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Borealis mit „Rekordgewinn“

Der Polyolefin- und Basischemikalienkonzern Borealis verzeichnete 2015 einen Umsatz von rund 7,7 Milliarden Euro, um etwa 7,5 Prozent weniger als 2014 ( 8,3 Milliarden Euro). Dem gegenüber erhöhte sich der Nettogewinn um 73 Prozent auf 988 Millionen Euro. In einer Aussendung begründete die Borealis diesen „Rekordgewinn“ mit den höheren Margen im Polyolefingeschäft, gestiegenen Erträgen im Bereich Basischemikalien sowie zusätzlichen Erlösen durch den Produktionsstart der Polyethylen- und Polyolefinfabrik Borouge 3 in Abu Dhabi. Diese ist bis auf die Erzeugungsanlage für vernetztes Polyethylen (XLPE) nunmehr vollständig in Betrieb. Mit dem Produktionsstart der XLPE-Anlage steigen die Erzeugungskapazitäten in Borouge um insgesamt 2,5 Millionen Tonnen pro Jahr. Borouge wird damit laut Borealis zum „größten integrierten Polyolefinkomplex der Welt“.

 

Die Nettoverschuldung verminderte sich um rund 720 Millionen Euro, was die Borealis auf die „soliden Gewinne, die in allen Geschäftsbereichen eingefahren wurden“, zurückführt. Für heuer erwartet Borealis-Chef Mark Garrett eine etwas geringere Polyolefin-Gewinnspanne als im Vorjahr. Damit dürfte ihm zufolge auch die Ertragskraft der Borealis niedriger sein als 2015.

 

Die Borealis gehört zu 64 Prozent der International Petroleum Investment Company (IPIC) aus Abu Dhabi, die OMV hält die übrigen 36 Prozent.  

VCI: Enttäuschte Erwartungen

Nicht eben überragend war die wirtschaftliche Entwicklung der deutschen Chemie- und Pharmaindustrie im Jahr 2015. Wie der Hauptgeschäftsführer des Branchenverbandes VCI, Utz Tillmann, am 1. März berichtete, wuchs die Produktion um lediglich 0,7 Prozent. Die Pharmaproduktion erhöhte sich um 3,7 Prozent, die von Spezialchemikalien um 1,3 Prozent. Zuwächse gab es auch bei der Herstellung von anorganischen Chemikalien (plus 0,7 Prozent) und Polymeren (plus 0,3 Prozent). Im Gegensatz dazu verminderte sich die Produktion von Konsumchemikalien um 3,4 Prozent und jene petrochemischer Erzeugnisse um 3,1 Prozent. Vor allem Letzteres wertete Tillmann als Alarmsignal: Die Petrochemieproduktion schrumpfte bereits zum fünften Mal in Jahresfolge, was nach seiner Ansicht auf das „strukturelle Problem“ der zu hohen Rohstoff- und Energiekosten zurückzuführen ist. 


Insgesamt gingen die Preise für die Erzeugnisse der deutschen Chemie- und Pharmaindustrie 2015 um 2,8 Prozent nach unten. Infolge dessen verminderte sich der Branchenumsatz um 0,4 Prozent auf rund 190 Milliarden Euro. Tillmanns Resümee: „Das vergangene Jahr ist hinter unseren Erwartungen geblieben.“

 

Schwieriges Umfeld

 

Auch die Aussichten für 2016 sind laut Tillmann nicht rosig. Der niedrige Ölpreis hilft der Branche nicht, sondern führt zu deflationistischen Effekten: Die Einkäufer von Chemie- und Pharmaprodukten halten sich in Erwartung weiter sinkender Preise zurück und leeren ihre Lager. Ferner wird für Deutschland mit einem Anstieg der Industrieproduktion um nur 0,5 Prozent gerechnet. Aus diesem Grund sind auch für die Chemie- und Pharmaindustrie kaum Zuwächse im Inlandsabsatz zu erwarten. Ein Lichtblick ist dagegen die Lage im EU-Ausland. Für die Gemeinschaft wird ein Anstieg der Industrieproduktion um rund 1,0 Prozent prognostiziert. Dies dürfte laut Tillmann im europäischen Ausland einen Zuwachs im Exportgeschäft mit sich bringen.

