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Dezember 20th, 2005

CARM1 steuert die Schrittmacher der Zuckersynthese

Wissenschaftler des <a href=http://www.dkfz-heidelberg.de/en/metabolic_control/research/research_overview.html>DKFZ</a> haben herausgefunden, warum bestimmte Gene als Antwort auf Hunger-Signale wie Glukagon oder Glukokortikoide abgelesen werden und somit schließlich in der Leber die Freisetzung von Zucker vermitteln. CARM1 steuert die Schrittmacher der Zuckersynthese Das Forschungsteam um Anja Krones-Herzig identifizierte das Molekül CARM1 als Transkriptionsfaktor, der unter bestimmten Bedingungen Schlüsselenzyme der Zuckerneusynthese aktiviert und damit zu einem höheren Blutzuckerspiegel führt. Typisch für <b><u>Diabetes Typ II</u></b> ist, dass Leber, Muskeln und Fettgewebe nicht mehr auf das Hormon der Bauchspeicheldrüse Insulin ansprechen (Insulinresistenz), während Gegenspieler wie das Hormon Glukagon oder Glukokortikoide ihre Wirkung weiterhin entfalten. Folge ist, dass Zucker aus dem Blut nicht mehr in Muskelgewebe oder in die Leber transportiert und dort gespeichert wird. Im Gegenteil: Das Hungersignal Glukagon bzw. sein intrazellulärer "Vermittler" cAMP löst eine Signalkette in Leberzellen aus. Dies führt unter anderem dazu, dass die Gene für bestimmte Enzyme des Zuckerhaushalts abgelesen werden. Es handelt sich dabei um PEPCK und G6Pase - Biokatalysatoren, die dafür sorgen, dass Zucker in der Leber neu synthetisiert und anschließend ins Blut freigesetzt wird (Glukoneogenese). Das Geheimnis, wie PEPCK und G6Pase, die Schrittmacher der Zuckersynthese, reguliert werden, hat Anja Krones-Herzig aus der Arbeitsgruppe Molekulare Stoffwechselkontrolle nun gelüftet. Zusammen mit Forschern des Instituts für Genetik und Zentrum für Molekulare Medizin der Uni Köln fand sie heraus, dass der Transkriptionsfaktor CARM1 eine entscheidende Rolle bei der Aktivierung von Schlüsselenzymen der Glukoneogenese spielt. In Abhängigkeit vom Botenstoff cAMP heftet sich CARM1 an die Startsequenz der Bauanleitung für PEPCK und G6Pase und gibt damit das Signal für das Ablesen der Gene. Auch bei <b><u>Kachexie</u></b>, einer schweren Begleiterscheinung fortgeschrittener Krebserkrankungen, ist der Insulin-abhängige Stoffwechsel gestört. Es kommt zu Abmagerung, Kräfteverfall und zunehmendem Versagen der Organfunktionen. Jetzt soll überprüft werden, ob die gleichen Transkriptionsfaktoren, die bei Diabetes den Insulin-abhängigen Stoffwechsel beeinflussen, auch bei der Tumorkachexie eine Rolle spielen. Während bei der Zuckerkrankheit die Leber im Mittelpunkt steht, konzentrieren sich die Forscher beim Auszehrungssyndrom auf den Stoffwechsel des Muskelgewebes.

