Archive - Sep 2021

Datum

September 29th

Krach um Wirkstoffverschreibung

Die Überlegungen Gesundheitsminister Wolfgang Mücksteins, statt konkreter Medikamente nur noch die darin enthaltenen Wirkstoffe zu verschreiben, stoßen auf Widerstand bei Pharmaindustrie und Ärztekammer. Auch der Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO) lehnt die Pläne ab. 

 

In nicht immer geübter Einmütigkeit wehren sich der Pharmaindustrieverband Pharmig und die Ärztekammer gegen Überlegungen Gesundheitsminister Wolfgang Mücksteins, eine Wirkstoffverschreibung einzuführen. Derartige Pläne werden seitens der Gesundheitspolitiker und der Krankenkassen immer wieder gewälzt. Sie versprechen sich davon nicht zuletzt eine Senkung der Arzneimittelkosten. Das Argument: Statt eines bestimmten Präparats kann dem Patienten ein billigeres Mittel ausgehändigt werden, wenn es eine wirkungsgleiche Sustanz enthält. Nach Ansicht der Pharmig und der Ärztekammer ist das aber ein Trugschluss. Schon jetzt sei Österreich im EU-weiten Vergleich ein Billigland, was Medikamente betrifft. „Eine Wirkstoffverordnung übt weiter Druck auf die hiesigen Preise aus. Zahlreiche bewährte Arzneimittel würden vom Markt verschwinden, weil ihren die wirtschaftliche Basis entzogen wird. Das alles ist schlichtweg nicht im Sinne einer verbesserten Versorgung, ganz im Gegenteil. Daher muss der Status Quo erhalten bleiben“, betont Pharmig-Generalsekretär Alexander Herzog. Und in einer Resolution der Ärztekammer heißt es: „Angesichts der ohnehin bereits angespannten Preissituation bei Medikamenten in Österreich würde ein Diktat des niedrigsten Preises nach Ansicht der Experten dazu führen, dass einige Medikamente vollends vom Markt verschwinden und sich die Lage verschärfen würde.“

 

Außerdem erachten die Pharmaindustriellen und die Ärztschaft die Anlegenheit aus medizinischer Sicht für problematisch. Die Pharmig etwa diagnostiziert, die Patienten würden verunsichert, wenn sie in der Apotheke jedesmal ein anderes Mittel gegen ihre Krankheit bekämen. Dies führe unter Umständen dazu, dass sie die Einnahme des Präparats verweigerten. Außerdem verlören die Mediziner den Überblick darüber, welche Medikamente ihre Patienten bekämen. Damit sei es auch nicht mehr möglich, mehrere gleichzeitig einzunehmende Arzneimittel „gut aufeinander abzustimmen, um unerwünschte Wechselwirkungen möglichst zu vermeiden“.

 

Ähnlich argumentiert die Ärztkammer: Die Ärzte seien „gegenüber den Patienten letztverantwortliche Kompetenzträger“. Mit einer allfälligen Wirkstoffverschreinung werde ihnen jedoch „die Entscheidungs- und Gestaltungshoheit über eine medikamentöse Therapie entzogen. Daran anschließend drohen Haftungsprobleme“. Das Fazit: Mückstein möge seine Pläne ehestens schubladisieren und lieber für einen besseren Überblick über die aktuelle Verfügbarkeit bzw. Nichtverfügbarkeit von Präparaten sorgen: „Nur so können Ärzte mit ihrer medizinischen Kompetenz sofort ihre Therapie anpassen und Patienten den bestmöglichen Service bei optimaler Sicherheit bieten.“

 

Unterstützt werden die Pharmig und die Ärztekammer vom Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO). „Wir erkennen keinerlei Vorteile bei dem Vorschlag. Es werden dadurch keine Einsparungen lukriert, gleichzeitig könnte eine derartige Systemänderung die Versorgungssicherheit weiter gefährden. Die Wirkstoffverschreibung widerspricht daher ganz klar den Interessen der Patienten auf eine bestmögliche medizinische Versorgung“, konstatiert Geschäftsführerin Sylvia Hofinger.

 

TFZ Krems: Mehr Infrastruktur für Gesundheitstechnologie

Am Technologie- und Forschungszentrum Krems gingen dieser Tage neue Forschungs- und Produktionsstätten in Betrieb.

 

Neue Forschungs- sowie Erzeugungskapazitäten für die Cells+Tissuebank Austria (C+TBA) und die Fresenius Medical Care Adsorber Tec GmbH eröffnete Niederösterreichs Wirtschafts- und Technologielandesrat Jochen Danninger dieser Tage am Technologie- und Forschungszentrum Krems (TFZ Krems). Laut einer Aussendung kann die C+TBA mit ihren rund 30 Beschäftigten infolge der Erweiterung ihrer Produktionsanlagen nunmehr bis zu 25.000 Gewebespenden pro Jahr verarbieten. Zurzeit stellt sie jährlich etwa 60.000 Transplantate zur Verfügung. Die Fresenius Medical Care Adsorber Tec wiederum sieht sich durch die Erweiterung ihrer Entwicklungslabore nach eigenen Angaben in der Lage, „die ständig steigenden regulatorischen Anforderungen an Medizinprodukte“ auch weiterhin zu erfüllen.