 

Weltweit dagegen ist die Situation einigermaßen düster. Die US-Konjunktur ist unter Druck, weil die niedrigen Ölpreise die Schieferöl- und Schiefergasförderung zunehmend unrentabel machen und die USA somit des Vorteils vergleichsweise niedriger Energiepreise berauben. In Japan wiederum stottert die Konjunktur, ebenso wie in China. Die Russländische Föderation ist wegen der niedrigen Ölpreise und der westlichen Sanktionen in einer Rezession. Die Industrieproduktion sank 2015 um rund 5,5 Prozent und dürfte heuer um bestenfalls etwa 0,5 Prozent wachsen. In Brasilien muss mit einem weiteren Schrumpfen der Industrieproduktion um etwa 6,5 Prozent gerechnet werden, nachdem schon vergangenes Jahr ein Minus von etwa zehn Prozent zu verzeichnen war.

 

Prognose verhalten

 

Daher fällt auch die Prognose des VCI für die deutsche Chemie- und Pharmabranche eher verhalten aus. Die Produktion dürfte um etwa ein Prozent zulegen, während die Preise um rund 0,5 Prozent sinken sollten. Insgesamt ergäbe das ein Umsatzplus von lediglich 0,5 Prozent auf 191 Milliarden Euro.

 

 

 

Dem Plastikmüll im Meer auf der Spur

Ein Modell, um den Eintrag von Kunststoffabfällen in die Weltmeere (Marine Litter) zu erfassen, haben die deutsche und die österreichische Kunststoffindustrie entwickelt. Dieses berücksichtigt sowohl Makroabfälle als auch Mikropartikel und differenziert zwischen den Einträgen aus Oberflächengewässern wie Flüssen sowie küstennahen Einträgen, wie sie beispielsweise an Stränd oder in Häfen erfolgen. Überdies werden sozioökonomische Daten und Daten zur Bevölkerungsdichte aus der europäischen Klassifikation für Gebietseinheiten („NUTS-Systematik“) herangezogen.

 

Auf diese Weise ist es möglich, für die untersuchten Regionen Aufschlüsse über das Müllaufkommen bezogen auf Eintragspfade zu gewinnen. Zurzeit wird die Methodik anhand der deutschen Nordsee erprobt. Dazu werden laut einer Aussendung des europäischen Kunststoffindustrieverbandes PlasticsEurope „Daten und Studien von deutschen und österreichischen Umweltbehörden, Fachverbänden, Kläranlagenbetreibern, internationalen Forschungseinrichtungen und Statistikämtern sowie Unternehmensberatungen einbezogen und ausgewertet.“ Laut der Aussendung „stammt die überwiegende Menge der eingetragenen Kunststoffe aus nicht ordnungsgemäß entsorgten Abfällen und liegt als Makrokunststoff vor.“ Als Eintragspfade für etwa 80 Prozent des Plastikmülls in der Nordsee wurden Flüsse und Küstenregionen identifiziert. Die übrigen etwa 20 Prozent gelangen über die Flussschifffahrt sowie die Häfen ins Meer.

 

Erstellt wurde das Modell von der Consultic Marketing & Industrieberatung GmbH im Auftrag der Beteiligungs- und Kunststoff-Verwertungsges. mbH (BKV), der Industrievereinigung Kunststoffverpackungen (IK), des Fachverbandes der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO) sowie des Fachverbands Kunststoff- und Gummimaschinen im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), unterstützt wurde die Entwicklung von PlasticsEurope Deutschland. Das Modell ist kostenfrei bei der BKV erhältlich. Weitere Informationen gibt es unter www.bkv-gmbh.de.

 

 

Chemieindustrie: Umsatz sinkt um 2,9 Prozent

Ein Boom sieht wohl anders aus: Von 2014 auf 2015 erhöhte sich die Produktion der europäischen Chemieindustrie um gerade einmal 0,3 Prozent. Gleichzeitig sank der kumulierte Branchenumsatz um 2,9 Prozent, wozu nicht zuletzt die um 4,7 Prozent gefallenen Preise beitrugen, meldet der Branchenverband CEFIC in seinem aktuellen Chemical Trends Report.

