Archive
March 3rd, 2022
03.03.22
von
Klaus Fischer
Der Gesundheitsminister tritt nach einem Jahr zurück. Aus Begründung nennt er nicht das vielfach kolporierte Hickhack um die Pandemiebekämpfung, sondern die Belastung durch das Leben unter Polizeischutz.
Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein verkündete am 3. März seinen Rücktritt. Er könne nicht mehr die notwendigen 100 Prozent Leistung erbringen und bleibe damit hinter seinen eigenen Ansprüchen zurück, begründete der Wiener Arzt seinen Schritt. Zugesetzt hätten ihm insbesondere ständige Bedrohungen sowie die Notwendigkeit, seit Monaten rund um die Uhr unter Polizeischutz leben zu müssen. Das habe auch seine Familie sehr belastet. „Das hält man nicht lange aus“, konstatierte Mückstein. Den Namen seines Nachfolgers nannte Mückstein nicht. Er werde diesem jedoch in den kommenden Tagen ein geordnetes Haus übergeben und bis dahin die Geschäfte weiterführen, beschied der scheidende Minister.
Er betonte, es sei für ihn ein „großes Privileg“ gewesen, die Gesundheitspolitik ein Jahr lang mitgestalten zu dürfen. Es sei gelungen, viel weiterzubringen: „Aber die Pandemie hat uns auch auf eine harte Probe gestellt.“ Ihm sei es immer darum gegengen, „Menschenleben zu bewahren und das Gesundheitssystem zu schützen“. Mittlerweile seien sieben von zehn Österreichern geimpft. Auch stehe „ein halbes Dutzend“ Medikamente zur Bekämpfung von COVID-19 zur Verfügung.
Ausdrücklich dankte Mückstein dem Regierungsteam. Namentlich nannte er Vizekanzler Werner Kogler und Bundeskanzler Karl Nehammer. Mit dem Letztgenannten verbinde ihn „der pragmatische Zugang“. Zum vielfach kolportierten Hickhack um die Maßnahmen zur Bewältigung der Pandemie, insbesondere die neuesten Öffnungsschritte, nahm Mückstein nicht Stellung. Fragen ließ er nicht zu.
February 15th
Clariant: Verdacht auf Bilanzfälschung
15.02.22
von
Klaus Fischer
Nach derzeitigem Stand könnten die Geschäftsjahre 2020 und 2021 von den Malversationen betroffen sein. Die Untersuchungen sind laut Clariant „weit fortgeschritten“.
Der Schweizer Spezialchemiekonzern Clariant verschiebt die Veröffentlichung seiner Jahresbilanz 2021 auf unbestimmte Zeit. Laut einer Aussendung besteht der Verdacht der Bilanzfälschung. Rückstellungen und Abgrenzungen sollen falsch gebucht worden sein, um das Erreichen bestimmter Unternehmensziele zu suggerieren. Clariant könnte daher „angehalten sein, zuvor veröffentlichte Finanzberichte anzupassen. Dies betrifft den Jahresabschluss für das am 31. Dezember 2020 endende Geschäftsjahr, die Halbjahresabschlüsse für die am 30. Juni 2020 und 30. Juni 2021 endenden Zeiträume sowie die Quartalsberichterstattung für die Jahre 2020 und 2021. Zum jetzigen Zeitpunkt ist unklar, ob sich diese Problematik auch auf Abrechnungszeiträume vor 2020 erstreckt“. Dem Konzern zufolge sind das Beratungsunternehmen Deloitte sowie die US-amerikanische Anwaltskanzlei Gibson, Dunn & Crutcher mit der Causa befasst. Die Untersuchungen seien „bereits weit fortgeschritten“. Es geschehe alles, um sie zügig abzuschließen.
Nach derzeitigem Stand werde der Jahresumsatz 2021 rund 4,37 Milliarden Schweizer Franken (4,16 Milliarden Euro) betragen. Die EBITDA-Marge für die fortgeführten Geschäftsbereiche werde, wie Ende Okotber 2021 angekündigt, bei 16 bis 17 Prozent liegen: „Es wird nicht erwartet, dass die Ergebnisse der Untersuchung Auswirkungen auf die in den Berichtsjahren ausgewiesenen liquiden Mittel haben werden.“
Auf den Sachverhalt aufmerksam gemacht wurde der Konzern nach eigenen Angaben durch interne Zuträger. Vorstandschef Conrad Keijzer betonte, Clariant ermutige die Beschäftigten, „ihre Meinung zu sagen. Wir schätzen es deshalb sehr, dass wir auf diese Angelegenheit aufmerksam gemacht wurden. Wir untersuchen diesen Sachverhalt mit größter Dringlichkeit und Sorgfalt“. Keijzer ergänzte, das Clariant-Management werde „der Sache auf den Grund gehen und unsere Kontrollen und Prozesse verbessern. Gleichzeitig wollen wir unsere Kultur weiter stärken, die als Teil unserer Strategie auf den höchsten ethischen Standards aufbaut“.
