Archive - Mai 2023

Datum
  • Alles
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
  • 6
  • 7
  • 8
  • 9
  • 10
  • 11
  • 12
  • 13
  • 14
  • 15
  • 16
  • 17
  • 18
  • 19
  • 20
  • 21
  • 22
  • 23
  • 24
  • 25
  • 26
  • 27
  • 28
  • 29
  • 30
  • 31

May 26th

Ingo Raimon ist Pharmig-Präsident

Der Geschäftsführer von Abbvie in Österreich wurde bei der Generalversammlung mit breiter Mehrheit in seine Funktion gewählt. Im öffentlichen Teil der Versammlung diskutierten Fachleute über „Politik und Wissenschaft in bewegten Zeiten“. 

 

Ingo Raimon, der Geschäftsführer des US-amerikanischen Pharmakonzerns Abbvie, ist neuer Präsident des Pharmaindustrieverbands Pharmig. Er wurde bei der Generalversammlung am 26. Mai mit breiter Mehrheit in seine Funktion gewählt. Sein Vorgänger, Philipp von Lattorff, der Generaldirektor der Boehringer Ingelheim RCV GmbH & CO KG, wechselte in die Funktion eines Vizepräsidenten. Somit besteht das Präsidium der Pharmig bis zum Ende der regulären Funktionsperiode im Jahr 2025 aus Raimon, von Lattorf, der Geschäftsführerin von Merck Sharp Dohme (MSD) in Österreich, Ina Herzer, sowie dem Geschäftsführer der Sigmapharm Arzneimittel GmbH, Bernhard Wittmann. Raimon konstatierte, es ehre ihn, „als Präsident der Pharmig die gesamte heimische Pharmaindustrie vertreten zu dürfen. Ich werde mich in dieser Funktion für die Stärkung des Forschungs- und Produktionsstandortes einsetzen. Ein zentrales Anliegen ist mir die damit einher gehende Arzneimittelvielfalt. Denn die bestmögliche Therapie kann nur dann zum Einsatz kommen, wenn sie für die Patientinnen und Patienten auch zur Verfügung steht. Hier hat sich in der jüngsten Vergangenheit gezeigt, dass sich die Erstattungs- und die Standortpolitik ergänzen müssen und nicht konterkarieren dürfen. Wer in Arzneimittel investiert, investiert folglich in den Standort Österreich, in seine Wettbewerbsfähigkeit und vor allem in die Versorgungsqualität“.

 

Neu in den Vorstand gewählt wurden Nicole Daniela Schlautmann, die Geschäftsführerin der Pfizer Corporation Austria GesmbH, Michael Kreppel-Friedbichler, der die Biogen Austria GmbH leitet, und Michael Kocher, der Chef von Sandoz in Österreich. 

 

Pharmig-Generalsekretär Alexander Herzog dankte von Lattorff „für die überaus konstruktive Zusammenarbeit und seinen unablässigen Einsatz für den Verband“. Den neuen Präsidenten Raimon bezeichnete Herzog als „äußerst versierten Kenner des heimischen Gesundheitswesens. Gemeinsam mit dem Pharmig-Präsidium, den neuen und bestehenden Vorstandsmitgliedern und allen im Verband engagierten Mitgliedsunternehmen steht uns ein breites Spektrum an Erfahrungen und Expertise zu Verfügung, damit wir weiterhin wichtige Impulse für einen starken Forschungs- und Pharmastandort setzen können“.

 

Lob vom Kanzler 

 

Im öffentlichen Teil der Generalversammlung ging es um das Thema „Politik und Wissenschaft in bewegten Zeiten“. 
Bundeskanzler Karl Nehammer würdigte in einer Videobotschaft die Bedeutung der Pharmabranche für Österreich. Der Pharmig dankte er „für ihren Einsatz und die exzellente Zusammenarbeit. Wir sind immer daran interessiert, den Standort Österreich weiterzuentwickeln“. 

 

Der Strategie- und Politikberater Lothar Lockl, von 2006 bis 2009 Bundesparteisekretär der Grünen und im Präsidentschaftswahlkampf 2016 Wahlkampfmanager Bundespräsident Alexander van der Bellens, konstatierte, die Vorhersehbarkeit politischer Entwicklungen nehme ab, die Zersplitterung des Parteiensystems dagegen zu. Über kurz oder lang sei auch in Österreich mit „skandinavischen Verhältnissen“ zu rechnen. Da in der Bevölkerung die Sehnsucht nach einfachen Botschaften wachse, würden Kompromisse schwieriger. Ausgehend davon empfahl Lockl den Pharmig-Mitgliedern, optimistisch zu bleiben, gemeinsame Visionen für die Zukunft zu entwickeln, am Aufbau wechselseitigen Vertrauens zu arbeiten und die Zusammenarbeit zu verstärkten. Bei allem Wettbewerb gehe es sämtlichen Unternehmen nicht zuletzt um das Wohlbefinden der Patienten und um den medizinischen Fortschritt. Es gelte, stets auch dieses „große Ganze im Auge zu behalten“. 

