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August 26th

Pfizer: Dallinger folgt Rumler

Die Pfizer Manufacturing Austria GmbH hat seit kurzem einen neuen Geschäftsführer.

 

Martin Dallinger ist seit wenigen Wochen Geschäftsführer der Pfizer Manufacturing Austria GmbH in Orth an der Donau. Er folgte Robin Rumler, der nach wie vor Geschäftsführer der Pfizer Corporation Austria GmbH ist und sich laut einer Aussendung „verstärkt dem wachsenden Geschäft sowie seinen umfassenden Industrieagenden“ widmet. Unter anderem ist Rumler Mitglied des Präsidiums des Pharmaverbands Pharmig und engagiert sich in der American Chamber of Commerce in Austria.

 

Dallinger, geboren in Wien, begann seine Karriere 1988 im Produktionsbereich der damaligen Immuno AG. In der Folge war er bei Baxter in unterschiedlichen Funktionen in den Bereichen Manufacturing, Quality und Supply Chain tätig. Seit 2014 war Dallinger Standortleiter von Pfizer in Orth. Im dortigen Werk mit seinen rund 250 Beschäftigten werden zwei Impfstoffe für den Export hergestellt und getestet. Einer davon dient dem Schutz vor Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), der andere wird gegen Meningitis C eingesetzt.

 

Die weiterhin von Rumler geleitete Niederlassung von Pfizer in Wien hat ebenfalls etwa 250 Mitarbeiter. Über sie verkauft der US-amerikanische Pharmakonzern in Österreich rund 130 Medikamente. Nach eigenen Angaben brachte Pfizer in den vergangenen zwölf Monaten fünf neue Arzneien auf den hiesigen Markt. Sie dienen der Behandlung von Colitis ulcerosa, postmenopausalen Beschwerden sowie Lungen- und Brustkrebs.

 

August 23rd

Die Allgegenwart der künstlichen Intelligenz bei den Alpbacher Technologiegesprächen

Josef Hochreiter wird derzeit viel herumgereicht: Nicht nur in Alpbach von Interview zu Interview und von Diskussion zu Diskussion – auch die prominenten Namen der Informationstechnologie stehen bei ihm Schlange.

Hochreiter, Professor für Bioinformatik an der JKU Linz, entwickelt mit Zalando Algorithmen, die Modetrends in sozialen Netzwerken auf die Spur kommen und arbeitet mit Audi an der Verbesserung selbstfahrender Autos. Das von ihm schon vor mehr als 25 Jahren entwickelte Prinzip der „long short-term memory“ ist eine wesentliches Element vieler Systeme künstlicher Intelligenz und wird von Google in der Spracherkennung  von Smartphones, von Apple für die Quicktype-Funktion beim iPhone und von Amazon für Alexa verwendet. „Wir Europäer sind besonders gut im Maschinenbau, aber wir nutzen das nur, um einmal ein Gerät zu verkaufen, wir bleiben mit dem Kunden nicht in Kontakt“, konstatierte Hochreiter im Rahmen einer Plenarsitzung der Alpbacher Technologiegespräche. Die Kombination mit künstlicher Intelligenz sollte die Möglichkeit dazu geben, das solle man nicht den anderen überlassen.

Themen rund um „Künstliche Intelligenz“ (KI) sind in diesem Jahr bei den Alpbacher Technologiegesprächen allgegenwärtig. Nicht weniger als drei von 13 „Breakout Sessions“ trugen KI  explizit im Titel, in so gut wie allen geht es um Aspekte der „Digitalisierung“. Dabei ist KI bislang nur in Bereichen gut, in denen es um die Lösung ganz bestimmter Aufgaben geht – aus einer großen Datenmenge Korrelationen herauslesen, den Menschen in Schach oder Go schlagen. Die Visionen flexibler humanoider Assistenten, die einem im Alltag zur Seite stehen, liegen noch weit in der Zukunft, wie Stefan Roth, Leiter des Visual Inference Lab der TU Darmstadt eindrucksvoll darlegte. Das liege einfach daran, dass dabei so viele Dinge gleichzeitig zu tun sind. Autonome Fahrzeuge haben demgegenüber schon eine einfachere Aufgabe in einer wesentlich strukturierteren Umgebung zu erfüllen – und auch hier sind vielen Probleme noch ungelöst. Roth und sein Team rücken dem mit einer Methodik zu Leibe, die man „semantische Bildanalyse“ nennt und daraus hinausläuft, Gestalten nicht nur zu erkennen, sondern auch deren Bedeutung einschätzen zu können. Besonders schwierig ist dabei etwa, Bewegung und Okklusion durch Objekte gleichzeitig erkennen zu können.

