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October 31st

AOP Orphan nimmt eigene Verpackungsanlage in Betrieb

Das auf seltene Erkrankungen spezialisierte Unternehmen AOP Orphan nimmt eine neue Verpackungsanlage in Wien in Betrieb.

Bisher hatte das Unternehmen die Fertigstellung und Verpackung der produzierten Arzneimittel bei Partnerfirmen in Auftrag gegeben. Angesichts der im Bereich seltener Erkrankungen oft nur sehr kleinen Chargen – von manchen Therapien werden nur 5.000 Packungen pro Jahr benötigt werden, wie AOP Orphan in einer Aussendung bekanntgab – sei man hier gegenüber großen Pharmakonzernen im Nachteil und habe mit langen Wartezeiten zu rechnen.

Um an Flexibilität zu gewinnen, habe man sich daher zur Investition in eine eigene Verpackungsanlage entschlossen. „Durch die eigene Verpackungsanlage in Wien können wir in Zukunft Medikamente dann verpacken, wenn sie gebraucht werden – auch in extrem geringer Stückzahl“, wird Agnes Kohl zitiert, die bei AOP Orphan als COO fungiert.

Nach Zertifizierung der im 19. Wiener Gemeindebezirk gelegenen Anlage durch die AGES sollen fünf Arzneimittel für seltene Erkrankungen und zwei für den Einsatz in der Intensivmedizin hier verpackt werden. Eines davon wird beispielsweise zur Behandlung Pulmonal-arterieller Hypertonie (PAH) eingesetzt – einer Erkrankung mit langwieriger Diagnose, bei der es oft lang dauere, eine passende Medikation zu finden, wie das Unternehmen betonte. Die Verfügbarkeit eines Arzneimittels sei für Patienten mit diesem Krankheitsbild besonders wichtig.

 

 

October 13th

Lob und Tadel für Pfandsystem

Nach dem Ministerratsbeschluss sind die Positionen der Befürworter und Gegner weiterhin unverändert. Immerhin betonen alle, gesprächsbereit zu sein und an der Umsetzung treulich mitwirken zu wollen.

 

Mit 1. Jänner führt Österreich ein Pfand für Einweggetränkeverpackungen ein. Das beschloss die Regierung Schallenberg I in ihrer ersten Ministerratssitzung am 13. Oktober. Umweltministerin Leonore Gewessler wurde ermächtigt, in Abstimmung mit Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck eine Verordnung auf Basis des Abfallwirtschaftsgesetzes zu erlassen, die die Details regelt. Laut dem Beschluss geht es dabei vor allem um „die Produktgruppe, die Art des Materials, die Organisation, die Material- und Finanzflüsse, die koordinierende Stelle und deren Aufgaben, die Pfandhöhe, die Kennzeichnung, die Registrierung der Beteiligten und der Produkte, die zu übermittelnden Daten und Intervalle, die Verwendung der nicht ausbezahlten Pfandbeträge (Pfandschlupf) und die Rücknahmepflicht der Letztvertreiber“.

 

Der Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO) begrüßte den Beschluss. Helmut Schwarzl, der Obmann der Sparte Kunststoffindustrie im FCIO, bezeichnete das Pfand als „wichtiges Element zum Ausbau der Kunststoff-Kreislaufwirtschaft. Diese Maßnahme bewirkt, dass künftig mehr sortenreine Abfälle zur Wiederverwertung bei den Verpackungsherstellern zur Verfügung stehen. Bisher ist der Mangel an hochwertigem, wiederverwertbarem Material für die Neuproduktion eines der Haupthindernisse für die Erreichung der angestrebten Recyclingquoten“. Die Einführung des Pfands sei „einer von vielen notwendigen Schritten hin zu einer umfassenden Kreislaufwirtschaft, die wir als Win-win-Lösung für Umwelt- und Klimaschutz sehen. Denn Recycling vermeidet nicht nur Abfälle, sondern es werden damit beträchtliche Ressourcen eingespart und Treibhausgase um die Hälfte reduziert“. Die Kunststoffbranche werde sich „jeden Fall weiterhin konstruktiv in die Diskussionen einbringen, um Österreich zum internationalen Vorreiter im Bereich der Kreislaufwirtschaft zu machen“. Schwarzl zufolge dient das Pfand auch der Bewusstseinsbildung. Wer für die Rückgabe einer Getränkeverpackung Geld bekomme, habe eine Motivation, diese nicht achtlos wegzuwerfen.

