische Wirtschaftspolitik unabdingbar, die Industrie nicht noch stärker unter Druck zu setzen, fügt die CEFIC hinzu. So machen die regulatorischen Belastungen für die Chemieindustrie der EU im langjährigen Durchschnitt nicht weniger als zehn Milliarden Euro pro Jahr aus. Diese Summe entspricht einem Anteil von etwa 30 Prozent an den Unternehmensgewinnen. Hinzu kommt, dass sich die Kosten durch regulatorische Vorgaben im Zeitraum 2004 bis 2014 mehr als verdoppelt haben. Als besondere Belastungen erwiesen sich Vorschriften hinsichtlich der Emissionen von Industriebetrieben sowie spezifisch auf die Chemiebranche zugeschnittene Bestimmungen wie etwa das Chemikalienmanagementsystem REACH. 

 

Eine ausführlichere Fassung dieses Berichts erscheint in der Printausgabe des Chemiereport am 27. April. 

 

 

 

Informationsoffensive gegen Diabetes mellitus

Eine Leitlinie zur Behandlung von Diabetes mellitus sowie eine Patientenbroschüre erstellten der Pharmaindustrieverband Pharmig, die Österreichische Ärztekammer, die Österreichische Apothekerkammer und der Hauptverband der Sozialversicherungsträger (HV) im Rahmen ihrer gemeinsamen Initiative „Arznei & Vernunft“. Vorgestellt wurden die beiden Publikationen am 6. April in Wien. Pharmig-Generalsekretär Jan Oliver Huber erläuterte, derzeit seien in Österreich rund 600.000 Personen an Diabetes mellitus (Diabetes Typ 2) erkrankt. Bis 2030 werde ein Anstieg auf 800.000 Betroffene befürchtet, verbunden mit Kosten von insgesamt etwa acht Milliarden Euro pro Jahr. Huber zufolge ist es deshalb wichtig, die Ärzteschaft über neue Behandlungsmethoden aufmerksam zu machen und die Bevölkerung für eine gesunde Lebensweise zu gewinnen. Dem dienten die Leitlinie und die Broschüre, die unter www.arzneiundvernunft.at kostenlos verfügbar sind. Die Broschüre wird überdies in den Arztpraxen sowie den Apotheken aufgelegt.

 

Laut Huber handelt es sich bei „Arznei & Vernunft“ um eine „europaweit einzigartige Initiative zum vernünftigen Umgang mit Arzneimitteln“. Wie der Vorsitzende der medizinischen Expertengruppe der Initiative, Ernst Singer, ergänzte, ist die Leitlinie auf die österreichischen Ärzte zugeschnitten. Sie bietet diesen „in kompakter und übersichtlicher Form Informationen zur optimalen Versorgung und Behandlung der Betroffenen.“ In der Online-Version können Mediziner unter anderem rasch herausfinden, welche Arzneimittel zur Behandlung von Diabetes mellitus die Krankenkassen bezahlen. Ergänzt wird die Leitlinie durch ein E-Learning-Programm.

 

Debatten vermeiden

Pharmig-Generalsekretär Huber und Ärztekammerpräsident Arthur Wechselberger gehen davon aus, dass mit der Leitlinie etliche Debatten zwischen behandelnden Ärzten und Kontrollärzten über die Erstattung der Kosten für konkrete Medikamente vermieden werden können. Sie verwiesen auf die Mitwirkung des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger an der Erstellung des Dokuments. Wechselberger sieht dies als Bekenntnis des HV zu „zeitgemäßen, evidenzbasierten Therapien“ und dazu, die Kosten für derartige Behandlungen zu tragen. „Der medizinische Fortschritt sollte rasch in die Praxen Einzug finden“, betonte Wechselberger. Es gebe nun einmal nichts Schlimmeres als Therapiebrüche zwischen Krankenhäusern, in denen ein Patient eines neues, hoch wirksames Arzneimittel erhalte, und der Behandlung durch einen niedergelassenen Arzt, in deren Rahmen ihm dieses mangels Erstattung durch die Krankenkassen nicht zur Verfügung stehe.

 

Wie Huber dem Chemiereport mitteilte, verlaufen die Verhandlungen zur Reform des Erstattungskodex „konstruktiv und in guter Atmosphäre“. Angepeilt werde, den neuen Kodex, auf Basis dessen die Krankenkassen die Kosten für Arzneien übernehmen, bis Sommer fertigzustellen.

