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May 24th

VCI: Gutes Quartal, düstere Aussichten

Im ersten Quartal 2022 waren die Produktion und der Umsatz der deutschen Chemie- und Pharmaindustrie deutlich höher als vor einem Jahr. Für Optimismus sieht der Branchenverband VCI aber keinen Grund.

 

So richtig zufrieden ist Christian Kullmann, der Präsident des deutschen Chemie- und Pharmaindustrieverbands VCI, nicht. „Vom erhofften Aufschwung nach dem Coronawinter ist nichts mehr übriggeblieben. Die Perspektiven unserer Branche sind wegen steigender Energie- und Rohstoffkosten zunehmend düster. Außerdem drosseln industrielle Kunden wegen gestörter Lieferketten ihre Produktion und bestellen weniger Chemikalien. Ein Gasembargo oder ein Stopp der Gaslieferungen aus Russland hätte zusätzliche verheerende Auswirkungen“, beschrieb Kullmann bei der Präsentation des VCI-Quartalsberichts die Situation der Branche.

 

Dabei sehen die Zahlen auf den ersten Blick alles andere als schlecht aus. Dem Bericht zufolge wuchs die Produktion der Branche im ersten Quartal 2022 gegenüber dem vierten Quartal 2021 um 1,3 Prozent. Im Vergleich zum ersten Quartal 2021 war ein Zuwachs um 2,8 Prozent zu verzeichnen. Die Preise für Chemikalien wiederum waren um 1,1 Prozent höher als im Vorquartal und sogar um 21,6 Prozent höher als vor einem Jahr. Diese Entwicklungen machten sich auch im Umsatz bemerkbar: Mit 66,3 Milliarden Euro war dieser um 7,8 Prozent höher als im vierten Quartal 2021 und um 28,4 Prozent höher als im ersten Quartal 2021. Im Inland verzeichnete die Branche im Vergleich zum vorigen Quartal ein Umsatzplus von 9,8 Prozent, im Jahresvergleich sogar einen Anstieg um 36,2 Prozent.

 

Auch das Auslandsgeschäft lief keineswegs schlecht: Verglichen mit dem vierten Quartal 2021 wurden um 6,6 Prozent mehr Umsatz erzielt, verglichen mit dem ersten Quartal 2021 um 23,7 Prozent mehr. Regional betrachtet, wuchsen sämtliche Märkte, vom dominierenden Europa über Nord- und Lateinamerika bis Asien. Einen Dämpfer hatte die deutsche Chemie- und Pharmaindustrie nur in Osteuropa zu verkraften, was zumindest teilweise der russländischen Invasion in der Ukraine geschuldet war. „Der Handel mit Russland ist im März um die Hälfte eingebrochen“, heißt es im Quartalsbericht.

 

Immerhin stabil war der Beschäftigungsstand, der bei rund 473.200 Personen lag. Weniger erfreulich war die Kapazitätsauslastung der Fabriken: Mit 80,9 Prozent lag sie unter dem langjährigen Durchschnitt. Niedriger war sie zuletzt im ersten Quartal des „Coronajahres“ 2020, wo sie bei rund 77 Prozent gelegen war.

 

Warnend heißt es im Quartalsbericht, es falle der Chemie- und Pharmaindustrie „zunehmend schwerer“, die Kostensteigerungen bei Rohstoffen und Energie „in der Wertschöpfungskette weiterzugeben. Eine Entspannung auf den Energie- und Rohstoffmärkten ist nicht in Sicht. Zwar gingen die Preise für Öl, Gas und Strom nach den Höchstständen im März wieder etwas zurück. Insgesamt dürfte das Niveau und auch die Volatilität – als Ausdruck der großen Unsicherheiten – hoch bleiben“. Zusätzlich belastend wirkt sich die Entwicklung der COVID-19-Pandemie in China aus. Die „Null-COVID-Strategie“ der Pekinger Führung sei dem Wirtschaftswachstum alles andere als förderlich. Und so sind die deutschen Chemie- und Pharmabosse nicht allzu optimistisch. Laut dem VCI-Quartalsbericht hat sich „die Beurteilung der aktuellen Geschäftslage in den letzten Monaten eingetrübt. Der Stimmungsumschwung zeigt sich vor allem bei den Geschäftserwartungen. Seit Beginn des Krieges in der Ukraine herrscht in vielen Unternehmen Rezessionsstimmung. Noch ist die Auftragslage zufriedenstellend. Für die kommenden Monate rechnet aber der überwiegende Teil der Branche mit einem Rückschlag im Chemiegeschäft“.

