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September 27th, 2012
Unwürdiges und Satirisches im Wissenschaftsbetrieb
An der Harvard-Universität wurden diese Woche die <a href=http://www.improbable.com/ig>„Ig-Nobel-Preise“</a> vergeben, mit denen jedes Jahr Forschungen ausgezeichnet werden, auf die die Welt gerade noch gewartet hat. Unter den heuer prämierten Kuriositäten sind der Nachweise der Gehirnaktivität von totem Lachs oder ein Gerät, das langatmige Redner über deren Echo aus dem Konzept bringen will.
„Ig-Nobel“ ist ein Wortspiel aus dem englischen „ignobel“ (unwürdig, schändlich, schmachvoll,) und dem darin versteckten „Nobel“, das wie kein anderer Name für die ruhmvollsten Ergebnisse der Wissenschaft steht. Die satirisch angelegte Preisvergabe stellt dabei durchaus nicht nur Schmach für die Laureaten dar, er ist vielmehr einer der wenigen Anlässe, an dem der Wissenschaftsbetrieb auch etwas Humor durchblitzen lässt.
Aus mancher Arbeit ist dabei durchaus Wissenschaftskritisches zu gewinnen: Craig Bennett, Abigail Baird, Michael Miller und George Wolford zeigten, dass Neurowissenschaftler, wenn sie ausreichend komplizierte Gerätschaften benutzen, praktisch überall Gehirnaktivität nachweisen können, selbst in Lachsen, die bereits verstorben sind. Den Ig-Nobel-Preis für Chemie erhielt in diesem Jahr der Schwede Johan Pettersson, der herausfand, dass sich die Haare der Bewohner bestimmter Häuser der Stadt Anderslöv deswegen regelmäßig grün färben, weil sie das Wasser für heiße Duschbäder aus Kupferrohren entnehmen. Der Physiker Joseph Keller wiederum berechnete mit seinem Team, welche Kräfte Gestalt und Bewegung einer Pferdeschwanz-Frisur bestimmen.
Eine der zehn Kategorien des Ig-Nobel-Preises ist auch der „Literatur“ gewidmet: 2012 erhielt diese Auszeichnung das US Government General Accountability Office. Es veröffentlichte einen Bericht über Berichte über Berichte, der die Vorbereitung eines Berichts über den Bericht über Berichte über Berichte empfahl…
September 26th
Elektronik-Industrie: Große Chance für Titan-Verbindungen
In einer großangelegten Studie hat das Technologie-Marktforschungsunternehmen <a href=http://www.idtechex.com>ID Tech Ex</a> untersucht, welche Spezialchemikalien in künftigen Elektronik-Entwicklungen von Bedeutung sein werden. Titan-Verbindungen wird dabei ein besonders hohes Potential zugesprochen.
Die Veränderungen, die die Elektro- und Elektronik-Branche in den nächsten Jahrzehnten erleben wird, sind nach einschlägigen Prognosen tiefgreifend. Nano-elektromechanischen Komponenten (NEMS), organische und anorganische Licht-emittierende Dioden, neue Formen von Batterien und Brennstoffzellen, flexible und gedruckt Elektronik - die Entwicklungsfronten, an denen aktuell gearbeitet wird, sind äußerst vielfältig.
Der von ID Tech Ex herausgegebene Report „Most-Needed Chemicals for New Disruptive Electronics and Electrics: De-risk Your Investment“ beleuchtet nun, was diese Entwicklungen für die Chemieindustrie bedeutet, die als Zulieferer der Elektronikbranche fungiert. Als besonders zukunftsträchtig erwiesen sich dabei Verbindungen des Elements Titan.
