Weblog von fischer
Endress+Hauser wächst nur dank Währungseffekten
04.05.16
von
Klaus Fischer
Der Umsatz des Schweizer Mess- und Automatisierungskonzerns Endress+Hauser wuchs 2015 gegenüber 2014 um 6,5 Prozent auf rund 2,1 Milliarden Euro. Wie es seitens des Unternehmens heißt, ist das Plus jedoch wesentlich auf Währungseffekte zurückzuführen. Dies betrifft vor allem die Aufgabe des Mindest-Euro-Kurses durch die Schweizerische Nationalbank Mitte Jänner 2015. In Schweizer Franken gerechnet, ist der Umsatz von Endress+Hauser um 6,6 Prozent gesunken. Das Betriebsergebnis (EBIT) lag mit 251,3 Millionen Euro um 6,3 Prozent unter jenem von 2014.
Laut Geschäftsbericht erhöhte sich die Gesamtleistung des Konzerns um 6,8 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro. Allerdings stieg der betriebliche Aufwand gleichzeitig um 8,8 Prozent auf 1,9 Milliarden Euro. Kostentreiber waren vor allem der Personalaufwand, der sich um 10,4 Prozent auf 838,2 Millionen Euro erhöhte, und die sonstigen betrieblichen Aufwendungen, die um 14,0 Prozent auf 405,7 Millionen Euro anwuchsen. Überdies sind die Abschreibungen um 16,0 Prozent auf 99,1 Millionen Euro gestiegen, was Endress+Hauser mit der „in den vergangenen Jahren kontinuierlich ausgeweiteten Investitionstätigkeit“ begründet. „Die deutlichen Zuwächse bei Personalaufwand, sonstigen betrieblichen Aufwendungen und Abschreibungen sind mehrheitlich auf Effekte bei der Währungsumrechnung zurückzuführen“, heißt es im Geschäftsbericht.
Verwaltungsratspräsident Klaus Endress und CEO Matthias Altendorf konstatierten, sie seien mit dem Ergebnis „nicht zufrieden. Wir hätten uns schneller auf jene Bereiche unseres Geschäfts konzentrieren müssen, die uns weiter Chancen geboten haben. Und wir hätten früher Maßnahmen ergreifen müssen, um unsere Kostenstruktur anzupassen und uns weniger anfällig für Währungsbewegungen zu machen.“
Einstellig wachsen
Allerdings gebe es auch positive Entwicklungen. Das Prozessanalyse- und das Laboranalysegeschäft seien „sehr gut gewachsen“. Der Dienstleistungs- und Lösungsbereich habe „überdurchschnittlich“ ausgebaut werden können. Weiters habe die „Vielfalt in Bezug auf Produkte, Regionen und Branchen einmal mehr geholfen, Schwankungen auszugleichen.“
Für heuer erwartet Endress+Hauser ein einstelliges Wachstum des Nettoumsatzes, was als „unter den Rahmenbedingungen sehr anspruchsvolles Ziel“ bezeichnet wird. Geplant sind Investitionen von 192 Millionen Euro, vor allem in den Ausbau des chinesischen Standorts Suzhou. Dort soll ein drittes Werk für „einen Teil der Durchflussmesstechnik sowie die Gebiete Temperaturmesstechnik und Flüssigkeitsanalyse“ entstehen. Insgesamt sieht sich Endress+Hauser für die Zukunft „gut gerüstet. Unsere Unabhängigkeit als finanzkräftiges Familienunternehmen erlaubt es uns, die Firmengruppe mit langfristiger Perspektive weiterzuentwickeln und notwendige Entscheidungen kurzfristig zu treffen.“ Dies ermögliche, auch „in einem schwierigen Umfeld erfolgreich zu bestehen.“
Reindustrialisierung nicht gefährden
03.05.16
von
Klaus Fischer
Die in Ausarbeitung befindliche österreichische Energie- und Klimastrategie muss „den wirtschaftlichen Aufschwung unbedingt unterstützen“ und dazu auf „Versorgungssicherheit, Wettbewerbsfähigkeit, Wirtschaftlichkeit sowie Forschung und Entwicklung“ fokussieren. Das fordert die Bundessparte Industrie (BSI) der Wirtschaftskammer in einem aktuellen Positionspapier. Diesem zufolge sollte die Strategie „mit einer aktiven nationalen Wirtschafts- und Industriepolitik im Einklang stehen.“ Insbesondere benötige die Industrie weiterhin einen „ausgewogenen Energiemix von erneuerbaren und fossilen Energieträgern“, den die Strategie zu gewährleisten habe. Überdies müsse ein „wirtschafts- bzw. industriefreundliches Ökostromsystem“ eingeführt werden. Statt der derzeitigen Förderungen mittels Einspeisetarifen wünscht sich die BSI Investitionszuschüsse sowie Marktprämien, also Zuschläge zu den Marktpreisen. Letzten Endes müsse die EU das Klimaabkommen von Paris vom vergangenen Dezember „im internationalen Gleichklang“ umsetzen, „um eine Reindustrialisierung nicht zu gefährden“. „Überschießende Belastungen“ im Zuge der Reform des EU-Emissionshandels lehnt die BSI ab.
