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November 24th

Titandioxid: EU-Gericht verwirft Verordnung der EU-Kommission

Eine bestimmte Pulverform des Weißpigments wurde fälschlich als krebserregend eingestuft. Nach Ansicht der österreichischen Chemieindustrie kann Titandioxid nun in Lacken und Farben sicher weiterverwendet werden.

 

Die EU-Kommission hat das Weißpigment Titandioxid in einer bestimmten Pulverform fälschlich als möglicherweise krebserregend eingestuft. Ihr darauf beruhendes Verbot des Einsatzes der Chemikalie in Farben und Lacken ist daher nichtig. Das stellt das Gericht der EU (EuG) in einem Urteil vom 23. November sinngemäß fest. Laut dem Gericht hatte die Kommission in ihrer Verordnung aus dem Jahr 2019 behauptet, es bestehe der Verdacht, dass Titandioxid karzinogen sei, wenn es „in Pulverform mit mindestens einem Prozent Partikel mit aerodynamischem Durchmesser von höchstens zehn Mikrometern (μm) “ eingeatmet werde. Sie stützte sich dabei auf eine Einstufung durch den Ausschuss für Risikobeurteilung der Europäischen Chemikalienagentur ECHA (RAC) aus dem Jahr 2017.

 

Das Gericht stellt dazu zweierlei fest: Erstens sei „im vorliegenden Fall das Erfordernis, dass die Einstufung eines karzinogenen Stoffes auf zuverlässigen und anerkannten Untersuchungen beruhen muss, nicht erfüllt“. Der RAC habe seiner Stellungnahme nämlich eine Studie zugrunde gelegt, die falsche Behauptungen hinsichtlich der Lungenüberlastung durch Titandioxid enthalte. Indem die Kommission sich auf die Einstufung des RAC stützte, habe sie dessen Fehlurteil übernommen.

 

Zweitens verstieß die Kommission gegen das Kriterium, „wonach sich die Einstufung eines Stoffes als karzinogen nur auf einen Stoff mit der intrinsischen Eigenschaft, Krebs zu erzeugen, beziehen darf“. Der RAC dagegen habe Titandioxid richtigerweise ausdrücklich als „nicht intrinsisch im klassischen Sinn“ eingestuft. Diese „nicht im klassischen Sinn intrinsische“ Natur der Karzinogenität der Chemikalie ergebe sich noch dazu aus Gründen, die die Kommission in ihrer Verordnung selbst anführe: „Denn die Gefahr der Karzinogenität besteht nur in Verbindung mit bestimmten lungengängigen Titandioxidpartikeln, wenn sie in einem bestimmten Aggregatzustand, einer bestimmten Form, einer bestimmten Größe und einer bestimmten Menge vorhanden sind. Sie zeigt sich nur bei einer Lungenüberlastung und entspricht einer Partikeltoxizität.“

 

Dem Urteil des EuG liegt eine Klage gegen die Verordnung der EU-Kommission zugrunde, die der Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO) gemeinsam mit der Lackfirma Rembrandtin angestrengt hatte. In einer Aussendung begrüßte der Verband das Urteil. Klaus Schaubmayr, der Geschäftsführer der Berufsgruppe der Lack- und Anstrichmittelindustrie im FCIO, konstatierte darin, er freue sich, „dass mit dem Urteil für unsere Unternehmen Rechtssicherheit geschaffen wurde und hoffen sehr, dass bei zukünftigen Einstufungen von Stoffen mehr auf eine valide Datenlage gesetzt wird“.

 

Der FCIO ergänzte, Titandioxid könne nun „weiterhin sicher in Lacken und Farben verwendet werden“. Das Weißpigment werde seit rund 100 Jahren kommerziell verwendet „und derzeit in Mengen von bis zu zehn Millionen Tonnen pro Jahr in Europa hergestellt oder verarbeitet. Zehntausende Arbeiter weltweit und Millionen Konsumenten kommen tagtäglich mit Titandioxid in Kontakt. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass eine krebserregende Wirkung bei einer solch weitreichenden Exposition bislang verborgen geblieben wäre“.