 

Danninger zufolge ist die jetzt abgeschlossene Ausbaustufe am TFZ Krems „der perfekte Nachweis dafür, dass Niederösterreich national wie international ein attraktiver Hotspot für Wissenschaft und Forschung ist und sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten zu einer innovativen Region im Zentrum Europas entwickelt hat. Mit forschungsaffinen Unternehmen wie Fresenius Medical Care Adsorber Tec und der Cells+Tissuebank Austria wird diese prosperierende Entwicklung auch in Zukunft fortgesetzt“.

 

Das TFZ Krems wurde seit dem Jahr 2000 mehrmals erweitert. Zurzeit bietet es 28 Unternehmen mit insgesamt rund 180 Beschäftigten Labor- und Büroräume. Bis dato wurden in die Errichtung und den Ausbau des TFZ Krems rund 14 Millionen Euro investiert. Etwa eine halbe Million davon floss in Laborräumlichkeiten. Errichter und Betreiber der niederösterreichischen Technologie- und Forschungszentren ist die landeseigene Wirtschaftsagentur Ecoplus. Deren Prokuristin Angela Stransky und der Geschäftsführer des Regionalen Innovationszentrums Niederösterreich-Nord (RIZ NÖ-Nord), Michael Beranek, konstatierten, sie seien „sehr stolz darauf, dass wir die zukunftsweisende Entwicklung im Bereich der Gesundheitstechnologie in Krems unterstützen und begleiten. Hier in Krems wird deutlich, wie es mit Engagement, Kooperation, Brain-Power und bestmöglicher moderner Infrastruktur gelingen kann, sich als international beachteter Forschungsstandort zu etablieren“.

 

 

 

September 24th

Klimawissenschaftler fordern CO2-Kosten von 100 Euro je Tonne

Gelten sollte dieser Wert ab 2022. Um bis 2040 die Klimaneutralität zu erreichen, sind „strukturelle“ Maßnahmen nötig, unter anderem ein verpflichtendes „Carbon-Management“ für Unternehmen. 

 

Die CO2-Kosten im Rahmen der geplanten „ökosozialen Steuerreform“ sollte im kommenden Jahr 100 Euro pro Tonne betragen. Das empfahlen die Klimawissenschaftler Verena Winiwarter von der Universität für Bodenkultur (BOKU) und Gottfried Kirchengast vom Wegener Center der Universität Graz am 24. September bei einer Pressekonferenz der Organisation Scientists4Future in Wien. Kirchengast erläuterte, im „Corona-Jahr“ 2020 seien die Treibhausgas-Emissionen (THG-Emissionen) gegenüber 2019 um rund acht Prozent gesunken. Bereits heuer werde Österreich diesen Rückgang aller Voraussicht nach indessen kompensieren und auf etwa 79,5 bis 81 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent kommen. Um das für 2040 angepeilte Ziel der „Klimaneutralität“ zu erreichen, sind laut Kirchengast „strukturelle“ Maßnahmen notwendig. Diese umfassen die ökosoziale Steuerreform ebenso wie das geplante Klimaschutzgesetz und das Zurückfahren von Anreizen für die Nutzung fossiler Energieträger wie Erdöl, Erdgas und Kohle. Im Detail müsse unter anderem die Neuzulassung von Kraftfahrzeugen mit konventionellen Verbrennungsmotoren 2030 enden. Förderungen für Unternehmen sollte es schon ab 2024 nur noch geben, wenn diese über ein „Carbon-Management“-Konzept zur Verringerung ihrer THG-Emissionen verfügen und dieses umsetzen. Nötig ist laut Kirchengast ferner die Einführung eines „Klimaverträglichkeitschecks“ für jedes Gesetz. Winiwarter empfahl darüber hinaus die Etablierung einer verpflichtenden Energieraumplanung. Erfreulicherweise gebe es eine Reihe von Möglichkeiten, gesünder zu leben und gleichzeitig die individuelle CO2-Bilanz zu verbessern, etwa das vermehrte Zurücklegen kurzer Wegstrecken zu Fuß: „Was gut ist für die Gesundheit, ist auch gut für das Klima.“

 

„Dysfunktion auf der Führungsebene“

 

Scharfe Kritik übte Kirchengast an der Bundesregierung. Diese wisse, was zu tun sei. Die notwendigen Maßnahmen scheiterten bis dato aber an der „Dysfunktion auf der Führungsebene“, unter anderem im Bereich des Bundeskanzleramtes und des Finanzministeriums. Angesichts der dramatischen Auswirkungen des Klimawandels auf Österreich sei es notwendig, für ganz Österreich, aber auch für jeden einzelnen Sektor der Wirtschaft, ein verbindliches „THG-Budget“ festzulegen und und die gesamte Politik auf das Einhalten dieses Budgets auszurichten: „Was das einzelne Unternehmen nicht liefert, muss das System als solches liefern.“ Als Beispiel, wie dies funktionieren kann, nannte Kirchengast das europäische Emissionshandelssystem EU-ETS. Eine Alternative zu einer ambitionierten und konsequenten Klimapolitik besteht laut Kirchengast nicht: „Es gibt nur einen Weg, und der ist bitteschön zu gehen.“

 