February 9th
COVID-19: Rund eine Milliarde Impfstoffdosen gespendet
09.02.22
von
Klaus Fischer
Die größten Spender waren laut Airfinity die G7 und die Europäische Union. Beim Verimpfen gibt es allerdings noch Probleme, warnt das Forschungsunternehmen.
Rund eine Milliarde Dosen an COVID-19-Impfstoffen wurden bisher an Entwicklungs- und Schwellenländer sowie andere Staaten gespendet. Zur Verwendung gelangten davon rund zwei Drittel, berichtet das Forschungsunternehmen Airfinity, das sich auf die Beobachtung der internationalen Pharmamärkte spezialisiert hat.
Ihm zufolge versprachen die Staaten der „Ersten Welt“, insgesamt 2,93 Milliarden Dosen zur Verfügung zu stellen. Mit einer Milliarde Dosen oder rund 34 Prozent dieser Menge sei nunmehr ein „Meilenstein“ erreicht. Als weitaus größte Spender erwiesen sich laut Airfinity die G7 und die Europäische Union mit insgesamt rund 836 Millionen Dosen. Ein Drittel der Gesamtmenge gelangte über die COVAX-Initiative zur Verteilung. Was die einzelnen Vakzine betrifft, lag der Impfstoff von Biontech-Pfizer mit 31 Prozent an der Spitze, gefolgt von Astrazeneca mit 27 Prozent sowie Moderna und Johnson&Johnson mit jeweils 15 Prozent sowie dem Impfstoff des chinesischen Pharmakonzerns Sinopharm mit acht Prozent. Die übrigen vier Prozent entfielen auf andere, nicht weiter aufgeschlüsselte Erzeuger.
Matt Linley, Analytics Director bei Airfinity, konstatierte, viele Länder hätten Probleme beim Durchimpfen ihrer Bevölkerungen. Dies betreffe sowohl logistische Schwierigkeiten als auch eine gewisse Zurückhaltung, die Impfstoffe anzuwenden. Bis zum Ende des heurigen Jahres würden aller Voraussicht nach rund zwei Milliarden Dosen ausgefolgt: „Die Herausforderung wird sein, von den Impfstoffen zu den Impfungen zu kommen.“
January 26th
Nahrungsreduktion könnte gegen Leberkrebs helfen
Grazer Forscher haben sich mit den molekularen Mechanismen beschäftigt, die eine erfolgreiche Therapie von Leberkarzinomen verhindern. Ein Ergebnis: Fasten könnte eine medikamentöse Therapie unterstützen.
Im Unterschied zu anderen Krebserkrankungen gilt hepatozelluläres Karzinom (eine Form von Leberkrebs) nach wir vor als schwer therapierbar. Häufig treten schnell einsetzende Resistenzen gegen die angewandten Arzneimittel auf, die die therapeutischen Möglichkeiten rasch einschränken.
Wissenschaftler der Med-Uni Graz, der Universität Utrecht und des Max-Planck-Instituts für Molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden haben sich nun mit den genauen molekularen Vorgängen bei der Behandlung dieser Krebsart beschäftigt. Im speziellen ging es dabei um den Wirkstoff Sorafenib, der die Zellteilung stört und die Blutversorgung von Tumoren unterbindet. Vielfach wird beobachtet, dass eine solche Behandlung anfangs gut anschlägt, die Tumorzellen dann aber Resistenzen gegen Sorafenib entwickeln und das Karzinom wieder zu wachsen beginnt. Forscher rund um Andreas Prokesch vom Gottfried-Schatz-Forschungszentrum der Med-Uni Graz haben einen weiteren Mechanismus aufgeklärt: Sorafenib inhibiert auch die Zellatmung in den Mitochondrien. Dieser Effekt tritt zwar auch bei resistent gewordenen Zellen auf, sind diese aber ausreichend mit Glucose versorgt, ist eine Vermehrung dennoch möglich.