 

Erfreut zeigte sich auch die ÖGP Pfandsystemgesellschaft GmbH. Ihr Geschäftsführer Christian Abl sprach von einer „Revolution in der österreichischen Kreislaufwirtschaft“ und dem „Startschuss für ein modernes Recyclingkonzept für alle Verpackungen in Österreich“. Nur mithilfe des Pfands könne Österreich die Kreislaufwirtschaftsziele der Europäischen Union erreichen „und den ökologischen Ansprüchen einer modernen europäischen Gesellschaft gerecht werden“. In Österreich würden zurzeit etwa 70 Prozent der Einweg-Getränkeverpackungen gesammelt: „In den europäischen Ländern mit einem Einwegpfandsystem beträgt die Sammelquote hingegen durchschnittlich 91 Prozent. Zehn europäische Länder (Norwegen, Island, Schweden, Finnland, Dänemark, Niederlande, Estland, Litauen, Deutschland, Kroatien) betreiben bereits Einwegpfand-Systeme, heuer werden sie auch in Malta und in Schottland in Betrieb genommen.“ Abl empfahl, das Pfandsystem nicht auf den Handel zu beschränken, sondern es auch „in anderen öffentlichen Räumen und bei Veranstaltungen“ einzuführen.

 

„Praxistauglich umsetzen“

 

Kritik übte dem gegenüber der neue Leiter der Abteilung Energie- und Umweltpolitik in der Wirtschaftskammer (WKÖ), Jürgen Streitner. Ihm zufolge steht der ökologische Nutzen des Pfands in keinem vernünftigen Verhältnis zum Aufwand. Wichtig sei nun eine „praxistaugliche Umsetzung“. Geboten sei die Rücksichtnahme auf die Lage kleinerer Einzehändler und Gewerbebetriebe, die aus Platzmangel keine Rücknahmeautomaten aufstellen könnten. Freilich: Gewessler hatte stets betont, es werde für solche Fälle Ausnahmen geben. Der klassische Greisler ums Eck könne die Verpackungen auch händisch zurücknehmen. Einen Automaten brauche er nicht.

 

Ähnlich wie Streitner argumentierte die Altstoff Recycling Austria AG (ARA), die sich lange Zeit heftig gegen das Einwegpfand gewehrt hatte. Werde das Pfand nur auf Getränkeflaschen aus Plastik eingeführt, bringe das wenig: Gemäß den EU-Vorgaben müssten 2025 rund 150.000 Tonnen an Kunststoffverpackungen recycliert werden. Derzeit seien es etwa 75.000 Tonnen pro Jahr. Mit dem Pfand kämen maximal 8.000 bis 10.000 Tonnen dazu. Um die von den Pfandgegnern oft genug ins Treffen geführten Kleinhändler zu entlasten, habe die ARA gemeinsam mit dem Abfallwirtschaftskonzern Saubermacher eine App entwickelt. Wer diese installiere, könne an der Verpackung angebrachte Barcodes einscannen und „bei fachgerechter Entsorgung“ eine Prämie bekommen. Damit spare sich der Handel das Aufstellen von Rückgabeautomaten.

 

 

October 7th

Chemie-Nobelpreis: Katalyse abseits von Metallen und Enzymen

Den Nobelpreis für Chemie 2021 teilen sich der Deutsche Benjamin List und der Brite David McMillan, die unabhängig voneinander die Idee hatten, kleine organische Moleküle als Katalysatoren einzusetzen.