 

August 21st

„Adaptive Intelligence“ im Gesundheitswesen

Im Rahmen einer Partner-Session der Alpbacher Gesundheitsgespräche wurden auf Einladung von Philips Austria die Möglichkeiten des Einsatzes von künstlicher Intelligenz im Gesundheitswesen beleuchtet.

„Adaptive Intelligence“ ist ein relativ junges Exponat im Tiergarten der Wortneubildungen rund um neue digitale Technologien. Gemeint ist, künstliche Intelligenz nicht nur zur statistischen Analyse großer Datenmengen zu verwenden, sondern sie Daten auf der Grundlage von „Domain Knowledge“, also Wissen mit bestimmtem fachlichen Hintergrund, auch interpretieren zu lassen. Klinische Anwendungen bieten dafür eine breite Spielwiese, wie Robert Körbler, CEO von Philips Austria, im Rahmen einer „Partner Session“ der Alpbacher Gesundheitsgespräche aufzeigte: Gesundheitseinrichtungen kämpfen mit Mangel an Fachkräften und Geld, gleichzeitig steige die Zahl älterer, multimorbider Patienten. In einer solche Situation könne „Adaptive Intelligence Routineaufgaben übernehmen, Abläufe vereinfachen und Entscheidungshilfen bieten.

Schon heute gebe es zwar schon vielversprechenden Anwendungsgebiete der KI, etwa in der radiologischen Bildgebung, aber insgesamt sei ihr Einsatz im medizinischen Umfeld selten. Damit das Potential hier auch nutzbar gemacht werden könne, bedürfe es eines optimalen Informationsflusses zwischen verschiedenen Systemen, gesicherter Daten, und fachlichen Know-hows, um die Ergebnisse der Algorithmen interpretierbar zu machen, wie Peter Klimek betonte, der an der Medizinischen Universität Wien auf dem Gebiet komplexer Systeme forscht. Geschlossene Systeme mit Schnittstellen, die nur schwer oder teuer zu bedienen sind, seien keine Hilfe, sondern eine Belastung für das Personal in Krankenhäusern, ergänzte Johannes Raffaseder, Studiengangsleiter Digital Healthcare an der FH St. Pölten, der daher Interoperabilität als wesentliches Kriterium einforderte.

Dass dadurch Menschen mit klinischem Wissen nicht durch Maschinen ersetzt werden, sondern intelligente Systeme sich vielmehr dem spezifischen Kontext, in dem sie verwendet werden, anpassen müssten, betonte Klaus Markstaller, Leiter der Klinik für Anästhesie am AKH Wien. „Um aus ‚Artificial Intelligence‘ ‚Adaptive Intelligence‘ werden zu lassen, muss das klinische Wissen von medizinischem Personal mit Technologie kombiniert werden“, so Markstaller. Hans Aubauer, Generaldirektor der Sozialversicherungsträger SVA und SVS, hob hervor, die Rahmenbedingungen für einen gedeihlichen Einsatz der neuen Technologien schaffen zu wollen.

 

August 19th

Heiße und vermiedene Diskussionen bei den Alpbacher Gesundheitsgesprächen

Zwei Diskussionspodien prägten den ersten Vormittag der Alpbacher Gesundheitsgespräche: Das eine fragte nach den Kosten von Innovationen im und für das Gesundheitssystem, das zweite nach Nutzen und Nachteil der künstlichen Intelligenz für die Medizin.

So manchem Konflikt, der sich zwischen den Aussagen der Teilnehmer ergeben hätte, ging man etwas aus dem Weg: Wenn Thomas Gebauer, Sprecher der Stiftung Medico International etwa ein „Ende des bestehenden Forschungsparadigmas, das F&E an spätere Verkaufsspannen koppelt“ und die „Demokratisierung von Innovation“ durch „Formen der demokratischen Selbstverwaltung im Gesundheitswesen“ forderte, hätte man Einspruch von Sabine Radl (Commercial Head Established Products Mature Markets bei Sanofi) und Peter Neubeck (Partner beim Venture-Capital-Unternehmens Kurma Partners) erwartet. Es oblag dem im Publikum sitzenden Jan Oliver Huber (ehemaliger Geschäftsführer des Parma-Verbands Pharmig), nach konkreten Modellen für die Realisierung solche Forderungen zu fragen. Gebauer verwies auf die Notwendigkeit einer öffentlichen Debatte zur Prioritätensetzung in der Forschung. Dies geschehe nur zum Teil. Viel zu stark seien die Universitäten als Träger der Forschungsarbeit aber von „Stakeholdern mit ökonomischen Interessen“ beeinflusst. Radl konnte demgegenüber nicht sehen, worin da der Konflikt liegen solle. Die Pharmaindustrie adressieren ja nicht nur chronische Erkrankungen, von denen unzählige Menschen betroffen sind, sondern auch eine Vielzahl seltener Erkrankungen oder entwickle Impfstoffe gegen Infektionskrankheiten, die in tropischen Ländern vorkommen. Das würde zu wenig betrachtet.