Dem Krebs geht der „Saft“ aus
Wird dieses Behandlungsschema aber mit dem regelmäßigen Verzicht auf Nahrung kombiniert, werden dem Tumor seine beiden wichtigsten Energiequellen gleichzeitig entzogen. Ein solches, die Therapie unterstützendes Fasten könnte vielversprechend sein, hat es sich doch in mehreren Studien bei metabolisch stabilen Krebspatienten als gut verträglich erwiesen. Eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg einer solchen Kombination ist aber das Vorhandensein des Tumorsuppressors p53, wie die Forscher in der in der Zeitschrift „Science Advances“ veröffentlichten Studie zeigen konnten. Diese Behandlungsstrategie kommt daher für jene zwei Drittel der Leberkrebspatienten infrage, die keine p53-Mutation aufweisen.
Link zur Publikation: https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.abh2635
January 25th
„Aktionsplan Mikroplastik“ im Kommen
25.01.22
von
Klaus Fischer
Eine Konsultation des Klima-, Energie- und Umweltministeriums zum Entwurf des Plans läuft bis 4. März.
Bis 4. März läuft die Konsultation des Klima-, Energie- und Umweltministeriums (BMK) zum Entwurf für den „Aktionsplan Mikroplastik“. Dieser soll noch heuer finalisiert werden. Im Wesentlichen dient der Plan dazu, den Eintrag von Mikroplastik in die Umwelt einzudämmen, einschlägige Wissenslücken zu schließen, die Bevölkerung auf das Problem verstärkt aufmerksam zu machen und die internationale Zusammenarbeit zu verbessern. Wie Klima-, Energie- und Umweltministerin Leonore Gewessler in ihrem Vorwort zu dem Entwurf festhält, erzeugte die Industrie seit den 1950er Jahren Schätzungen zufolge weltweit über 8,3 Milliarden Tonnen an Kunststoffen. Rund 60 Prozent dieser Menge wurden letztlich auf Mülldeponien gelagert bzw. in die Umwelt eingebracht. Der Ministerin zufolge besteht daher Handlungsbedarf. Sie verweist auf das Regierungsprogramm, das die Erarbeitung eines österreichischen Aktionsplans Mikroplastik vorsieht: „Das ist eine große Herausforderung, denn das Thema ist äußerst vielschichtig: dazu zählt bewusst in Produkten wie Kosmetika, Reinigern oder Kunstrasen beigefügtes Mikroplastik, Mikroplastik in Klärschlamm, Freisetzung von Baustellen oder aus der Landwirtschaft. Ein Problem ist auch unbeabsichtigt freigesetztes Mikroplastik, etwa Fasern aus synthetischen Textilien oder der Reifenabrieb, der jährlich in tausenden Tonnen freigesetzt wird und somit zu den größten Mikroplastikquellen gezählt wird. Nicht zuletzt kann auch unsachgemäß entsorgter Plastikabfall wie Verpackungen, Folien oder Zigarettenfilter in der Umwelt zu Mikroplastik zerfallen.“ Allerdings sei bereits viel geschehen, sowohl auf internationaler als auch auf österreichischer Ebene. Auch an manchen Maßnahmen, die der Entwurf des Plans enthält, werde bereits gearbeitet. „Ich bin sehr stolz darauf, dass unter der Federführung meines Ressorts die Arbeiten an der Umsetzung des Aktionsplans Mikroplastik bereits intensiv angelaufen sind. Doch es besteht auch noch Handlungsbedarf bis 2025 und darüber hinaus. Damit die Umsetzung aller Maßnahmen des Aktionsplans gelingen kann, braucht es weiterhin die Kooperation und Mithilfe aller unserer Partner“, konstatiert Gewessler.