Laut Daniel Huppmann vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse in Laxenburg (IIASA) ist Österreich vom Klimawandel erheblich stärker betroffen als der Durchschnitt der Welt. Sei global bis zur Jahrhundertwende mit einem Anstieg der Durchschnittstemperatur um etwa drei Grad Celsius zu rechnen, müsse für Österreich von rund sechs Grad ausgegangen werden. Insofern habe es keinen Sinn, verstärkt auf die Anpassung an den Klimawandel (Adaptation) zu setzen und dem gegenüber die THG-Vermeidung (Mitigation) zurückzufahren, wie dies in Teilen der österreichischen Wirtschaft überlegt wird, erläuterte Huppmann dem Chemiereport: „Wir brauchen beides. Sonst müssen wir uns an immer höhere Temperaturen anpassen, und irgendwann funktioniert das einfach nicht mehr.“  Ein Anstieg der Durchschnittstemperatur um sechs bis eventuell sogar sieben Grad sei durch keinerlei Anpassung auszugleichen.

 

 

September 23rd

Glyphosat: Konsultationen durch EFSA und ECHA

Die beiden Agenturen haben parallele Konsultationen zu ihren Bewertungen des umstrittenen Pflanzenschutzmittels eingeleitet. Bis Mitte Dezember 2022 muss über dessen weitere Zulassung in der EU entschieden werden.

 

Parallele Konsultationen zu den ersten wissenschaftlichen Bewertungen des umstrittenen Pflanzenschutzmittels Glyphosat leiteten die Europäische Lebensmittelsicherheitsagentur EFSA und die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) mit 23. September ein. Die Konsultationen laufen 60 Tage und stehen allen Interessierten zur Stellungnahme offen. Wie die EFSA mitteilte, bezieht sich ihre Konsultation auf ihren Bewertungsbericht zur Erneuerung der Genehmigung von Glyphosat. Die Konsultation der ECHA dagegen betrifft deren Bericht von 2017 über die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung des Mittels. Im Vorfeld der Konsulationen hatte die Assessment Group on Glyphosate (AGG) ihrerseits eine Bewertung erarbeitet. Der AGG gehören die zuständigen Behörden Frankreichs, der Niederlande, Schwedens und Ungarns an.

 

In ihrem Bericht von 2017 hatte die ECHA festgestellt, Glyphosat könne schwere Augenschäden verursachen und sei toxisch mit langfristiger Wirkung für Wasserorganismen. Als krebserregend oder reproduktionstoxisch stufte die Agentur das Mittel dagegen nicht ein. Ebenso wenig hielt sie eine Einstufung von Glyphosat hinsichtlich der Keimzellmutagenität für nötig. „In der ersten wissenschaftlichen Bewertung durch die AGG wird keine Änderung der bestehenden Einstufung empfohlen“, teilte die EFSA dazu mit.

 

Die EFSA kündigte an, ihre Einschätzung der Sachlage aufgrund des Ergebnisses der Konsultationen und der darauf folgenden Stellungnahme des Ausschusses für Risikobeurteilung der ECHA im zweiten Halbjahr 2022 abzuschließen. In der Folge werde die EU-Kommission in Zusammenarbeit mit den Risikomanagern der 27 EU-Mitgliedstaaten über die Verlängerung der Zulassung von Glyphosat befinden. Die derzeitige Zulassung wurde 2017 erteilt und gilt bis 15. Dezember 2022. Bis dahin darf Glyphosat „als Wirkstoff in Pflanzenschutzmitteln verwendet werden, sofern jedes der betreffenden Mittel von den zuständigen nationalen Behörden in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten nach einer Sicherheitsbewertung zugelassen wurde“.

 

 

September 22nd

Ökosoziale Steuerreform: IV fordert Erleichterungen

Die Senkung des KöSt-Satzes, die fiktive Eigenkapitalverzinsung sowie die Rückführung staatlicher Einnahmen aus der CO2-Bepreisung gehören zu den Anliegen der Industriellenvereinigung, verlauten Präsident Georg Knill und Generalsekretär Christoph Neumayer.

 

Ihre Forderungen hinsichtlich der angekündigten „ökosozialen Steuerreform“ präsentierten der Präsident der Industriellenvereinigung (IV), Georg Knill, und Generalsekretär Christoph Neumayer am 22. September in Wien. Die meisten der Anliegen haben mit der geplanten Ökologisierung des Steuersystems nichts zu tun, sondern sind Anliegen, die die IV seit langem vertritt. So forderte Knill einmal mehr die Senkung des Körperschaftssteuersatzes von derzeit 25 auf 21 Prozent. Diese müsse 2022 wirksam werden, betonte Knill: „Es wird wieder Krisen geben. Daher brauchen wir die Kraft des Eigenkapitals.“ Und genau dessen Stärkung diene die Senkung des KöSt-Satzes. Sie stehe im übrigen im Regierungsprogramm: „Wir gehen davon aus, dass sich die Regierung selbstverständlich daran hält.“ Ebenfalls der Stärkung des Eigenkapitals dient dem IV-Präsidenten zufolge die gleichfalls geforderte „Einführung fiktiver Eigenkapitalzinsen als Betriebsausgabe“. Dabei geht es um Folgendes: Für Fremdkapital müssen die Unternehmen Zinsen bezahlen, für Eigenkapital verständlicherweise nicht. Laut IV sollen sie künftig jedoch so tun dürfen, als müssten sie für das Eigenkapital ebenso Zinsen bezahlen wie für das Fremdkapital. Diese fiktiven Zinsen könnten sie von der Steuer absetzen. Weiters verlangte Knill die Einführung eines „COVID-19-Bonusses“ ähnlich dem „Corona-Bonus“, der 2020 galt. Das würde bedeuten, den Mitarbeitern eine Prämie von bis zu 3.000 Euro steuerfrei bezahlen zu können. Auf der Wunschliste der IV steht ferner die Einführung einer Behaltefrist von zwölf Monaten auf Aktien und sonstige Wertpapiere. Nach Ablauf dieser Frist sollen diese steuerfrei verkauft werden dürfen.