 

Dennoch sieht der Verband auch positive Entwicklungen. So lag der Außenhandelsüberschuss im Zeitraum Jänner bis einschließlich Oktober 2015 bei rund 38,4 Milliarden Euro. Er war damit um zwei Milliarden Euro bzw. 5,2 Prozent höher als im Vergleichszeitraum 2014. Zufriedenstellend verliefen vor allem die Exporte in europäische Staaten außerhalb der EU. Allerdings brachen die Exporte in die Russländische Föderation um 15,8 Prozent bzw. 1,29 Milliarden Euro auf etwa 6,9 Milliarden Euro ein. Im Gegenzug gingen die Importe aus der Russländischen Föderation um 9,8 Prozent bzw. 675 Millionen Euro zurück. Gegenüber den drei asiatischen Wirtschaftsmächten China, Japan und Indien wurde ein Außenhandelsdefizit von 1,2 Milliarden Euro erwirtschaftet. Weiter aufgeholt haben die USA, denen es gelang, ihr Defizit gegenüber der EU um rund drei Milliarden Euro auf 7,55 Milliarden Euro zu verringern.

 

Wenigstens einigermaßen zufrieden zeigt sich die CEFIC mit der Auslastung der Anlagen der Chemieindustrie. Ihr zufolge erhöhte sich diese vom dritten auf das vierte Quartal 2015 von rund 81 auf 82,2 Prozent. Mit diesen Werten lag sie nur 0,9 Prozent unter dem Durchschnitt der Jahre 1995 bis einschließlich 2014. Der „Nachkrisenrekord“ von 2011, der bei etwa 85 Prozent lag, blieb allerdings außer Reichweite.

 

Österreich leicht im Minus

 

In Österreich verzeichnete die Chemieindustrie 2015 ein leichtes Umsatzminus, meldete der Fachverband der Chemischen Industrie (FCIO) auf seiner Website. Wie es dort hieß, hatte das „erste Quartal des Jahres schon schwach begonnen, das zweite gab Anlass für Hoffnungen auf einen leichten Aufschwung, diese verflogen aber in den Folgequartalen wieder.“ Die Investitionen lagen 2015 um rund ein Fünftel unter denen des Jahres 2014. Für heuer werde aber wenigstens ein moderater Anstieg erwartet. Detaillierte Zahlen zur Branchenentwicklung im vergangenen Jahr werden voraussichtlich im April veröffentlicht, erfuhr der Chemiereport auf Anfrage.

 

 

 

 

Kernkraft: Kein Grund zu Panik

Selbst bei den schwersten möglichen Unfällen in den Kernkraftwerken im benachbarten Ausland sind akute gesundheitliche Auswirkungen auf Österreichs Bevölkerung auszuschließen. Auch sind in solchen Fällen keine Evakuierungen notwendig. Im Gegenteil wären diese sogar kontraproduktiv, weil sie unnötige Panik hervorrufen könnten. Das betonte Viktor Karg, der Leiter der Abteilung Strahlenschutz im Umweltministerium, heute bei einer Pressekonferenz in Wien. Wie Karg erläuterte, ist Österreich für Nuklearunfälle im Ausland und deren mögliche großräumige Auswirkungen gut gerüstet. Bereits in den 1980er Jahren wurde ein automatisches Strahlenmessnetz mit 300 Stationen im gesamten Bundesgebiet aufgebaut, das schon zum Zeitpunkt des Reaktorunfalls in Tschernobyl am 26. April 1986 in Betrieb war und laufend modernisiert wurde. Heute ist das Netz, seinerzeit das erste der Welt, mit ähnlichen Systemen in ganz Europa verbunden. Die erhobenen Daten stehen online zur Verfügung und sind öffentlich zugänglich. In der Bundesstrahlenwarnzentrale am Wiener Donaukanal ist permanent ein 24-Stunden-Bereitschaftsdienst im Einsatz, der notfalls binnen Minuten auf einen Alarm reagieren kann. Um allenfalls nötige Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung zu setzen, haben die Behörden mindestens mehrere Stunden, mit höchster Wahrscheinlichkeit aber sogar mehrere Tage, Zeit.