Dem Entwurf zufolge gibt es im Wesentlichen zwei Quellen für die Freisetzung von Mikroplastik, also Kunststoffpartikeln mit einem Durchmesser von weniger als fünf Millimetern: Erstens könne diese bewusst und intendiert erfolgen, etwa durch die Nutzung von Mikroplastik in Produkten (primäres Mikroplastik). Zweitens erfolge sie unabsichtlich, beispielsweise durch den Abrieb von Autoreifen sowie durch den Zerfall von Erzeugnissen aus Kunststoff (sekundäres Mikroplastik). Der Aktionsplan zielt darauf ab, beide Arten von Einträgen einzudämmen – mit einem „Mix aus verschiedensten Maßnahmen“, die in fünf „Aktionsfelder“ gegliedert sind-
Das erste Aktionsfeld, „Stärkung der Datenlage, Forschung, Innovation“, umfasst unter anderem die „Weiterführung der Arbeiten zur Entwicklung harmonisierter Untersuchungsmethoden (z.B. für Boden- oder Lebensmittelproben) sowie Verfeinerung der Untersuchungsergebnisse für ausgewählte prioritäre Produktgruppen (z.B. Reifenabrieb)“. Diesbezüglich sind dem Entwurf zufolge bereits „Projekte abgeschlossen und Ergebnisse auf EU-Ebene eingespeist“. Die toxikologische Forschung werde weitergeführt, auch, um Österreich als Standort einschlägiger Forschung zu stärken. Ferner gehe es um die „Forschung an biobasierten und gleichzeitig ökologisch unbedenklichen Kunststoffen, beispielsweise im Rahmen des Forschungsschwerpunktes zur Grünen Chemie des BMK“.
Klärschlamm verbrennen, Phosphor recyceln
Zum zweiten Aktionsfeld, betitelt „Effektive Umsetzung und Weiterentwicklung der Regulierung“, wird festgehalten, es gebe „derzeit keine einheitliche Regelung, die Mikroplastik umfassend abdeckt“. Daher sei beabsichtigt, „bereits existierende Vorschriften für Kunststoffe beziehungsweise Mikroplastik in Österreich effektiv umzusetzen und, sofern Lücken bestehen, Regulierungen weiterzuentwickeln. Der EU-Regulierung kommt dabei eine besondere Bedeutung zu“. Als wesentlichen Punkt betrachtet das BMK das Verbot der Ausbringung von Klärschlamm, der oft stark mit Mikroplastik und anderen bedenklichen Inhalten belastet ist. Die Regierung will Klärschlamm aus Abwasserreinigungsanlagen mit einem Bemessungswert ab 20.000 Einwohnergleichwerten (EW) verbrannt und den darin enthaltenen Phosphor wiedergewonnen wissen, wozu bereits eine Verordnung vorliege. Überdies setze sich Österreich „im Rahmen der europäischen Chemikalienregulierung weiterhin für eine rasche und umfassende Beschränkung von bewusst hergestelltem und in verschiedenen Produkten beigesetztem Mikroplastik ein“ und habe bereits eine Stellungnahme zum diesbezüglichen Vorschlag der EU-Kommission abgegeben. Ferner erfolge nach wie vor die „konsequente Umsetzung und Kontrolle der Regelungen im Bereich der Verbringung von Kunststoffabfällen mit Schwerpunktkontrollen bei Unternehmen, die (potentiell) im Bereich der grenzüberschreitenden Verbringung von Kunststoffabfällen tätig sind“. Auch plädiere Österreich „für eine Erweiterung der in der EU-Einwegkunststoffrichtlinie festgelegten Liste von Produkten, sofern weitere problematische Einwegplastikprodukte identifiziert wurden“.
Im dritten Aktionsfeld, „Bewusstseinsbildung, Konsument:innen und Schulen“ sei Österreich ebenfalls schon tätig. Einschlägiges Informationsmaterial „liegt vor und wurde veröffentlicht“.
Was das vierte Aktionsfeld, „Freiwillige Maßnahmen“, betrifft, verweist das BMK auf die bereits mögliche Kennzeichnung von Produkten mit dem Österreichischen Umweltzeichen sowie auf den („Zero-Pellets-Loss-Pakt“) der Regierung mit der Kunststoffindustrie. Auch habe die EU-Kommission für heuer einen Vorschlag zur Begrenzung des Einsatzes von Mikroplastik angekündigt: „Gespräche mit betroffenen Akteuren wurden gestartet.“
Hinsichtlich des fünften Aktionsfelds schließlich, „Österreichs Beitrag zur globalen Nachhaltigkeit“, unterstütze die Bundesregierung die „Ausarbeitung eines globalen Instruments gegen Meeresmüll und Mikroplastik im Rahmen der UNEA (United Nations Environment Assembly)“ sowie die „Weiterentwicklung des Basler Abkommens über grenzüberschreitende Abfallverbringung und des Stockholmer Übereinkommens über langlebige organische Schadstoffe“.
Zugänglich sind der Entwurf des Aktionsplans und die Konsultation unter www.bmk.gv.at/themen/klima_umwelt/kunststoffe/mikroplastik.html.
