Archive - Apr 2023

Datum
  • Alles
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
  • 6
  • 7
  • 8
  • 9
  • 10
  • 11
  • 12
  • 13
  • 14
  • 15
  • 16
  • 17
  • 18
  • 19
  • 20
  • 21
  • 22
  • 23
  • 24
  • 25
  • 26
  • 27
  • 28
  • 29
  • 30

April 26th

Arzneimittelrecht: Pharmig kritisiert EU-Kommission

Die Vorschläge zur Reform sind nicht praxistauglich, stellt der Pharmaindustrieverband fest. Die EU-Gesundheitspolitiker geben sich dagegen überzeugt von ihren Ideen. 

 

Wenig Freude mit den am 26. April präsentierten Vorschlägen der EU-Kommission zur Reform des europäischen Arzneimittelrechts hat der österreichische Pharmaindustrieverband Pharmig. Ihm zufolge sollte die Reform dazu dienen, „um die Arzneimittelforschung voranzutreiben und den Zugang zu neuen wie bewährten Arzneimitteln sicherzustellen“. Dem werde der Vorschlag jedoch nicht gerecht. Im Gegenteil zwänge er die Pharmabranche „in ein Korsett aus Restriktionen und Verschärfungen. Dadurch sind negative Effekte auf den Forschungs- und Produktionsstandort Europa und ebenso auf die Versorgung mit Arzneimitteln zu befürchten“, hieß es in einer Aussendung. 

 

Etliche der geplanten Vorgaben könne die Industrie nicht umsetzen. Die EU-Kommission erschwere es den Unternehmen noch mehr als bisher, neue Medikamente zu entwickeln. Unter anderem „verwebe“ die Kommission die Bereiche Marktzugang und Anreize unnötig stark miteinander, verkürze Datenschutzfristen für innovative Arzneimittel oder führe für deren Geltungsdauer neue Kriterien ein. Das Problem: Ob ein Unternehmen ein Präparat innerhalb eines bestimmten Zeitraums in allen EU-Mitgliedsstaaten auf den Markt bringen könne, hänge nicht allein von ihm ab. 

 

Nicht zuletzt deshalb könne der Vorschlag der EU-Kommission in der Praxis nicht funktionieren, konstatierte Pharmig-Generalsekretär Alexander Herzog: „Unternehmen werden ihren Fokus dorthin richten, wo sie für ihre Forschung, den Marktzugang und die Produktion förderliche Rahmenbedingungen vorfinden. In vielen Bereichen sind die USA hier bereits Vorreiter, China holt mit großen Schritten auf. Europa dagegen scheint alles daran zu setzen, es diesen beiden Regionen möglichst leicht zu machen, weiter vorzupreschen und ‚Good old Europe‘ hinter sich zu lassen bzw. uns noch abhängiger von ihnen zu machen.“ Die Pharmaindustrie unterstütze die Ziele der EU-Arzneimittelstrategie. Aber der Vorschlag der Kommission sei „in Summe keine zukunftsträchtige Europapolitik“, resümierte Herzog.

 

Überzeugte Kommissare 

 

Überzeugt von der Sinnhaftigkeit der Vorschläge gaben sich unterdessen Kommissions-Vizepräsident Margaritis Schinas und Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides. Schinas sprach von einer „einzigartigen Gelegenheit zur Überarbeitung der Rechtsvorschriften, die für die Patientenschaft und die Stärkung und Entwicklung eines der wichtigsten Industriesektoren der EU von entscheidender Bedeutung sind. Unsere Vorschläge sollen das richtige Gleichgewicht zwischen der Förderung von Innovationen und der Gewährleistung des Zugangs der Patientinnen und Patienten zu erschwinglichen Arzneimitteln in der gesamten EU schaffen“. 

 

Kyriakides assistierte, mit der Reform werde „gewährleistet, dass Europa für Unternehmen attraktiv und unsere Arzneimittelindustrie ein weltweiter Innovationsmotor bleibt. Die Schaffung eines Binnenmarktes für Arzneimittel ist sowohl für unsere Bürgerinnen und Bürger als auch für unsere Unternehmen eine Notwendigkeit“.

 

 

Montavit sucht Investor 

Die insolvente Tiroler Pharmafirma kann die Mittel für die Bedienung der Mindestquote nicht selbst aufbringen. Damit bleibt ihre Zukunft vorerst ungewiss. 