Katalyse ist eines der Grundprinzipien, um chemische Reaktionen zu verstehen und ihr Ergebnis gezielt zu designen. Der Begriff geht auf den schwedischen Chemiker Jöns Jakob Berzelius zurück, der damit 1835 eine Reihe von Beobachtungen zusammenfasste, bei denen ein Stoff eine Reaktion ermöglichte, ohne selbst daran teilzunehmen. Die bekanntesten Vertreter solcher Katalysatoren sind Oberflächen fester Metallpartikel, organische Komplexe, in die Metallatome eingebaut sind, oder aber Enzyme, die man in biologischen Systemen findet.

Von letzteren bezog Benjamin List, einer der diesjährigen Chemie-Nobelpreisträger seine Inspiration, zu dieser Reihe eine neue Klasse hinzuzufügen. Die Protein-Makromoleküle der biologischen Katalysatoren bestehen aus einer langen Kette von Aminosäuren, die sich zu einer präzise definierten dreidimensionalen Struktur falten. Was List, der nach der Promotion an der Universität Frankfurt am Scripps Research Institute in Kalifornien arbeitete, auffiel, ist, dass oft nur wenige Aminosäuren das eigentliche katalytische Zentrum eines Enzyms bilden – was die Frage aufwarf: Können sie dies auch, ohne in ein Protein eingebaut zu sein. List testete diese Hypothese mit der Aminosäure Prolin, die sich als erstaunlich guter Katalysator für eine Aldolreaktion entpuppte.  

 

Klein und hochfunktionell

Zu selben Zeit – kurz vor der Jahrtausendwende – beschäftigte sich auch der zweite Laureat, David McMillan, an der University of California in Berkeley mit Mechanismen der Katalyse. McMillan schwebte vor, kleinen organische Moleküle zu finden, die die Eigenschaft metallischer Katalysatoren, Elektronen aufnehmen oder abgeben zu können, teilen – aber nicht so empfindlich gegenüber Sauerstoff und Feuchtigkeit sind. Er identifizierte Iminium-Ionen (organische Kationen, die als Intermediate bestimmter Reaktionen auftreten) als Strukturelemente, die das leisten.

Beide Fundstücke – die chirale Aminosäure Prolin und die durch voluminöse organische Reste entsprechend substituierten Iminium-Ionen brachten eine weitere, höchst erwünschte Funktionalität mit: Sie ermöglichten die Synthese einer der beiden spiegelbildlichen Isomere (Enantiomere) von asymmetrisch gebauten Molekülen. Das von List und McMillan gefundenen Vorgehensweise erhielt daher bald den Namen asymmetrische Organokatalyse.

 

Effiziente Wirkstoffsynthese

Seit dem Jahr 2000 boomt diese Forschungsrichtung, in der die beiden Nobelpreisträger bis heute eine führende Rolle innehaben, die zum Auffinden zahlreicher weiterer katalytischer Molekülstrukturen führte. Vielfach sind mithilfe der Organokatalyse komplizierte Reaktionen in viel weniger Schritten durchführbar als herkömmlich. Für die Synthese pharmazeutischer Wirkstoffe ist die Selektivität für eine der beiden spiegelbildlichen Formen von zentraler Bedeutung. Das Antidepressivum Paroxetin und die antiviral eingesetzte Substanz Oseltamivir sind nur zwei Beispiele von Molekülen, deren Produktion auf diesem Wege vereinfacht werden konnte.  

 

 

October 6th

Physik-Nobelpreis: Ganz schön komplex, das Klima

Der Physik-Nobelpreis 2021 wird an drei Personen vergeben: Eine Hälfte teilen sich Syukuro Manabe und Klaus Hasselmann, die Grundlagen zur Modellierung des Weltklimas erarbeiteten. Die andere Hälfte erhält Giorgio Parisi für grundlegende Beiträge zur Theorie komplexer Systeme.