Was Bioinformatik leisten kann

Bioinformatik gibt wesentliche Impulse für die medizinische Diagnostik und Therapie. Schnelles Auffinden von Wirkstoffkandidaten ist ohne smarte Software, geballter Rechenkraft und oft auch dem Einsatz von Microarrays heute nicht mehr denkbar. Was Bioinformatik leisten kann <table><td><% image name="Casari" %></td> <td align="right"><p>Georg Casari ist CIO der Grazer Oridis Biomed, die aus einer exzellenten Gewebebank mit Proben aus nahezu allen Arten erkrankter menschlicher Gewebe so genannte Tissue Micro Arrays (TMA) bestückt und deren ausgewertete Daten in Folge mit dem Datenbestand des gesunden Genoms vergleicht. <br> Denn die Entschlüsselung des menschlichen Genoms war bei weitem nicht das Ende der Bioinformatik – jetzt geht es gewissermaßen erst richtig los: Nach der <i>Sammlung</i> einer Unmenge an Gensequenzdaten, gilt es jetzt, diese auch zu <i>verstehen</i>. <p> <small> Georg Casari: "Bioinformatik verwandelt sich zur Systembiologie." </small> </td></table> Er erklärt, was Bioinformatik zu leisten vermag:"Wenn wir von Bioinformatik sprechen, meinen wir vor allem Computer-Algorithmen für die Biologie, speziell für die Molekularbiologie. Wir haben es zu tun mit vergleichender Genomik, wir sehen uns die Molekularstrukturen an, wir werten die Wechselwirkungen von DNA und RNA aus und verfolgen insbesondere gekoppelte Ereignisse – so genannte Pathways. Das Rohmaterial – gigantische Datenmengen – liefern dabei kleine Chips, die Microarrays." Für die weiße Biotechnologie bedeutet das neuartige Produkte – hier liefert die Bioinformatik gewissermaßen die Basis zur Umsetzung im Labor. In der grünen Biotechnologie sollen so resistentere, gesündere, ergiebigere Pflanzen entstehen. In der Medizin schließlich soll die Bioinformatik über rasant beschleunigtes Drug Design neuartige Therapien bereitstellen aber auch genauere Diagnosen erlauben. "Diese Disziplin ist eng verwandt mit der klassischen Biochemie. Wir bauen auf deren Gesetzen auf: Massenerhaltungssatz und Stöchiometrie gelten uns ohne Ausnahme. Und genau das ermöglicht uns, das überaus komplexe Netzwerk einer Zelle – in der Analyse – radikal vereinfacht darzustellen: In verschiedenen Abstraktionsebenen werden so in einem Prozess konstant bleibende Gleichgewichte im System ausgeklammert. Übrig bleibt uns dann der Blick auf das entscheidende Enzym oder Gen", so Casari. Es ist also die maschinell unterstützte Suche nach <i>Targets</i>, nach Verständnis, nach Nebenwirkungen, nach Alternativen, nach <i>Homologien</i>, nach Wirkmechanismen. Und: Nach Intellectual Properties – die so gefundenen Ergebnisse sollen im Idealfall auch patentierbar sein. Den Trend in der Bioinformatik sieht Casari klar in Richtung Systembiologie gerichtet: "Was zählt, das ist nicht ein einzelnes Element, sondern dessen Verknüpfung. Was zählt, das sind Signalkaskaden, das sind Metabolismen. Und indem wir diese besser verstehen lernen, gelangen wir auch zu Modellen weitaus komplexerer Systeme." Im Krankheitsfall sollen Diagnostik und Therapie von morgen also sowohl die genetische Veranlagung, Signale und Regulationswege eines Patienten schnell darstellen als auch nutzbar machen für neue Ansätze. "Bioinformatik wandelt sich so von der Hilfestellung hin zum Erkennen relevanter Targets und hin zur Aufgabenstellung prädiktiver Art." Bioinformatik kann aber noch mehr: So lässt sich etwa über