 

Karg zufolge könnten Sofortmaßnahmen indessen nur bei sehr schweren Unfällen in einem grenznah gelegenen Kernkraftwerk erforderlich werden. Denkbar ist in diesem Zusammenhang etwa die Ausgabe von Iodtabletten sowie die Anweisung an die Bevölkerung, kurzfristig unnötigen Aufenthalt im Freien zu vermeiden. Iodtabletten dienen dazu, die Anreicherung radioaktiver Iod-Isotope, die bei sehr schweren Nuklearunfällen in die Atmosphäre gelangen können, in der Schilddrüse zu verhindern und damit das Entstehen von Schilddrüsenkrebs zu verhindern. Ausreichende Vorräte an Iodtabletten sind in Österreich verfügbar.

 

Bei geringer Betroffenheit Österreichs, wie diese etwa anlässlich des Unfalls von Tschernobyl gegeben war, können Maßnahmen zur Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit sinnvoll sein. Dies könnte etwa ein zeitweiliges Weideverbot für Milchkühe bedeuten.

 

Besserer Informationsaustausch

 

Infolge des Unfalls von Tschernobyl wurde auch der internationale Informationsaustausch über potenziell gefährliche Ereignisse in Kernkraftwerken maßgeblich verbessert. So gilt seit 1986 das Übereinkommen der Internationalen Atomenergieagentur (IAEA) über die frühzeitige Benachrichtigung bei Störfällen. Ein Jahr später erfolgte die Entscheidung des Rates der damaligen Europäischen Gemeinschaften (EG), der heutigen EU, über den beschleunigten Informationsaustausch in Krisenfällen. Überdies schloss Österreich bilaterale Abkommen mit den die Kernenergie nutzenden Nachbarstaaten über den frühzeigigen Austausch von Informationen aus dem Bereich der nuklearen Sicherheit und des Strahlenschutzes. Wie Andreas Molin, der Leiter der AbteilungI/6 „Allgemeine Koordination von Nuklearangelegenheiten“ im Umweltministerium dem Chemiereport erläuterte, stehen Österreich damit wesentliche Informationen erheblich rascher zur Verfügung, als dies sonst der Fall wäre. Somit können allfällige Schutzmaßnahmen schneller eingeleitet werden, was die Sicherheit der Bevölkerung weiter verbessert.

 

Karg ergänzte, das Umweltministerium sei im Zusammenhang mit eventuellen Nuklearunfällen auch für die Information der Bevölkerung zuständig - sowohl zur Vorinformation, um die Menschen auf einen Notfall vorzubereiten, als auch zur Information im Zuge der Bewältigung des Notfalls. Grund zur Aufregung gibt es laut Karg aber auch im schlimmsten denkbaren Fall nicht.

 

Keine Belastung durch Fukushima

 

Unterdessen legte das Umweltministerium in Zusammenarbeit mit der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) sowie der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) den Bericht „Fukushima - Auswirkungen des Kernkraftwerksunfalls“ vor. Wie es darin heißt, waren in Österreich keine wie immer gearteten Auswirkungen durch den von einem Seebeben und eine nachfolgende Flutwelle ausgelösten Unfall im Kraftwerk Fukushima Daiichi am 11. März 2011 nachweisbar. Ein noch so geringer Anstieg der Strahlung war nicht messbar. Die berechnete zusätzliche Strahlenbelastung der österreichischen Bevölkerung belief sich auf rund 100 Nanosievert. Das ist weniger als ein Zehntausendstel der natürlichen Belastung.

 

Weitere Informationen zum Strahlenschutz in Österreich sind unter www.strahlenschutz.gv.at verfügbar.

 

 

 

Transparenz gefragt

Das öffentliche Gesundheitswesen für die Privatwirtschaft zu öffnen, den Betrieb von Spitälern an private Betreiber auszulagern, bei Ausschreibungen das Bestbieterprinzip anzuwenden, auf die Lebenszykluskosten von Produkten und Anlagen zu achten und im Erstattungskodex der Krankenkassen für Medikamente „Qualitätsaspekte“ zu berücksichtigen - das sind einige der Kernforderungen im Positionspapier „Zukunftsstrategien für die Medizinprodukte- und Pharmaindustrie“. Erarbeitet wurde dieses von den Landesgruppen Niederösterreich, Wien und Burgenland der Industriellenvereinigung (IV) in Kooperation mit Austromed.

