Nobelpreis für Chemie 2018: Gerichtete Evolution und Phagen-Display
Der diesjährige Nobelpreis für Chemie geht zu einer Hälfte an Frances Arnold, die die ersten Experimente zur gerichteten Evolution von Enzymen durchgeführt hat, und zur anderen an George Smith und Gregory Winter für die Entwicklung und Anwendung der Methodik des Phagen-Displays.
Als Frances Arnold, eigentlich studierte Maschinenbauerin, Ende der 1980er-Jahre begann, sich mit Enyzmen zu beschäftigen, um neue Routen zur Herstellung in Chemikalien auf den Weg zu bringen, dachte sie zunächst an ein rationales Design der biologischen Makromoleküle. Doch bald kehrte sie diesem nach eigener Aussage „etwas arroganten Zugang“ den Rücken, um jene Werkzeuge zu nutzen, mit denen im Zuge der biologischen Evolution die molekularen Strukturen von Proteinen optimiert wurden. Es gelang ihr, das Enzym Subtilisin durch zufällige Mutationen und gezielte Auswahl der leistungsfähigsten Varianten so umzubauen, dass es die Spaltung von Peptid-Bindungen auch in einer Dimethylformamid-Lösung (anstatt in Wasser) effektiv katalysieren konnte.
Das war der Startschuss für die Methodik der „gerichtete Evolution“, mit der heute Katalysatoren für die biotechnologische Erzeugung von Arzneimitteln oder neuartigen Materialien optimiert werden können. Die dabei genutzten Reaktionen laufen schneller ab, produzieren weniger Nebenprodukte und können vielfach die Verwendung von Schwermetallen vermeiden, die in der traditionellen Chemie häufig erforderlich sind.
Viren, die Proteine vorzeigen
George Smith, der zweite unter den diesjährigen Nobelpreisträgern, entwickelte eine Methode, um eine Beziehung zwischen Genen und den von ihnen codierten Proteinen herzustellen. Er hatte die Idee, in das genetische Material von Phagen (Viren, die auf Bakterien als Wirte spezialisiert sind), Gene unbekannter Funktion einzubauen, die dann auf der Hülle des Virus exprimiert werden. Mithilfe von Antikörpern und ihren spezifischen Bindungseigenschaften gelang es, die Funktion der erzeugten Proteine zu bestimmen.
Der erste humane monoklonale Antikörper
Gregory Winter verband diese, Phagen-Display genannte, Methodik mit der gerichteten Evolution, um aus der Vielfalt der vom menschlichen Immunsystem produzierten Antikörper solche mit bestimmten Bindungseigenschaften auszuwählend. Er baute große Bibliotheken von Phagen auf, die humane Antikörper an ihrer Oberfläche ausprägen und selektierte die gewünschten heraus. Auf diese Weise gelang es, die ersten pharmazeutisch wirksamen, vollständig humanen monoklonalen Antikörper zu erzeugen. Ein von Winter mitgegründetes Unternehmen entwickelte beispielsweise den Wirkstoff Adalimumab, der erfolgreich gegen chronisch-entzündliche Erkrankungen angewandt wird.