Archive - Okt 23, 2019

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„Einheitliches Preisniveau“ gegen den Parallelhandel

Mit strengeren Transparenzvorgaben für die Pharmaindustrie und Maßnahmen gegen den Parallelhandel ließen sich die Engpässe bei der Arzneimittelversorgung bekämpfen, hieß es bei einer Pressekonferenz in Wien.

 

Vor allem zwei Ursachen sieht Ärztekammerpräsident Thomas Skezeres für die immer wieder auftretenden Engpässe bei der Verfügbarkeit von Arzneimitteln: Erstens werden die Grundsubstanzen oft nur mehr in einer einzigen Fabrik außerhalb Europas erzeugt. Fällt diese aus welchen Gründen auch immer aus, kann es weltweit zu Versorgungsproplemen kommen. Der zweite Grund ist der Parallelhandel, also die Tatsache, dass Medikamente ins Ausland verkauft werden, weil sich dort höhere Preise erzielen lassen als in Österreich, konstatierte Szekeres am 23. Oktober am Rande einer Pressekonferenz des Vereins Praevenire in Wien auf Anfrage des Chemiereports. Um dem Parallelhandel entgegenzuwirken, sollte in ganz Europa ein „einheitliches Preisniveau“ etabliert werden. Außerdem wünscht der Ärztekammerpräsident, dass die Pharmaindustrie die Ärzte rechtzeitig von voraussichtlichen Engpässen informiert. Damit ließe sich die Verschreibung nicht verfügbarer Präparate durch die Mediziner vermeiden. „Meistens gibt es ohnehin Alternativen“, konstatierte Szekeres.

 

Laut Gerald Bachinger, dem Sprecher der österreichischen Patientenanwälte, sind seitens des Gesundheitsministeriums ohnedies Maßnahmen vorgesehen, die den Wünschen Szekeres´ weitgehend entgegenkommen. So plant das Ministerium gesetzliche Meldepflichten für Pharmafirmen, um das Verschreiben zeitweilig nicht verfügbarer Arzneien zu verhindern. Ferner ist angedacht, den Parallelhandel zu untersagen, sobald in Österreich ein Engpass bei der Versorgung mit einem bestimmten Medikament ausgerufenb wurde. Bachinger selbst wünscht überdies, die Verschreibung von Wirkstoffen statt von Arzneimitteln vorzusehen.

 

Bei der Pressekonferenz präsentierte Hans Jörg Schelling, der Präsident des Vereins Praevenire, den Zwischenbericht zum Weißbuch „Zukunft der Gesundheitsversorgung“, das im Mai 2020 der Öffentlichkeit vorgestellt werden soll. Ausgearbeitet wurden bis dato zehn Leitlinien zu 15 Themenkreisen, aus denen nunmehr Arbeitsgruppen Vorschläge erstellen. Die erste Leitlinie besagt, der Patient sollte „in den Mittelpunkt des Gesundheitssystems gestellt werden“. Weitere Leitlinien empfehlen, den Patienten „durch das Gesundheitssystem“ zu leiten, dieses System aus einem Topf zu finanzieren, die Gesundheitskompetenz der Menschen zu stärken, die Prävention zu fördern und die Möglichkeiten der Digitalisierung zu nutzen - was summa summarum nicht eben neu ist.

Neu ist laut Schelling jedoch der Ansatz: Ihm zufolge krankten die bisherigen Debatten um die Reform des Gesundheitssystems daran, praktisch ausschließlich „Input-Diskussionen“ gewesen zu sein. „Man hat fast nur darüber geredet, wie viel Geld zur Finanzierung des Systems nötig ist. Statt dessen müssen wir eine ‚Output-Diskussion‘ führen, also fragen, welche Leistungen des Gesundheitssystems beim Patienten tatsächlich ankommen.“

 

Was den Output der Debatten im Rahmen von Praevenire betrifft, konstatierte Schelling: „Wir werden versuchen, so weit wie möglich zu einem Konsens zu kommen, aber auch darstellen, wo es Dissens gibt.“ Ihm zufolge sollte die künftige Bundesregierung dieses Handbuch „annehmen“ und bei ihren allfälligen gesundheitspolitischen Maßnahmen berücksichtigen.

 

Und der ehemalige Präsident des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger warnte: „Die Umsetzung von Maßnahmen im Gesundheitssystem dauert extrem lange.“ So habe die Einführung einer Hotline zur Patienteninformation gezählte fünf Jahre gedauert: „Ein wesentlicher Punkt war, ob das eine bundesweite oder eine länderspezifische Hotline sein soll.“ Allen Ernstes sei diskutiert worden, ob sich ein Telefonist aus dem Burgenland einem Anrufer aus Tirol oder Vorarlberg ausreichend verständlich machen könne. Schellings Kommentar: „So viel Hochdeutsch sollten eigentlich alle können.“