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April 12th, 2017

Lebensmittel: Verwenden, nicht verschwenden

Der Umweltausschuss des EU-Parlaments plädierte einstimmig dafür, die Lebensmittelverschwendung bis 2030 um die Hälfte zu vermindern. Als Mittel sollen Bewusstseinsbildung und Steuererleichterungen dienen. Im Plenum wird Mitte Mai abgestimmt.

 

Einstimmig beschloss der Umweltausschuss des EU-Parlaments am 11. April einen Bericht zur Verringerung der Verschwendung von Lebensmitteln und zur Verbesserung der Lebensmittelsicherheit. Im Wesentlichen enthält dieser drei Forderungen:

Erstens soll die Lebensmittelverschwendung über die gesamte Lieferkette hinweg bis 2025 um 30 Prozent verringert werden, bis 2030 um 50 Prozent.

Zweitens wird in dem Bericht verlangt, das Bewusstsein der Bevölkerung zu den Themen Lebensmittelverschwendung und Lebensmittelsicherheit zu verbessern. So wissen beispielsweise 50 Prozent der Bevölkerung nicht, was die Bezeichnungen „Mindesthaltbarkeitsdatum“ und „Verbrauchsdatum“ bedeuten. Das „Mindesthaltbarkeitsdatum“ gibt dem Bericht zufolge an, dass nach dem betreffenden Zeitpunkt die Qualität des Lebensmittels nicht mehr der eines Frischprodukts entspricht, der Verzehr aber bedenkenlos möglich ist. Das „Verbrauchsdatum“ zeigt dem gegenüber, ab wann der Verzehr nicht mehr sicher ist.

Drittens werden Erleichterungen für das Verschenken nicht mehr verkaufsfähiger Lebensmittel - primär durch den Handel - vorgeschlagen. Dies betrifft vor allem Erzeugnisse, die das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten haben. Zurzeit gelten für das Verschenken in den einzelnen Mitgliedsstaaten unterschiedliche Regeln, insbesondere was steuerliche Vorgaben betrifft. In einigen Staaten ist das Verschenken teurer als die Behandlung der Lebensmittel als Abfall. Die EU-Kommission wird aufgefordert, die Mehrwertsteuerbefreiung von Lebensmittelspenden ausdrücklich für zulässig zu erklären.

 

Wie es in dem Bericht heißt, gehen jährlich in der EU rund 88 Millionen Tonnen an Lebensmitteln verloren. Dies entspricht einer durchschnittlichen Menge von etwa 173 Kilogramm pro EU-Bürger. Am höchsten ist der Pro-Kopf-Wert mit 541 Kilogramm in den Niederlanden, an zweiter Stelle liegt Belgien mit 345 Kilogramm. Die niedrigsten Werte weisen Slowenien mit 72 Kilogramm und Rumänien mit 76 Kilogramm aus. Den dadurch entstehenden jährlichen Schaden beziffert der Bericht mit 143 Milliarden Euro. Den größten Anteil an der Lebensmittelverschwendung haben laut dem Bericht die Haushalte mit 53 Prozent, gefolgt von der verarbeitenden Industrie mit 19 Prozent, der Gastronomie mit zwölf Prozent, der Primärproduktion mit zehn und dem Großhandel mit fünf Prozent.

 

Im Plenum wird über den Bericht bei der Sitzung vom 15. bis einschließlich 18. Mai abgestimmt. Diese findet in Straßburg statt. Erstattet wurde der Bericht an den Umweltausschuss von der kroatischen Abgeordneten Biljana Borzan, die der sozialdemokratischen Fraktion angehört. Ihr zufolge werden Lebensmittel „in den entwickelten Ländern hauptsächlich in den Bereichen Verteilung und Verbrauch verschwendet“. Letztlich seien somit alle EU-Bürger dafür verantwortlich, dem Problem entgegenzuwirken.