 

Die Neurologin Adelheid Kastner, Primaria der Klinik für Psychiatrie mit Forensischem Schwerpunkt am Kepler-Universitätsklinikum Linz, konstatierte, die bisweilen attestierte „kollektive Bereitschaft zur Ignoranz“ habe eine Vielzahl von Ursachen. Wegen der Komplexität der heutigen Lebenswelt seien die Menschen ansprechbar für „Rattenfänger“ mit einfachen Botschaften sowie für Emotionalisierungen. Oftmals würden Meinungen mit Tatsachen verwechselt. Zu konstatieren sei ferner ein Mangel an Allgemeinbildung. In einer ihrer Lehrveranstaltungen habe eine Teilnehmerin vermeint, der Begriff „Großglockner“ bezeichne eine Blumenart. Die bekannte Äußerung Bundeskanzler Nehammers, die Bundesregierung sei in der Corona-Pandemie „zu wissenschaftshörig“ gewesen, kritisierte Kastner heftig. Sie zeige, dass selbst hochrangige Politiker „den Wert der Wissenschaft nicht erfassen. Und da erwarten wir uns, dass sich die ‚kleinen Leute‘ auskennen?“ 

 

„Emokratie“ statt „Demokratie“ 

 

Laut dem Politikberater Thomas Hofer geht die Entwicklung von der „Demokratie“ zur von Emotionen geprägten „Emokratie“. In den USA sei dieser Trend besonders weit fortgeschritten. Auch in Österreich könnten die nächsten Wahlgänge in dieser Hinsicht problematisch werden. Um gegenzuwirken, bedürfe es fundierter Bildung: „Zurzeit züchten wir medialen und politischen Analphabetismus heran.“ Allerdings gelte es, im Bestreben, dergleichen entgegenzuwirken, „nicht die Linie zum Aktivismus zu überschreiten“ und gegenüber möglicherweise mangelhaft Informierten nicht arrogant zu werden. 

 

Der Kommunikationsberaterin Julia Keck zufolge empfiehlt es sich, sich zu fragen, „wofür man steht, woran man glaubt, welche Gesprächsbasis man aufbaut und welcher ‚Nordstern‘ einen leitet“. Wichtig ist laut Keck, langfristig zu denken, worin ihrer Ansicht nach Unternehmensvertreter Politikern meist überlegen sind. Ferner sei es sinnvoll, „bewusst den Blick auf das Gelungene und das Gelingende zu richten. Man sollte nicht in Mutlosigkeit verfallen. Denn das verhindert Gestaltungsmöglichkeiten“. 

 

„Leistungs- und Opferbereitschaft“ gefragt 

 

Der Strategieberater Josef Kalina schließlich diagnostizierte einen weitreichenden „Verfall von Autorität“. Früher habe den „Dorfdeppen“ niemand ernst genommen: „Heute können sich die ‚Dorfdeppen‘ auf der ganzen Welt vernetzen.“ Es sei erforderlich, positiv über sich selbst zu sprechen: „Sonst wird das keiner tun. Wir müssen immer wieder aufklären.“ Dafür müssten Emotionen benutzt werden, um mit den eigenen Botschaften „durchzukommen“. Sprächen sich Politiker für die Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich aus, müsse ihnen die Pharmig mitteilen, was sie zum Zwecke dieser Stärkung konkret zu tun hätten: „Und da reden wir nicht über Förderungen.“ Österreichs Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg sei eine „riesige Erfolgsgeschichte“ gewesen, weil sich die Kräfte der politischen Mitte zusammengetan hätten: „Das hat man getan, um etwas zu schaffen, das man dann verteilen konnte.“ In diesem Sinne müssten Leistung und Ausbildung wieder mehr Stellenwert erhalten. „Wir stehen im internationalen Wettbewerb. Daher müssen die Menschen leistungs- und manchmal auch opferbereit sein, sonst können wir unseren Wohlstand nicht halten. Es ist wirklich viel zu tun“, resümierte Kalina. 

 

May 17th

Agrana macht knapp 25 Millionen Euro Gewinn

Der Umsatz und das operative Ergebnis des Frucht-, Stärke- und Zuckerkonzern stiegen ebenfalls kräftig, hieß es bei der Bilanzpressekonferenz. Auch die Aussichten sind dem Management zufolge zufriedenstellend. 