Die Rettung der insolventen Tiroler Pharmafirma Montavit hängt weiter in Schwebe. Das berichtet der Kreditschutzverband 1870 (KSV 1870). Ihm zufolge akzeptierten die Gläubiger bei der Tagsatzung vor dem Landesgericht Innsbruck am 24. April grundsätzlich die angebotene Mindestquote von 30 Prozent der gesamten Verbindlichkeiten. Diese belaufen sich auf 45 Millionen Euro. Somit würden die Gläubiger insgesamt 13,5 Millionen Euro erhalten. Davon wären 4,5 Millionen Euro oder zehn Prozent der Verschuldenssumme binnen acht Wochen zu bezahlen, die übrigen 20 Prozent der Verschuldenssumme oder neun Millionen Euro binnen zwei Jahren. 

 

Das Problem: Die Montavit kann die nötigen Mittel nicht selbst aufbringen, sondern benötigt einen Investor. Einen solchen aber konnte sie bis dato nicht namhaft machen. Verhandlungen auf Gesellschafterebene sind nach Angaben des KVS 1870 im Gange, aber „bisher nicht finalisiert worden“. 

 

Hinzu kommt: Der Einstieg eines Investors müsste kartellrechtlich geprüft werden, was einige Zeit in Anspruch nimmt. Laut dem Leiter des KSV 1870 in Tirol, Klaus Schaller, müsste die Montavit die zehn Prozent der Verschuldenssumme daher binnen sieben Wochen beim Sanierungsverwalter erlegen. Erfolgt dies nicht, „wird das Sanierungsverfahren vom Landesgericht nicht bestätigt. Als Folge würde das Verfahren als Konkursverfahren fortgeführt werden“.


 

April 17th

MSD: Elf Milliarden Dollar für Prometheus Biosciences

Der US-amerikanische Pharmariese will mit der Übernahme seine Position im Bereich der Immunologie verstärken.

 

Der US-amerikanische Pharmakonzern Merck Sharp & Dohme (MSD) mit Hauptsitz in Rahway im Bundesstaat New Jersey will die kalifornische Prometheus Biosciences übernehmen. Laut einer Aussendung einigten sich die beiden Firmen auf einen Kaufpreis von rund 10,8 Milliarden US-Dollar (9, 8 Milliarden Euro). MSD erwartet, die Transaktion im dritten Quartal 2023 abschließen zu können. Unter anderem ist dafür die Zustimmung der Mehrheit der Prometheus-Aktionäre nötig. Überdies wird die Übereinkunft auf der Website der Securities and Exchange Commission (SEC) veröffentlicht.

 

Interessiert ist MSD vor allem PRA023, einem monoklonalen Antikörper, der insbesondere gegen entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa wirksam sein soll. Nach Ansicht von MSD vielversprechende diesbezügliche Daten aus der sogenannten Artemis-UC-Studie sowie aus der Apollo-CD-Studie veröffentlichte Prometheus Ende vergangenen Jahres.


MSD-Chef Robert M. Davis konstatierte, die Übernahme von Prometheus werde die Position seines Unternehmens im Bereich der Immunologie weiter stärken und dessen Angebot insgesamt verbreitern. Sie sei eine wichtige Komponente der „nachhaltigen Innovationsmaschine, die unser Wachstum weit in das nächste Jahrzehnt hinein antreiben wird“. Prometheus-Chef Mark McKenna ergäzte, die Vereinbarung mit MSD ermögliche seiner Firma, „das Potenzial von PRA023 zu maximieren“. Gleichzeitig könne Prometheus seine Technologie und sein Wissen im Bereich Immunologie für weitere Entwicklungen nutzen.

 

 

April 6th

Industrie: „Gemischtes Bild“ 

Zwar wuchs der Produktionswert von 2021 auf 2022 um 24 Prozent auf einen Rekord von 252,3 Milliarden Euro. Doch das war im Wesentlichen höheren (Energie-)Preisen geschuldet, nicht aber höheren Absatzmengen, warnt die Wirtschaftskammer. 

 

Waren mit einem Wert von rund 252,3 Milliarden Euro erzeugte die österreichische Industrie im Jahr 2022. Im Vergleich zu 2021 ist das ein Anstieg um rund 23,7 Prozent und ein „neuer Rekord“, berichtete der Geschäftsführer der Bundessparte Industrie in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Andreas Mörk, bei deren jährlicher Bilanzpressekonferenz am 6. April in Wien. Allerdings ist dieser laut Mörk weitgehend auf den Preisanstieg bei Erdgas und Erdöl zurückzuführen. Zuständig für die Bereitstellung und den Verkauf dieser Produkte sind die Mitglieder der Fachverbände Gas Wärme (FGW) sowie Mineralölindustrie. Werden diese nicht berücksichtigt, ergibt sich von 2021 auf 2022 ein Anstieg des Produktionswerts der Industrie um rund 15,1 Prozent. Aber auch davon ist etwa die Hälfte durch höhere Preise bedingt, erläuterte Mörk. Ihm zufolge stagnierte der Produktionswert bei mehreren der verbleibenden 14 Fachverbände. Andere, wie die Chemische Industrie, die Metalltechnikbranche, die Papier- und die Nichteisenmetallindustrie, die Stahlbranche sowie die Nahrungs- und Genussmittelindustrie erzielten dagegen überdurchschnittliche Steigerungen ihres Produktionswerts. 