Die Erforschung komplexer Systeme ist heute einer der wichtigsten transdisziplinären Werkzeugkästen, dessen „Instrumente“ in so unterschiedlichen Wissenschaftszweigen wie Ökologie, Physik kondensierter Materie, Ökonomie oder Epidemiologie zur Anwendung kommen. Das rührt daher, dass in all diesen Disziplinen Modelle vorkommen, die gemeinsame Eigenschaften besitzen und daher mit denselben mathematischen und numerischen Methoden untersucht werden können.

Eines der Fachgebiete, die davon am meisten profitieren, ist die Klimaforschung. In den 1960er-Jahren wagte man sich zum ersten Mal daran, Aspekte des komplexen Geschehens in der Erdatmosphäre mit mathematischen Gleichungen zu modellieren. Der japanische Meteorologe Syukuro Manabe ging nach seiner Promotion an der Universität Tokyo in die USA und arbeitete hier an der Abteilung „General Circulation Research“ des U.S. Weather Bureau. Dort dachte er sich ein Modell aus, das den Einfluss der Sonnenstrahlung, des Atmosphärenzusammensetzung und des konvektiven Massetransports in einer Dimension berücksichtigt. Schon diese einfache Karikatur des Weltklimas zeigte, dass der Gehalt an CO2 einen deutlichen Einfluss auf den Temperaturverlauf in verschiedene Schichten der Atmosphäre hat. Mitte der 1970er-Jahre konnte in einem auf drei Dimensionen erweiterten Modell bestätigt werden: Je mehr CO2 in der Atmosphäre, desto wärmer auf der Erdoberfläche.

 

Wetter und Klima: verknüpft und doch nicht gleich

Betrachtet die Forschung das Klima, sieht sie im Vergleich zum Wettergeschehen von kurzzeitigen Schwankungen ab. Der langfristige Verlauf von Durchschnittswerten ist dabei wesentlich stabiler als deren tägliche Fluktuationen und kann daher auch besser prognostiziert werden. Klaus Hasselmann, der sich die Hälfte des diesjährigen Physik-Nobelpreises mit Manabe teilt, hat wesentlich dazu beigetragen, diese Dinge in den Modellen auseinanderzuhalten. Der deutsche Physiker und langjährige Direktor des Max-Planck-Instituts für Meteorologie in Hamburg entwickelte 1976 ein stochastisches Klimamodell, das die auf kurzen Zeitskalen auftretenden Schwankungen als zufälliges Rauschen („Noise“) behandelte und sie so von der langfristigen klimatischen Entwicklung unterscheidbar machte. Auf diese Grundlage konnte er aufbauen, um verschiedene Einflussfaktoren auf das Klima durch sogenannte „Fingerprints“ voneinander differenzieren zu können. Auf dieser Weise konnte auch der Einfluss menschlicher Aktivitäten (vor allem der Emission von Treibhausgasen) gegenüber natürlichen Ursachen (Schwankungen der Sonneneinstrahlung, vulkanische Partikel in der Atmosphäre) deutlicher herausgearbeitet werden.

 

Spingläser und andere komplexe Systeme

Auf einer grundsätzlicheren Ebene setzte sich Giorgio Parisi mit komplexen Systemen auseinander, der die zweite Hälfte des Physik-Nobelpreises 2021 erhält. Eines seiner Lieblings-Spielzeuge fand er in sogenannten Spingläsern – speziellen Metalllegierungen, bei denen Atomen unterschiedlicher magnetischer Eigenschaften in ungeordneter, glasartiger Anordnung vorliegen. In solchen Systemen kann das Phänomen der „geometrischen Frustration“ auftreten, das ein Vorliegen metastabiler Zustände ermöglicht. Parisi führte eine neue theoretische Behandlung solcher Systeme ein, die den mathematischen Begriff der „ultrametrischen Struktur“ verwendet und zahlreiche Anwendungen gefunden hat, die über Spingläser weit hinausreichen. Gemeinsam ist den betrachteten Modellen aus Physik, Biologie, Neurowissenschaften und der Erforschung künstlicher Intelligenz dabei stets, dass zufällige Prozesse eine entscheidende Rolle bei der Ausbildung von Strukturen spielen.