 

Bei einer Podiumsdiskussion über das Papier in Wien konstatierte die Wiener Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely, sie bekenne sich natürlich zum Bestbieterprinzip: „Aber wer ist der Bestbieter?“ Dies festzustellen, stoße auf erhebliche Schwierigkeiten. Wehsely plädierte daher für „mehr Transparenz“ auf seiten der Anbieter. Ihr zufolge wäre es grundsätzlich vernünftig, im Vorfeld von Ausschreibungen Gespräche mit potenziellen Anbietern zu führen, wofür eine bestimmte Anlage oder ein Produkt konkret benötigt werde und welche spezifischen Anforderungen es im jeweiligen Fall zu erfüllen gelte. Dies stoße jedoch auf enge rechtliche Grenzen und setze die Beteiligten überdies dem politischen Vorwurf der „Mauschelei“ aus.

 

Klar ist laut Wehsely, dass die Patienten so rasch wie möglich Zugang zu Innovationen haben müssen - sowohl, was Medizinprodukte, als auch, was neue Arzneien angeht. Allerdings sei die Pharmaindustrie aufgerufen, ihre Preisbildung transparenter als bisher zu gestalten: „Und dass die Pharmaindustrie am volkswirtschaftlichen Nutzen neuer Arzneien partizipiert, dafür habe ich null Verständnis.“ Gemeint ist damit das Argument der Pharmabranche, dass innovative Medikamente die Folgekosten im Gesundheitssystem senken, indem sie etwa kostspielige Operationen vermeiden, und daher höhere Preise für die betreffenden Arzneimittel gerechtfertigt sind. Wehsely zufolge ist die im Gang befindliche Überarbeitung des Erstattungskodex´ sinnvoll: „Wir müssen aber auf Augenhöhe reden und eine Antwort auf die Frage finden, was ein fairer Preis ist.“

 

Wenig abgewinnen konnte Wehsely der Forderung nach Privatisierungen im Gesundheitssystem. Sie räumte ein, dieses müsse effizienter werden. Aber: „Ich halte ein starkes öffentliches Gesundheitswesen für wichtig. Es gibt wenige, die sich so eine Versorgung, wie wir sie in Österreich haben, privat leisten könnten.“ Wehsely regte an, die Beitragsgrundlagen zu erhöhen und damit zusätzliche Einnahmen für das System zu erschließen: „Arbeitslose Einkünfte, etwa aus Aktienerträgen, tragen zur Finanzierung des Sozialsystems derzeit nichts bei.“ Das werde es über kurz oder lang nicht sein können.

 

Schrittweise Reformen

 

Für mehr Transparenz plädierte auch Ulrike Rabmer-Koller, seit Ende vergangenen Jahres Vorsitzende des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger (HV). Und auch sie sprach sich „prinzipiell“ für die Einführung des Bestbieterprinzips aus. Sie warnte allerdings vor den damit verbundenen höheren Anforderungen an die Ausschreibung von Produkten und Dienstleistungen: „Der Beschaffungsprozess wird damit auf jeden Fall komplexer.“

 

Nicht einfach zu lösen ist ihr zufolge auch die Frage der Erstattungskosten für innovative Arzneimittel. Der HV sei verpflichtet, die bestmöglichen Leistungen für die Patienten bereitzustellen, „und dabei spielen Innovationen natürlich eine große Rolle. Auf der anderen Seite müssen wir aber sorgsam mit den Beiträgen der Versicherten umgehen. Das ist immer wieder ein Spagat.“ Auch frage sich, ob jede von der Pharmaindustrie behauptete Innovation „wirklich eine ist.“ Den kürzlich abgeschlossenen Rahmen-Pharmavertrag bezeichnete Rabmer-Koller als „vernünftige Sache“. Er helfe dabei, festzustellen, welche Innovationen leistbar sind. Wichtig ist laut Rabmer-Koller, „die Menschen gesund zu erhalten. Wir müssen stärker auf Prävention setzen, um Heilungskosten zu sparen.“  Wie sie einräumte, bestehen auch im Bereich des HV einige „Baustellen“. So sei es nicht einfach, alte, möglicherweise obsolete, Leistungen aus dem Erstattungskodex zu entfernen. Und dass die Leistungen der Krankenkassen in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich sind, „ist leider so. Wir arbeiten daran, das auszugleichen.“ Doch gewachsene Strukturen ließen sich nun einmal nicht von heute auf morgen ändern: „Das geht nur schrittweise.“