 

April 11th

Die Architektur des bakteriellen Gifttransports

Forscher der am Vienna Biocenter angesiedelten Institute IMBA und IMP haben erstmals die Struktur eines Transportsystems beschrieben, mit dessen Hilfe Tuberkulose-Bakterien Gifte an Wirtszellen abgeben.

 

Die Forschungsgruppe von Thomas Marlovits, der sowohl am IMBA (Institut für Molekulare Biotechnologie) als auch am IMP (Institut für Molekulare Pathologie) in Wien forscht, interessiert sich für jene molekularen Maschine in der Zellmembran von Bakterien, über die Giftstoffe in die Zellen eines befallenen Organismus transportiert werden. Nun ist man für einen bestimmten Typus einer solchen Maschine einen großen Schritt weitergekommen: Mithilfe eines Kryo-Elektronenmikroskops konnte erstmals molekulare Struktur eines sogenannten Typ-7 Sekretionssystems (T7SS) rekonstruiere. Ein solches besteht aus vier Proteinmolekülen, die sich in der äußeren Zellmembran von Mykobakterien (zu ihnen gehört auch der bekannte Tuberkulose-Erreger) zu einem Komplex zusammenlagern.

Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass T7SS eine bisher unbekannte molekulare Architektur zeigt, die vermutlich einem bislang nicht beschriebenen Transportmechanismus zugrundeliegt: Einem geordneten Kernbereich, in dessen Mitte Marlovits einen Kanal zum Transport der Toxine vermutet, stehen flexible Molekülarme gegenüber, die ins Plasma der Zellen ragen und wohl dazu dienen, nach den zu transportierenden Molekülen greifen.

 

Neue Strategie gegen Antibiotika-resistente Keime?

Fernziel ist, den Transportmechanismus durch neuartige Wirkstoffe zu blockieren und so eine neue Option gegen Tuberkulose-Erreger zu eröffnen, die Resistenzen gegen die bekannten Antibiotika-Klassen zeigen. Weiterführende Forschungen sollen nun am Center for Structural Systems Biology (CSSB) am Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) in Hamburg-Bahrenfeld stattfinden, an dem Marlovits eine Professur für Struktur- und Systembiologie bakterieller Infektionserreger innehat.

 

 

OMV: Überholung für Schwechater Petrochemie

Der „Turnaround“ in der Raffinerie geht in die zweite Runde.

 

Rund 110 Millionen Euro investiert die OMV in die Generalüberholung der petrochemischen Anlagen in der Raffinerie Schwechat, die in den nächsten Tagen beginnt. Wie der Energiekonzern mitteilte, ist dieser sogenannte „Turnaround“ gesetzlich vorgeschrieben und hat alle sechs Jahre stattzufinden. Er erfolgt parallel mit der Grundüberholung der benachbarten Anlagen des Kunststoff- und Düngemittelkonzerns Borealis, an dem die OMV mit 36 Prozent beteiligt ist. Die Raffinerie Schwechat liefert die Basischemikalien, aus der die Borealis ihre Kunststoffe herstellt. Daher ist es laut OMV notwendig, die „Turnarounds“ der Anlagen aufeinander abgestimmt durchzuführen.

 

Im Frühjahr 2016 überholte die OMV die übrigen Teile der Raffinerie, darunter die Rohöldestillationsanlage 4, die sie als „Herz der Raffinerie“ bezeichnet. Die Arbeiten dauerten mehrere Wochen. Unter anderem wurden 16 Prozessöfen, 478 Wärmetauscher, 2.128 Armaturen sowie 1.090 Sicherheitsventile gewartet und Rohrleitungen mit einer Gesamtlänge von 12,6 Kilometern erneuert.

April 10th

Fresenius will Akorn schlucken

Die Rede ist von „fortgeschrittenen“ Verhandlungen. Weitere Details sollen einstweilen nicht bekannt gegeben werden.