Titanverbindungen als Alleskönner
Beherrscht man die Chemie des Titans, eröffnen sich Zugänge zu einem breiten Spektrum an elektrischen Eigenschaften. So sind unter den Verbindungen des Nebengruppenelements solche mit piezoelektrischen Eigenschaften, mit denen sich gedruckte Energy Harvester oder Sensoren realisieren lassen. Titanverbindungen können als Dielektrika in Kondensatoren und Transistoren Verwendung finden, Licht in elektrische Ladung umwandeln oder als elektrisch bewegte Pigmente fungieren. Einige Hersteller haben Batterien entwickelt, die mithilfe einer Lithium-Titanat-Anode außerordentlich schnelle Lade- und Entladevorgänge erlauben.
Am interessantesten könnte aber eine Eigenschaften des bekannten Pigments Titandioxid sein: Präpariert man es so, dass es eine nicht-stöchiometrische Oberfläche besitzt, verhält es sich als sogenannter „Memristor“, als elektrisches Element mit Gedächtnis, das sich die Stromstärke merkt, die durch es ihn durchgeflossen ist.
September 24th
Engpass bei neuen Medikamenten: Pharma-Unternehmen arbeiten zusammen
Zehn weltweit agierende Pharma-Konzerne haben die Non-Profit-Initiative „Transcelerate“ gegründet, die das gemeinsame Anliegen einer beschleunigten Arzneimittelentwicklung vorantreiben soll. Vor allem im Bereich der Abwicklung klinischer Studien will man stärker kooperieren.
Es ist schon eine kleine Sensation: Zehn der weltweit führenden Pharma-Unternehmen der Welt haben sich zusammengetan, um gemeinsam die Entwicklung neuer Medikamente voranzutreiben. Was sie eint, ist der zunehmend schwieriger werdende Prozess, Arzneimittelkandidaten zu identifizieren, bis zur Marktreife zu entwickeln und bei den zuständigen Behörden zur Zulassung zu bringen.
Die von Abbott, Astra Zeneca, Boehringer Ingelheim, Bristol-Myers Squibb, Eli Lilly and Company, Glaxo Smith Kline, Johnson & Johnson, Pfizer, Roche und Sanofi gemeinsam gegründete Non-Profit-Organisation Transcelerate Biopharma Inc. soll das Vehikel einer neuen Form der vorwettbewerblichen Zusammenarbeit sein, mit der man die Qualität klinischer Studien verbessern und die Medikamentenentwicklung beschleunigen will. Jedes der Gründerunternehmen bringt finanzielle und personelle Ressourcen ein, um die gemeinsamen Ziele „in einem kooperativen Ansatz zu lösen“, wie es in einer Aussendung heißt. Man habe zu diesem Zweck Richtlinien aufgestellt, die den für die Zusammenarbeit nötigen Informationsfluss sicherstellen sollen.
Mehr Austausch bei klinischen Studien
Erster Schwerpunkt wird die Verbesserung der Zusammenarbeit im Bereich klinischer Studien sein. Zu diesem Zweck soll im Rahmen von Transcelerate eine gemeinsame Schnittstelle für Portale an Erprobungsstandorten entwickelt und die Qualifikation von Studienzentren wechselseitig anerkannt werden. Auch soll es zur Ausarbeitung von Normen zur Standortüberwachung und zur Einrichtung eines Angebotsmodells für Medikamente zu Vergleichszwecken kommen.
September 20th
Kritik an französischer GMO-Studie
Eine französische Studie, die gesundheitliche Langzeitfolgen einer gentechnisch veränderten Maissorte gefunden haben will, erregt derzeit die Gemüter. Methodik und publizierte Daten sind in der Wissenschaft aber höchst umstritten, eine schlüssige Erklärung fehlt ebenso.
Für Gegner der grünen Gentechnik ist es ein gefundenes Fressen: Französische Wissenschaftler unter der Leitung von Gilles-Eric Seralini haben in der Fachzeitschrift „Food and Chemical Toxicology“ ein Studie veröffentlicht, der zufolge Ratten, die mit der Maissorte NK603 gefüttert wurden, eine höhere Sterblichkeit aufweisen und öfter an Krebs erkranken. NK603, dessen Saatgut von Monsanto hergestellt wird, ist resistent gegenüber dem Herbizid „Roundup“, das vom gleichen Produzenten stammt. In der EU ist NK603 zwar nicht zum Anbau zugelassen, darf aber als Futtermittel und für die Lebensmittelverarbeitung verwendet werden.