 

Um rund 7,5 Prozent gestiegen sind auch die Auftragseingänge, ergänzte Mörk: „Aber die Kurve flacht sich ab. Das ist ein Alarmsignal.“ Zwar liege der Beschäftigtenstand bei etwa 468.600 Personen, dem zweithöchsten Wert seit dem Beitritt Österreichs zur EU am 1. Jänner 1995. Doch ob sich dieser das ganze Jahr über halten lässt, ist laut Mörk fraglich. Laut dem Obmann der Bundessparte, Siegfried Menz, ergibt sich insgesamt „ein gemischtes Bild“. Nominell sei das Produktionswachstum durchaus kräftig gewesen. Doch bleibe bei näherer Betrachtung „nur ein bescheidenes Mengenwachstum“. 


                                                   
Kritik an der Energiepolitik  

 

Kritik übten Menz und Mörk an der Bundesregierung und insbesondere an deren Energiepolitik. Mehrere Gesetze, die die Tätigkeit der Industrie erleichtern könnten, seien zwar im Werden, aber noch nicht unter Dach und Fach. Menz zufolge betrifft dies etwa das Stromkostenausgleichsgesetz. Dieses rasch zu beschließen, sei umso dringlicher, als die CO2-Preise mittlerweile bei rund 100 Euro pro Tonne liegen. In mehr als die Hälfte der Mitgliedsstaaten der EU seien bereits ähnliche Gesetze in Kraft und die entsprechenden Vorgaben der EU somit umgesetzt. Daher dulde das österreichische Pendant „keinen Aufschub“, wenn die Wettbewerbsfähigkeit nicht leiden solle. 

 

Überdies fehlten nach wie vor die Förderrichtlinien zum Energiekostenzuschuss II, für den Wirtschaftsminister Martin Kocher zuständig ist. Auch diese sollten laut Menz so rasch wie irgend möglich veröffentlicht werden. 

 

Wenig Freude hat die Industrie ferner mit dem Entwurf zum Erneuerbare-Gase-Gesetz (EGG). Zwar sei es notwendig, die „grünen“ Gase zügig verfügbar zu machen. Doch das im EGG vorgesehene Ziel, die Grüngaserzeugung von derzeit 0,14 Terawattstunden (TWh) pro Jahr bis 2030 auf 7,5 TWh zu versiebzigfachen, halte die Gasbranche für unrealistisch.  Erreichbar seien etwa fünf TWh pro Jahr, wie sie bereits das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz aus dem Jahr 2021 vorsehe, erläuterte Mörk auf Anfrage des Chemiereports. Als „exorbitant“ bezeichneten er und Menz die Ausgleichszahlungen, die die Gasversorger leisten sollen, wenn sie ihre Grüngasquoten verfehlen. Diese liefen nach Angaben Mörks auf eine Erhöhung der Gaskosten der Endkunden um rund 15 Euro/Megawattstunden (MWh) hinaus. Da (Erd-)Gas bekanntlich auch zur Stromerzeugung verwendet werde, würde sich überdies eine Steigerung der Stromkosten um bis zu 30 Euro/MWh ergeben. Welche Höhe der Ausgleichszahlungen die Industrie für tragbar hält, wollte Mörk auf Nachfrage des Chemiereports nicht bekannt geben.

 

Forschungsförderung erhöhen 

 

Unzufrieden ist die Industrie auch mit der Forschungsförderung, vor allem mit der Ausstattung der Fördertöpfe der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG). Ungeachtet der beträchtlichen Inflation wollten Energieministerin Leonore Gewessler und Finanzminister Magnus Brunner diese offenbar nicht verbessern. Dabei habe die FFG 2022 Förderanträge über rund 226 Millionen Euro ablehnen müssen, obwohl sie die Vorhaben sehr wohl als unterstützenswert erachtete. Kurzfristig klafft laut Mörk eine Finanzierungslücke von etwa 50 Millionen Euro pro Jahr, mittelfristig sind es sogar rund 100 Millionen. Die Politik sei dringend gefordert, diese Mittel bereitzustellen, „wenn Österreich den Anspruch auf Innovationsführerschaft ernst nehmen will“. 