den Vergleich von DNA-Sequenzen unterschiedlicher Lebewesen gewissermaßen ein "weiter Blick in die Vergangenheit werfen", wie Arndt von Haeseler erläutert. Der Leiter des neu gegründeten Zentrums für integrative Bioinformatik (CIBIV) untersucht auf diese Art etwa auch die genetischen Verwandtschaftsverhältnisse zwischen Menschen, Schimpansen und Gorillas. "Phylo-Informatik" nennt er das und versucht so, evolutionäre Muster zu deuten, "Gen-Bäume", die eigentlich vielfach verzweigte "Gen-Büsche" sind, zu rekonstruieren. "22 % unseres Genoms stammen nicht von unseren nächsten Verwandten, 1/3 sind sogar älter als 6,6 Mio Jahre." Bei alldem sei aber immer noch Vorsicht geboten, wie David Kreil betont. Er beschäftigt sich mit den Potenzialen und Schwachstellen von Microarrays und meint: "Die Herausforderung liegt nach wie vor in der Interpretation der durch die modernen Biochips erhaltenen Daten." Eine Vielzahl "verwirrender Einflüsse" gäbe es da noch zu beachten. <hr> <b>BIOINFORMATIK – DIE FACTS</b> <small> Die Computerisierung der Biologie basiert auf der Erfindung von Microarrays und Hochdurchsatzverfahren zu deren Auswertung, der vollständigen Sequenzierung des menschlichen Genoms sowie dramatisch leistungsfähigeren Computern. Mit Microarrays lassen sich bis zu 500.000 Nukleinsäureproben (DNA) auf einer Trägerfläche immobilisieren und automatisch bezüglich bestimmter Eigenschaften auslesen. Die Pharmaindustrie erwartet sich von der Bioinformatik eine Reduktion der Kosten und der Entwicklungsdauer um bis zu 30 % - vor allem durch die frühe Elimination falscher Entwicklungsansätze. Einige junge Bioinformatik-Unternehmen konnten auch schon größere Deals mit der Pharmaindustrie abschließen oder waren als Application Service Provider erfolgreich, darunter LION bioscience sowie die US-Firmen GeneLogic und InforMax/Invitrogen. </small> <hr>

High-Tech im Waschpulver

<a href=http://www.henkel.at>Henkel CEE</a> stellt seit 1927 Produkte her, auf deren Qualität jeder vertraut, aber sonst selten einen Gedanken verschwendet. Im Waschmittel steckt aber jede Menge Entwicklungsarbeit – auch aus Österreich. <% image name="Persil" %><p> <small> Persil-Werbung aus den Anfängen. </small> Wie wäscht die russische Hausfrau? Was wird dagegen von westeuropäischen Hausfrauen geschätzt? Für Christian Laske keine unwesentlichen Fragen. Darum macht sich der Forschungs- und Entwicklungschef von Henkel CEE auch regelmäßig auf und sucht in fremden Waschküchen nach Verbesserungen für die Produktpalette des deutschen Chemieriesen. „Und es ist erstaunlich, was von einem Produkt erwartet wird“, sagt Laske. „Beispielsweise werden Sie in Russland hören, die Wäsche solle nicht duften.“ Daraus wurde zunächst abgeleitet, dass weniger Parfum ins Waschmittel gehört. Das soll es nun auch wieder nicht: „Die Russen schätzen zwar neutral riechende Wäsche. Das Pulver selbst soll aber sehr wohl gut riechen, denn ein Produkt, das nicht parfümiert ist, wird im Osten rasch als billige Ware abgetan.“ Feingefühl ist gefragt. Henkel CEE hat sein Hauptquartier in Wien. Von hier aus wird von Entwicklung und Marketing bis zum Verkauf alles geregelt. Schon seit Mitte der 1980er arbeitet Henkel daran, Märkte in Osteuropa und darüber hinaus zu erschließen. Über den eisernen Vorhang hinweg machte man erste Geschäfte mit Ungarn, dann in der damaligen CSSR und in Jugoslawien. Meist in Form von 50/50 Joint-ventures oder 51/49, wenn es die Rechtslage vor Ort nicht anders zuließ. 