Neubeck erweiterte indes den Blick durch den Hinweis, wesentlich mehr Impact auf das Gesundheitssystem als neue Arzneimittel und Medizingeräte (von denen auch sein VC-Unternehmen heute hauptsächlich lebt) hätten Innovationen zu organisatorischen Aspekten des Gesundheitswesens, etwa in der Organisation eines Krankenhauses oder im Modell einer Versicherung, die vielen Menschen Zugang zu den Früchten der Forschung verschaffe. Der Eintritt großer IT-Unternehmen wie Google oder Amazon, in deren Lösungen es stets darum gehe, eine Vielzahl von Akteuren zu vernetzen, könnte hier ganz neue Perspektiven einbringen. Aber niemand wisse heute, wie genau sich das ausgestalten werde.

 

Diagnostizieren Algorithmen besser?

Harald Kittler, Leiter einer Forschungsgruppe zur Bildgebung in der Dermatologie konnte als Teil des zweiten Podiums auf Erfolge der künstlichen Intelligenz in der Diagnose von Melanomen berichten. Eine Studie, die in der Fachzeitschrift „The Lancet Oncology“ erschien, zeigte die klare Überlegenheit von selbstlernenden Bilderkennungsalgorithmen gegenüber Fachärzten, selbst wenn diese schon erfahren waren. Nicht so eindeutig fiel die Bilanz aus, wenn man in die zu beurteilenden Bilddaten bewusst etwas „versteckt“, was dort nicht hingehört – zum Beispiel braune Flecken, die nicht auf einer menschlichen Haut sondern auf einer Bananenschale zu finden waren. Kittler plädierte dafür die digitalen Werkzeuge nicht als „Ersatz“ sondern als Unterstützung für den klinischen Praktiker zu verwenden. Gerade bei Anfängern im Fach könnte die Berücksichtigung von KI-Ergebnissen bei der Diagnose-Entscheidung stark verbesserte Resultate erbringen. Es sei unethisch, ein solches Hilfsmittel nicht einzusetzen, so der Dermatologe.

Dem konnte auch Alena Buyx, Leiterin des Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin an der TU München, beipflichten. Allein – die Erkennung von Krebs sei ein Anwendungsfall, der ethisch kaum umstritten sei. Das sehe bei anderen Anwendungen schon anders aus: Mit KI könne auch aus Aufnahmen menschlicher Gesichter auf eine Neigung zu sozialen Dysfunktionen geschlossen werden – und es sei offensichtlich, dass das in vielen Szenarien nicht wünschenswert sei. Zudem bestehe in vielen Datenpools, die zum Trainieren der Algorithmen verwendet würden, eine starker Bias – etwa wenn viel weniger Frauen als Männer oder bestimmte Minderheiten unzureichend abgebildet seien und die Aussagen dennoch auf diese Zielgruppen bezogen würden.

 

 

August 6th

Boston Consulting Group: Plädoyer für Pyrolyse

Eine umstrittene Technologie könnte bei der Kreislaufwirtschaft eine nicht unwesentliche Rolle spielen, behauptet der US-amerikanische Beratungskonzern.