Seralini und sein Team fütterten Ratten über deren gesamte Lebensspanne von etwa zwei Jahren mit NK603, eine Kontrollgruppe bekam Roundup-hältiges Wasser zu trinken, eine weitere wurde mit Mais aus konventioneller Landwirtschaft gefüttert und bekam unbelastetes Wasser. Den publizierten Ergebnissen zufolge war die Sterblichkeit bei Fütterung mit GMO-Mais höher als bei Tieren, die konventionell angebauten Mais bekamen. Weibliche Versuchstiere erkrankten darüber hinaus öfter an Brustkrebs.
Methodik höchst umstritten
Die Methodik der Studie und die Vollständigkeit der Angaben sind aber höchst umstritten. Selbst der sonst nicht gerade Gentechnik-freundliche ORF berichtete auf seinem Online-Portal über massive Kritik von Wissenschaftlern aus England, Frankreich und Australien. Tom Sanders, der am renommierten King’s College in London die Abteilung für Lebensmittelforschung leitet, sprach davon, dass wichtige Angaben über die Ernährung der Versuchstiere in der Publikation fehlen. Gerade Ratten seien aber dafür bekannt, dass sie, besonders wenn sie zu viel zu fressen bekommen, eine hohe Anfälligkeit für Brustkrebs zeigen können. Zudem wird die in der Studie angewendete statistische Auswertung als zumindest unkonventionell bezeichnet.
Rationale Erklärung nicht in Sicht
Österreichischen Genetikern, deren Meinung Chemiereport.at eingeholt hat, fehlt vor allem eine rationale Erklärung für die gefundenen Ergebnisse. Wenn es derartig dramatische Folgen gebe, so der Tenor der Aussagen, sei es verwunderlich, dass diese nicht schon in bisherigen Studien zu Tage getreten seien. Zudem könne es nicht das veränderte Erbmaterial selbst sein, das Krebs auslöst. Etwaige Stoffwechselprodukte, die auf die Überexpression des Fremdgens zurückzuführen sein könnten, hätten aber bei einem seit längerem zugelassenen Produkt längst gefunden werden müssen. Und dass das angewandte Herbizid, gegen das die Maispflanzen resistent gemacht wurden, Krebs auslöst, kann dezidiert ausgeschlossen werden: Wohl kaum eine Substanz ist so umfassend daraufhin untersucht worden wie Glyphosat, der Hauptbestandteil von Roundup. Die US-Umweltbehörde EPA stuft Glyphosat als Stoff ein, für den bewiesen ist, dass keine Kanzerogenität für den Mensch besteht.
Innsbrucker Quantenphysiker feiern „120 Jahre“
Die beiden an der <a href=http://www.uibk.c.at>Universität Innsbruck</a> tätigen Quantenphysiker Rainer Blatt und Peter Zoller feiern im September beide ihren 60. Geburtstag. Dieser Anlass wird mit dem Symposium „Frontiers of Quantum Physics“ auch wissenschaftlich gefeiert.
Der Experimentalphysiker Rainer Blatt und der Theoretiker Peter Zoller haben in den vergangenen Jahrzehnten wesentliche Beiträge zur Entwicklung von Quantenoptik und Quanteninformatik geleistet. Die Karrierewege der beiden kreuzten einander bereits in den 1980er Jahren, seither haben sie immer wieder eng miteinander kooperiert. Ein von Zoller gemeinsam mit Ignacio Cirac vorgeschlagenes Modell eines Quantencomputers, das auf der Wechselwirkung von Laserlicht mit Ionen in einer elektromagnetischen Falle beruht, wurde von Blatt erfolgreich im Labor umgesetzt.