 

Angesichts dessen „verzichtet der VCI weiterhin auf eine quantitative Vorhersage für die Entwicklung der Branche im Gesamtjahr 2022“. Klar sei nur, dass „das Produktionsniveau des Vorjahres kaum zu erreichen sein“ dürfte.

 

 

May 16th

Agrana: Ukraine-Krieg sorgt für Jahresverlust

Operativ verlief das Geschäftsjahr 2021/22 des Frucht-, Stärke- und Zuckerkonzerns zufriedenstellend. Aufgrund von Wertberichtigungen ergaben sich Einbrüche beim EBIT und beim Konzernergebnis. Für die Zukunft ist der Vorstand optimistisch.

 

„In normalen Zeiten wäre 2021/22 ein gutes Jahr gewesen. Aber die Zeiten sind nicht normal“, konstatierte Agrana-Generaldirektor Markus Mühleisen anlässlich der Bilanzpressekonferenz des Frucht-, Stärke- und Zuckerkonzerns. Zwar verzeichnete die Agrana ein Umsatzplus von 13,9 Prozent auf 2,90 Milliarden Euro, das EBITDA erhöhte sich um 8,1 Prozent auf 206,7 Millionen Euro. Doch das Ergebnis der Betriebstätigkeit (EBIT) brach um 68,6 Prozent auf 24,7 Millionen Euro ein. Und hatte der Konzern 2020/21 einen Gewinn von rund 55,0 Millionen Euro erwirtschaftet, so musste er 2021/22 einen Verlust von 12,2 Millionen Euro verkraften. Schuld waren Wertberichtigungen vo rund -69,8 Millionen Euro, die die Agrana aufgrund des Kriegs in der Ukraine vorzunehmen hatte. Laut Mühleisen war der Konzern „bis zum Kriegsausbruch voll auf Kurs und hätte ohne negatives Ergebnis aus Kriegssondereinflüssen einen deutlichen EBIT-Anstieg erreicht“. Operativ sei 2021/22 „sehr zufriedenstellend“ verlaufen, nicht zuletzt dank „sehr guter“ Apfel- und Zuckerrübenernten, die sich auf die Segmente Frucht und Zucker positiv auswirkten, sowie „historisch hoher“ Ethanolnotierungen, die sich im Segment Stärke erfreulich bemerktbar machten.

 

In der Ukraine stellte die Agrana ihre Tätigkeit nach der Invasion der Russländischen Föderation (RF) am 24. Feber ein. Inzwischen produzieren die beiden Werke für Fruchtzubereitungen und Fruchtsaftkonzentrate wieder mit etwa einem Drittel ihrer Leistung, wobei die Sicherheit der Belegschaften selbstverständlich Priorität hat. Die rund 800 Beschäftigten im Lande werden regulär entlohnt. In der RF ist das Werk in Serpuchow etwa 100 Kilometer südlich von Moskau mit seinen 300 Mitarbeitern faktisch „auf sich allein gestellt“, erläuterte Finanzvorstand Stephan Büttner. Die Produktion von Fruchtzubereitungen für Joghurts wird bis auf Weiteres aufrecht erhalten. Mühleisen ergänzte, ein Rückzug aus der RF sei vorläufig nicht geplant. Allerdings beobachte die Agrana die Lage sehr genau und bewerte diese kontinuierlich neu. Zurzeit sei es indessen „richtig, dass wir dort sind“. Der operative Betrieb werde schwieriger, unter anderem, was die Versorgung des Werks mit Ersatzteilen betreffe. Auch die politische Lage könne sich jederzeit ändern. Jedenfalls aber bekenne sich die Agrana zu den Sanktionen der Westmächte gegen die RF und sei „entsetzt über die Kriegshandlungen“.

 

Auswirkungen zeitigt der Krieg auch auf die Energieversorgung der Agrana-Standorte in Österreich, berichtete Technikvorstand Norbert Harringer. In Hinblick auf ein mögliches Erdgas-Embargo der EU gegen die RF laufen die Vorbereitungen, die Fabriken auf den Betrieb mit Heizöl extra leicht (HEL) umzurüsten. Ab Oktober soll dieser möglich sein. Ob der Umstieg tatsächlich erfolgt, hängt von den weiteren Entwicklungen ab.