Grüne Fragen
Unterdessen fordert die Energiesprecherin der Grünen im Nationalrat, Christiane Brunner, Österreichs völligen Ausstieg aus Investitionen in fossile Energieträger wie Kohle, Erdöl und Erdgas. Bei einer Pressekonferenz am 3. Mai in Wien warnte Brunner, wenn das Klimaabkommen von Paris umgesetzt werde wie geplant, ließen sich etwa 80 Prozent der weltweiten Vorkommen an Kohle, Erdöl und Erdgas nicht mehr nutzen. Investitionen in die Erschließung und Förderung dieser Ressourcen wären verloren. Brunner zufolge könnte dies im Euroraum volkswirtschaftliche Schäden von bis zu 400 Milliarden Euro zur Folge haben, in Österreich bis zu 15 Milliarden.
Mit einer parlamentarischen Anfrage an Finanzminister Hans Jörg Schelling möchte Brunner daher klären, ob die Bundesregierung bereits an einer Strategie zum Ausstieg aus entsprechenden Investitionen („Carbon Divestment“) arbeitet und falls ja, wann diese veröffentlicht wird. Außerdem will sie wissen, wie hoch die Investitionen der öffentlichen Hand in Unternehmen sind, „die fossile Energien fördern, besitzen oder in großem Ausmaß verbrennen.“ Brunner thematisiert in diesem Zusammenhang die Sicherheit der Pensionen aus öffentlichen Mitteln. Ihrer Ansicht nach könnte diese in Gefahr geraten, falls die Investitionen in die fossilen Energieträger ihren Wert verlieren. Die Anfrage erging Ende April, mit einer Antwort rechnet Brunner in den kommenden Wochen.
Den kommunikationspolitischen Hintergrund der Angelegenheit erläuterte bei der Pressekonferenz Alan Rusbridger, vormals Chefredakteur und Herausgeber der britischen Tageszeitung „The Guardian“, der sich der PR in Sachen Klimawandel verschrieben hat. Ihm zufolge gelang es nicht, über das Generalthema „Umwelt“ die Öffentlichkeit für die Verschärfung der Klimapolitik zu gewinnen. Er empfiehlt daher, wirtschaftspolitisch zu argumentieren und mit dem Hinweis auf mögliche finanzielle Risiken auf einen Ausstieg aus Investitionen in fossile Energieträger zu dringen. Langsam beginne dieses Argument in der Finanzindustrie zu wirken, sagte Rusbridger. Nicht zuletzt Pensionsfonds seien bekanntlich an risikolosen Investitionen interessiert und daher grundsätzlich empfänglich für das Thema „Carbon Divestment“.
Weiter dominant
Skeptiker verweisen allerdings darauf, dass das Klimaabkommen von Paris erst in Kraft tritt, wenn es mindestens 55 der in Paris vertretenen Staaten ratifiziert haben, die mindestens 55 Prozent der globalen CO2-Emissionen repräsentieren müssen. Als unsicherer Kantorist gelten nicht zuletzt die USA, die mit einem Anteil von etwa 15 Prozent am weltweiten CO2-Ausstoß der zweitgrößte Emittent der Welt sind. Auch der mit rund 29 Prozent größte Emittent, China, hat Bedenken angemeldet. Überdies ist laut der Internationalen Energieagentur noch für mehrere Jahrzehnte mit einer Dominanz der fossilen Energieträger zu rechnen. In einer Reihe von Entwicklungs- und Schwellenländern dürfte sich die Nutzung von Kohle, Erdöl und Erdgas sogar verstärken.
Pharmig: Martin Munte folgt Robin Rumler
29.04.16
von
Klaus Fischer
„Transparenz ist mein Motto.“ Das sagte Martin Munte, der neue Präsident des Pharmaindustrieverbandes Pharmig, heute bei dessen Generalversammlung in Wien. Der Geschäftsführer des Biotechnologieunternehmens Amgen in Österreich wird die Pharmig für die kommenden drei Jahren leiten. Er folgt Pfizer-Chef Robin Rumler, der nach zwei Amtsperioden nicht mehr kandidieren durfte. Munte war seit 2013 Mitglied des Pharmig-Vorstandes und seit 2015 Vizepräsident. Mit Chantal Friebertshäuser von Merck Sharp & Dohme hat die Pharmig erstmals eine Vizepräsidentin. Die weiteren Stellvertreter Muntes sind sein Vorgänger Rumler und Wolfram Schmidt von Roche Austria.
