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Chemiereport_2016-4

Z wei kosmologische Entdeckungen des letzten Jahrhun- derts werden wohl für immer zu den bemerkenswertes- ten der Menschheit zählen dürfen: Die erste wurde in den späten 1920er-Jahren gemacht und ist heute weithin bekannt: Das Universum dehnt sich aus. Im Umkehrschluss folgt daraus allerdings, dass der Kosmos sich einst in einem Zustand extre- mer Dichte und Temperatur befunden haben muss. Selbst wenn es noch keine gesicherte Theorie zum „Wie“ des Ursprungs gibt, sehen wir den Beweis dafür heute in der kosmischen Mikrowel- lenhintergrundstrahlung, bildlich gesprochen: dem Nachglühen des Urknalls. Die zweite Entdeckung wurde erst 1998 gemacht: Der Kos- mos dehnt sich nicht nur aus, in jüngster kosmischer Vergangen- heit tut er das sogar in beschleunigter Weise. Saul Perlmutter, Adam Riess und Brian Schmidt erhielten für diese Entdeckung 2011 den Nobelpreis. Das Universum steckt also voller Dyna- mik – nicht nur was Sterne und Galaxien betrifft, sondern auch auf den größten beobachtbaren Skalen. Diese Dynamik unter- liegt zunächst Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie. Aus ihr lässt sich die Expansionsrate des Kosmos als Funktion des in ihm befindlichen Energie- und Materiegehalts ableiten. Aus der Beobachtung der kosmischen Hintergrundstrahlung ergibt sich folgende einfache Rezeptur: 5 Prozent Atome, 26 Prozent Dunkle Materie, und 69 Prozent Dunkle Energie. Die fehlende Masse Betrachten wir nur den Materiegehalt des Universums, schlie- ßen wir also, dass 84 Prozent (das relative Verhältnis von Dunk- ler zu normaler Materie) nicht verstanden sind. Das Problem der Dunklen Materie ist also ein Problem der fehlenden Masse. Die- ses Problem manifestiert sich nicht nur in den Präzisionsmes- sungen der kosmischen Hintergrundstrahlung, sondern setzt sich auf praktisch allen astronomischen Beobachtungen jenseits unseres Sonnensystems fort (z. B. der Bewegungen von Galaxien in Galaxienhaufen oder der Rotationsgeschwindigkeiten von Spiralgalaxien, wie unsere eigene Milchstraße eine ist). Man könnte zunächst vermuten, dass Dunkle Materie aus noch unentdeckten astronomischen Objekten, wie braunen Zwergen oder schwarzen Löchern besteht. Solche Objekte würden sich allerdings gelegentlich während ihres Transits vor Sternen 74 AustrianLifeSciences chemiereport.at 2016.5 WISSENSCHAFT & FORSCHUNG IN KOOPERATION MIT SCIENCEBLOG.AT Bild: iStockphoto.com/MarioGuti Der Autor Josef Pradler ist Juniorforschungsgruppenleiter leiter am Institut für Hochenergiephysik (HEPHY) der Österreichischen Akademie der Wis- senschaften. Er entwickelt Modelle zur „Dunklen Materie“ und über- prüft diese auf ihre Konsistenz mit experimentellen Daten. Der vor- liegende Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit Wolfgang Lucha, Forschungsgruppenleiter am Institut für Hochenergiephysik der ÖAW, die sich der Beschreibung der starken Wechselwirkung widmet. Die Lösung eines Jahrhundert-Problems Der „Dunklen Materie“ auf der Spur Astronomische Beobachtungen lassen darauf schließen, dass ein hoher Anteil der im Universum vorhandenen Masse aus „Dunkler Materie“ besteht. Teilchenphysiker arbeiten an theoretischen Modellen und Experimenten, die klären sollen, worum es sich dabei handelt. Von Josef Pradler

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