January 20th
EU: Konsultation zur REACH-Revision
20.01.22
von
Klaus Fischer
Durch die Überarbeitung der Chemikalienmanagement-Richtlinie soll der Schutz von Mensch und Umwelt ebenso verbessert werden wie die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft.
Bis Mitte April läuft eine Konsultation der EU-Kommission hinsichtlich einer möglichen Überarbeitung der REACH-Richtlinie bezüglich Chemikalienmanagement. Interessenvertretungen, aber auch die Bürger der EU, sind eingeladen, in einem Fragebogen ihre Ansichten zu einer Reihe von Themen darzulegen. Unter anderem geht es um die Anforderungen bei der Registrierung von Chemikalien, inklusive der Bekanntgabe zusätzlicher Informationen und der Pflicht, Polymere zu registieren, aber auch um die Bestimmungen bezüglich der Evaluierung der Registrierungsdossiers. Ferner behandelt wird in der Konsultation die Frage nach der Reform des Autorisierung chemischer Substanzen. Ein weiteres Thema ist die Überarbeitung der Vorschriften hinsichtlich der Kontrolle und des Vollzugs von REACH. Die Konsultation steht im Zusammenhang mit den Maßnahmen aus der Chemikalienstrategie der EU, teilte die Kommission in einer Aussendung mit. Es gehe darum, weiterhin ein hohes Niveau hinsichtlich des Schutzes von Gesundheit und Umwelt zu gewährleisten, gleichzeitig aber die Funktionsfähigkeit des Binnenmarkt abzusichern. Letzteres wiederum dient dazu, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft (weiter) zu stärken.
Binnenmarktkommissar Thierry Breton erläuterte, die Europäische Union habe bereits derzeit eine führende Rolle hinsichtlich der Sicherheit und der Nachhaltigkeit bei der Verwendung von Chemikalien: „Unsere Chemiepolitik hat das Ziel, REACH zum Nutzen der Bevölkerung und der Umwelt umzugestalten und gleichzeitig Innovationen seitens der Chemieindustrie zu ermöglichen. Ich zähle auf die Industrie, die Zivilgesellschaft, die Wissenschaft und die Behörden, uns bei der Suche nach diesbezüglichen Lösungen zu unterstützen.“ Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius ergänzte, der viel diskutierte „European Green Deal“ solle sicherstellen, „dass wir alle in einer wahrhaft giftfreien (toxic-free) Umwelt leben können. Wir können nicht zulassen, unsere Gesundheit und die Natur schädlichen Chemikalien auszusetzen. Die Revision von REACH wird genau das gewährleisten“.
Ausdrücklich betonte die EU-Kommission, Chemikalien seien wichtig für die Wohlfahrt und den hohen Lebensstandard in einer modernen Gesellschaft. Dennoch hätten viele davon bedenkliche Eigenschaften und könnten daher die Umwelt und die menschliche Gesundheit schädigen. Mit dem REACH-Regime habe die Europäische Union die weltweit modernste Wissensbasis hinsichtlich chemischer Substanzen geschaffen und leistungsfähige wissenschaftliche Einrichtungen zur Risikobewertung etabliert. Überdies habe die EU die Risiken für Mensch und Welt durch den Einsatz bestimmter Chemikalien verringert, etwa Karzinogene.
Zugänglich ist die Konsultation unter https://ec.europa.eu/eusurvey/runner/TargetedREACHRevision2022. Eine Anmeldung ist erforderlich.
January 17th
17.01.22
von
Klaus Fischer
Der „Pharma Bro“ darf sein Leben lang keine Geschäfte im Pharmasektor mehr machen und muss 64,6 Millionen US-Dollar Strafe zahlen.
Martin Shkreli galt über Jahre hinweg als Enfant terrible der US-amerikanischen Finanzszene mit Schwerpunkt Pharmaindustrie, das mit umstrittenen Operationen um meist seit langer Zeit auf dem Markt befindliche, aber selten verschriebene Präparate hohe Gewinne zu erzielen wusste. Mit seinem letzten Coup dürfte sich der sogenannte „Pharma Bro“ indessen gründlich verrechnet haben: Die New Yorker Bundesrichterin Denise Cote sperrte ihn lebenslang von der Tätigkeit im Pharmasektor. Außerdem verurteilte sie Shkreli zu einer Strafe von 64,6 Millionen US-Dollar. Das meldete die Generalstaatsanwältin des Bundesstaates New York, Letitia James.