 

Und schließlich verlangt die IV, dass Unternehmen, die am europäischen Emissionshandelssystem (EU-ETS) teilnehmen müssen, aus einer allfälligen künftigen Besteuerung von CO2-Emissionen ausgenommen werden. „Die Unternehmen zahlen jetzt schon 300 Millionen Euro pro Jahr für die Emissionszertifikate“, betonte Knill. Dieser Betrag müsse „zweckgebunden“ und an die Industrie zurückgeführt werden. Allerdings werden die 300 Millionen Euro im Wesentlichen von der Energiewirtschaft aufgebracht. Im Gegensatz zu dieser erhalten die Industriebetriebe im Zuge der sogenannten Carbon-Leakage-Bestimmungen erhebliche Mengen an Zertifikaten kostenlos, mit der Begründung, sie stünden im internationalen Wettbewerb. Vom Chemiereport auf diesen Sachverhalt hingewiesen, beschied Knill wenig erfreut: „Ich sehe die Energiewirtschaft als Teil der Industrie.“

 

Orientierung an Deutschland 

Wie auch immer: Hinsichtlich einer CO2-Besteuerung bzw. -Bepreisung sollte sich Österreich der IV zufolge an der „deutschen CO2-Bepreisung“ orientieren. Allerdings müsse der CO2-Preis niedriger sein als in Deutschland, betonte Knill. Dort beläuft sich der Preis im Rahmen des mit Jahresbeginn 2021 eingeführten innerdeutschen Emissionshandels auf 25 Euro pro Tonne emittierten Kohlendioxids. Dies gilt bis Ende 2024. Für das Jahr 2025 wurde ein Festpreis von 55 Euro je Tonne fixiert. Ab 2026 werden die Emissionszertifikate, die jeweils eine Tonne CO2 repräsentieren, versteigert. Für das Jahr 2026 selbst gilt ein „Preiskorridor“ von 55 bis 65 Euro je Zertifikat bzw. Tonne. Zum Vergleich: An der deutschen Energie- und CO2-Zertifikate-Börse EEX werden Emissionszertifikate zurzeit um etwa 60 Euro gehandelt. Futures für das Jahr 2026 sind um rund 64 Euro zu haben.

 

Allerdings halten Klimawissenschaftler wie Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK Potsdam) wesentlich höhere Preise für erforderlich, um die Emissionen ausreichend zu beschränken. Sie gehen von etwa 200 Euro pro Tonne aus. Ihnen zufolge ist dies notwendig, um den Anstieg der weltweiten Durchschnittstemperatur auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, wie dies das bekannte Klimaabkommen von Paris von Dezember 2015 vorsieht. Von Chemiereport darauf angesprochen, beschied Knill, China wolle 300 weitere Kohlekraftwerke an seine Stromnetze anschließen. Und was Österreich betreffe, zweifle er daran, dass es gelingen werde, die Ökostromproduktion bis 2030 um rund 27 Terawattstunden oder etwa 50 Prozent zu steigern, wie dies das im Sommer beschlossene Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) vorsieht.

 

 

 

September 17th

EU-Gesundheitspolitik: HERA nimmt Arbeit auf

Seit Mitte September ist die neue Krisenvorsorgebehörde der EU für den Gesundheitssektor operativ. Sie soll nicht zuletzt bei der Bewältigung von Pandemien wie COVID-19 helfen.

 

Mitte September etablierte die EU-Kommission die neue europäische Krisenvorsorgebehörde für den Gesundheitssektor, die sogenannte „Health Emergency Preparedness and Response Authority“ (HERA). Wie es in einer Aussendung hieß, soll diese dazu beitragen, Pandemien wie COVID-19 „künftig verhüten, erkennen und rasch darauf reagieren zu können. Bei Eintreten einer Notlage wird die HERA die Entwicklung, Herstellung und Verteilung von Arzneimitteln, Impfstoffen und anderen medizinischen Maßnahmen – wie Handschuhen und Masken – sicherstellen, an denen es in der ersten Zeit der Coronavirus-Pandemie gemangelt hat“. Im Zuge der Krisenvorsorge kooperiert die HERA eng mit den übrigen Behörden im Gesundheitsbereich auf internationaler, europäischer sowie auf nationalstaatlicher Ebene, aber auch mit der Pharmaindustrie und sonstigen für die Sicherheit der Arzneimittelversorgung relevanten Branchen. Sie werde „Gefahrenanalysen durchführen, Informationen sammeln und Vorhersagemodelle für einen Ausbruch entwickeln. Bis 2022 wird sie mindestens drei Gesundheitsgefahren mit potenziell weitreichenden Folgen ermitteln und aktiv werden und mögliche Lücken bei den medizinischen Gegenmaßnahmen angehen“. Das betrifft nicht zuletzt Maßnahmen gegen Verfügbarkeitsmängel, die in den vergangenen Jahren immer wieder für Aufregung gesorgt hatten. Eine weitere Aufgabe der HERA ist die Unterstützung der Arzneimittelentwicklung, nicht zuletzt „durch ein unionsweites Netz für klinische Prüfungen und Plattformen für den raschen Datenaustausch“.