 

Fresenius Kabi, die Pharma-Tochter des deutschen Fresenius-Konzerns, will den US-amerikanischen Spezialgenerikahersteller Akorn übernehmen. Das bestätigten beide Unternehmen am Freitagabend. In einer Ad-hoc-Meldung von Fresenius hieß es, die Gespräche seien „fortgeschritten“. Einem allfälligen Abschluss der Transaktion müssten unter anderem der Aufsichtsrat des deutschen Konzerns und das Board of Directors des US-Unternehmens zustimmen. Ob diese zustandekomme, sei offen. Mehr gebe es bis zum Abschluss der Verhandlungen nicht mitzuteilen, „sofern eine Stellungnahme nicht aus anderen Gründen geboten erscheint“. Fresenius-Chef Stephan Sturm verlautete erst kürzlich, an Akquisitionen interessiert zu sein. Im Herbst 2016 hatte sein Unternehmen den spanischen Klinikbetreiber Quironsalud übernommen, der Kaufpreis belief sich auf rund 5,8 Milliarden Euro.

 

Akorn hat seinen Hauptsitz in Lake Forest nördlich von Chicago im US-Bundesstaat Illinois. Zu den bekanntesten Produkten gehört das Antirheumatikum Ibuprofen. Das Unternehmen erwirtschaftete 2016 einen Umsatz von rund 1,1 Milliarden US-Dollar (1,0 Milliarden Euro), was gegenüber 2015 einem Anstieg von 13 Prozent entspricht. Das EBITDA wurde mit 442 Millionen US-Dollar (417,8 Millionen Euro) beziffert, verglichen mit 401 Millionen (379,0 Millionen Euro) im Jahr 2015. Fresenius Kabi erwirtschaftete 2016 einen Umsatz von rund sechs Milliarden Euro. Das entspricht etwa einem Fünftel des Gesamtumsatzes von Fresenius.

April 7th

Chemieindustrie: Einigung auf neuen Kollektivvertrag

Die Ist-Löhne- und -Gehälter steigen um 1,85 Prozent. Laut dem Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs ist das Ergebnis „gerade noch vertretbar“.

 

Der Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO) hat sich mit den Gewerkschaften PRO-GE und GPA-djp auf den neuen Kollektivvertrag geeinigt. Dieser gilt ab 1. Mai, die Einigung erfolgte in zweiter Runde am Abend des 6. April. Die Mindestlöhne und -grundgehälter steigen um 1,89 Prozent, womit der neue Mindestlohn 1.858,17 Euro beträgt. Die Ist-Löhne und -Gehälter werden um 1,85 Prozent bzw. mindestens 43 Euro erhöht.

 

FCIO-Geschäftsführerin Sylvia Hofinger teilte dem Chemiereport mit, die beiden Gesprächsrunden seien „effizient“ verlaufen. Die Kollektivvertragspartner hätten sich „auf ein Ergebnis geeinigt, das für beide Seiten gerade noch vertretbar war“.

 

Gewerkschaftsvertreter sprachen von einem „wichtigen Impuls zur Stärkung der Kaufkraft“. Als Erfolg werteten sie auch die volle Anrechnung aller gesetzlichen Elternkarenzen auf die dienstzeitabhängigen Ansprüche sowie die Übernahme der Fahrtkosten für Lehrlinge zum Berufsschulinternat durch die Unternehmen.

April 6th

Spatenstich bei Boehringer Ingelheim

Am 6. April erfolgte der offizielle Spatenstich zum seit Jahrzehnten größten Industrieprojekt am Standort Wien: Boehringer Ingelheim investiert ca. 700 Millionen Euro in den Bau einer biopharmazeutischen Produktionsanlage, rund 500 neue Arbeitsplätze werden entstehen.