 

Gefragt ist laut Rabmer-Koller mehr Zusammenarbeit und mehr Flexibilität aller Partner im Gesundheitssystem: „Zurzeit schauen die einzelnen Akteure noch zu sehr auf sich.“ Wehselys Wunsch nach Beitragserhöhungen erteilte die HV-Vorsitzende eine Absage: „Bevor wir darüber nachdenken, reden wir bitte über Effizienzsteigerungen.“

 

Europäischer Markt

 

Philipp von Lattorff, der Generaldirektor von Boehringer Ingelheim in Österreich, verwies darauf, dass der Pharmamarkt „ein europäischer Markt“ ist. Die Preise für innovative Arzneien lägen in Österreich unterhalb des EU-Durchschnitts. Aus diesem Grund komme es gelegentlich zu Knappheiten in der Versorgung, weil die Pharmaunternehmen für jedes Land nur bestimmte Kontingente erzeugten. Der Rahmen-Pharmavertrag ist laut Lattorff „fair“. Die heuer seitens der Pharmaindustrie zu bezahlenden 125 Millionen Euro „sind allerdings ein harter Brocken. Uns allein kostet das vier bis fünf Millionen Euro, und die müssen wir bei Forschung und Entwicklung einsparen.“

 

Wünschenswert wäre ihm zufolge eine „Life-Science-Milliarde“, eine Breitband-Milliarde gebe es ja schließlich auch. Und ganz schlecht sei es um den Pharmastandort Österreich nicht bestellt: Boehringer Ingelheim baue die Produktion in Wien bekanntlich um 500 Millionen Euro aus. Die Stadt Wien habe das Unternehmen „unglaublich unterstützt. Deshalb konnten wir uns gegen Deutschland, Singapur und Irland durchsetzen“, die ebenfalls im konzerninternen Rennen um die neue Fabrik waren.

 

Pharmig-Generalsekretär Jan Oliver Huber fügte hinzu, die Frage der „fairen Preise“ für Arzneimittel werde „schon ewig“ diskutiert. Die Preisbildung erfolge transparent, wie die Branche im Zusammenhang mit dem seinerzeit heftig diskutierten Hepatitis-C-Medikament Sovaldi bewiesen habe: „Die Unternehmen haben dazu umfangreiches Material auf den Tisch gelegt.“ Letzten Endes habe der HV die Kosten akzeptiert. Und, so stellte Huber klar: Die Kostensteigerungen bei den Medikamentenpreisen seien im vergangenen Jahr erheblich unter den vom HV ursprünglich kolportierten gelegen.

 

 

 

Lanxess: Modernisierung des Aromatenverbunds abgeschlossen

Der Spezialchemiekonzern Lanxess hat die Modernisierung seines Aromatenverbunds abgeschlossen, teilte das Unternehmen mit. Im Zuge eines dreijährigen Investitionsprogramms wurden Anlagen zur Herstellung von Nitrotoluolen, Chlorbenzolen sowie deren Folgeprodukten um insgesamt mehr als 20 Millionen Euro modernisiert. Die Effizienz erhöhte sich laut Lanxess deutlich. Auch die Sicherheitstechnik wurde „aktualisiert und nochmals deutlich verbessert“.


