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„Erneuerbare-Gase-Gesetz“: Positive Reaktionen

Der seit langem erwartete Entwurf wird weitgehend wohlwollend zur Kenntnis genommen. Verbesserungsbedarf in einigen wesentlichen Punkten sieht die Gaswirtschaft. 


Weitgehend positiv fallen die ersten Reaktionen zum Entwurf des „Erneuerbare-Gase-Gesetzes“ (EGG) aus. Klima- und Energieministerin Leonore Gewessler sowie Landwirtschaftsminister Norbert Totschnit hatten den Entwurf bekanntlich Mitte Feber zur Begutachtung ausgesandt. Stellungnahmen sind bis Ablauf des 29. März möglich. Laut dem Ministerratsvortrag soll das EGG „sicherstellen, dass 2030 mindestens 7,5 Terawattstunden (TWh) grünes Gas zum Einsatz kommen. Eine jährliche Quote für Versorger wird dabei die notwendige Investitionssicherheit für österreichische Unternehmen gewährleisten“. Diese Quote beträgt im kommenden Jahr 0,7 Prozent der an Endverbraucher abgegebenen Menge und steigt bis 2030 auf 7,7 Prozent an. Nachzuweisen haben die Versorger die Erfüllung ihrer jeweiligen Quoten dem Entwurf zufolge „mittels Herkunftsnachweisen mit Grüngassiegel oder Grünzertifikaten mit Grüngassiegel“ gemäß dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG). Die Austrian Gas Clearing and Settlement AG (AGCS) hat in ihrer Eigenschaft als Bilanzgruppenkoordinator der Regulierungsbehörde E-Control „bis zum letzten Tag im Februar jeden Jahres die von Versorgern an Endverbraucher in Österreich im Vorjahr verkauften Gasmengen und die auf deren Basis zu berechnende und von den Versorgern zu erreichende Grün-Gas-Quote zu melden. Die Versorger haben dem Bilanzgruppenkoordinator alle Unterlagen vorzulegen, die erforderlich sind, um die Richtigkeit der Angaben überprüfen zu können“. Verfehlt ein Versorger seine Quote, hat er eine Ausgleichszahlung zu leisten. Sie beläuft sich bis einschließlich 2026 auf 18 Cent je zu wenig eingespeister Kilowattstunde (kWh), danach auf 20 Cent. Gewessler und Totschnig können im Einvernehmen per Verordnung höhere Ausgleichszahlungen festlegen. 

 


Weiters sieht der Entwurf des EGG vor, bis 2040 eine jährliche Grüngaseinspeisung von mindestens 15 TWh zu erreichen. Zu diesem Zweck haben die Klima- und Energieministerin sowie der Landwirtschaftsminister Quoten in angemessener Höhe zu verordnen. Die Kosten für die Endkunden von den Haushalten bis zur Industrie beziffern die beiden Ministerien, abhängig von den Großhandelspreisen für Erdgas, mit 90 bis 266 Millionen Euro für den Zeitraum 2024 bis 2030. 

 

„Misthaufen statt Bohrtürme“ 

 

In einer Aussendung stellten das Klima- und Energieministerium (BMK) sowie das Landwirtschaftsministerium (BML) fest, das sogenannte „grüne“ Gas könne „das aus Ländern wie Russland importiert werden muss, ersetzen. Es eignet sich deshalb für den Einsatz in Bereichen, in denen Gas nicht durch bessere Alternativen ersetzt werden kann. Dazu gehören etwa Hochtemperaturanwendungen in der Industrie. So leistet Biogas einen wichtigen Beitrag zur Unabhängigkeit unseres Energiesystems“. Indirekt wiederholt die Regierung damit ihre bekannte Position: Der Einsatz der „grünen“ Gase, also Biogas und Biomethan, zu Heizzwecken, ist nicht vorgesehen. Ergänzend hieß es in der Aussendung, Biogas werde „in entsprechenden Anlagen aus Holzresten, landwirtschaftlichen Abfällen oder auch Biomüll durch einen chemischen Prozess erzeugt. Dabei wird über den gesamten Prozess gleich viel klimaschädliches CO2 gebunden, wie bei der Verbrennung erzeugt wird. Biogas verursacht also keine zusätzlichen klimaschädlichen Emissionen“. Die These der CO2-Neutralität gilt allerdings seit längerem als umstritten, nicht zuletzt auf der Ebene der Europäischen Union. 


Dessen ungeachtet konstatierte Gewessler, die Bundesregierung wolle auch heuer daran arbeiten, „die Energieunabhängigkeit zu stärken und die Energiewende zu. Indem wir die heimische Biogasproduktion bis 2030 auf 7,5 TWh ausbauen, leisten wir dazu einen wichtigen Beitrag. Denn mehr Biogas aus Österreich bedeutet weniger Erdgas aus Russland“. Das EGG mache „die Misthaufen in Österreich zu Kraftwerken.Wir können aus Holzresten, aus landwirtschaftlichen Abfällen oder aus dem Biomüll grünes Gas produzieren und damit unsere Industrie versorgen“.


