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Chemiereport_2016-2

B ei der Behandlung vieler Knochenbrüche müssen Schrau- ben oder Platten eingesetzt werden, um das korrekte Zu- sammenwachsen der Fragmente zu unterstützen – der Me- diziner spricht von „Osteosynthese“. Bislang kamen für derartige Implantate meist Materialien zum Einsatz, die sich durch eine hohe Resistenz gegenüber den im Körper herrschenden Umge- bungsbedingungen auszeichnen. Obwohl ein solches Implantat im Prinzip permanent im Körper verbleiben könnte, wird es in der Regel dennoch operativ entfernt, entweder um Komplikati- onen durch den Fremdkörper auszuschließen oder aus ästhe- tischen Gründen (z. B. bei Schlüsselbeinfrakturen). Was aber, wenn sich die verwendeten Implantate, sobald sie nicht mehr gebraucht werden, von selbst auflösen würden? Voraussetzung dafür wäre aber, dass sie sich während ihrer Nutzungsdauer dennoch durch hohe technische Funktionalität und Biokompa- tibilität auszeichnen. Unter den Kandidaten für derartige Materialien sind Magne- sium-Legierungen hoch im Kurs. Ihrem medizinischen Einsatz war ein im Rahmen des Comet-Programms gefördertes K-Pro- jekt gewidmet, das den Namen „OptiBioMat“ trug und unter Konsortialführung des Austrian Institute of Technology (AIT) stand. „Viele technische Magnesium-Legierungen, wie sie heute Verwendung finden, würden sich im Körper zu rasch abbauen oder beinhalten Elemente, die im medizinischen Einsatz prob- lematisch sind“, erzählt Bernhard Mingler vom AIT-Geschäfts- feld „Biomedical Systems“ am Technopol Wiener Neustadt, der das Projekt wissenschaftlich geleitet hat. Zudem musste bedacht werden, dass die neu entwickelten Magnesium-Legierungen die erforderlichen mechanischen Anforderungen erfüllen. Elemente, die dem Körper nicht fremd sind „Wir haben darauf geachtet, nur Legierungselemente zu ver- wenden, die vom Körper gut vertragen werden. Deshalb enthal- ten die Legierungen neben dem Hauptbestandteil Magnesium ausschließlich Calcium und Zink in sehr geringen Konzentra- tionen“, erklärt Mingler. Die Kunst beim Legierungsdesign sei gewesen, eine zu rasche Degradation des unedlen Metalls Mag- nesium durch sich ausbildende galvanische Spannungen zu vermeiden. Daher wurden durch geschickte Prozessführung gezielt unedle intermetallische Verbindungen erzeugt, um die- sen Degradationsprozess zu steuern. Gleichzeitig entwickelte man das Verfahren „Equal Channel Angular Pressing“ (ECAP) weiter, mit dem metallische Materi- alien durch mehrfaches Pressen durch einen abgewinkelten Kanal nachträglich optimiert werden können. „Durch die hoch- gradige plastische Umformung entsteht eine Mikrostruktur mit extrem kleinen Korngrößen, wodurch vor allem die mechani- schen Eigenschaften verbessert werden“, erläutert Mingler. Die ultrafeinkörnige Mikrostruktur nach ECAP hatte kaum Einfluss auf die Degradationsrate, verbesserte aber die Festigkeit der ein- gesetzten Legierungen auf ein bisher unerreichtes Niveau. Die auf diese Weise hergestellten Materialien wurden im Rahmen von „OptiBioMat“ sowohl in vitro als auch in vivo im Hinblick auf ihre mechanischen Eigenschaften und ihr Abbau- verhalten getestet. In Konkurrenz steht man dabei zu biodegra- dierbaren Implantaten aus Kunststoffen, die aber im Vergleich zu den Magnesiumlegierungen eine deutlich geringere Festig- keit aufweisen, wie Mingler erläutert. Der Einsatz dieser bio- degradierbaren Magnesiumlegierungen ermöglicht völlig neue Designs von Implantaten und erspart den Patienten eine Zweit- operation. Technopol Wiener Neustadt: Wenn das Implantat von selbst verschwindet Im K-Projekt „OptiBioMat“ wurden Magnesium-Legierungen als Implantat-Materialien untersucht. Dabei standen die Entwicklung geeigneter Materialien und die Optimierung mechanischer Umformungsverfahren im Mittelpunkt. Bernhard Mingler (AIT) war wissenschaftlicher Leiter eines K-Pro- jekts zur Entwicklung von Implantaten aus Magnesium-Legierungen. „Die Legierungen enthalten neben dem Hauptbestandteil Magnesium ausschließlich Calcium und Zink in sehr geringen Konzentrationen.“ EntgeltlicheEinschaltung|Foto:AustrianInstituteofTechnology 56 AustrianLifeScienceschemiereport.at 2016.2 LIFE SCIENCES

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