Der Hintergrund: Als CEO der Vyera Pharmaceuticals (vormals Turing Pharmaceuticals) erhöhte Shkreli den Preis von Daraprim buchstäblich über Nacht von 13,50 US-Dollar pro Tablette um rund 5.500 Prozent auf 750 US-Dollar. Das Mittel war bis vor kurzem das einzige von der US-Gesundheitsbehörde Food and Drug Administration (FDA) zugelassene Medikament gegen Toxoplasmose, eine durch Parasiten ausgelöste Krankheit, die primär bei Katzen auftritt, aber auch den Menschen befallen kann. Gefährlich ist sie vor allem, wenn sich Schwangere infizieren. Sie können Fehl- bzw. Totgeburten erleiden. Kommen die Kinder lebend zur Welt, sind sie meist mit Toxoplasmose infiziert und können erblinden, an schwerer Gelbsucht erkanken oder gravierende Gehirnschäden erleiden. Bei AIDS-Kranken wiederum ist die Toxoplasmose schwer endgültig heilbar. Sie kann immer wieder auftreten und muss daher dauerhaft behandelt werden.
Generalstaatsanwältin James sowie die für Konsumentenschutz zuständige Federal Trade Commission (FTC) bezichtigten Shkreli wegen seiner Preiserhöhung für Daraprim der rechtswidrigen Ausnutzung einer Monopolstellung und brachten ihn sowie seinen Geschäftspartner Kevin Mulleady im Jänner 2020 vor Gericht. Im April 2020 schlossen sich die US-amerikanischen Bundesstaaten Illinois, Kalifornien, North Carolina, Ohio, Pennsylvania und Virginia der Klage an. Nunmehr wurde Shkreli laut Generalstaatsanwältin James rechtskräftig für schuldig befunden.
„Verrückt“ und „unverantwortlich“
Wie die Kläger argumentierten, sei Daraprim in den USA über Jahrzehnte hinweg billig und daher leicht zugänglich gewesen. Im August 2015 habe Shkreli mittels seiner Vyera das Medikament und die Rechte daran übernommen und den Preis sofort erhöht – in einer Weise, die die früheren Anbieter des Mittels wörtlich als „exzessiv“, „verrückt“ und „unverantwortlich“ beschrieben hätten. Generalstaatsanwältin James betonte: „Die Reichen und Mächtigen können nicht nach ihren eigenen Spielregeln agieren. Geld regelt auch für Herrn Shkreli nicht alles. Die Bürger des Staates New York können darauf vertrauen, dass meine Behörde und ich alles tun werden, um die Mächtigen zur Verantwortung zu ziehen und die Gesundheit der Menschen sowie ihre Geldbörsen zu schützen.“ FTC-Chefin Lina Khan sprach von einem „bedeutenden Sieg für die amerikanischen Konsumenten. Dieser Präzedenzfall sollte alle Manager warnen, dass sie persönlich für wettbewerbswidriges Verhalten verantwortlich gemacht werden können, das sie leiten oder kontrollieren“.
Bereits im August 2017 war Shkreli im Zusammenhang mit einer anderen Causa von einem Gericht in Brooklyn wegen Betrugs rechtskräftig verurteilt worden. Im März 2018 wurde die Strafe mit sieben Jahren Gefängnis festgesetzt.
Blog aus dem Gefängnis
Shkreli, der aus einer albanisch-kroatischen Einwandererfamilie stammt, reagierte bisher nicht auf seine neuerliche Verurteilung. Der letzte Eintrag auf seinem Blog datiert von Ende August 2021. Darin teilt er mit, er werde voraussichtlich im ersten Halbjahr 2022 aus dem Gefängnis entlassen und freue sich bereits darauf: „Bald werde ich mehr über meine künftigen Pläne schreiben. So viel ist sicher: Ich bleibe in New York City.“
January 14th
Airfinity warnt vor Impfstoffverfall
14.01.22
von
Klaus Fischer
Bei bis zu 500 Millionen Dosen könnte dem Beratungsunternehmen zufolge im März das Ablaufdatum überschritten werden. Betroffen sind vor allem Dritte-Welt-Staaten.
Bei bis zu 241 Millionen Dosen an Impfstoffen gegen COVID-19 könnte im März das Ablaufdatum überschritten werden, berichtet das Beratungsunternehmen Airfinity. Ihm zufolge sind vor allem ärmere Staaten von diesem Problem betroffen. Dosen, die sie nicht zuletzt über das Programm COVAX erhalten, müssten mindestens noch zwei Monate verwendbar sein. Andernfalls hätten Dritte-Welt-Staaten zumeist nicht ausreichend Zeit, die Vakzine zu verimpfen. Unter Berücksichtigung dieser Tatsache könnte die Zahl der im März verfallenden Impfstoffdosen auf etwa 500 Millionen steigen, warnte Matt Linley, der „Lead Analyst“ von Airfinity.