 

Kommt es trotz aller Vorsorge zu einer Krise, beruft die HERA ihren Krisenstab ein und aktiviert die EU-FAB-Fazilität, die als „Netz ständig einsatzbereiter Produktionskapazitäten für die Herstellung von Impfstoffen und Arzneimitteln“ beschrieben wird. Überdies werde „eine Bestandsaufnahme der Produktionsanlagen, der Rohstoffe, Verbrauchsmaterialien, Ausrüstungen und Infrastrukturen erstellt, um einen besseren Überblick über die Kapazitäten in der EU zu erhalten“.

 

Für die Jahre 2022 bis 2027 verfügt die HERA über ein Budget von sechs Milliarden Euro. Insgesamt stellt die EU nach Angaben der Kommission bis 2027 fast 30 Milliarden Euro bereit, um die „Resilienz der Gesundheitssysteme“ zu stärken. Die HERA soll ab Anfang kommenden Jahres voll arbeitsfähig sein, erläuterte die Kommission: „Bis 2025 wird die Funktionsweise jährlich überprüft und gegebenenfalls angepasst. Anschließend wird eine umfassende Überprüfung durchgeführt.“ EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides bezeichnete die HERA als „unverzichtbares Kernstück einer starken EU-Gesundheitsunion. Sie wird uns in die Lage versetzen, Gesundheitsgefahren durch strategische Früherkennung zu antizipieren und gemeinsam rasch zu reagieren. Nach fast zwei Jahren einer verheerenden Pandemie ist die HERA das Symbol für ein Umdenken in der Gesundheitspolitik, dem wir uns alle anschließen sollten: Nur wenn wir gemeinsam handeln, sind wir stark genug und in der Lage, die Gesundheitssicherheit unserer Bürger entscheidend zu verbessern“.

 

Pharmabranche hilft

 

Erfreut zeigten sich der europäische Pharmaindustrieverband EFPIA (European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations) sowie der Impfstoffverband Vaccines Europe (VE). EFPIA-Generaldirektorin Nathalie Moll konstatierte, Europa sei 2020 sehr rasch zum Zentrum der COVID-19-Pandemie geworden. Ebenso rasch aber hätten die Pharmaindustrie, die Impfstoffbranche und die Behörden reagiert, um die Herausforderung gemeinsam in den Griff zu bekommen. „Die Gründung der HERA ist ein erster Schritt, um Europa im Kampf gegen weltweite Gesundheitsgefahren an die Spitze zu bringen“, betonte Moll. Sie sicherte der neuen Einrichtung die Unterstützung der EFPIA sowie von VE zu: „Wir teilen mit der HERA das Ziel eines sichereren, gesünderen und resilienteren Europas.“

 

 

 

 

 

September 13th

Algen-Summit in Wien

Österreichische Protagonisten der Algenbiotechnologie haben sich im „D-A-CH-Netzwerk Algen“ mit Kollegen aus Deutschland und der Schweiz vernetzt. Am 11. und 12. Oktober findet ein „Gipfeltreffen“ in Wien statt.

Algen, die in wasserbasierten Systemen kultiviert werden, gelten als Hoffnungsträger, wenn es darum geht, neue Biomassequellen zu erschließen, die nicht mit landwirtschaftlicher Fläche in Konkurrenz stehen. Im „Netzwerk Algen“ haben sich die österreichischen Akteure auf diesem jungen und forschungsaktiven Feld vernetzt, im „D-A-CH-Netzwerk Algen“ arbeitet man darüber hinaus mit Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus Deutschland und der Schweiz zusammen.

Dieses Netzwerk veranstaltet am 11. und 12. Oktober im Rudolf-Sallinger-Saal der Wirtschaftskammer Österreich ein „D.A.CH Algen Summit“, zu dem Vertreter der Algenbiotechnologie aus allen drei deutschsprachigen Ländern erwartet werden. Von österreichischer Seite werden unter anderem Katharina Meixner und Bernhard Drosg (Kompetenzzentrum BEST) erwartet, die über Algenforschung im Bereich Futter- und Lebensmittel sprechen. Michael Schagerl (Universität für Bodenkultur, BOKU) berichtet über Methoden der Kultivierung von Mikroalgen, Ines Fritz, die ebenfalls an der BOKU forscht, präsentiert Ergebnisse zur Herstellung des Biopolymers Polyhydroxybuttersäure mithilfe von Cyanobakterien. Von der Montanuniversität Leoben stößt Thomas Braunsperger dazu, der Ergebnisse zur Licht- und CO2-Versorgung von Photobioreaktoren vorstellt. Am Nachmittag des 11. Oktober besteht die Möglichkeit, entweder die Algenproduktionsstätte der Jongerius Ecoduna GmbH oder den Algenforschungsstandort Tulln zu besichtigen, wo sowohl BEST als auch BOKU einschlägig tätige Gruppen stationiert haben.

