Archive - Sep 22, 2021

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Ökosoziale Steuerreform: IV fordert Erleichterungen

Die Senkung des KöSt-Satzes, die fiktive Eigenkapitalverzinsung sowie die Rückführung staatlicher Einnahmen aus der CO2-Bepreisung gehören zu den Anliegen der Industriellenvereinigung, verlauten Präsident Georg Knill und Generalsekretär Christoph Neumayer.

 

Ihre Forderungen hinsichtlich der angekündigten „ökosozialen Steuerreform“ präsentierten der Präsident der Industriellenvereinigung (IV), Georg Knill, und Generalsekretär Christoph Neumayer am 22. September in Wien. Die meisten der Anliegen haben mit der geplanten Ökologisierung des Steuersystems nichts zu tun, sondern sind Anliegen, die die IV seit langem vertritt. So forderte Knill einmal mehr die Senkung des Körperschaftssteuersatzes von derzeit 25 auf 21 Prozent. Diese müsse 2022 wirksam werden, betonte Knill: „Es wird wieder Krisen geben. Daher brauchen wir die Kraft des Eigenkapitals.“ Und genau dessen Stärkung diene die Senkung des KöSt-Satzes. Sie stehe im übrigen im Regierungsprogramm: „Wir gehen davon aus, dass sich die Regierung selbstverständlich daran hält.“ Ebenfalls der Stärkung des Eigenkapitals dient dem IV-Präsidenten zufolge die gleichfalls geforderte „Einführung fiktiver Eigenkapitalzinsen als Betriebsausgabe“. Dabei geht es um Folgendes: Für Fremdkapital müssen die Unternehmen Zinsen bezahlen, für Eigenkapital verständlicherweise nicht. Laut IV sollen sie künftig jedoch so tun dürfen, als müssten sie für das Eigenkapital ebenso Zinsen bezahlen wie für das Fremdkapital. Diese fiktiven Zinsen könnten sie von der Steuer absetzen. Weiters verlangte Knill die Einführung eines „COVID-19-Bonusses“ ähnlich dem „Corona-Bonus“, der 2020 galt. Das würde bedeuten, den Mitarbeitern eine Prämie von bis zu 3.000 Euro steuerfrei bezahlen zu können. Auf der Wunschliste der IV steht ferner die Einführung einer Behaltefrist von zwölf Monaten auf Aktien und sonstige Wertpapiere. Nach Ablauf dieser Frist sollen diese steuerfrei verkauft werden dürfen.

 

Und schließlich verlangt die IV, dass Unternehmen, die am europäischen Emissionshandelssystem (EU-ETS) teilnehmen müssen, aus einer allfälligen künftigen Besteuerung von CO2-Emissionen ausgenommen werden. „Die Unternehmen zahlen jetzt schon 300 Millionen Euro pro Jahr für die Emissionszertifikate“, betonte Knill. Dieser Betrag müsse „zweckgebunden“ und an die Industrie zurückgeführt werden. Allerdings werden die 300 Millionen Euro im Wesentlichen von der Energiewirtschaft aufgebracht. Im Gegensatz zu dieser erhalten die Industriebetriebe im Zuge der sogenannten Carbon-Leakage-Bestimmungen erhebliche Mengen an Zertifikaten kostenlos, mit der Begründung, sie stünden im internationalen Wettbewerb. Vom Chemiereport auf diesen Sachverhalt hingewiesen, beschied Knill wenig erfreut: „Ich sehe die Energiewirtschaft als Teil der Industrie.“

 

Orientierung an Deutschland 

Wie auch immer: Hinsichtlich einer CO2-Besteuerung bzw. -Bepreisung sollte sich Österreich der IV zufolge an der „deutschen CO2-Bepreisung“ orientieren. Allerdings müsse der CO2-Preis niedriger sein als in Deutschland, betonte Knill. Dort beläuft sich der Preis im Rahmen des mit Jahresbeginn 2021 eingeführten innerdeutschen Emissionshandels auf 25 Euro pro Tonne emittierten Kohlendioxids. Dies gilt bis Ende 2024. Für das Jahr 2025 wurde ein Festpreis von 55 Euro je Tonne fixiert. Ab 2026 werden die Emissionszertifikate, die jeweils eine Tonne CO2 repräsentieren, versteigert. Für das Jahr 2026 selbst gilt ein „Preiskorridor“ von 55 bis 65 Euro je Zertifikat bzw. Tonne. Zum Vergleich: An der deutschen Energie- und CO2-Zertifikate-Börse EEX werden Emissionszertifikate zurzeit um etwa 60 Euro gehandelt. Futures für das Jahr 2026 sind um rund 64 Euro zu haben.

 

Allerdings halten Klimawissenschaftler wie Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK Potsdam) wesentlich höhere Preise für erforderlich, um die Emissionen ausreichend zu beschränken. Sie gehen von etwa 200 Euro pro Tonne aus. Ihnen zufolge ist dies notwendig, um den Anstieg der weltweiten Durchschnittstemperatur auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, wie dies das bekannte Klimaabkommen von Paris von Dezember 2015 vorsieht. Von Chemiereport darauf angesprochen, beschied Knill, China wolle 300 weitere Kohlekraftwerke an seine Stromnetze anschließen. Und was Österreich betreffe, zweifle er daran, dass es gelingen werde, die Ökostromproduktion bis 2030 um rund 27 Terawattstunden oder etwa 50 Prozent zu steigern, wie dies das im Sommer beschlossene Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) vorsieht.