Boehringer Ingelheim erwartet steigenden Bedarf an Biopharmaka – sowohl aus der eigenen Pipeline, in der therapeutische Proteine eine wachsende Rolle spielen, als auch von Auftraggebern, für die das Unternehmen als Dienstleister produziert. Vor diesem Hintergrund wird eine Erhöhung der Produktionskapazitäten erforderlich, für die der Konzern mehrere Standortoptionen hatte. Dass Wien schließlich den Zuschlag erhielt, lag im Wunsch nach Risikostreuung, aber auch daran, dass ein Universitätsstandort die Rekrutierung gut ausgebildeter Fachkräfte erleichtert und die Politik das Vorhaben unterstützte.

Zahlreiche Ehrengäste, allen voran Bundeskanzler Christian Kern und die Wiener Finanzstadträtin Renate Brauner, folgten denn auch der Einladung des Pharmaunternehmens zum Spatenstich. Philipp von Lattorff, Generaldirektor des Boehringer Ingelheim Regional Center Vienna  strich die wichtige Rolle der heimischen Politik hervor, die das Projekt unterstützt und gefördert hat. „Ich bin Ihnen unglaublich dankbar“, gab Kern in seiner Replik zurück und wies darauf hin, dass trotz aller politischen Weichenstellungen letztlich das Unternehmen und die Eigentümerfamilie entschieden habe, privates Kapital in Österreich zu investieren – was Kern als Zeichen großer Erwartungen in die Zukunft des Standorts wertete.

Kern ist nicht zum ersten Mal mit dem Projekt in Berührung gekommen. Noch als ÖBB-Generaldirektor unterstützte er den Verkauf des Grundstücks, unter dem der Lainzer Bahntunnel verläuft, an Boehringer Ingelheim. Dieser Umstand macht das Vorhaben auch bautechnisch komplex: Es gilt, Maßnahmen zu ergreifen, die sicherstellen, dass die Bautätigkeit den Bahnbetrieb nicht stört und Schwingungen oder Felder aus dem Bahntunnel die pharmazeutische Produktion nicht beeinträchtigen.

Mit der neuen Produktionsanlage wird auch die technologische Bandbreite am Standort erweitert: Bisher war in Wien ausschließlich mithilfe von Bakterien- und Hefe-Expressionssystemen produziert worden, nun kommt darüber hinaus die Verwendung von Säugetier-Zellkulturen hinzu.

 

Das Boehringer Ingelheim Regional Center Vienna

Der Wiener Standort von Boehringer Ingelheim hat drei Aufgaben: Die Boehringer Ingelheim RCV steuert das Geschäft mit Human- und Tierarzneimitteln in mehr als 30 Ländern in Mittel- und Osteueropa, Zentralasien und Israel. 2016 konnte der Umsatz in diesen Bereichen um 8,1 Prozent auf 821,5 Millionen Euro gesteigert werden. Gemeinsam mit Erlösen aus der Biopharma-Produktion gegenüber verbundenen Unternehmen beträgt die Betriebsleistung 1,243 Milliarden Euro (ein Plus von 8,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr). Und schließlich ist in Wien das globale Krebsforschungszentrum von Boehringer Ingelheim angesiedelt, in das jährlich Forschungsaufwendungen  von rund 200 Millionen Euro fließen.

OMV verstärkt Libyen-Engagement

Die Zusammenarbeit mit der National Oil Corporation (NOC) wird ausgebaut. In etwa drei bis fünf Jahren könnte sich die Ölproduktion auf rund 40.000 Fass pro Tag vervierfachen.

 

„Wir sind seit mehr als 40 Jahren in Libyen tätig. Das Land ist auch weiterhin sehr attraktiv für uns.“ Das sagte OMV-Generaldirektor Rainer Seele bei einer Pressekonferenz mit Mustafa Sanalla, dem Chef der libyschen National Oil Corporation (NOC) in Wien. Anlass war die OMV-Übernahme von dominierenden Minderheitsbeteiligungen an Ölgebieten im Sirte-Becken im Nordosten Libyens sowie im Murzuq-Becken und den Sharara-Feldern im Südwesten des Landes. Die OMV wird damit in den betreffenden Gebieten der zweitgrößte Anteilseigner nach der NOC, die aufgrund der gesetzlichen Lage die Mehrheit halten muss. Große Summen braucht die OMV laut Upstream-Vorstand Johann Pleininger nicht zu investieren. Es gelte lediglich, vorhandene Förderanlagen wieder auf Vordermann zu bringen.