Beide Physiker waren, seit sie Mitte der 90er-Jahre Professuren an der Universität Innsbruck übernommen haben, auch maßgeblich an der Entwicklung der neuen „Österreichischen Schule der Quantenphysik“ beteiligt und arbeiten als wissenschaftliche Direktoren des „Instituts für Quantenoptik und Quanteninformatik“ (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.
Die Bedeutung der wissenschaftlichen Beiträge von Zoller und Blatt wird auch durch die hochkarätigen Vortragenden der Konferenz bestätigt: Mit Eric Cornell, John Hall, William D. Phillips und Theodor Hänsch kommen nicht weniger als vier Nobelpreisträger am 20. und 21. September nach Innsbruck.
September 18th
VTU kooperiert mit US-Gendesign-Unternehmen
Das steirische Bioengineering-Unternehmen <a href=http://www.vtu-technology.com>VTU Technology</a> hat eine Partnerschaft mit der Firma <a href=https://www.dna20.com>DNA2.0</a> aus Menlo Park, Kalifornien, geschlossen. Ziel ist die Ausgestaltung eines Gendesign-Algorithmus zur Maximierung der Proteinproduktion in der Hefe Pichia pastoris.
VTU Technology bietet seit längerem Hochleistungstechnologie für die Expression von rekombinanten Proteinen in Pichia pastoris an. Die Plattform basiert auf einer proprietären Bibliothek von Varianten des Promotors AOX1. Innerhalb weniger Wochen kann der österreichische Dienstleister Proteine einer Vielzahl von Klassen und die dazugehörige Expressionsstamm- und Prozessentwicklung liefern. Diese Expertise soll nun mit den Technologien zur Expressionsoptimierung von DNA 2.0 kombiniert werden.
Als Zielprotein für die Zusammenarbeit wurde das IP-freie CometGFP gewählt, das zu einer von DNA2.0 neu entwickelten und vermarkteten Gruppe fluoreszierender und kolorimetrischer Proteine gehört. Jenen Gendesign-Algorithmus, der Ausgangspunkt des Projekts ist, entwickelte DNA2.0 gemeinsam mit dem Labor von Anton Glieder, dem wissenschaftlichen Leiter des Biotechnologie-Kompetenzzentrums ACIB. Das Ziel ist nun ist eine kontrollierbare, konsistente und hohe Proteinexpression.
September 17th
Analysen und Anregungen prägen Jahrestagung des Kunststoff-Clusters
150 Vertreter der Kunststoffbranche aus Niederösterreich, Oberösterreich und Salzburg trafen anlässlich der Jahrestagung des <a href=http://www.kunststoff-cluster.at>Kunststoff-Clusters</a> am 14. September in St. Pölten zusammen, um sich über die aktuelle Situation der Branche auszutauschen. Anregungen zur Gestaltung der Zukunft durch Innovation, Kooperation und Exzellenz holte man sich von einer illustren Schar an Referenten.
Einer von ihnen war der Humangenetiker Markus Hengstschläger, der ein Plädoyer für den Ausbruch aus der Mittelmäßigkeit hielt. Robert Schneider, der Managing Director des Technologieverwertungsberaters Brainchain, gab einen Überblick darüber, wie – speziell in Klein- und Mittelunternehmen, Innovation in Wertschöpfung umgesetzt werden kann. Über die aktuelle Marktlage und den weiteren wirtschaftlichen Ausblick für die Kunststoffbranche sprach Sylvia Hofbauer, Chefökonomin der Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien AG. Einblick ihr jeweiliges Geschäft gaben aber auch Mitgliedsunternehmen des Clusters, wie Sunpor oder KE Kelit.