In seiner Antrittsrede kündigte Munte an, im Sinne noch größerer Transparenz die Leistungen der Pharmaindustrie für die Gesellschaft verstärkt kommunizieren zu wollen. Entgegen mancher Befürchtungen habe es im vergangenen Jahr keine „Explosion“ der Medikamentenkosten gegeben. Ohnehin machten die Kosten für Arzneimittel lediglich 12,2 Prozent der gesamten Gesundheitsausgaben aus. Überdies werde die Pharmig auch mit den anderen Verbänden im Pharma- sowie im Gesundheitsbereich intensiver kommunizieren. Die Zusammenarbeit mit allen maßgeblichen Institutionen und Organisationen „ist mir ganz ganz wichtig“, betonte Munte. Wesentlich für den Erfolg der Branche seien auch langfristig stabile rechtliche sowie regulatorische Rahmenbedingungen, konstatierte der neue Pharmig-Präsident. Nicht zuletzt deshalb wolle er den Anfang 2016 neu geschlossenen Rahmen-Pharmavertrag über das Jahr 2018 hinaus verlängern.
„Phantastisches Team“
Rumler konstatierte, Munte habe „das Herz am rechten Fleck“. In seiner Funktion als Vizepräsident der Pharmig werde er dem neuen Präsidenten „tatkräftig zur Seite stehen.“ In den sechs Jahren seiner Präsidentschaft sei einiges erreicht worden, resümierte Rumler. So sei es nach nicht immer einfachen Verhandlungen gelungen, den Rahmen-Pharmavertrag bis 2018 zu verlängern: „Das ist ein extrem gutes Produkt.“ Überdies wurde das Gremium Gesundheitsziele eingerichtet: „Beides sind Institutionen, wie sie weltweit nicht oft anzutreffen sind.“ Auch sei er „extrem stolz“ auf die klare und unmissverständliche Weise, in der die Pharmig ihre Anliegen vertrete, sowie auf die gute Zusammenarbeit mit den Partnern im Gesundheitswesen. Die Pharmig mit Generalsekretär Jan Oliver Huber verfüge über ein „phantastisches Team“, bei dem er sich nur herzlich bedanken könne.
Offene Karten
„Es ist wie bei uns im Ministerium: Die Chefs wechseln, die Leute, die die wirkliche Arbeit machen, bleiben gleich“, konstatierte Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser. Sie schätze die Zusammenarbeit mit der Pharmig, die „immer mit offenen Karten“ spiele. Mit ihren insgesamt 18.000 Mitarbeitern, davon rund 14.000 in produzierenden Unternehmen, erbringe die Pharmaindustrie wertvolle Leistungen für das Gesundheitswesen. Der Rahmen-Pharmavertrag sei bekanntlich erfolgreich bis 2018 verlängert worden: „Das ist zehn Mal gescheiter als eine gesetzliche Regelung.“ Die Verhandlungen über den Erstattungskodex für die Arzneimittelkosten befinden sich laut Oberhauser „in den Endzügen.“ Die Ministerin dankte Rumler und wünschte Munte für seine Tätigkeit alles Gute. Sie freue sich auf eine „offene und faire Zusammenarbeit“, schloss Oberhauser.
26.04.16
von
Klaus Fischer
Zufrieden mit dem ersten Quartal 2016 gibt sich der Vorstandsvorsitzende des Bayer-Konzerns, Marijn Dekkers. „Alle Segmente konnten ihre operative Performance steigern“, konstatierte er bei der Präsentation des Quartalsberichts am 26. April. Der Konzernumsatz erhöhte sich gegenüber dem ersten Quartal 2015 um 0,5 Prozent auf 11,941 Milliarden Euro, das EBITDA stieg um 23,0 Prozent auf rund 3,4 Milliarden Euro. Um rund ein Fünftel auf 2,3 Milliarden Euro gewachsen ist das EBIT. Das Konzernergebnis schließlich liegt mit 1,5 Milliarden Euro um rund 13,3 Prozent über dem des Vergleichszeitraums 2015.