Referenten der Dechema, des Schweizer Wirtschaftsverbands Chemie Pharma Life Sciences und der EU-Kommission, aber auch von zahlreichen Firmen und Forschungsstätten aus Deutschland und der Schweiz erweitern den Horizont über die österreichischen Aktivitäten hinaus. Ein spezieller Schwerpunkt ist etwa dem Einsatz von Algen in Kosmetik und Pharmazie gewidmet. Hier wird beispielsweise über anti-inflammatorische Wirkstoffe oder die Produktion hochwertiger Inhaltsstoffe in sterilen Schneealgen-Kulturen berichtet.

Die Veranstaltung, an der auch eine Online-Teilnehme möglich ist, wird von der ÖGUT (Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik) und dem Kompetenzzentrum BEST organisiert und vom Klimaschutz-Ministerium unterstützt. Die Anmeldung ist noch bis 26. September möglich: www.nachhaltigwirtschaften.at/algen

 

Eine Vielfalt an Algenarten eröffnet der Biotechnologie zahlreiche neue Möglichkeit

September 12th

Großer Instandhaltungsauftrag für Bilfinger

Der Industriedienstleister Bilfinger hat einen Dreijahresvertrag über Instandhaltungsarbeiten am Standort Montrose (Schottland) des Pharmaunternehmens Glaxo Smith Kline (GSK) über rund 15 Millionen Euro erhalten.

Im Rahmen der Vereinbarung wird das Unternehmen Leistungen im Bereich der elektrischen Mess- und Steuertechnik (Gewerk E&I, „Electrical and Instrumentation“) sowie Zugangs-, Isolier- und Malerarbeiten erbringen. Mehr als 40 Bilfinger-Mitarbeiter werden direkt vor Ort in Montrose arbeiten, wo GSK pharmazeutische Wirkstoffe, unter anderem für HIV-, Atemwegs- und Kortikosteroid-Medikamente herstellt.

Der Vertrag enthält eine Option auf eine Verlängerung um zwei Jahre und wird von Bilfinger im Segment Engineering & Maintenance Europe verbucht. Die Pharmabranche sei ein strategischer Wachstumssektor für das Unternehmen mit Sitz in Mannheim, wurde Christina Johansson, CFO und Interim-CEO und von Bilfinger, in einer Aussendung zitiert. Man besitze langjährige Erfahrung in dieser Branche und sei bestens aufgestellt, um Pharma- Kunden Services aus einer Hand zu liefern, die den gesamten Lebenszyklus der Anlagen begleiten.

September 9th

Impfstofferzeugung: Produktion auf vollen Touren

Noch ist die COVID-19-Pandemie alles andere als bewältigt. Aber mittlerweile steht eine Reihe von Impfstoffen und Arzneien zu ihrer Bekämpfung zur Verfügung. Und deren Produktion wurde massiv gesteigert, hieß es bei einer Pressekonferenz der IFPMA.


„Die COVID-19-Pandemie ist weit davon entfernt, vorbei zu sein.“ Das betonte Rasmus Bech Hansen, der Mitbegründer und Chef von Airfinity, kürzlich bei einer Pressekonferenz der IFPMA, des globalen Verbandes der Pharmaindustrie. Airfinity ist einer der weltweit wichtigsten Anbieter von Daten zur COVID-19-Pandemie, insbesondere zur damit im Zusammenhang stehenden Erzeugung von Impfstoffen und Arzneimitteln. Hansen zufolge sind derzeit etwa 30 Prozent der Weltbevölkerung vollständig gegen das COVID-19-Virus SARS-CoV-2 geimpft: „Und die Impfungen wirken offenbar. In Ländern, in denen die Impfraten höher sind, sind im Gegenzug die Sterberaten niedriger.“ Was nun die globale Produktion der Vakzine betrifft, belief sich diese laut Hansen im August auf rund 6,12 Milliarden Dosen. Für das Gesamtjahr rechnet er mit etwa 12,23 Milliarden Dosen, für 2022 mit 24 Milliarden. Fast die Hälfte der heurigen Erzeugung dürfte auf die Mittel der chinesischen Pharmaunternehmen Cansino, Beijing/Sinopharm, Sinovac und Anhui Zhifei entfallen, konstatierte Hansen: „Die Chinesen habe ihre Erzeugung in einem sehr hohen Tempo ausgebaut. Mittlerweile sind sie führend, auch wenn es einige Fragen hinsichtlich ihrer Impfstoffe gibt.“ Unter den westlichen Konzernen sind Pfizer/Biontech und Astrazeneca hinsichtlich der Produktionsmengen führend und dürften dies zumindest bis Jahresende auch bleiben. Laut Hansen bestehen zwischen den Pharmafirmen mittlerweile 231 Vereinbarungen über die Erzeugung von COVID-19-Impfstoffen.