 

Seele zufolge verfügt Libyen über die größten Erdölvorkommen Afrikas. Diese finden sich vor allem in älteren („reifen“) Feldern, bei der Ausbeutung die OMV große Erfahrung und erhebliches Know-how hat. Als „exzellent“ bezeichnete Seele die Qualität des libyschen Öls. Überwiegend handle es sich um schwefelarme Sorten („Light Crudes“), für deren Verarbeitung die OMV-Raffinerie in Schwechat besonders gut geeignet ist. Dazu kommt die geographische Nähe Libyens zu Europa. Die Häfen des Landes, über die das Öl exportiert wird, sind im Vergleich zu jenen am Persischen Golf nahe an europäischen Terminals wie Triest. Ein weiterer Vorteil sind laut Seele die niedrigen Ölförderkosten. Auch ist Libyen laut Seele gezwungen, Öl zu fördern und zu exportieren: „Wenn das Land eine Zukunft haben will, muss es Öl produzieren. Und die NOC sehe ich als Garanten dafür, dass die Entwicklung in die richtige Richtung geht“. Die OMV werde sicher „noch weitere 40 Jahre“ dort tätig sein. Zurzeit fördere das Unternehmen in Libyen etwa 10.000 Fass Erdöl pro Tag (bbl/d), etwa ein Viertel der möglichen Menge. „Das Öl ist da. Und es wartet darauf, gefördert zu werden“, konstatierte Seele. In etwa drei bis fünf Jahren könne die OMV bis zu 40.000 bbl/d produzieren.

 

Sanalla betonte, die OMV habe sich auch in den vergangenen „schwierigen Jahren“ als verlässlich erwiesen: „Sie ist einer unserer wichtigsten Partner.“ Ihm zufolge werden derzeit in Libyen rund 250.000 bbl/d gefördert. Für Ende August strebt er eine Produktion von einer Million bbl/d an. Die NOC versuche, sich aus den Auseinandersetzungen zwischen den drei libyschen Regierungen herauszuhalten: „Unser Ziel ist, die Ölförderung aufrecht zu halten und zu steigern. Wir arbeiten für das gesamte libysche Volk.“ Zurzeit sei die Lage im Land vergleichsweise ruhig. Die Ölexport-Verträge stünden unter dem Schutz der Vereinten Nationen.

 

ChemChina darf Syngenta kaufen

Die EU-Kommission und die U.S. Federal Trade Commission haben die Transaktion unter Auflagen genehmigt. In den USA sind Stellungnahmen noch bis 4. Mai möglich.

 

Der chinesische Chemiekonzern ChemChina darf den Schweizer Agrarkonzern Syngenta übernehmen. Sowohl die Europäische Kommission als auch die US-amerikanische Federal Trade Commission (FTC) haben die Transaktion gebilligt. Allerdings erfolgt diese unter Auflagen, meldeten die beiden Behörden. Laut EU-Kommission hat sich ChemChina zu einer Reihe von Divestitionen verpflichtet. Verkaufen wollen die Chinesen insbesondere wesentliche Teile des Geschäfts seiner US-Tochter ADAMA mit bereits auf dem Markt befindlichen Pflanzenschutzmitteln, vor allem „Fungiziden für Getreide, Obst und Raps, Herbiziden für Getreide, Mais, Sonnenblumen und Gemüse, Insektiziden für Getreide, Mais, Obst, Raps und Gemüse sowie Saatgutbehandlungsmitteln für Getreide und Zuckerrüben“. Verkauft werden sollen weiters das Herbizid Paraquat, das Insektizid Abamectin und das Fungizid Chlorothalonil, die alle von Syngenta erzeugt werden. Sie gehen an das kalifornische Agrarchemikalienunternehmen AMVAC, verlauete die FTC.