 

Einen Gewinn von 24,7 Millionen Euro erwirtschaftete der Frucht-, Stärke- und Zuckerkonzern Agrana im Geschäftsjahr 2022/23, nachdem er 2021/22 einen Verlust von 12,2 Millionen Euro hinzunehmen hatte. Die Umsatzerlöse erhöhten sich um 25,4 Prozent auf 3,64 Milliarden Euro. Das EBITDA lag mit 277,1 Millionen Euro um 34,1 Prozent über jenem des vorigen Geschäftsjahres. Das EBIT war 2022/23 mit 88,3 Millionen Euro fast dreimal so hoch wie 2021/22, als es sich auf 24,7 Millionen Euro belaufen hatte. Entsprechend zufrieden zeigte sich das Vorstandteam um Generaldirektor Markus Mühleisen bei der Präsentation der Bilanz am 17. Mai in Wien. Mühleisen betonte, die Agrana sei „ein starkes, innovatives und gut positioniertes Unternehmen mit großem Potenzial. Wir sind auf gutem Kurs“. Insbesondere operativ habe die Agrana ein „sehr gutes Ergebnis“ erarbeitet. Als besonders erfreulich bezeichnete Mühleisen, „dass alle Segmente und Divisionen“ zum Anstieg des Umsatzes beitrugen. Im größten Segment, Frucht, wuchs dieser um 18,4 Prozent auf 1,48 Milliarden Euro, im Segment Stärke um 28,0 Prozent auf 1,29 Milliarden Euro, im Segment Zucker schließlich um 34,6 Prozent auf 861,7 Millionen Euro. Ausdrücklich betonte Mühleisen, die Agrana habe ihre Kunden trotz der insgesamt angespannten Wirtschaftslage mit hohen Energie- und Rohstoffkosten sowie teils erheblichen logistischen Herausforderungen „uneingeschränkt“ versorgen können: „Das wissen diese auch zu schätzen.“ 

 

Wegen der guten Kennzahlen wollen Mühleisen und seine Kollegen der Hauptversammlung am 7. Juli eine Dividende von 90 Cent je Aktie vorschlagen. Für 2021/22 hatte die Agrana ihren Aktionären 75 Cent je Aktie bezahlt. 

 

Gestiegene Energiekosten 

 

Laut Finanzvorstand Stephan Büttner weist die Bilanz allerdings den einen oder anderen nicht zuletzt durch die  allgemeine Wirtschaftslage bedingten Schönheitsfehler auf. So musste die Agrana im Segment Frucht nicht zahlungswirksame Wertbereinigungen von 91,1 Millionen Euro vornehmen. Die Gründe dafür waren neben dem Krieg in der Ukraine die „Verwerfungen auf den Energie- und Rohstoffmärkten“. Allein die Energiekosten waren 2022/23 mit 357,0 Millionen Euro um 66,4 Prozent höher als 2021/22. Keine Entlastungen brachten die Energiekostenzuschüsse der Bundesregierung, teilte Büttner dem Chemieport mit: „Wir haben Zuschüsse zwar beantragt, aber noch nicht bekommen.“ Zu rechnen sei ohnedies nur mit einem „verschwindenden Beitrag, der kaum spürbar sein dürfte“. 

 

Ferner war die EBIT-Marge mit 2,4 Prozent zwar deutlich höher als 2021/22 (0,9 Prozent), aber Büttner zufolge noch immer „sehr bescheiden. Da gibt es Potenzial zur Verbesserung“. Als guter Wert gelten bekanntlich rund 15 Prozent. Ähnlich sieht es mit der EBITDA-Marge aus, konstatierte Büttner auf Anfrage des Chemiereports. Diese verbesserte sich zwar von 7,1 auf 7,8 Prozent, lag aber klar unter dem als kritisch geltenden Wert von zehn Prozent. Büttners Kommentar: „Das müssen wir managen. Und jetzt, wo alle drei Segmente vernünftig verdienen, sollte es möglich sein, über zehn Prozent zu kommen.“ 

 

„Auf Holz klopfen“ beim Rüsselkäfer 

 

Für das laufende Geschäftsjahr 2023/24 erwartet die Agrana Büttner zufolge einen Anstieg des Umsatzes um mindestens zehn Prozent. Das EBIT dürfte sich um mehr als 50 Prozent erhöhen. Zu beachten ist dabei allerdings, dass die Wertminderung vom vergangenen Geschäftsjahr nicht mehr relevant ist. 

 

Ein gewissermaßen „klassisches“ Thema für die Agrana ist der in ihrem Auftrag erfolgende Zuckerrübenanbau. Laut dem für Rohstoffe und Produktion zuständigen Vorstand Norbert Harringer wird es heuer erstmals keine Notfallzulassung von Neonicotinoiden zur Bekämpfung des Rüsselkäfers mehr geben. Was diesen Schädling betrifft, „müssen wir auf Holz klopfen“. Zu rechnen ist laut Harringer mit einem Nettoverlust an Erntefläche von etwa 1.000 Hektar infolge des Käferbefalls. Meldungen seitens der Rübenbauern, dass mindestens 4.000 Hektar umbrochen werden müssten, wollte Harringer nicht kommentieren: „Unsere Zahlen sind tagesaktuell.“ Insgesamt hat die Agrana laut Harringer in Österreich heuer jene 38.000 Hektar unter Vertrag, die zum Betrieb ihrer Zuckerfabriken in Tulln und Leopoldsdorf notwendig sind.