Totschnig ergänzte, mit dem Gesetz zünde Österreich „den Turbo für Biogas aus Österreich und sichern unsere Energieversorgung weiter ab. Biogas ist ein Schlüsselfaktor für die Energiewende. Es schafft weniger Abhängigkeit von fossilen Importen, mehr Klimaschutz sowie Wertschöpfung für unsere Regionen. Angesichts der geopolitischen Lage gilt es mehr denn je das verfügbare Potenzial auf unseren Bauernhöfen weiter auszubauen. Mit dem Erneuerbaren-Gase-Gesetz setzen wir auf den Misthaufen, statt auf den Bohrturm und schaffen die Basis, um Holzreste, Gülle und andere biogene Reststoffe künftig energetisch besser zu nutzen“. 

 

„Regierung meint es ernst“ 
    

Erfreut zeigte sich der Kompost- und Biogasverband. Ihm zufolge soll mit dem Entwurf „endlich der von der Branche lange ersehnte und notwendige Rechtsrahmen zur Produktion und Einspeisung von Grüngas vorgegeben werden. Durch die geplante Quotenregelung und dem im Entwurf festgelegten Hochlauf der Grüngasproduktion entsteht auch die nötige Planungssicherheit für die Produzenten. Die Erneuerbare-Gase-Branche steht bereit, ihren Beitrag zur Energiewende zu leisten und eine wesentliche Rolle bei der Transformation des Energiesystems im Gasbereich einzunehmen“. Allerdings räumte der Verband ein, dass die derzeitige Produktion von Biogas eher bescheiden ausfällt: Gerade einmal 15 Anlagen im gesamten Bundesgebiet speisen den Stoff, aus dem Gewesslers Unabhängigkeitsträume sind, in die öffentlichen Gasnetze ein. 


Den Branchenverband ficht das indessen nicht an. Ihm zufolge sollte „die Umstellung bestehender Biogasanlagen auf die Gasnetzeinspeisung der nächste Schritt sein und sicherstellen, dass die Quotenverpflichtung von Beginn an erzielbar ist. In weiterer Folge sollen auch Anlagen aus fester Biomasse Biomethan und Anlagen zur Produktion von grünem Wasserstoff dazu kommen und erneuerbare Gase in Österreich erzeugen“. Verbandsobmann Norbert Hummel verwies auf die Ankündigung der Regierung bei ihrer Klausur in Mauerbach zu Jahresbeginn, das EGG ehestmöglich auf den Tisch zu legen: „Dass das Gesetz nun, innerhalb kurzer Zeit nach der Regierungsklausur im Jänner, in Begutachtung geht, zeigt, dass die Regierung es ernst meint. Jetzt gilt es, dieses Tempo beizubehalten und das Gesetz rasch zur Beschlussfassung im Parlament zu bringen. Dann kann der Markthochlauf endlich beginnen.“


Ähnlich äußerte sich die Geschäftsführerin des Dachverbands Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ), Martina Prechtl-Grundnig. Ihr zufolge sind „grüne“ respektive „erneuerbare“ Gase „ein gewichtiger Faktor für Österreichs Energiewende und die Energiesicherheit hierzulande. Sie können die Abhängigkeit Österreichs von fossilen Gasimporten massiv reduzieren“. Prechtl-Grundnig ergänzte, allein Biomethan könne mittelfristig bis zu 20 Prozent des österreichischen Jahreabedarfs an Erdgas decken. Daher „müssen wir alles daransetzen, die heimischen Potenziale an erneuerbarer Energie, und damit auch an erneuerbaren Gasen, zu realisieren“. Und dafür seien selbstverständlich entsprechende Rahmenbedingungen notwendig. 

 

Quotenmodell „schade“ 

 

Stichwort Rahmenbedingungen: Diese urgierte auch Peter Weinelt, der Obmann des Fachverbands Gas Wärme (FGW). Und er ließ Kritik an dem Entwurf anklingen. Es sei „schade, dass die Regierung beim Heben der Grün-Gas-Potentiale auf ein Quotenmodell mit einer Lieferantenverpflichtung setzt, anstatt auf ein kostengünstigeres Marktprämienmodell, wie es auch beim Ausbau von Ökostrom angewendet wird“. Jedenfalls müsse die Regierung den EGG-Entwurf in einigen wesentlichen Punkten noch nachbessern. Die Ausgleichszahlung von 20 Cent/kWh sei „überhöht“ und „nicht sachgerecht“. Ferner plädierte Weinelt im Namen des FGW „dafür, sich bei der Zielsetzung an das Regierungsprogramm zu halten und spätestens ab 2030 Grüne Gase aus dem In- und Ausland für die Quotenerfüllung zuzulassen. Nur so ist sicherzustellen, dass die heimische Industrie und unsere Haushalte mit leistbarem klimaneutralem Gas versorgt werden können“. Zu guter Letzt verlangte der FGW-Obmann, „die im Erdgasabgabengesetz vorgesehene Befreiung für Biogas von der Erdgasabgabe und der CO2-Steuer“ endlich umzusetzen. Grundsätzlich sieht die Gasbranche den EGG-Entwurf aber positiv, stellte Weinelt klar: „Als FGW begrüßen wir den Vorstoß der Politik, den im Regierungsprogramm angekündigten Ausbau von grünem Gas voranzutreiben.“

 


Auch die Industriellenvereinigung (IV) begrüßte den Entwurf. „Nun ist es aber wesentlich, dass Verfügbarkeit und Leistbarkeit von grünen Gasen langfristig gewährleistet werden“, betonte Generalsekretär Christoph Neumayer.