 

Angesichts der steigenden Erzeugungsmengen sieht es auch nicht schlecht aus, was die Verfügbarkeit in den Industriestaaten nicht benötigter Impfstoffdosen für wirtschaftlich schwächere Länder besteht. Selbst wenn die „Erste Welt“ massiv in die Drittimpfung geht, stehen heuer rund 1,2 Milliarden Dosen zur Weiterverteilung an die „Dritte Welt“ zur Verfügung. Keinen Anlass zur Sorge sollte laut Hansen auch die Wirksamkeit der Vakzine gegen die Delta-Variante von SARS-CoV-2 bieten. Sie liegt bei dem Impfstoff von Astrazeneca bei 65 Prozent, bei jenem von Pfizer/Biontech bei 77 Prozent und bei dem von Moderna bei 85 Prozent. Dazu kommt, dass etliche weitere Vakzine in Entwicklung sind, davon 38 in der Phase I, 14 in der Phase II und 29 in der Phase III. Im präklinischen Stadium befinden sich weitere 344 Impfstoffkandidaten. Was die weltweiten Marktanteile der zugelassenen Impfstoffe betrifft, liegt zurzeit Pfizer/Biontech mit rund 45 Prozent an der Spitze, gefolgt von Moderna und Astrazeneca mit jeweils etwa 18 Prozent, Johnson & Johnson mit 17 Prozent, Sputnik V mit zwei Prozent und Bharat mit einem Prozent. Ferner werden auch zunehmend Arzneimittel zur Behandlung von COVID-19 verfügbar, ergänzte Hansen. Die zurzeit zugelassenen acht Medikamente seien gewissermaßen „Hidden Heroes“: „Wir werden SARS-CoV-2 nicht ausrotten können. Aber wir können mancherlei dagegen tun.“

 

Schlaflose Nächte

 

Zuversichtlich gaben sich bei der Pressekonferenz denn auch die Führungspersönlichkeiten einiger großer Pharmakonzerne. Pfizer-Chef Albert Bourla etwa berichtete, sein Unternehmen habe geplant, heuer 1,3 Milliarden Dosen seines COVID-19-Impfstoffs herzustellen: „Tatsächlich dürften wir auf etwa drei Milliarden Dosen kommen, 2022 auf rund vier Milliarden.“ Auf die Frage, wie Pfizer das geschafft habe, antwortete Bourla: „Mit einer Unzahl schlafloser Nächte und der Anstrengung tausender Beschäftiger.“ Natürlich habe der Aufbau zusätzlicher Erzeugungskapazitäten auch eine Stange Geld gekostet. Und ein noch größeres Problem sei gewesen, die Rohstoffe für die Produktion der Vakzine zu beschaffen, nicht zuletzt infolge von Exportbeschränkungen und anderen Handelshindernissen. Aber letzten Endes habe alles bestens funktioniert: „Wir als Pharmabranche haben in Rekordzeit Impfstoffe und Medikamente entwickelt und deren Produktion hochgezogen.“ Als einen wesentlichen Grund für dieses Ergebnis bezeichnete Bourla die Zusammenarbeit von Unternehmungen, die sonst teils erbitterte Konkurrenten seien: „Wenn wir das bei COVID-19 konnten, sollten wir es bei der Bekämpfung anderer Krankheiten auch können, etwa bei Krebs.“ Entschieden verwahrte sich Bourla gegen die Vorhaltung, im August Preiserhöhungen angestrebt und angekündigt zu haben: „Ich habe nichts dergleichen getan. Und die Preise sind nicht gestiegen.“ Übrigens habe Pfizer rund 41 Prozent bzw. 1,3 Milliarden Stück der bisher erzeugten Impfstoffdosen an wirtschaftlich schwächere Länder geliefert. Im kommenden Jahr werde eine weitere Milliarde Dosen dorthin verfrachtet.

 

Gegen die Deltavariante entwickle Pfizer mit Biontech eine eigene Version seines Impfstoffs: „Wir sind aber nicht sicher, ob wir diese brauchen, weil die derzeit verfügbare Version diese Variante gut bekämpft.“ Grunsätzlich ergebe es keinen Sinn, für jede neue Mutation des Virus eine eigene Impfstoffversion zu schaffen: „Bei Delta haben wir das getan, weil sich diese Mutation innerhalb nur weniger Monate über die ganze Wel verbreitet hat.“

 

Warnung vor Kollateralschaden

 

Belén Garijo, die Vorsitzende der Geschäftsleitung des deutschen Pharmariesen Merck, stimmte Bourla weitgehend zu. Auch ihr Unternehmen habe seine Produktionskapazitäten „so schnell wie möglich ausgebaut und dafür viel Geld in die Hand genommen“. Und angesichts des Bedarfs an Impfstoffen sei die Nachfrage für die entsprechenden Rohmaterialien, aber auch für die Fabriksausrüstung, in die Höhe geschossen. Überdies habe ihr Konzern ebenso wie andere Pharmaunternehmen Etliches an Personal für den Betrieb der neuen Anlagen schulen müssen. Und Garijo fügte hinzu: „COVID-19 hat eine völlig neue wirtschaftliche Umwelt für die Pharma- und Ligfe-Sciences-Industrie geschaffen. Die Art, wie wir arbeiten und zusammenarbeiten, hat sich komplett geändern. Und ein Zurück in die Zeit vor der Pandemie gibt es nicht mehr.“ Als schwerwiegendes Problem erachtet Garijo, dass vor lauter COVID-19 die Bekämpfung anderer Krankheiten in den Hintergrund geriet: „Das ist ein Kollateralschaden, den wir keinesfalls unterschätzen dürfen.“