 

Gesünder leben

Am Wichtigsten für die Vorbeugung gegen Diabetes mellitus sowie den Umgang mit der Krankheit ist und bleibt allerdings der Lebensstil, betonte Singer gegenüber dem Chemiereport. Etwa 50 Prozent der derzeit notwendigen Therapien könnten durch eine flächendeckende gesündere Lebensweise vermieden werden: „Wenn die Leute weniger Schlagobers essen und sich mehr bewegen, hilft das erstens ihnen und spart zweitens unnötige Medikamentenkosten.“

 

 

 

 

Pharmig gründet „Biotech-Plattform“

Start-ups mit Großunterunternehmen im Pharmabereich („Big Pharma“) auf kurzem Weg zu vernetzen und ihnen den Weg in den Markt erleichtern - diesem Zweck dient die „Pharmig Biotech Plattform“ des Pharmaindustrieverbands Pharmig, die am 4. April in Wien offiziell vorgestellt wurde. Harald Mahrer, Staatssekreträr im Wirtschaftsministerium, konstatierte, Österreich habe als Standort für Biotech-Unternehmen international einen hervorragenden Ruf. Letzten Endes müsse die Forschung dem Technologietransfer und der Entwicklung verwertbarer Produkte dienen. Im internationalen Standortwettbewerb bleibe Österreich nur eine Chance: „Wir müssen wieder zum Innovation-Leader werden. Dem ist alles unterzuordnen.“ Aus diesem Grund begrüße er die neue Biotech-Plattform.

 

Wolfram Schmidt, Chef von Roche in Österreich, betonte, auch die großen Pharmaunternehmen wollten im Forschungsbereich „nicht mehr alles selber erledigen. Die Forschung ist ja sehr schnelllebig geworden. Daher sind wir für Kooperationen offen.“ Wichtig sei dabei, zwischen „Big Pharma“ und den neuen Biotech-Unternehmen eine „gemeinsame Sprache“ zu finden. Nicht zuletzt dem solle auch die Plattform dienen.

 

Wie Helga Tieben, Director Regulatory, Compliance & Innovation der Pharmig, dem Chemiereport erläuterte, müssen Start-ups, die die Biotech-Plattform nutzen wollen, außerordentliche Mitglieder des Pharmaindustrieverbands werden. Damit steht ihnen dessen „voller Leistungsumfang“ zur Verfügung. Insbesondere werden sie in sämtliche Informationskanäle eingebunden und erhalten unter anderem alle Neuigkeiten hinsichtlich regulatorischer sowie gesetzgeberischer Entwicklungen. Überdies unterstützt sie die Pharmig bei Behördenkontakten sowie verwaltungstechnischen und rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der Unternehmensgründung. „Wir agieren wie eine Art Consultant für die Start-ups“, sagte Tieben. Laut Pharmig-Generalsekretär Jan Oliver Huber ist die Plattform nicht zuletzt als „Ort der Begegung“ zwischen „Big Pharma“ und den Start-ups zu verstehen. Etwa zwei- bis drei Mal pro Jahr sind „Plattformtreffen“ größeren Umfangs geplant. Das erste davon findet am 22. September in Wien statt. Daneben gibt es kleinere Veranstaltungen. Auch werden den Start-ups Trainings im Rahmen der Pharmig Academy angeboten.

 

Wesentlich beteiligt an der Etablierung der Plattform war laut Pharmig Karl Altenhuber, der geschäftsführende Gesellschafter der Epsilon 3. Das Unternehmen mit Sitz in Wien befasst sich mit neuen Wegen der Medikamentenentwicklung (Drug Repositioning). Laut Altenhuber wurde die Biotech-Plattform in der Pharmig eingerichtet, weil diese „die pharmazeutische Industrie in Österreich repräsentiert. So bekommen Jungunternehmener aus der Biotech-Szene eine Interessenvertretung und werden auch auf operativer Ebene beraten.“

 

Stimmung verbessern

 

Stichwort Interessenvertretung: Grundsätzlich ist es laut Huber notwendig, in der Bevölkerung eine positive Stimmung gegenüber Wissenschaft und Wirtschaft zu erzeugen. Diesbezüglich sei noch „viel Nachhilfe“ erforderlich. Dem stimmte auch Mahrer zu: „Wir müssen für das Unternehmertum mehr tun.“ Unter Hinweis auf die dieser Tage veröffentlichten „Panama Papers“ bedauerte Mahrer, die Wirtschaft als Ganze werde einmal mehr „wegen einiger Spekulanten geprügelt. Aber wir brauchen die Unternehmen, damit die Menschen dort arbeiten können.“

 

 

 

