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Sanofi: Neue Therapien mit Nanobodies

Der französische Pharmakonzern arbeitet an neuen Medikamenten auf der Grundlage besonders kleiner monoklonaler Antikörper. Eines davon ist in Österreich bereits im Einsatz.

 

Besonders kleine monoklonale Antikörper (Nanobodies) will der französische Pharmakonzern Sanofi nutzen, um neue Therapien zu entwickeln. Das verlautete bei einer Pressekonferenz in Wien. Die Sanofi-Tochterfirma Ablynx gewinnt die Nanobodies aus dem Blut von Lamas und Alpakas und vermehrt sie anschließend in Bioreaktoren. Laut Pascal Reisewitz von Ablynx sind die Nanobodies aus solchen Tieren (Kameloiden) menschlichen Antikörpern „recht ähnlich“. Das erleichtere ihre Verwendung. Grundsätzlich wäre auch die Gewinnung aus Haifischblut möglich. Aus naheliegenden Gründen gibt Ablynx jedoch den vergleichsweise friedfertigen Huftieren den Vorzug. Reisewitz zufolge erfolgt die Verabreichung der Wirkstoffe zurzeit noch ausschließlich per Injektion. Gearbeitet werde aber auch an Inhalationen, Augentropfen und Möglichkeiten zur oralen Darreichung.

 

Seit September vergangenen Jahres verfügt Sanofi über die erste EU-weite Zulassung eines Nanobody-Wirkstoffs. Ebenso zugelassen ist die Substanz in den USA. In Österreich ist diese seit Februar 2019 auf dem Markt. Verabreicht wird sie zurzeit in Kliniken, die damit eine seltene und lebensgefährliche Blutgerinnungsstörung behandeln, die thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP). Pro Million Personen treten im Durchschnitt jährlich rund zwei bis vier TTP-Fälle auf. Die Krankheit trifft vor allem Frauen im Alter zwischen 30 und 40 Jahren. Warum gerade diese Bevölkerungsgruppe besonders gefährdet ist, ist laut Reisewitz unbekannt: „Grundsätzlich können Personen ab der Pubertät bis ins hohe Alter an TTP erkranken.“ Dabei blockiert ein vom Körper selbst erzeugter Antikörper (Autoantikörper) ein Enzym, das die Bildung von Blutgerinnseln (Thrombozyten) eindämmt. So kann es zu einer Reihe von Symptomen kommen, insbesondere Fieber, purpurfarbenen Blutergüssen, Blutplättchenmangel, Kopfschmerzen und Krampfanfällen, aber auch Störungen der Nierenfunktion. Gerade letztere sind bei TTP lebensbedrohlich. Durchschnittlich etwa 80 Prozent der Erkrankten sterben.

 

Der von Sanofi entwickelte Nanobody-Wirkstoff hemmt die Bildung des Autoantikörpers und dämmt damit die in Schüben auftretende TTP ein. Ist diese genetisch bedingt, lässt sie sich nicht vollständig heilen, aber immerhin unter Kontrolle halten. Zurzeit erfolgt die Behandlung mittels eines Blutplasmaausstauschs anlässlich eines TTP-Schubs. Dieser Austausch ist auch weiterhin notwendig, weil das Blut des Erkrankten bedrohliche Verklumpungen enthält. Allerdings verhindert die Gabe des Nanobody-Wirkstoffs nach dem Plasmaausstausch neuerliche Verklumpungen weitgehend. Dem Erkrankten wird der Wirkstoff rund fünf bis zehn Tage lang während des TTP-Schubs ein Mal pro Tag verabreicht sowie anschließend an den Plasmaaustausch weitere bis zu 30 Tage. Eine Dosis kommt auf rund 1.600 Euro, hieß es auf Nachfrage des Chemiereports. Zum Vergleich: Die bisherige Standardtherapie kostet etwa 7.000 Euro und muss alle 14 Tage angewandt werden. Hinzu kommt erforderlichen Falles eine Immunsuppression, die mit weiteren 15.000 Euro pro Behandlung zu Buche schlägt.