Der Aromatenverbund gehört zum Geschäftsbereich Advanced Industrial Intermediates (AII) des Konzerns. Er besteht aus sieben großen Produktionsbetrieben in Deutschland, in denen aus aromatischen Rohstoffen, vor allem Benzol und Toluol, über 60 Verbindungen synthetisiert werden. Dabei handet es sich insbesondere um Chlorbenzole, Nitrotoluole sowie deren Folgeprodukte. Sie kommen in einer Vielzahl von Industrien zum Einsatz und werden unter anderem zu Arznei- und Pflanzenschutzmitteln, Additiven für Kunststoffe und Kautschuk, Farben und Lacken, aber auch zu Flammschutzmitteln sowie Riech- und Aromastoffen weiterverarbeitet.

 

 

 

ECHA warnt vor Betrügern

Die europäische Chemikaliensicherheitsagentur ECHA warnt: Derzeit sind Betrüger aktiv, die sich die laufende dritte Registrierungsphase im Rahmen des Chemikalienmanagementsystems REACH zunutze machen wollen. Sie geben sich als „Lead Registrants“ für die gemeinsame Registrierung von Chemikalien aus und laden Unternehmen ein, sich ihrer Registrierung anzuschließen. Allerdings wurden die Betreffenden von den anderen Unternehmen, die einen bestimmten Stoff registrieren müssen, nicht als „Lead Registrants“ anerkannt. Auch kann es vorkommen, dass die Registrierung des Stoffes bereits erfolgt ist. Die ECHA rät daher, sich bei Angeboten auf Teilnahme an einer gemeinsamen Registrierung zu vergewissern, dass der Anfrager tatsächlich „Lead Registrant“ ist. Einen Ansatzpunkt hierfür bietet die „Information on Chemicals“-Sektion auf der ECHA-Website, wo die bereits erfolgten Registrierungen aufgeführt sind.

 

Jedenfalls sollten bei Ansuchen um Teilnahme an einer Registrierung vom Anfrager Informationen zu folgenden Punkten verlangt werden:

- Details zum fraglichen Stoff, um festzustellen, ob es sich tatsächlich um eine Substanz handelt, die das angefragte Unternehmen registrieren muss

- Beweise dafür, dass der Anfrager als „Lead Registrant“ akzeptiert wurde

- Beweise dafür, dass der Anfrager über ausreichende Informationen verfügt, um ein den Anforderungen entsprechendes Registrierungsdossier erstellen zu können.

 

Wie die ECHA warnt, können unzulässige Dossiers gravierende rechtliche Konsequenzen haben und erhebliche Kosten für alle Beteiligten verursachen.

 

Dekkers fordert „Innovationsprinzip“

Die EU sollte neben dem bestehenden Vorsorgeprinzip ein „Innovationsprinzip“ einführen, fordert der Präsident des deutschen Verbandes der Chemischen Industrie (VCI), Marijn Dekkers. Bei der Konferenz „Zukunftsperspektive Industrie 2030“ am 18. Februar 2016 im Berliner Wirtschaftsministerium sagte Dekkers, das Vorsorgeprinzip sei „ein richtiger Ansatz zum Umgang mit Risiken und zu Recht eine Leitlinie der Europäischen Verträge. Wir brauchen aber auch einen Ansatz zum Umgang mit Chancen. Wir brauchen ein Innovationsprinzip.“ Dieses solle das Vorsorgeprinzip keineswegs ersetzen, sehr wohl aber „komplementär ergänzen.“ Auf diese Weise sei es möglich, die Chancen und Risiken neuer technologischer Entwicklungen „vernünftig, wohlinformiert und transparent“ abzuwägen. Die Politik müsse „alles tun, um Innovationen zu erleichtern. Und zwar nicht nur inkrementelle, sondern auch disruptive Innovationen. Also revolutionäre Technologien, die Märkte komplett verändern oder sogar neue Märkte schaffen können.“

 

Dekkers sprach sich in diesem Zusammenhang für eine „faktenbasierte Regulierung“ aus, die sich davor hüte, „Meinungen und Vermutungen“ ebenso ernst zu nehmen wie wissenschaftliche Studien. Denn dies blockiere die dringend benötigten Innovationen. Letzten Endes gilt es laut Dekkers, „größere gesellschaftliche Akzeptanz“ für neue Technologien zu schaffen. Andernfalls werde Europa an Wettbewerbsfähigkeit verlieren, warnte der VCI-Präsident.