SVHCs: ECHA sieht sich „auf gutem Weg“

Die Implementierung der SVHC-Roadmap ist auf einem guten Weg, erste Ergebnisse der Arbeit sind sichtbar.“ Das ist die Kernbotschaft des Berichts über den Umgang mit besonders besorgniserregenden Stoffen (Substances of Very High Concern, SVCHs), den die europäische Chemikalienagentur ECHA am 4. April präsentierte. Das Ziel der Roadmap ist, bis 2020 sämtliche derzeit bekannten SVHCs bis 2020 in die Kandidatenliste aufzunehmen. In dieser Liste sollen sich alle Substanzen finden, deren Ersatz durch weniger gefährliche Stoffe erforderlich ist bzw. zumindest angestrebt wird. Zu den SVHCs gehören erstens krebserregende sowie erbgut- bzw. fortpflanzungsschädigende Stoffe, zweitens persistente, bioakkumulierende und toxische Stoffe (PBTs), drittens sehr persistente und sehr bioakkumulierende Stoffe (vPvTs) und schließlich andere besonders besorgniserregende Stoffe, wie etwa endokrine Disruptoren (hormonell schädliche Stoffe). Insgesamt haben die ECHA sowie die EU-Mitgliedsstaaten über 400 potenzielle SVHCs im Visier.

 

In der zweiten Screening-Runde im Rahmen der Roadmap-Umsetzung untersuchten die Behörden der Mitgliedsstaaten rund 180 Substanzen. Bei drei Vierteln davon wird die weitere regelmäßige Überwachung für notwendig gehalten. Hinsichtlich der meisten dieser Stoffe müssen zusätzliche Informationen erhoben werden. Einer der Schwerpunkte der Untersuchungen im vergangenen Jahr waren Substanzen, die sich als endokrine Disruptoren erweisen könnten. Zurzeit bewertet die ECHA 55 Stoffe hinsichtlich potenzieller hormonell schädigender Wirkungen sowie 150 Stoffe hinsichtlich ihrer Charakterisierung als persistent, bioakkumulativ bzw. toxisch. Überdies befasste sich die ECHA mit Stoffen, die ähnliche strukturelle Eigenschaften wie SVHCs haben. Sie will damit helfen, möglichst frühzeitig Ersatzstoffe für diese zu finden.

 

Ferner schloss die ECHA 25 Risk-Management-Option-Analysen (RMOAs) ab und leitete 44 neue ein. Bei diesen Untersuchungen werden die Erfordernisse und Möglichkeiten hinsichtlich des regulatorischen Umgangs mit einem Stoff erwogen. Dies dient der Unterstützung der Behörden der EU-Mitgliedsstaaten bei der Behandlung der jeweiligen Stoffe. Insgesamt wurden bisher 50 RMOAs abgeschlossen, 89 weitere sind im Laufen. In etwa der Hälfte der 2015 abgeschlossenen Verfahren empfahl die ECHA, den jeweiligen Stoff als SVHC einzustufen. Die Chemikalienagentur geht davon aus, dass im Zeitraum 2013 bis 2020 bis zu 440 RMOAs durchgeführt werden müssen, also etwa 55 pro Jahr. 

 

 

Ortner Reinraumtechnik gewinnt ECONOVIUS

Die Ortner Reinraumtechnik GmbH hat den ECONOVIUS gewonnen, den Sonderpreis der Wirtschaftskammer im Rahmen der Verleihung des Staatspreises Innovation. Verliehen wurde der ECONOVIUS gestern von Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner bei der Staatspreisgala in Wien. Ausgezeichnet wurde die Ortner Reinraumtechnik für ein innovatives Verfahren zur Photodynamischen Desinfektion (PDc). Dabei bekämpfen mit Licht bestrahlte Sauerstoffatome unerwünschte Keime. Mittels PDc können Menschen in hochsensiblen Umgebungen wie etwa Intensivstationen oder Quarantänebereichen in bekleidetem Zustand effizient von Keimen befreit werden. Ein Wechseln der Kleidung beim Betreten oder Verlassen solcher Räumlichkeiten ist nicht mehr notwendig. Das Verfahren ist unter anderem für Laboratorien, Lebensmittelunternehmen und Krankenhäuser geeignet.

 

Den Staatspreis Innovation erhielt die AMS AG für eine optische Sensorfamilie zur berührungslosen Gestenerkennung. Anders als bisherige Sensoren können diese Geräte 13 verschiedene Gesten, bei denen in acht verschiedene Richtungen gedeutet wird, identifizieren.

 

Im Zuge der Staatspreisgala vergab der Verbund seinen Innovationspreis VERENA. Dieser ging heuer an die steirische BioEnergy International AG in Kooperation mit der OMV Schwechat und dem Institut für Verfahrenstechnik der Technischen Universität Graz. Die Preisträger haben ein weltweit einzigartiges Verfahren zur Herstellung von Biokraftstoffen der zweiten Generation entwickelt. Dabei wird Vakuumgasöl, das bei der Rohölraffination als Zwischenprodukt auftritt, vor allem zu benzinhaltigen Treibstofffraktionen, aber auch zu Dieselkraftstoffen, weiterverarbeitet.

 

 

 

 

 

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