 

Volle Kapazität

 

Paul Stoffels, der Chief Scientific Officer von Johnson & Johnson, ergänzte, die Produktion von Impfstoffen sei „äußerst kompliziert und erfordert Erzeugungsschritte in aller Welt. Daher ist es notwendig, die Beschäftigten entsprechend auszubilden. Noch nie haben so viele Menschen in diesem Bereich gearbeitet.“ Sein Unternehmen arbeite mit Behörden in aller Welt zusammen, „um maximalen Schutz für die Bevölkerung gewährleisten zu können. Wir brauchen Kooperation mit den Regierungen, damit die Impfstoffe und die Produktionseinheiten so rasch wie möglich zugelassen werden können“. Die Politik sei gut beraten, die Industrie arbeiten zu lassen: „Dann wird es genug Impfstoff für alle geben.“

 

Laut Bill Anderson, dem Chef von Roche Pharmaceuticals, begann sein Unternehmen unmittelbar nach dem Ausbruch der Pandemie damit, zehn Medikamente auf ihre mögliche Wirksamkeit gegen SARS-CoV-2 zu testen: „Wir wussten ja nicht, welche Patienten auf welche Medikamente ansprechen und wie sie das tun. Und natürlich wollten wir nicht mehr Schaden anrichten als Nutzen zu bringen“. Mittlerweile fahre Roche alle Fabriken zur Erzeugung von Vakzinen und Arzneimitteln gegen SARS-CoV-2 mit voller Kapazität. Aber die Produktion dieser Mittel sei technisch nun einmal anspruchsvoll und aufwendig: „Das kann man nicht in jedem kleinen Betrieb machen.“ Und Anderson betonte: Bei der Bereitstellung der Impfstoffe und sonstigen Medikamente habe sich Roche „immer am Bedarf der Patienten orientiert und an nichts Anderem“.

 

 

 

 

September 3rd

EU-Kommission: Einigung mit Astrazeneca

Die rechtlichen Auseinandersetzungen über die Lieferung des COVID-19-Impfstoffs Vaxzevia sind beigelegt. Bis Ende des ersten Quartals 2022 erhält die EU 200 Millionen weitere Dosen. Für den Fall von Verzögerungen sind Strafen vorgesehen.

 

Der Rechtsstreit zwischen der EU-Kommission und dem britisch-schwedischen Pharmakonzern Astrazeneca ist beendet. Das teilten die Kommission sowie der Konzern in getrennten, jedoch inhaltlich weitestgehend gleichlautenden, Aussendungen mit. Diesen zufolge verpflichtet sich Astrazeneca, bis Ende des ersten Quartals 2022 weitere 200 Millionen Dosen seines COVID-19-Impfstoffs Vaxzevria an die EU zu liefern. Davon sind 135 Millionen Dosen bis Ende 2021 fällig, die verbleibenden 65 Millionen im ersten Quartal 2022. Unter Berücksichtigung der bereits gelieferten 100 Millionen Dosen würde die EU damit von Astrazeneca die ursprünglich vereinbarte Menge von 300 Dosen erhalten.

 

Vorgesehen in der nun erzielten Einigung sind Strafzahlungen bei verzögerter Lieferung. Diese belaufen sich auf zehn Prozent der Kosten jeder zu liefernden Dose bei einmonatiger Verzögerung, auf 25 Prozent bei um zwei Monate und auf 40 Prozent bei um drei Monate verspäteter Lieferung. Nicht zu bezahlen sind die Strafen im Falle von Umständen höherer Gewalt. Als Voraussetzung für die rechtzeitige Lieferung gilt weiters, dass die European Medicines Agency (EMA) Astrazeneca bis Ende Oktober die Betriebsgenehmigung für zwei in Fertigstellung befindliche Impfstofffabriken erteilt.

 

EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides konstatierte, die Impfquoten der einzelnen EU-Mitgliedsstaaten seien höchst unterschiedlich: „Daher ist es wichtig, dass genug Impfstoff verfügbar ist, inklusive dessen von Astrazeneca.“ Seitens Astrazeneca verlautete Executive Vice President Ruud Dobber, er sei froh über die Einigung mit der EU-Kommission. Bis dato habe sein Unternehmen mit den an die EU gelieferten Dosen von Vaxzevira keinen Gewinn erzielt. Insgesamt seien 1,1 Milliarden Dosen des Vakzins an 170 Länder geliefert worden, davon zwei Drittel an wirtschaftlich schwächere.

 

Ein Brüsseler Gericht hatte Astrazeneca am 18. Juni erstinstanzlich dazu verurteilt, bis spätestens Ende September mindestens 50 Millionen Dosen von Vaxzevira an die EU zu liefern. Für den Fall der Verfehlung dieses Zieles ordnete das Gericht Strafzahlungen an. Der Konzern lieferte die geforderte Menge bereits Ende Juni. Somit ist die Strafdrohung hinfällig.