Der Umsatz mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln (Pharmaceuticals) wuchs um 12,2 Prozent auf 3,9 Milliarden Euro, was Dekkers mit der „weiterhin starken Entwicklung der neueren Produkte“ begründete. Als Ergebnisbringer nannte er unter anderem die Krebsmedikamente Stivarga und Xofigo sowie Adempas, ein Medikament gegen Lungenhochdruck. Mit rezeptfreien Medikamenten erwirtschaftete Bayer 1,5 Milliarden Euro, im Vergleich zum ersten Quartal 2015 ein Plus von 2,2 Prozent. In Europa ging Geschäft wegen der Lage in der Russländischen Föderation zurück, auch in den USA verringerte sich der Umsatz. Als „schwach“ wird die Entwicklung im Agrarbereich (Crop Science) bezeichnet. Der Umsatz stieg um 1,2 Prozent auf 3,0 Milliarden Euro. Zuwächse erzielte Bayer bei Saatgut, Saatgutbehandlungsmitteln und Fungiziden, Rückgänge gab es dagegen bei Insektiziden und Herbiziden. Um 8,8 Prozent auf 408 Millionen Euro gewachsen ist das Geschäft mit Tiergesundheitsmitteln. Im seit 1. Jänner ausgegliederten ehemaligen Bereich Material Sciences, jetzt Covestro, war ein Umsatzrückgang von 4,7 Prozent auf 2,8 Milliarden Euro zu verzeichnen. Als Gründe dafür werden die gesunkenen Preise für Rohstoffe, vor allem Polyurethane, genannt.
Bestätigt wurde die Ergebnisprognose für heuer. Dieser zufolge erwartet Bayer einen Umsatz von über 47 Milliarden Euro, verglichen mit 46,3 Milliarden im Vorjahr. Das EBITDA vor Sondereinflüssen soll „im mittleren einstelligen Prozentbereich“ wachsen.
Für Dekkers, seit 1. Oktober 2010 Vorstandsvorsitzender von Bayer, war die heutige Präsentation der Quartalsbilanz die letzte bei Bayer. Er verlässt den Konzern nach der Hauptversammlung am 30. April. Ihm folgt Werner Baumann, der im Vorstand für die Bereiche Strategie und Portfolio-Management zuständig ist und bis auf Weiteres bleibt.
Lanxess: Erster Zukauf nach Neuausrichtung
26.04.16
von
Klaus Fischer
Der deutsche Spezialchemikalienkonzern Lanxess will den ersten Zukauf nach seiner Neuausrichtung tätigen. Mit dem US-amerikanischen Chemiekonzern Chemours wurde vereinbart, dessen Geschäftsbereich „Clean and Disinfect“ zu übernehmen. Den Kaufpreis von rund 210 Millionen Euro will Lanxess laut einer Aussendung „aus vorhandenen liquiden Mitteln finanzieren.“ Der Abschluss der Transaktion ist für das zweite Halbjahr geplant und muss noch von den zuständigen Kartellbehörden genehmigt werden. Lanxess erwartet, durch die Aquisition sein EBITDA um etwa 20 Millionen Euro pro Jahr erhöhen zu können. Bis 2020 soll dieser Beitrag auf 30 Millionen Euro steigen. Zum Vergleich: 2015 belief sich das EBITDA von Lanxess auf rund 885 Millionen Euro.
Chemours erzeugt im Geschäftsbereich „Clean and Desinfact“ Wirkstoffe und Spezialchemikalien, vor allem für Desinfektions- und Hygienelösungen. Eines der wichtigsten Produkte ist das Desinfektionsmittel Virkon S, das unter anderem gegen Maul- und Klauenseuche sowie Vogelgrippe verwendet wird. In dem Geschäftsbereich erwirtschaftet Chemours mit 170 Mitarbeitern in den USA und Großbritannien rund 100 Millionen Euro Umsatz pro Jahr. Etwa die Hälfte des Ertrags kommt aus Nordamerika.
Lanxess-Vorstandsvorsitzender Matthias Zachert sagte, er wolle „unsere Position vor allem in mittelgroßen und weniger zyklischen Märkten mit hoher Marge und guten Wachstumsaussichten weiter ausbauen.“ Der neue Geschäftsbereich wird laut Lanxess in die „Business Unit“ Material Protection Products eingegliedert.
CEFIC bekräftigt TTIP-Unterstützung
25.04.16
von
Klaus Fischer
Der europäische Chemieindustrieverband CEFIC bekräftigte heute seine Unterstützung für TTIP, das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA. Anlass dafür ist die derzeit laufende 13. Verhandlungsrunde. Nach Ansicht der CEFIC ist das Abkommen „wesentlich für den langfristigen wirtschaftlichen Erfolg beider Seiten.“ TTIP verbessere den Informationsaustausch für wissenschaftliche Evaluierungen von Chemikalien sowie die diesbezügliche Risikobewertung. Es ermögliche die einheitliche Klassifizierung und Kennzeichnung von Substanzen und einheitlichere regulatorische Vorgaben. Überdies vermindere es die Notwendigkeit staatlich vorgeschriebener Tierversuche.