Die bundesländerübergreifende Zusammenarbeit zwischen Oberösterreich und Niederösterreich im Kunststoff-Cluster besteht bereits seit 2005, später wurden auch Firmen aus Salzburg in die Aktivitäten einbezogen. In Niederösterreich ist das Ecoplus-Clusterbüro in St. Pölten zentrale Anlaufstelle, die insbesondere auf die Schwerpunktthemen Biokunststoffe, Compounding und Recycling spezialisiert ist. Ecoplus-Prokuristin Petra Patzelt zog anlässlich der Jahrestagung eine positive Bilanz über die Aktivitäten des Clusters: Zur Zeit würden vom Expertenteam des Kunststoff-Cluster in Niederösterreich 134 Clusterpartner mit rund 20.000 Mitarbeitern und einem Gesamtumsatz von fast neun Milliarden Euro betreut. In den vergangenen sieben Jahren seien 105 teils international aufgestellte Kooperationsprojekte initiiert und begleitet worden.
September 14th
Die Wiener Life-Science-Clusterorganisation <a href=http://www.lisavr.at>„LISAvienna“</a> feierte im Rahmen einer Jubiläumsveranstaltung am 13. September in der Rinderhalle Neu-Marx ihr zehnjähriges Bestehen. Gratulanten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik stellten sich ein.
„1999 blickte ganz Europa nach Martinsried“, erinnerte sich <a href=http://www.vu-wien.ac.at>Vetmed</a>-Rektorin Sonja Hammerschmid daran, was auch für die Entwicklung des Life-Science-Standorts Wien zur Jahrtausendwende Vorbild war: jener Campus nahe München, an dem in räumlicher Nähe zu universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen eine größer werdende Landschaft an Biotechnologie-Unternehmen entstanden war. Zwar gab es auch in Wien mit dem von Boehringer Ingelheim finanzierten Institut für Molekulare Pathologie und der benachbarten Ansiedlung der Biochemie- und Genetik-Institute der Universität Wien bereits ein neues räumliches Zentrum der Biowissenschaften, doch die Landkarte der Start-up-Unternehmen (Hammerschmid hatte wirklich eine solche mit) wies nur wenige Punkte aus: Polymun beispielsweise oder Nanosearch waren schon gegründet.
Die zart aufkeimenden Gründerinitiativen erforderten Unterstützung – durch geeignete politische Rahmenbedingungen, aber auch durch entsprechende finanzielle Mittel. In dieser Situation schlugen Hammerschmid, damals bei der Innovationsagentur des Bundes (die später in der AWS aufging) und Edeltraut Stiftinger (damals bei der Wiener Technologie-Agentur ZIT) die Schaffung einer gemeinsamen Gesellschaft vor, an der beide Trägerorganisationen zur Hälfte beteiligt sein sollten: die LISA Vienna Region (wie sie damals hieß) war geboren.
Vom Rücken- und vom Gegenwind
Sonja Hammerschmid war eine der Festrednerinnen auf der Veranstaltung am 13. September 2012, mit der die LISAvienna ihr zehnjähriges Bestehen in der Rinderhalle Neu-Marx feierte. Und sie bedankte sich bei vielen der Anwesenden für den Rückenwind, den das Projekt von Anfang gehabt hatte – vor allem auch seitens des Wirtschaftsministeriums. Ulrike Unterer, die dort Abteilungsleiterin für technisch-wirtschaftliche Forschung ist, bekräftigte in ihrer Rede die Beteiligung des Bundes an der Wiener Cluster-Organisation – allein die Zahlen sprächen für sich: 54 Prozent der österreichischen Biotech-Unternehmen seien in Wien angesiedelt, 73 Prozent der Mitarbeiter hier beschäftigt. Insgesamt 74 Unternehmensgründungen im Life-Sciences-Bereich seien in den vergangenen zehn Jahren aus Mitteln des Wirtschaftsministeriums gefördert worden.
Als Vertreter dieser Entrepreneure kam bei der Geburtstagsfeier Joachim Seipelt zu Wort, der 2002 Teil eines Forscherteams war, dem durch den Businessplan-Wettbewerb „Best of Biotech“ (BOB) die Gründung des Unternehmens Avir Green Hills ermöglicht wurde. Dass das Geschäftsmodell Risikokapital-finanzierter Unternehmen mit vielen Rückschlägen verbunden ist, weiß Seipelt aus leidvoller Erfahrung: Vor wenigen Wochen musste AVIR Green Hills Konkurs anmelden.