2002 begann Henkel CEE schließlich sein Engagement auch in Russland und den Nachfolgestaaten. Und dabei müssen bestehende Produkte an die lokalen Waschgewohnheiten angepasst werden. 95 Gramm Waschmittelpulver, weiß Laske, wird im Schnitt pro Waschgang in österreichischen Haushalten eingesetzt. „In Osteuropa wird um 50 % mehr verwendet. Das muss in der Rezeptur berücksichtig werden.“ Die Zusammensetzung von Waschmittel hängt auch von der Wäschebehandlung und letztlich vom subjektiven „Sauberkeitsempfinden“ ab. Tenside, die waschaktiven Substanzen, machen seit jeher den Großteil aus. Dazu kommen Wasserenthärter, Bleichkomponenten, Parfum und andere Additiva. Vor allem der Zusatz von Enzymen hat in den letzten Jahren viele Gewohnheiten in der Waschküche obsolet gemacht. Denn durch sie muss geringer dosiert werden und es kann bei niedrigeren Temperaturen gewaschen werden. Dadurch wird etwa die „Kochwäsche“ zum aussterbenden Begriff – Waschmittelenzyme sind schon ab 30 °C aktiv. „Vorwäsche“? Ebenso antiquiert – auch wenn neue Waschmaschinen noch immer mit dem entsprechenden Dosierfach ausgeliefert werden. <b>Ei, Kakao und Lippenstift.</b> Die Wirkung von Enzymen ist denkbar einfach: Flecken sind im Prinzip nichts anderes als organische Verbindungen und diese lassen sich durch bestimmte Enzymklassen in kleinere Komponenten spalten, die sich leichter vom Textil lösen lassen. Auf den Markt kamen zuerst Proteasen, die andere Proteine – etwa in Blut- oder Eierflecken – angreifen, sowie Amylasen, die sich an die Kohlenhydrate in Kakaoflecken heranmachten. Einzig die Einführung von Lipasen konnte sich nicht durchsetzen: Als Fettlöser sind Tenside wirksam genug. Henkel setzt jüngst auf Cellulasen und kommt damit Kundenanforderungen aus westeuropäischen Haushalten entgegen. Einmal gelöster Schmutz lagert sich wieder auf der Wäsche ab und diese „vergraut“. Cellulasen verhindern diesen Prozess und trennen auch Knötchen von der Kleidung, die beim Waschen durch mechanische Beanspruchung entstehen. Allerdings: Bisher zeigten noch keine bekannten industriellen Cellulasen beide Eigenschaften. Henkel arbeitet deshalb mit Enzym-Cocktails, um das ganze Funktionsspektrum abzudecken. Derzeit wird die Verwendung von Oxidasen geprüft. <b>Spitzenforschung in Graz.</b> Und wie geht es weiter? Wo forscht Henkel? „Wir haben keine eigene Enzymforschung und könnten auch nie mit Firmen wie Novozymes mithalten“, sagt Laske. Man arbeite zwar auch mit diesen Firmen zusammen, setzt aber auf Kooperationen mit Instituten, die auf diesem Sektor der Forschung bereits erfahren sind. Eines davon ist das Grazer Kompetenzzentrum für angewandte Biokatalyse, an dem sich Henkel im Rahmen eines Kplus-Programmes beteiligt. Die Grazer sind stolz darauf, nicht nur Henkel, sondern eine ganze Palette an führenden Biotechnologieriesen zu ihren Kunden zählen zu können. „In Europa,“ sagt Geschäftsführer Markus Michaelis, „sind wir auf unserem Forschungsfeld die Nummer eins.