Ferner veräußert ChemChina 29 in Entwicklung befindliche Pflanzenschutzgenerika von ADAMA und gewährt Dritten den Zugang zu den diesbezüglichen Studien und Feldversuchsergebnissen. Auch wesentliche Teile des Geschäfts von ADAMA mit Wachstumsreglern für Getreide sowie „alle relevanten immateriellen Vermögenswerte, auf denen die veräußerten Pflanzenschutzmittel und Wachstumsregler basieren“, sollen abgestoßen werden.

 

Die Entscheidung der FTC erfolgte allerdings unter Vorbehalt, teilte diese mit. Bis 4. Mai kann die Öffentlichkeit bis Stellung nehmen. Darauf aufbauend, entscheidet die FTC endgültig.

 

EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager verlautete, ChemChina habe „umfangreiche Abhilfemaßnahmen angeboten, mit denen unsere Wettbewerbsbedenken ganz ausgeräumt werden. Daher konnten wir den Zusammenschluss genehmigen“.

 

Bei der Zustimmung zu der Übernahme handelt es sich um die zweite derartige Entscheidung innerhalb weniger Wochen. Erst am 27. März billigte die Kommission die Fusion von Dow und DuPont. Noch im Schwange ist die dritte große Transaktion im weltweiten Agrobusiness, die Übernahme von Monsanto durch Bayer. Wie der deutsche Chemiekonzern bei der Bilanzpressekonferenz Ende Feber mitteilte, will er die Genehmigung durch die EU-Kommission im Lauf des zweiten Quartals beantragen.

 

April 4th

VCI: Staat soll Ökostromausbau bezahlen

Die EEG-Umlage, das Gegenstück zu den österreichischen Ökostromzuschlägen, hat 2038 auszulaufen, fordert der deutsche Chemieindustrieverband. Er will, dass neue Ökostromanlagen schon ab 2019 mittels bestehender Steuern finanziert werden.

 

Ab 2019 sollen neue Ökostromanlagen in Deutschland mit Budgetmitteln gefördert werden und nicht über die „EEG-Umlage“, das Gegenstück zu den österreichischen Ökostromzuschlägen. Das fordert der Verband der Chemischen Industrie (VCI). Nach seinen Vorstellungen bekämen nur noch Anlagen, die heuer und 2018 genehmigt werden, auf 20 Jahre Förderungen auf Basis des EEG, des „Erneuerbare-Energien-Gesetzes“. Die Förderungen für die bestehenden Anlagen würden weiter bezahlt. Insgesamt liefen die Subventionen auf Basis des EEG 2038 aus. Ab 2039 gäbe es für die Betreiber der Ökostromanlagen nur noch Geld aus dem Budget. Für die Industrie hätte das gleich zwei Vorteile: Erstens blieben die Großhandelspreise für Strom und damit auch die Strompreise für die Industrie weiter niedrig, weil der Ökostromausbau weiterginge. Zweitens müssten die Unternehmen zu dessen Finanzierung nur mehr im Rahmen der für sie ohnehin anfallenden Steuern und Abgaben wie Umsatz- und Körperschaftssteuer beitragen. Denn eine eigene Ökostrom-Steuer soll es laut VCI nicht geben, ebensowenig wie die Erhöhung bestehender Steuern, zumindest jener, die die Industrie zu bezahlen hat.

 

In einer Aussendung konstatierte der Verband, seine Mitglieder hätten 2016 rund eine Milliarde Euro an EEG-Umlage bezahlt, obwohl es umfangreiche Ausnahmebestimmungen für die energieintensive Industrie gibt. Der Grund ist laut VCI, dass diese von etlichen Unternehmen nicht in Anspruch genommen werden können. Insgesamt belief sich die EEG-Umlage 2016 auf rund 24 Milliarden Euro - Geld, das künftig aus dem Bundeshaushalt kommen müsste.