Airfinity verwies in diesem Zusammenhang auf jüngste Aussagen der Leiterin der „Supply Division“ des UNO-Kinderhilfsprogramms UNICEF, Etleva Kadilli. Sie hatte Abgeordneten zum EU-Parlament am 13. Jänner berichtet, dass Dritte-Welt-Staaten alleine im Dezember des abgelaufenen Jahres die Annahme von mehr als 100 Millionen Impfstoffdosen verweigert hätten. Als Gründe nannte Kadilli das zu kurz bemessene Ablaufdatum der Dosen sowie Schwierigkeiten bei deren Lagerung, darunter nicht zuletzt einen Mangel an geeigneten Kühlschränken.
Daten von UNICEF zufolge lagern in etwa 90 Dritte-Welt-Staaten zurzeit rund 681 Millionen Dosen an COVD-19-Impfstoffen. Über 30 derartige Staaten, darunter die Demokratische Republik Kongo sowie Nigeria, sollen weniger als die Hälfte der ihnen zugeteilten Dosen verimpft haben.
January 13th
EU-Kommission fordert Drogenagentur
13.01.22
von
Klaus Fischer
Die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) soll zur „Agentur der Europäischen Union für Drogen“ aufgewertet werden und erweiterte Kompetenzen erhalten.
Die EU-Kommission will die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) in eine „Agentur der Europäischen Union für Drogen“ umwandeln. Ein Vorschlag für eine entsprechende Verordnung erging dieser Tage. Mit der Umwandlung würde der Kompetenzbereich der Beobachtungsstelle bzw. der künftigen Agentur ausgeweitet. Insbesondere soll diese Bedrohungsanalysen hinsichtlich illegaler Drogen erarbeiten und die EU-Mitgliedsstaaten warnen, wenn besonders gefährliche Substanzen auf den Markt gelangen. Das Volumen des Marktes für illegale Drogen beziffert die Kommission mit etwa 30 Milliarden Euro pro Jahr. Ihr zufolge handelt es sich um den „größten kriminellen Markt in der EU und eine wichtige Einnahmequelle für kriminelle Vereinigungen“. Im Jahr 2019 sollen in der gesamten Union mindestens 5.150 Personen an Überdosen verstorben sein. Etwa 28,9 Prozent der Bevölkerung der EU konsumieren mindestens einmal in ihrem Leben eine illegale Droge, stellt die Kommisison fest. Als weitere Aufgaben der künftigen Agentur sieht sie die „Beobachtung und Bekämpfung des Mischkonsums, d. h. der suchterzeugenden Verwendung anderer Stoffe in Kombination mit Drogenkonsum“, den Aufbau eines EU-weiten Netzes kriminaltechnischer und toxikologischer Laboratorien sowie die Entwicklung von Präventions- und Sensibilisierungskampagnen im Zusammenhang mit illegalen Drogen auf europäischer Ebene.
Um die Agentur zu etablieren, ist die Zustimmung des Europäischen Parlaments sowie des Rates erforderlich. Ylva Johansson, die EU-Kommissarin für Inneres, konstatierte, der Drogenhandel sei „nach wie vor der größte kriminelle Markt in der EU. Organisierte Drogenkriminalität ist multinational und zieht Mord und Korruption nach sich. Banden werden beim Vertrieb illegaler Drogen und bei der Herstellung noch nicht kategorisierter Stoffe, die ein ernstes Risiko darstellen, immer geschickter. Mit dem heutigen Vorschlag geben wir der EU-Agentur für Drogen die Instrumente an die Hand, die sie benötigt, um diesen sich weiterentwickelnden Bereich genau zu beobachten, die schädlichen Auswirkungen von Drogen zu bekämpfen und wirksam mit anderen EU-Agenturen, insbesondere Europol, zusammenzuarbeiten“.