 

„Starkes Fundament“

 

Für das angelaufene Geschäftsjahr 2022/23 gab sich Mühleisen grundsätzlich optimistisch. Die Agrana „hat ein starkes Fundament und ist gut aufgestellt“. Zu rechnen sei mit einem „sehr deutlichen“ Anstieg des EBIT und einem „deutlichen“ Wachstum des Konzernergebnisses. Allerdings liegt dieser Erwartung dem Konzern zufolge „die Annahme zugrunde, dass der Krieg in der Ukraine temporär und regional begrenzt bleibt, die physische Versorgung mit Energie und Rohstoffen gewährleistet ist und sich im neuen Geschäftsjahr die Absatz- und Beschaffungsmärkte wieder teilweise normalisieren können“. Ferner werde davon ausgegangen, „die insbesondere im Rohstoff- und Energiebereich deutlich gestiegenen Preise in angepassten Kundenkontrakten weitergeben zu können“.

 

 

May 11th

Glyphosat: Entscheidung verzögert sich

Statt noch im Herbst 2022 schließt die Lebensmittelsicherheitsagentur EFSA ihre Neubewertung erst im Juli 2023 ab. Wann die EU-Kommission über die weitere Zulassung des Mittels befindet, ist offen.

 

Die Europäische Lebensmittelsicherheitsagentur EFSA und die Chemikalienagentur ECHA veröffentlichten einen aktualisierten Zeitplan hinsichtlich der Bewertung des umstrittenen Pflanzenschutzmittels Glyphosat. Bisher war vorgesehen, seitens der EU-Kommission bis Jahresende über die weitere Zulassung des Mittels zu befinden. Nun verzögert sich dies voraussichtlich bis in die zweite Jahreshälfte 2023. Als Grund dafür geben die EFSA und die ECHA die Vielzahl an Stellungnahmen zu ihrer öffentlichen Konsultation im vergangenen Jahr an. Ihnen zufolge langten im Rahmen der Konsultation „368 Antworten ein, von denen viele mehrere Kommentare enthielten. Darüber hinaus erhielt die EFSA rund 2.400 Kommentare von Sachverständigen aus den Mitgliedstaaten sowie der Gruppe für die erneute Zulassung von Glyphosat (GRG)“. Daraus erstellten die Behörden ein rund 3.000 Seiten umfassendes Dossier. Dieses wird nun von der GRG und in der Folge von der Bewertungsgruppe für Glyphosat (AGG) geprüft, der Frankreich, die Niederlande, Schweden und Ungarn angehören. Laut der AGG wird die Prüfung bis etwa Ende September dauern. Ihr Resultat ergeht an die EFSA.

 

Bereits am 30. und 31. Mai befasst sich der Ausschuss für Risikobeurteilung (RAC) der ECHA mit der Gefahreneinstufung von Glyphosat. Er prüft das Mittel hinsichtlich seiner Karzinogenität, Genotoxizität, Reproduktions- und Entwicklungstoxizität und analysiert dessen Umwelteinstufung. Seine Erkenntnisse übermittelt der RAC der EFSA voraussichtlich Ende Juli/Mitte August. „Somit wird die EFSA im November und Dezember 2022 die Peer-Review-Sitzungen zu Pestiziden mit Sachverständigen der Mitgliedstaaten abhalten und im Juli 2023 die Schlussfolgerungen fertigstellen können. In ihren Schlussfolgerungen wird die EFSA alle möglichen Risiken bewerten, die eine Exposition gegenüber Glyphosat für Menschen, Tiere und die Umwelt mit sich bringen könnte“, konstatierte die Lebensmittelsicherheitsagentur. Bis wann mit einer Entscheidung über die weitere Zulassung von Glyphosat zu rechnen ist, teilte sie nicht mit.

 

Kritik kam von Gegnern der Nutzung von Glyphosat. Sarah Wiener, eine der Abgeordneten der Grünen zum EU-Parlament, bemängelte, „das Ende des Einsatzes von Glyphosat rückt damit wieder in die Ferne“. Sie forderte „ein EU-weites Verbot von Glyphosat – und zwar so schnell wie möglich“. Der Europasprecher der SPÖ im Nationalrat, Jörg Leichtfried, stellte fest, dass Glyphosat voraussichtlich „ein weiteres Jahr am Markt sein wird. Hier gibt die EU-Behörde kein gutes Bild ab, wenn sie es innerhalb von drei Jahren nicht schafft, so ein Zulassungsverfahren abzuwickeln“. Landwirtschaftssprecherin Cornelia Ecker forderte den designierten Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig auf, „dass er auf europäischer Ebene Druck macht, dass die Arbeit der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit höchste Priorität bekommt und die Entscheidung noch in diesem Jahr getroffen werden kann“.