Hartmut Ehrlich, Vice President Global R&D and Medical Affairs von Baxter Bioscience, vertrat die Stimme der großen, global agierenden Unternehmen, die am Wiener Standort eine entscheidende Rolle spielen. In seinen Bericht über die Erfolgsstory eines österreichischen Standorts in einem US-Pharmakonzern mischten sich auch mahnende Worte an die Politik: Dass die Forschungsförderung in Österreich unter Druck gerate, dass der Output der Ausbildungsstätten qualitativ und quantitativ nachlasse und dass derzeit Verschärfungen im Tierversuchsrecht drohen, die über das vom europarechtlichen Rahmen vorgeschriebene hinausgehen, seien Herausforderungen für den weiteren Ausbau des Standorts. Die Politik selbst war durch die Wiener Vizebürgermeisterin Renate Brauner vertreten, die der LISAvienna Geburtstagsglückwünsche übermittelte.
September 13th
Affiris investiert in Entwicklung neuer Impfstoff-Formulierungen
Das Wiener Impfstoff-Unternehmen <a href=http://www.affiris.com>Affiris</a> hat ein Programm zur Entwicklung neuartiger Formulierungen aus Antigen, Trägermolekül und Adjuvans begonnen. Unterstützt wird man dabei durch Mittel aus dem <a href=http://www.zit.co.at/allgemeines/ueber-uns/fempower-vienna.html>Fem-Power-Programm</a> der Wiener Technologie-Agentur ZIT.
Affiris hat in den vergangenen Jahren mit Impfstoff-Projekten von sich reden gemacht, die weit verbreitete Krankheitsbilder mit ungedecktem medizinischen Bedarf adressieren. Für einen Kandidaten zur Impfung gegen Morbus Alzheimer konnte ein Lizenzvertrag mit dem Pharma-Unternehmen Glaxo Smith Kline geschlossen werden, der meilensteinabhängige Zahlungen von bis zu 430 Millionen Euro vorsieht, von denen bislang schon 36 Millionen geflossen sind. Andere Entwicklungsprojekte zielen auf Impfungen gegen Atherosklerose, Parkinson, Diabetes oder Bluthochdruck ab.
Erweiterte Möglichkeiten der unternehmenseigenen Plattform
Grundlage der Erfolge von Affiris ist die unternehmenseigene „Affitom“-Technologie, die erlaubt, zu bestimmten Krankheitsbildern einen ganzen Pool an Impfstoffkandidaten herzustellen. Basis eines Vakzins ist dabei ein sogenanntes „Affitop“, ein niedermolekulares Peptid-Antigen, das gegen eine bestimmte molekulare Zielstruktur gerichtet ist. In den bisherigen Projekten wurden jene Affitope selektiert, die in Kombination mit der Bindung an das Trägermolekül „Keyhole Limpet Hemocyanin“ (KLH) und Alhydrogel als Adjuvans die beste Wirkung zeigen.
Mit dem nun gestarteten Entwicklungsprogramm sollen auch alternative Formulierungen getestet werden. Damit will man bei Affiris die Möglichkeit schaffen, zusätzliche Antigene zu selektieren, deren Wirksamkeit mit anderen als den bisher verwendeten Formulierungen ausgeprägter ist. Projektleiterin ist Gabriele Winsauer, die dafür aus dem Fem-Power-Program der Stadt Wien gefördert wird.
September 12th
Von Quantenphysik bis Neurobiologie
Neun österreichische Wissenschaftler wurden bei der diesjährigen Ausschreibung mit einem „Starting Grant“ des Europäischen Forschungsrat ERC bedacht. Unter ihnen sind der Festkörperphysiker <a href=http://static.ifp.tuwien.ac.at/homepages/Arbeitsgruppen/cms>Karsten Held</a> von der TU Wien und der Neurobiologe <a href=http://www.imp.ac.at/research/research-groups/haubensak-group>Wulf Haubensak</a> vom Institut für Molekulare Pathologie.