Der für die „Förderung der europäischen Lebensweise“ verantwortliche Vizepräsident der EU-Kommission, Margaritis Schinas, ergänzte, die EU benötige „ heute mehr denn je klare, aktuelle und zuverlässige Belege und Analysekapazitäten zu illegalen Drogen in der EU. Deshalb schlagen wir heute ein stärkeres Mandat für die EU-Agentur für Drogen vor. Wir werden den illegalen Drogenhandel weiter bekämpfen und gegen die Auswirkungen illegaler Drogen auf die öffentliche Gesundheit und die Sicherheit der Europäerinnen und Europäer vorgehen. Unsere gestärkte Agentur wird bei dieser Aufgabe ein wichtiger Partner bleiben.“
Agrana: „Erfreuliche Geschäftsentwicklung“ im dritten Quartal
13.01.22
von
Klaus Fischer
Nach den schwächeren ersten beiden Quartalen zog das EBIT im dritten Quartal 2021/22 um 9,5 Prozent deutlich an. Für das gesamte Geschäftsjahr ist CEO Markus Mühleisen zuversichtlich.
Der Frucht-, Stärke- und Zuckerkonzern Agrana erwirtschaftete in den ersten drei Quartalen des Geschäftsjahres 2021/22 einen Gewinn von 44,8 Millionen Euro, um 16,7 Prozent weniger als im Vergleichzeitraum 2020/21. Der Umsatz erhöhte sich um 10,4 Prozent auf 2,17 Milliarden Euro. Dem gegenüber sank das EBITDA um 1,7 Prozent auf 156,7 Millionen Euro. Das EBIT ging um 9,8 Prozent auf 76,0 Millionen Euro zurück. CEO Markus Mühleisen erläuterte, nach schwächeren Ergebnissen in den ersten beiden Quartalen des Geschäftsjahres zeige sich im dritten Quartal nun eine deutliche Verbesserung. So sei das EBIT im dritten Quartal bei rund 31,2 Millionen Euro gelegen, um rund 9,5 Prozent mehr als im dritten Quartal 2020/21. „Nach dieser erfreulichen Geschäftsentwicklung im dritten Quartal erwarten wir auch im vierten Quartal im Jahresvergleich eine sehr deutliche EBIT-Verbesserung. Daher sind wir für das volle Geschäftsjahr nach wie vor zuversichtlich, das EBIT des Vorjahres deutlich - also zumindest um zehn Prozent - zu übertreffen. Der Weg dorthin ist in den letzten Monaten mit sehr stark gestiegenen Rohstoff- und Energiepreisen aber wesentlich schwieriger geworden“, konstatierte Mühleisen. Der Aussendung der Agrana zum Quartalsergebnis zufolge hängt dies insbesondere mit den Auswirkungen der COVD-19-Pandemie sowie den „extremen Volatilitäten bei Rohstoff- und Energiepreisen“ zusammen. Aufgrund dieser Faktoren sei „die Prognose für das Gesamtjahr von sehr hoher Unsicherheit geprägt“.
Im Segment Frucht stieg der Umsatz um rund 5,3 Prozent auf 939,1 Millionen Euro. Das EBIT ging indessen um 12,3 Prozent auf 36,2 Millionen Euro zurück. Als Grund nennt die Agrana insbesondere den „schwächeren Verkauf von Fruchtsaftkonzentraten aus der Ernte 2020“.
Ähnlich stellte sich die Lage im Segment Stärke dar. Einem um 18,8 Prozent auf 737,8 Millionen Euro gestiegenen Umsatz steht ein um 8,5 Prozent gesunkenes EBIT gegenüber: „Die Hauptursache dafür waren im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegene Einkaufspreise für Rohstoffe (Weizen, Mais) und Energie, die noch nicht in vollem Ausmaß über angepasste Produktpreise ausgeglichen werden konnten.“
Auch im Segment Zucker stieg der Umsatz, konkret um 8,8 Prozent auf 492,7 Millionen Euro. Das EBIT war mit -13,7 Millionen Euro indessen weiterhin negativ, immerhin jedoch besser als im Vergleichszeitraum 2020/21 (-15,5 Millionen Euro). Begründet wird die Entwicklung in diesem Segment mit der „unterdurchschnittlichen Eigenproduktion nach der schädlingsbedingt geringen Ernte 2020“ sowie der daraus folgenden „geringeren Marge aus notwendigem Handels- und Raffinationszucker“.
Insgesamt betrachtet die Agrana ihre Geschäftsentwicklung in den ersten drei Quartalen des Geschäftsjahres 2021/22 als „solide“. Der Konzern bleibe weiter „auf Kurs“ zu einem „deutlichen“ Anstieg seines Gesamtjahres-EBIT.
Seiten