Der Chemieindustrie gehe es einzig und allein um die Verminderung des Verwaltungaufwands durch die verstärkte Zusammenarbeit der Regulierungsbehörden. Nicht angestrebt werde dagegen die wechselseitige Anerkennung von Qualitätsstandards. Hinter dem Wunsch nach einheitlicher Produktkennzeichnung stehe lediglich die logistische Vereinfachung, betonte Rene van Sloten, Executive Director, CEFIC Industrial Policy. Für den Export in die USA bestimmte Erzeugnisse eigens verpacken und kennzeichnen zu müssen, koste Millionen von Euro und bringe den Konsumenten nichts. Mit einheitlicher Kennzeichnung dagegen könne ein weltweiter Standard geschaffen werden.
Das Freihandelsabkommen ist heftig umstritten. Kritiker befürchten unter anderem, dass damit Klagen von Investoren gegen Staaten erleichtert würden. Ihrer Ansicht nach könnte dies zur Aushöhlung von Umwelt- und Sozialstandards führen.
„Wir brauchen Rechtssicherheit“
21.04.16
von
Klaus Fischer
CR: Wie lief das Jahr 2015 für die österreichische Pflanzenschutzmittelindustrie?
Stockmar: Unser Geschäft ist ziemlich konstant, abhängig natürlich von den Wetterbedingungen und von der Lage der Landwirtschaft im Allgemeinen. Auch 2015 war relativ stabil. Der Jahresumsatz lag wieder bei etwa 125 bis 130 Millionen Euro. Die Landwirtschaft ist im Moment in einer etwas schwierigen Situation. Darum ist auch die Bereitschaft, Pflanzenschutzmittel einzusetzen, abwartend. Das ist aber auch in unserem Sinn. Wir vertreten den Ansatz des integrierten Pflanzenschutzes: Unsere Mittel sollen nur dann eingesetzt werden, wenn das notwendig ist.
CR: Im Juni endet die Zulassung von Glyphosat in der EU. Daher muss die EU-Kommission in den kommenden Wochen über die Neuzulassung entscheiden. Was geschieht, wenn das Mittel nicht neu zugelassen wird?
Stockmar: Es handelt sich um ein normales Neuzulassungsverfahren, das alle zehn Jahre durchzuführen ist. Einen Ersatz für Glyphosat gibt es nicht. Speziell in Europa und damit auch in Österreich erfolgt die Anwendung im Zuge der reduzierten Bodenbearbeitung: Man bildet für den Winter auf den Ackerflächen eine Begrünung. In diesen Mulch wird möglichst bodenschonend die neue Saat eingebracht. Das schützt vor Erosionen, ist klima- sowie umweltfreundlich, fördert den Humusaufbau und aktiviert den Boden wieder. Ohne Glyphosat gehen die Vorteile der energiesparenden und bodenschonenden Minimalbodenbearbeitung verloren. Damit gehen wir in der pflanzenbaulichen Entwicklung wieder 15 bis 20 Jahre zurück.
Grundsätzlich ist der Pflanzenschutzmittelindustrie Rechtssicherheit wichtig. Pflanzenschutzmittel sind die am besten untersuchten Substanzen überhaupt, besser sogar noch als Medikamente. Für die Zulassung eines einzigen Wirkstoffes müssen wir Studien mit etwa 50.000 Seiten Umfang einreichen, unter anderem über Toxikologie, Chemie sowie die Auswirkungen auf Wasser, Boden und Luft, wobei auch die Abbauprodukte berücksichtigt werden.
CR: Wie lange dauert es, einen neuen Wirkstoff zu entwickeln?
Stockmar: Etwa zehn bis 14 Jahre. Die Kosten belaufen sich auf rund 250 Millionen Euro. Wenn nun ein Stoff, der mit solchem Aufwand auf den Markt gebracht wird, von einem Tag auf den anderen wegen politischer Zurufe verboten wird, ist das problematisch. In den 1990er-Jahren tätigte unsere Branche noch ein Drittel der weltweiten Forschungsausgaben in Europa. Heute sind es nur mehr sieben Prozent. Ein Grund dafür ist sicher das politische Umfeld und die Rechtsunsicherheit. Und nun sind wir genau beim Thema. Wir sagen: Bitte lasst die Zulassungsbehörden aufgrund der Gesetze entscheiden. Politische Zurufe sind nicht sinnvoll.
CR: Was hieße ein Glyphosatverbot für die Pflanzenschutzmittelindustrie?