ERC Starting Grants sind beliebt. Die mit 1,5 Millionen Euro dotierten Fördergelder des EU-Gremiums sollen Nachwuchswissenschaftlern (ab zwei und bis zu sieben Jahren nach der Promotion) den Aufbau oder die Konsolidierung eines eigenen Forschungsteams ermöglichen. Die Ausschreibung erfolgt im „Bottom-up-Verfahren“, also themenoffen und über alle Bereiche der Wissenschaft hinweg.
4.700 Anträge wurden in der diesjährigen Auschreibungsrunde gestellt, 536 Forscher erhielten den Zuschlag - neun davon kommen aus Österreich. Karsten Held vom Institut für Festkörperphysik ist einer von ihnen. Seine Gruppe beschäftigt sich mit der quantenmechanischen Beschreibung des Verhaltens von Elektronen in bestimmten Materialtypen. Da es sich dabei um Vielteilchensysteme handelt, müssen spezielle Ansätze benutzt werden, um die Eigenschaften am Computer simulieren zu können. Eine der Methoden, die er dabei benutzt, nennt sich <a href=http://en.wikipedia.org/wiki/Dynamical_mean_field_theory>„Dynamical Mean Field Theory“</a> und ist besonders dann ein geeignetes Beschreibungsmittel, wenn es starke Korrelationen zwischen den einzelnen Elektronen gibt, die am selben Gitterpunkt eines Kristalls sitzen. Um auch Korrelationen zwischen Elektronen an unterschiedlichen Gitterpunkten berücksichtigen zu können, arbeitet Held derzeit an der Entwicklung einer neuen Methode, die sich „Ab Initio Dynamical Vertex Approximation“ nennt.
Nur mithilfe derartiger quantenphysikalischen Ansätze ist ein tieferes Verständnis bestimmter Materialeigenschaften möglich, wie Held hervorhebt: „Supraleitung bei hohen Temperaturen, Quanten-Phasenübergänge nahe am absoluten Temperatur-Nullpunkt oder das Verhalten von Elektronen in winzigen Nanostrukturen – es gibt eine ganze Reihe von Quanten-Effekten, die theoretisch noch immer nicht ausreichend gut beschrieben werden können“, so Held.
Die Neurologie von Angst und Freude
Erfolgreiche Anträge für einen ERC Starting Grant kamen aber auch von Vertretern der Biowissenschaften. Wulf Haubensak arbeitet am Institut für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien an der Erforschung der neuronalen Aktivität, die mit bestimmten Emotionen wie Angst und Freude in Zusammenhang stehen. Verschiedene Areale in Hirnrinde, Stammhirn und den sogenannten Mandelkernen (Amygdala) bilden ein komplexes Netzwerk neuronaler Schaltkreise, das allerdings in den Details noch unverstanden ist.

Mit den ERC-Mitteln sollen nun emotionale Schaltkreise in diesem Netzwerk kartiert und untersucht werden, wie das Zusammenspiel einzelner Schaltkreiselemente entstehen. Dazu bedient man sich der Maus als eines experimentell zugänglichen Tiermodells, dessen Gehirnanatomie einen Vergleich mit dem Menschen zulässt. Mithilfe von Viren, die selektiv bestimmte Nervenzellen befallen, können fluoreszierende Proteine eingeschleust werden, um miteinander verschaltete Neuronen sichtbar zu machen. Die noch junge Methodik der <a href=http://de.wikipedia.org/wiki/Optogenetik>Optogenetik</a> erlaubt darüber hinaus, bestimmte Nervenzell-Gruppen mittels Licht an- und auszuschalten und zu untersuchen, wie sich dies auf den emotionalen Zustand und das Verhalten auswirkt.
Wulf Haubensak, IMP
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