Archive - Okt 13, 2021

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Lob und Tadel für Pfandsystem

Nach dem Ministerratsbeschluss sind die Positionen der Befürworter und Gegner weiterhin unverändert. Immerhin betonen alle, gesprächsbereit zu sein und an der Umsetzung treulich mitwirken zu wollen.

 

Mit 1. Jänner führt Österreich ein Pfand für Einweggetränkeverpackungen ein. Das beschloss die Regierung Schallenberg I in ihrer ersten Ministerratssitzung am 13. Oktober. Umweltministerin Leonore Gewessler wurde ermächtigt, in Abstimmung mit Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck eine Verordnung auf Basis des Abfallwirtschaftsgesetzes zu erlassen, die die Details regelt. Laut dem Beschluss geht es dabei vor allem um „die Produktgruppe, die Art des Materials, die Organisation, die Material- und Finanzflüsse, die koordinierende Stelle und deren Aufgaben, die Pfandhöhe, die Kennzeichnung, die Registrierung der Beteiligten und der Produkte, die zu übermittelnden Daten und Intervalle, die Verwendung der nicht ausbezahlten Pfandbeträge (Pfandschlupf) und die Rücknahmepflicht der Letztvertreiber“.

 

Der Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO) begrüßte den Beschluss. Helmut Schwarzl, der Obmann der Sparte Kunststoffindustrie im FCIO, bezeichnete das Pfand als „wichtiges Element zum Ausbau der Kunststoff-Kreislaufwirtschaft. Diese Maßnahme bewirkt, dass künftig mehr sortenreine Abfälle zur Wiederverwertung bei den Verpackungsherstellern zur Verfügung stehen. Bisher ist der Mangel an hochwertigem, wiederverwertbarem Material für die Neuproduktion eines der Haupthindernisse für die Erreichung der angestrebten Recyclingquoten“. Die Einführung des Pfands sei „einer von vielen notwendigen Schritten hin zu einer umfassenden Kreislaufwirtschaft, die wir als Win-win-Lösung für Umwelt- und Klimaschutz sehen. Denn Recycling vermeidet nicht nur Abfälle, sondern es werden damit beträchtliche Ressourcen eingespart und Treibhausgase um die Hälfte reduziert“. Die Kunststoffbranche werde sich „jeden Fall weiterhin konstruktiv in die Diskussionen einbringen, um Österreich zum internationalen Vorreiter im Bereich der Kreislaufwirtschaft zu machen“. Schwarzl zufolge dient das Pfand auch der Bewusstseinsbildung. Wer für die Rückgabe einer Getränkeverpackung Geld bekomme, habe eine Motivation, diese nicht achtlos wegzuwerfen.

 

Erfreut zeigte sich auch die ÖGP Pfandsystemgesellschaft GmbH. Ihr Geschäftsführer Christian Abl sprach von einer „Revolution in der österreichischen Kreislaufwirtschaft“ und dem „Startschuss für ein modernes Recyclingkonzept für alle Verpackungen in Österreich“. Nur mithilfe des Pfands könne Österreich die Kreislaufwirtschaftsziele der Europäischen Union erreichen „und den ökologischen Ansprüchen einer modernen europäischen Gesellschaft gerecht werden“. In Österreich würden zurzeit etwa 70 Prozent der Einweg-Getränkeverpackungen gesammelt: „In den europäischen Ländern mit einem Einwegpfandsystem beträgt die Sammelquote hingegen durchschnittlich 91 Prozent. Zehn europäische Länder (Norwegen, Island, Schweden, Finnland, Dänemark, Niederlande, Estland, Litauen, Deutschland, Kroatien) betreiben bereits Einwegpfand-Systeme, heuer werden sie auch in Malta und in Schottland in Betrieb genommen.“ Abl empfahl, das Pfandsystem nicht auf den Handel zu beschränken, sondern es auch „in anderen öffentlichen Räumen und bei Veranstaltungen“ einzuführen.

 

„Praxistauglich umsetzen“

 

Kritik übte dem gegenüber der neue Leiter der Abteilung Energie- und Umweltpolitik in der Wirtschaftskammer (WKÖ), Jürgen Streitner. Ihm zufolge steht der ökologische Nutzen des Pfands in keinem vernünftigen Verhältnis zum Aufwand. Wichtig sei nun eine „praxistaugliche Umsetzung“. Geboten sei die Rücksichtnahme auf die Lage kleinerer Einzehändler und Gewerbebetriebe, die aus Platzmangel keine Rücknahmeautomaten aufstellen könnten. Freilich: Gewessler hatte stets betont, es werde für solche Fälle Ausnahmen geben. Der klassische Greisler ums Eck könne die Verpackungen auch händisch zurücknehmen. Einen Automaten brauche er nicht.

 

Ähnlich wie Streitner argumentierte die Altstoff Recycling Austria AG (ARA), die sich lange Zeit heftig gegen das Einwegpfand gewehrt hatte. Werde das Pfand nur auf Getränkeflaschen aus Plastik eingeführt, bringe das wenig: Gemäß den EU-Vorgaben müssten 2025 rund 150.000 Tonnen an Kunststoffverpackungen recycliert werden. Derzeit seien es etwa 75.000 Tonnen pro Jahr. Mit dem Pfand kämen maximal 8.000 bis 10.000 Tonnen dazu. Um die von den Pfandgegnern oft genug ins Treffen geführten Kleinhändler zu entlasten, habe die ARA gemeinsam mit dem Abfallwirtschaftskonzern Saubermacher eine App entwickelt. Wer diese installiere, könne an der Verpackung angebrachte Barcodes einscannen und „bei fachgerechter Entsorgung“ eine Prämie bekommen. Damit spare sich der Handel das Aufstellen von Rückgabeautomaten.