Stockmar: Vom Umsatz her ist das für uns nicht bedeutend. Im Jahr 2014 wurden in Österreich rund 340 Tonnen Glyphosat ausgebracht. Das sind umgerechnet nur knapp zwei Prozent des Gesamtumsatzes der Pflanzenschutzmittelindustrie in Österreich. Wichtig ist das Thema für die moderne Landwirtschaft und für die Ökologisierung der Landwirtschaft. Da würde ein wesentlicher Baustein fehlen. Drei Wissenschaftler der Universität Gießen vertreten die Auffassung, dass man umweltschonende Methoden im Sinne der Minimalbodenbearbeitung in der Landwirtschaft ohne Glyphosat nicht mehr sinnvoll einsetzen kann.
CR: Laut EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis soll die Industrie die Studien zu den Gesundheitsfragen bezüglich Glyphosat veröffentlichen. Die Glyphosat Task Force (GTF) lehnt das ab, bietet aber an, die Studien in einer Art „Lesesaal“ zur Verfügung zu stellen. Warum?
Stockmar: Die Task Force sagt: Wir halten uns an die Gesetze und erwarten uns, dass das alle tun. Laut den Gesetzen unterliegen die Studien der Geheimhaltung, um Plagiate zu verhindern und sicherzustellen, dass den Unternehmen die Forschungsinvestitionen vergütet werden. Daher hat die Task Force angeboten, die Studien in einem Lesesaal zugänglich zu machen, wie das bei anderen Themen ja auch der Fall ist. Die Zulassungsbehörden haben ohnehin alle Daten. Es ginge nun darum, dass Politiker und Umweltaktivisten Einsicht haben wollen. Aber das kann nur zur Verunsicherung führen. Es hat keinen Sinn, Details hochwissenschaftlicher Publikationen mit der Bevölkerung zu diskutieren, die natürlich nicht den vollen Wissensstand hat.
CR: Wie geht es mit den Neonicotinoiden weiter? Das Verbot in Österreich gilt ja noch bis Herbst.
Stockmar: Das Verbot war politisch motiviert. Ich gehe davon aus, dass es nicht verlängert wird. Es geht darum, den Beizmittelstaub nicht mit den Bienen oder anderen Insekten in Berührung zu bringen. Dafür gibt es technische Lösungen.
CR: Es heißt verschiedentlich, auf Pf lanzenschutzmittel könne vollständig verzichtet werden. Stattdessen müsse die „biologische Landwirtschaft“ zum Standard werden.
Stockmar: Jeder Landwirt soll selbst entscheiden, welche Form der Bewirtschaftung er wählt. Global betrachtet, sind wir mit einer steigenden Weltbevölkerung und abnehmenden Bodenressourcen konfrontiert. Dazu kommt der Klimawandel. Daher müssen die verfügbaren Flächen ganzheitlich optimal genutzt werden, um hohe und qualitativ hochwertige Erträge zu erzielen. Da geht es um Pflanzenschutz, aber auch um pflanzenbauliche Maßnahmen sowie um den gezielten Einsatz von Betriebsmitteln. Die Pflanzenschutzmittel sind bestens getestet. Man versucht, mit Warndiensten Behandlungen erst dann zu setzen, wenn Krankheiten auftreten. Mithilfe von Drohnen können Dünger und Pflanzenschutzmittel in Zukunft gezielt dort ausgebracht werden, wo das notwendig ist. Die biologische Landwirtschaft wird immer mehr Ertragsverluste haben. Wenn Österreich diesen Weg gehen will, werden immer mehr Importe nötig sein, aus Ländern, deren Qualitätsstandards wir nicht kennen.
CR: Hat die Politik ausreichend Verständnis für Ihre Anliegen?
Stockmar: In der Landwirtschaft den modernen Pflanzenschutz als Bestandteil moderner pflanzenbaulicher Konzepte zu sehen, ist weitgehend konsensuell. Sehr zu begrüßen ist das Projekt „Zukunft Pflanzenbau“ von Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter, das alle Aspekte des modernen Pflanzenbaus berücksichtigt.
CR: Wird die Diskussion über Pf lanzenschutzmittel in anderen Ländern sachlicher geführt als in Österreich?
Stockmar: Bezüglich Glyphosat spielen sich die Debatten in den meisten Ländern auf einer ähnlichen Ebene ab wie hier. Das Thema wird auch mit einem großen Hersteller in Verbindung gebracht. Aber die Verwendung von Glyphosat in Europa ist nicht mit jener in den Ländern zu vergleichen, in denen gentechnisch verändertes Soja angebaut wird. Da geht es um ganz andere Tonnagen und einen völlig anderen Einsatz.