 

Die Pyrolyse von Plastikabfällen könnte einen wesentlichen Beitrag zu einer erfolgreichen Kreislaufwirtschaft leisten. Das behauptet zumindest der international tätige Unternehmensberatungskonzern Boston Consulting Group (BCG) in einer kürzlich erschienenen Studie mit dem Titel „A Circular Solution to Plastic Waste“. Darin heißt es, abhängig vom Ausgangsmaterial bestehe der „Output“ der Plastikpyrolyse zu rund 70 bis 80 Prozent aus Öl und zu weiteren zehn bis 15 Prozent aus Gas. Lediglich den Rest von maximal zehn bis 15 Prozent mache Pyrolysekoks aus, der üblicherweise im Straßenbau verwendet oder schlimmstenfalls in Mülldeponien verbracht werde. In den vergangenen Jahrzehnten habe sich bereits eine ganze Reihe von Unternehmen erfolgreich mit dem Thema Pyrolyse befasst und aus Plastikabfällen Kraftstoff erzeugt. Derzeit werde die Technologie unter anderem von Agilyx, RES Polyflow, Brightmark Energy, RTI und Klean Industries zum Einsatz gebracht. Klean Industries und Toshiba etwa errichteten nach Angaben von BCG im Jahr 2000 eine Pyrolyseanlage in Sapporo in Japan, die es auf eine Erzeugungsmenge von rund 40 bis 50 Tonnen Öl pro Tag brachte. Sie war bis 2012 im Einsatz. Aus dem Öl ließen sich damals angeblich jährlich rund neun Millionen Liter Leichtöl als Ausgangsmaterial für chemische Prozesse sowie mittelschwere Öle wie Diesel raffinieren. BP und RES wiederum sind derzeit dabei, im US-amerikanischen Bundesstaat Indiana eine Pyrolyseanlage zu errichten. Deren Kapazität beziffert BCG mit rund 100.000 Tonnen Diesel pro Jahr. Sie soll noch heuer in Betrieb gehen. Den Kraftstoff will BP hochdaselbst übernehmen.

 

Die Wirtschaftlichkeit der Plastikpyrolyse wird nach Ansicht der Studienautoren im Wesentlichen von vier Faktoren bestimmt. Im Einzelnen handelt es sich um die Menge des eingesetzten Kunststoffs, die Kosten für dessen Ankauf und seine Behandlung, die Kapazität und die Betriebskosten der Pyrolyseanlage sowie die Erlöse aus dem Verkauf der Produkte. Und von schlechten Eltern sind die ökonomischen Herausforderungen nicht: Um eine Anlage von 30.000 Tonnen Jahreskapazität rentabel betreiben zu können, müsse ein Unternehmen einen internen Zinsfuß (Internal Rate vof Return, IIR) von mindestens zwölf Prozent ansetzen, rechnen die Spezialisten von BCG vor.

 

Etliche Hürden

 

Außerdem gilt es den Unternehmensberatern zufolge, eine Reihe anderer Hürden zu überwinden. So sind die meisten bestehenden Pyrolyseanlagen vergleichsweise klein und in technischer Hinsicht schwierig zu betreiben. Überdies kommt sich die Kreislaufwirtschaft gelegentlich auch selbst in die Quere: Immer mehr Unternehmen gehen dazu über, Kunststoffe zu entwickeln und zu erzeugen, die sich erheblich besser mechanisch rezyklieren lassen als bisher verfügbare Materialien. Das erhöht den ökonomischen Druck auf andere Verwertungsmethoden. Ferner ist zu beachten, dass die Pyrolyse als Endprodukt fast ausschließlich Öl und Gas erbringt. Verfahren des chemischen Recyclings könnten dem gegenüber dazu führen, auch andere Substanzen wiederzugewinnen, die für die Erzeugung der Kunststoffe verwendet wurden.

 

Und dann sind da möglicherweise auch noch unerwünschte gesellschaftliche Auswirkungen, räumen die Autoren der Studie ein: In manchen Entwicklungsländern spielt das Sammeln und Sortieren von (Kunststoff-)Abfällen eine wesentliche Rolle in der Schattenwirtschaft. Es sichert damit Millionen vom Menschen ein wenn auch unter noch so haarsträubenden Umständen erzieltes Einkommen. Mit der Plastikpyrolyse würden sie dessen und damit ihrer Lebensgrundlage beraubt.

 

Dennoch plädiert BCG dafür, den Weg der Nutzung der Technologie zu beschreiten. Zurzeit produziere die Menschheit nicht weniger als 350 Millionen Tonnen Kunststoff pro Jahr. Noch immer landen davon etwa 250 Millionen Tonnen auf mehr oder weniger ordnungsgemäßen Deponien und - bekanntermaßen - mindestens zehn Millionen Tonnen in den Weltmeeren. Dem gelte es jedenfalls, entschieden gegenzusteuern. Und gerade die Industriestaaten sieht BCG dabei in der Pflicht: Sie sind laut dem Beratungskonzern für 75 bis 90 Prozent des weltweiten Kunststoffbedarfs verantwortlich.