 

Parlamentarischer Kostendeckel

 

Im Argumentarium des Verbands zu seinem Vorschlag heißt es, bisher habe der Bundestag, die erste Kammer des deutschen Parlaments, nur den Ausbauplan für die Ökostromanlagen und die Renditen für deren Betreiber festgelegt. Eine Kontrolle der Kosten habe es dagegen nicht gegeben. „Indem die Bundestagsabgeordneten auch konkrete Summen für den Ausbau im Haushalt bewilligen, würde eine Budgetfestlegung und somit eine Kostenkontrolle für den Ausbau eingeführt“, argumentiert der VCI. Dies sei „ein urdemokratisches Recht des Parlamentes“. Anders gesagt: Im Gegensatz zu bisher gäbe es einen „Kostendeckel“, wie er in Österreich bereits seit Beginn der Ökostromförderung besteht.

 

VCI-Präsident und BASF-Chef Kurt Bock verlautete, „die Steuerung und Finanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben wie der Energiewende liegen in der Verantwortung des Staates. Daher halten wir es für angebracht, dass die künftigen Kosten für den weiteren Ausbau von Windkraft- und Solaranlagen aus dem Bundeshaushalt geleistet werden.“ Ihm zufolge wird das „von allen Unternehmen der Branche unterstützt“. Falls der Bundestag die Forderung des VCI erfüllt, „werden die Belastungen für die Industrie und andere Stromverbraucher aus dem EEG nicht mehr steigen, sondern mittelfristig sogar sinken. Das schafft höhere Planungssicherheit für unsere Unternehmen, was die Energiekosten betrifft.“

 

Gutes Geld mit seltner Krankheit

Der Pharmaindustrieverband Pharmig will den Markt für Arzneien gegen seltene Erkrankungen aufbereiten und lud deshalb zur Podiumsdiskussion ins Novomatic-Forum.

 

Fachkreise und Öffentlichkeit verstärkt auf die Bedeutung seltener Erkrankungen (SE) sowie einschlägiger Arzneien hinweisen will der Pharmaindustrieverband Pharmig. Daher lud er am 3. April zu einer Podiumsdiskussion mit dem Titel „Rare-Diseases-Dialog“ ins Wiener Novomatic-Forum, bei der es um Herausforderungen bei der Diagnostizierung solcher Krankheiten ging. Laut Wolfgang Schnitzel, dem Leiter des Arbeitskreises „Seltene Erkrankungen“ der Pharmig, sind weitere Rare-Diseases-Dialoge geplant.

 

Der Hintergrund ist: Dem Gesundheitsministerium zufolge leiden in Österreich rund 400.000 Personen bzw. sechs bis acht Prozent der Bevölkerung an unterschiedlichen SE. Ingesamt betrachtet, kann das nicht zuletzt auch ein attraktiver Markt für die Pharmabranche sein. Allerdings gibt es dabei ein Problem: Die Entwicklung neuer Medikamente ist bekanntlich aufwendig. Nach Pharmig-Angaben müssen um die 10.000 potenzielle Wirkstoffe getestet werden, um ein einziges neues Arzneimittel auf den Markt zu bringen. Da von den rund 6.000 bis 8.000 einzelnen seltenen Erkrankungen oft nur relativ wenige Personen betroffen sind, kann sich das bei Mitteln gegen seltene Erkrankungen über die Absatzmenge nicht so leicht rechnen. Daher muss die Rentabilität des jeweiligen Präparats über einen vergleichsweise hohen Preis dargestellt werden.