Dipl.-Ing. Dr. Christian Stockmar ist Vorstand der Industriegruppe Pflanzenschutz. Seit 2005 leitet er die Zweigniederlassung der Syngenta Agro GmbH. Stockmar hat über 20 Jahre Erfahrung in der Pflanzenschutzindustrie.
Sanofi: Ausbau in Belgien
21.04.16
von
Klaus Fischer
Sanofi baut seinen belgischen Biotechnologie-Standort Geel um 300 Millionen Euro aus. Bestehende Produktionsanlagen werden modernisiert, weitere mit einer Fläche von rund 8.000 Quadratmetern geschaffen. Sie dienen einerseits der Ausweitung und andererseits der Diversifizierung der Erzeugung, teilte der Pharmakonzern mit. Überdies werden Labors zur Qualitätskontrolle eingerichtet. Im Zusammenhang mit der Investition soll eine nicht genannte Anzahl neuer Arbeitsplätze für hochqualifizierte Spezialisten entstehen.
In Geel haben Sanofi und die Tochterfirma Sanofi Genzyme seit 2001 rund 600 Millionen Euro investiert. Zurzeit wird dort unter anderem ein Protein gegen die Pompe-Krankheit hergestellt, eine seltene genetisch bedingte Muskelerkrankung, die oft tödlich verläuft.
Philippe Luscan, Vizepräsident von Sanofi für globale Aktivitäten und Chef von Sanofi Frankreich, sagte, sein Unternehmen verfüge über eine „solide Pipeline für die Entwicklung neuer biologischer Moleküle, darunter auch monoklonale Antikörper.“ Die Investition in Geel verstärke die Position von Sanofi bei Schlüsseltherapien gegen kardiovaskuläre Erkrankungen, rheumatische Polyarthritis und atopische Dermatitis. Ausdrücklich dankte Luscan den Behörden der Region Flandern für ihre Unterstützung bei dem Projekt.
Wechselkursverluste mindern Ertrag
20.04.16
von
Klaus Fischer
Einen Tag nach dem Gesamtkonzern veröffentlichte nun auch das Boehringer Ingelheim Regional Center Vienna (RCV) seine Jahresbilanz 2015. Die Umsatzerlöse wurden mit 760,2 Millionen Euro beziffert. Um Währungseffekte bereinigt, waren sie somit rund um 1,4 Prozent niedriger als 2014 (771,3 Millionen Euro). Im Bereich verschreibungspflichtige Medikamente war ein Plus von 1,1 Prozent auf 585,4 Millionen Euro zu verzeichnen. Im Bereich Tierarzneimittel wuchsen die Erlöse um 9,7 Prozent auf 47,3 Millionen Euro. Dem gegenüber ging das Geschäft mit rezeptfreien Medikamenten um 14,7 Prozent auf 127,4 Millionen Euro zurück. Philipp von Lattorff, Generaldirektor des Boehringer Ingelheim RCV, sprach von einem „guten Jahr, das leider durch Wechselkursverluste getrübt wird. Für die kommenden Jahre bleibt die Entwicklung in der Ostukraine und in Russland nach wie vor ein Unsicherheitsfaktor.“
Wie berichtet, baut Boehringer Ingelheim die biopharmazeutische Produktion in Wien um rund 500 Millionen Euro aus, wodurch über 400 neue Arbeitsplätze entstehen sollen. „Die genauen Investitions- und Beschäftigungszahlen werden im Rahmen der Detailplanungen erarbeitet“, verlautete seitens des Unternehmens. Im Herbst vergangenen Jahres eröffnete das Boehringer Ingelheim RCV ein neues Forschungsgebäude für Immunonkologie in Wien-Meidling. Noch heuer soll das Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie (IMP) in sein neues Gebäude im 3. Wiener Gemeindebezirk übersiedeln. Dort wurden rund 50 Millionen Euro investiert. Insgesamt gibt Boehringer Ingelheim in Österreich pro Jahr etwa 200 Millionen Euro für Forschung aus und gehört damit nach eigenen Angaben „zu den forschungsintensivsten Unternehmen“ des Landes.