 

April 3rd

OMV erprobt CO2-Speicherung in Norwegen 

Gemeinsam mit dem norwegischen Ölkonzern Aker BP ASA arbeitet das Unternehmen an einem CCS-Projekt in der südliche Nordsee. Dauerhaft lagern ließen sich dort rund fünf Millionen Tonnen CO2 pro Jahr. 


Die norwegische Erdölgesellschaft Aker BP ASA und die OMV erproben im Verlauf der kommenden Jahre Möglichkeiten, um CO2 in untermeerischen Gesteinsformationen in der Nordsee dauerhaft zu speichern. Eine diesbezügliche Lizenz erhielten sie vom norwegischen Energieministerium. Verfahren, wie sie die beiden Unternehmen sie in Norwegen testen, werden als „Carbon Capture and Storage“ (CCS) bezeichnet. Immer wieder weist der Weltklimabeirat IPCC darauf hin, dass CCS unverzichtbar ist, um den Klimawandel einzudämmen. Die Lizenz, die Aker BP sowie die OMV-Tochter OMV (Norge) erhielten, wird als „Poseidon“ bezeichnet. Sie bezieht sich auf drei Blöcke in einem Seegebiet südlich des Hafens Egersund, der sich am westlichen Ausgang der Skagerrak-Meerenge befindet. Aker ist an dem Vorhaben mit 60 Prozent beteiligt, die OMV (Norge) hält die übrigen 40 Prozent. 

 

Nach Angaben des norwegischen Energieministeriums sind in der ersten, bis 2025 dauernden, Projektphase 3D-seismische Untersuchungen durchzuführen. Dies beinhaltet auch die Erstellung eines 3D-Modells der untersuchten Gesteinsformationen. Ferner haben die Unternehmen Risikostudien durchzuführen, nicht zuletzt hinsichtlich potenzieller CO2-Leckagen. In der Folge ist zu entscheiden, ob eine Probebohrung erfolgt oder das Vorhaben aufgegeben wird. Entscheiden sich die Unternehmen nach der ersten Phase für die Fortsetzung des Vorhabens, haben sie in der zweiten Phase Studien für die Entwicklung der künftigen CO2-Lagerstätte zu erstellen. Vorgesehen ist auch eine Probebohrung. Die Unternehmen können jedoch beantragen, auf deren Durchführung zu verzichten. Am Ende der zweiten Phase ist über die weitere Fortsetzung des Vorhabens entscheiden. Fällt die Entscheidung positiv aus, ist ein detaillierter Plan für die Entwicklung und den Betrieb der Lagerstätte zu erstellen und die finale Investitionsentscheidung zu treffen. Über alle drei Phasen hinweg gerechnet, würde die Projektlaufzeit fünf Jahre betragen.

 

CO2-Neutralität bis 2050 

 

OMV-Generaldirektor Alfred Stern erläuterte, das Unternehmen nutze sein Know-how, „um die CCS-Aktivitäten vor der norwegischen Küste zu expandieren. Die sichere und dauerhafte Speicherung von CO2 ist eine wichtige Säule in der Strategie der OMV, bis 2050 klimaneutral zu werden“. Dazu gehört, ab 2030 jährlich rund fünf Millionen Tonnen CO2 einzuspeichern. Nach Angaben der OMV ließen sich im Zuge der Poseidon-Lizenz mehr als fünf Millionen Tonnen CO2 pro Jahr untermeerisch lagern. Dieses werde „von mehreren identifizierten industriellen Emittenten in Nordwesteuropa abgeschieden, darunter auch von verschiedenen Borealis-Standorten in Europa“. 

 

Erfahrener Partner 

 

Die zur Umsetzung des Vorhabens nötige Infrastruktur stellt die norwegische Höegh LNG bereit. Sie ist laut Mitteilung der OMV „einer der weltweit größten und technisch fortschrittlichsten Betreiber von LNG-Infrastrukturen“. Unter anderem lieferte sie die drei schwimmenden LNG-Import-Terminals (FSRUs), die 2022 in Deutschland den Betrieb aufnahmen.

 

Außer der Aker und der OMV (Norge) erhielt auch ein Konsortium aus der Wintershall Dea Norge AS und der Altera Infrastructure eine Lizenz für ein CCS-Pilotprojekt in der norwegischen Nordsee. Das diesbezügliche Meeresgebiet grenzt nordwestlich an das der Poseidon-Lizenz an. 

 

In Österreich sind kommerzielle CCS-Projekte seit Ende 2011 untersagt. Zulässig sind ausschließlich Forschungsvorhaben mit einem Gesamtspeichervolumen von weniger als 100.000 Tonnen.