 

Krach nach 14 Tagen Frieden

Erst am 2. Februar schlossen die Pharmabranche und der Hauptverband der Sozialversicherungsträger (HV) den neuen Rahmen-Pharmavertrag endgültig ab - nach monatelangen Auseinandersetzungen, die mit einiger Vehemenz geführt wurden. Knapp 14 Tage später hängt der Hausfrieden nun bereits wieder schief. Der Hintergrund sind die Ende Jänner angelaufenen Verhandlungen über den Erstattungskodex, der, grob gesprochen, festlegt, welche Medikamente die Krankenkassen für die Patienten bezahlen und was die einzelnen Arzneimittel kosten. Geplant ist, den Erstattungskodex im Lauf des Jahres zu reformieren. Vorsorglich verlautete die neue HV-Vorsitzende Ulrike Rabmer-Koller, für heuer sei ein Defizit der Krankenkassen von rund 94 Millionen Euro zu erwarten. Und, so der Wink mit dem Obelisken: „Die größten Kostensteigerungen in der Krankenversicherung waren 2015 in den Leistungsbereichen Zahnbehandlung (+5,6 Prozent) und Medikamente (+5,4 Prozent) zu verzeichnen.“ 

 

Allerdings musste Rabmer-Koller einräumen, dass sich der HV und die Kassen mit ihren Defizitprognosen für 2015 einigermaßen kräftig vertan hatten. Anstatt der kolportierten 135 Millionen Euro, die später auf 129 Millionen korrigiert wurden, verzeichneten die Kassen im vergangenen Jahr ein Minus von nur rund 21,9 Millionen Euro. Das ist nicht einmal ein Sechstel des ursprünglich genannten Betrags.

 

Vorsicht mit Prognosen

Jan Oliver Huber, der Generalsekretär des Pharmaindustrieverbands Pharmig, warnte denn auch davor, Rabmer-Kollers 94-Millionen-Abgang als in Stein gemeißelt anzusehen: „Diese Prognosen kann man unter dem Aspekt der kaufmännischen Vorsicht zwar verstehen, aber es wäre angebracht, sie während des Jahres nicht schon als sichergestellt in der Öffentlichkeit zu kommunizieren. Dadurch wird die Situation der Krankenkassen laufend schlechter dargestellt als sie ist, was sich letztlich auch negativ auf das Vertrauen der Pflichtversicherten in die Leistungsfähigkeit ihrer Krankenkassen auswirkt.“ Und Huber fügte hinzu: Aufgrund des neuen Rahmen-Pharmavertrages bekämen die Kassen von der Branche heuer ohnehin 125 Millionen Euro an Solidarbeiträgen zur Deckung der Medikamentenkosten. Für die kommenden beiden Jahre sehe der Vertrag weitere Zuschüsse von jeweils bis zu 80 Millionen Euro vor. Hubers Fazit: „Unternehmen sind permanent gefordert, sich neuen Rahmenbedingungen zu stellen und sich an veränderte Strukturen anzupassen, um überleben zu können. Nichts anderes gilt im Grunde für Körperschaften öffentlichen Rechts“ wie eben die Krankenkassen.

 

Keine Quersubventionierung

Ähnlich argumentierte Sylvia Hofinger, die Geschäftsführerin des Fachverbandes der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO). Ihr zufolge wünschen der HV und die Kassen die Querfinanzierung defizitärer Bereiche, „anstatt Sparmaßnahmen im eigenen Haus umzusetzen. Wir weisen seit Monaten auf die zahlreichen Einsparungspotenziale bei den Krankenkassen hin. Die Liste ist lang und reicht von den Verwaltungskosten bis zum Betrieb der kasseneigenen Einrichtungen. Allerdings werden diese Vorschläge geflissentlich übersehen. Auf der anderen Seite wird scheinbar versucht, mit dem Nennen von nicht nachvollziehbaren Finanzierungslücken den Druck auf die Industrie zu erhöhen und politisch eine Sanierung mit fremden Mitteln vorzubereiten.“ Dies sei umso weniger nachvollziehbar, als die Krankenkassen laut „Berichten in den Medien ein Reinvermögen in der Höhe von 2,5 Milliarden Euro aufweisen.“

 

 

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