Papierindustrie: „Gutes Jahr 2015“
19.04.16
von
Klaus Fischer
Österreichs Papierindustrie erzeugte 2015 rund fünf Millionen Tonnen Papier, um 2,0 Prozent mehr als 2014. Der Umsatz erhöhte sich um 0,8 Prozent auf 3,8 Milliarden Euro. Das verlauteten der Präsident des Branchenverbandes Austropapier, Alfred Heinzel, sowie seine Vizepräsidenten Christian Skilich und Max Oberhuber, bei der Jahresbilanzpressekonferenz in Wien. Heinzel sprach von einem „guten Jahr. Wir sind eine gesunde, erfolgreiche Branche. Das ist nicht selbstverständlich.“ Rund 210 Millionen Euro investierte die Papierindustrie 2015 in die Modernisierung ihrer Anlagen. Laut Heinzel sind auch für heuer mehrere Projekte in ähnlicher Größenordnung geplant: „Wir haben aus dem operativen Cashflow genug Geld dafür.“ Zwar gingen die Erlöse pro Tonne Papier um zehn Euro auf 680 Euro zurück. Im Gegenzug sanken allerdings die Rohstoff- und Energiekosten, sodass sich die Gewinnmarge erhöhte.
Wie Skilich erläuterte, sank die Holznachfrage der Branche wegen Reparatur- und Ausbaumaßnahmen an zwei steirischen Standorten erheblich. Hinzu kam ein erhöhtes Holzangebot im Inland, ausgelöst durch eine Borkenkäferplage infolge des heißen Sommers. Nur mehr 28 Prozent des Bedarfs mussten daher durch Importe gedeckt werden, verglichen mit rund 40 Prozent in den Jahren zuvor. Allerdings werde sich dies „bei normaler Auslastung“ heuer wieder ändern, warnte Skilich.
Ökostromförderung ändern
Einmal mehr schossen sich Heinzel und seine Stellvertreter auf das Ökostromgesetz ein. Laut Skilich belaufen sich die daraus resultierenden Kosten für einen durchschnittlichen Haushalt auf rund 150 Euro pro Jahr: „Das heißt, die letzte Steuerreform wird vom Ökostromgesetz aufgefressen.“ Mittlerweile würden rund zwei Drittel der pro Jahr frei verfügbaren 40 Millionen Festmeter Holz verstromt, nur ein Drittel dagegen werde stofflich und damit auch für die Papiererzeugung verwertet. „Die Ökostromförderung führt also zu dramatischen Verzerrungen auf dem Holzmarkt“, betonte Skilich. Daher werde die Branche massiv gegen die Förderung mittels Einspeisetarifen sowie gegen die geplanten Biomassekraftwerke in Klagenfurt auftreten.
Oberhumer erläuterte, die Ökostromförderung habe sich 2015 auf rund 544 Millionen Euro belaufen. Bis 2017 werde dieser Betrag voraussichtlich auf etwa eine Milliarde Euro ansteigen. Folglich sei es höchste Zeit, das Ökostromgesetz zu novellieren. Die Einspeisetarife müssten durch Investitionsförderungen ersetzt werden. Für geförderte Biomasseanlagen seien Effizienzkriterien einzuführen. Überdies sollte für die Energieerzeugung primär Holz verwendet werden, „das stofflich nicht verwertbar ist.“
Sorgen bereiten der Branche die klima- und energiepolitischen Ziele der Europäischen Union für die Jahre ab 2020, fügte Oberhumer hinzu. Die Senkung der CO2-Emissionen um 40 Prozent gegenüber den Werten von 1990 lasse sich nur mit „Durchbruchstechnologien“ erzielen, und ob diese rechtzeitig zur Verfügung stünden, sei offen.
Zielrichtung Bioraffinerie
Heinzel kündigte an, die Papierindustrie in Richtung „Bioraffinerie“ weiterentwickeln zu wollen. Dem werde auch die Neuausrichtung eines von der Branche (mit-)finanzierten Lehrstuhls an der Technischen Universität Graz dienen. Dieser werde künftig die Bezeichnung „Paper & Biorefinery“ tragen. Wesentliche Bestandteile von Holz seien Zellstoff und Zucker: „Daraus kann man sehr viel herstellen, von Ersatzprodukten für Kohlenwasserstoffe bis zu Fertigerzeugnissen und im Sinne kaskadischer Nutzung letzten Endes auch Energie.“ Näheres zur Neuausrichtung werde auf der Konferenz „Paper&Biorefinery“ in Graz am 11. und 12. Mai vorgestellt, kündigte Heinzel an.
Heftige Kritik übte der Austropapier-Präsident an der Bundesregierung sowie an den Landeshauptleuten: Es gebe „keine Energiepolitik“, und speziell in der Ökostromförderung hätten die Bundesländer ihre Interessen in aller Deutlichkeit geltend gemacht: „Es ist eine Schande, dass wir uns solche Verfehlungen leisten.“ Der „Kuhhandel“ müsse endlich aufhören. Für unsinnig hält Heinzel auch die Ausweisung weiterer Natura-2000-Schutzgebiete in Unterkärnten: „Ich frage mich, wo dann die Biomasse für die beiden Klagenfurter Kraftwerke herkommen soll.“
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