 

Und das ist in Zeiten knapper Budgets und entsprechend knausriger Krankenkassen eine einigermaßen heikle Angelegenheit. Erst Ende März beschloss der Nationalrat eine Novelle zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG), die die Arzneimittelkosten verringern soll - was in der Pharmaindustrie begreiflicherweise keine Begeisterung auslöste. Angesichts dieser Situation ist es aus Sicht der Branche umso wichtiger, den Nutzen der eigenen Produkte zu kommunizieren und so den Markt aufzubereiten. Nicht zuletzt dazu dienen Veranstaltungen wie der Rare-Diseases-Dialog. Das verdeutlicht auch ein bei der Veranstaltung im Novomatic-Forum verteiltes Datenblatt der Pharmig, in dem es heißt: „Menschen mit seltenen Erkrankungen haben das gleiche Anrecht, mit wirksamen Therapien behandelt zu werden, wie Patienten, die an häufigen Erkrankungen leiden. Mit diesem Bewusstsein und Verständnis ist es offensichtlich, dass auch Forschung und Entwicklung gestärkt werden müssen, um neue spezifische Therapien für diese seltenen und oft lebensbedrohlichen Leiden zur Verfügung stellen zu können.“

 

Medikamente gegen seltene Erkrankungen werden als „Orphan Drugs“ bezeichnet und genießen nach ihrer Erstzulassung zehn Jahre lang die Marktexklusivität. Weitere Präparate zur Behandlung der jeweiligen Krankheit dürfen laut Pharmig nur zugelassen werden, „wenn sie besser wirksam oder verträglicher sind, oder um einen Versorgungsgengpass zu überwinden“. Ende 2016 hatten in der EU 126 Arzneien den Orphan-Drug-Status. Davon bestand für 95 noch die zehnjährige Marktexklusivität. Für 31 war diese abgelaufen, sie waren aber noch erhältlich. Darüber hinaus können mehr als andere 130 Medikamente ebenfalls zur Behandlung seltener Erkrankungen verwendet werden.

 

 

Im Aufbau

 

Vertreter von Selbsthilfegruppen, darunter der Obmann von Pro Rare Austria, Rainer Riedl, betonten beim Rare-Disease-Dialog, es dauere oft Jahre, bis eine seltene Erkrankung richtig diagnostiziert werde. Und die Diagnose sei auch nur die halbe Miete, wenn es kein Mittel gegen die jeweilige Krankheit gebe. Grundsätzlich positiv sieht Riedl den im Feber 2015 vom Gesundheitsministerium veröffentlichten Nationalen Aktionsplan für seltene Erkrankungen (NAP.se) und die darin vorgesehenen Expertisezentren (EZ). Sie sollen als Anlaufstellen für Patienten dienen. „Es wird aber nicht einfach werden, die Zentren aufzubauen“, warnte Riedl.

 

Der Grund ist nicht zuletzt die bekannte Kompetenzzersplitterung zwischen Bund und Ländern im Gesundheitsbereich. Laut Magdalena Arrouas, die im Gesundheitsministerium für das Thema zuständig ist, müssten die EZ von den Ländern bezahlt werden. Daher wollten diese bei deren Einrichtung und Ausgestaltung entsprechend mitreden. Die Verhandlungen seien im Gang. Ihr zufolge bezahlt das Ministerium die seit 2011 bestehende Nationale Koordinationsstelle für seltene Erkrankungen (NKSE) bisher allein: „Und die kostet auch nicht gerade nichts.“

 

Sowohl laut Patientenvertretern als auch Ärzten ist Österreich im EU-weiten Vergleich bei der Einrichtung der EZ mittlerweile im Hintertreffen. „In Österreich wollen wir immer das Beste. Aber es darf nichts kosten, und zuständig ist niemand“, kritisierte etwa Wolfgang Sperl, Vorstand der Universitätskinderklinik Salzburg. Der Leiter der NKSE, Till Voigtländer, bemühe sich nach Kräften, ermangle aber der erforderlichen Ressourcen: „Das ist unerträglich.“ Voigtländer selbst wollte die Lage nicht so schwarz sehen. Qualität gehe vor Schnelligkeit, und insgesamt sei Österreich „genau in der Pipeline“.

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