“ Und was passiert bei dieser Biokatalyse? Generell geht es um die Verwirklichung von anders schwer durchführbaren oder teuren chemischen Reaktionen mit Hilfe von Enzymen. Zwischen den Grazern und Henkel besteht eine Art bilaterales Abkommen. Gemeinsam suchen die Forscher in Bodenproben oder vorhandenen Laborstämmen nach leistungsstarken Enzymen, die den Anforderungen entsprechen. Dabei werden komplette Genome nach passendem Material durchwühlt. Die gefundenen Kandidaten entwickelt man mit gentechnischen Methoden weiter und passt diese damit den Bedingungen in der Waschmaschine an. Die Ergebnisse aus Graz werden schließlich in der Düsseldorfer Zentrale „auf Fleck und Dreck“ geprüft. Ein ganzes Set an standardisiertem Schmutz kommt dabei zum Einsatz, gegen das sich potenzielle Kandidaten für die industrielle Herstellung behaupten müssen. Zu klären gilt es etwa: Bleibt das Enzym über mehrere Wochen stabil? Bei welcher Temperatur wirkt es am besten? <b>Enzymküche Kundl.</b> Für den Markt lässt Henkel bei Sandoz im Tiroler Kundl produzieren. Das Joint-venture Biozym der beiden Firmen zählt 24 Mitarbeiter und es produziert Tag und Nacht: In bis zu 100 Kubikmeter fassenden Fermentern werden Bakterien gezüchtet, denen das Gen für das entsprechende Enzym eingepflanzt wurde. Das Enzym wird aus der Suppe von den Zellen getrennt und gereinigt. Mehrere Tausend Tonnen im Jahr. Für den Einsatz im Waschmittel wird der Rohstoff durch ein Coating-Verfahren mit einer Silikathülle ummantelt. Die eigentliche Aktivsubstanz in der Kapsel macht dann nur mehr 5 % aus, im Waschmittel ist der reine Enzymanteil nur 0,04 %. Das Coating-Verfahren wurde in den 1980ern entwickelt, um Allergien vorzubeugen, die sich durch den ständigen Kontakt bei Mitarbeitern ergeben könnten. Bisher war man damit erfolgreich. <% image name="Produktion_Dixan" %><p> <small> Waschmittel-Produktion in Wien. </small> Einen Großteil der Produktion bewältigt der Henkel-Standort in Wien. Die Fabrik im Industriebezirk Erdberg wird von Mitarbeitern als kleine Stadt beschrieben. 800 Mitarbeiter stellen 150.000 Tonnen Waren im Jahr her. Vor allem pulverförmige Waschmittel und flüssige Produkte wie Geschirrspülmittel, Weichspüler und Spezialwaschmittel. Die Plastikflaschen dafür werden selbst gegossen. Lagerung und Vertrieb passieren ebenso am Rochusmarkt. Daran wird sich in absehbarer Zeit nichts ändern. Denn Henkel CEE wächst seit zehn Jahren kontinuierlich. 2004 konnte ein Umsatz von 1,14 Mrd € erwirtschaftet werden. Neugewonnene Rezepturen adaptieren die Wiener Mitarbeiter für ihren Marktbereich und für andere Produktionsstätten in Ost- und Zentraleuropa selbst. Ausschlaggebend sind die Gegebenheiten vor Ort: Der russische Standort etwa bezieht Soda und Tenside aus dem lokalen Markt. So wird beim Transport gespart. Ob sich die eingesetzten Rohstoffe auch eignen, wird in Wien getestet. Als nützlich haben sich Hausbefragungen erwiesen: „Man lernt viel für die eigenen Labors,“ sagt Laske. Etwa, wie lange Wäsche eingeweicht wird, oder, dass Waschwasser wieder verwendet wird. Schäumt es zuviel oder zuwenig? Wie muss Waschmittel duften und sind die Etiketten verständlich? Alles keine großen innovativen Sprünge, doch in der Branche, die auf Grundrezepturen baut, an denen sich im Großen nichts mehr ändert, muss sich der Produzent in kleinen Schritten von der Konkurrenz absetzen. High-Tech im Waschpulver

Die Hürden der Grünen Biotechnologie

Agro-Power dank Gentechnologie: Welche Hürden die Grüne Biotechnologie noch überwinden muss. Und welche Chancen sich dadurch auftun. <% image name="Pflanzenzucht" %><p> <small> Die Zukunft: Individuelle Medikamente und mehr Energie-Output "in Biotech-Fabriken". </small> Bayer CropScience ist der weltweit führende Hersteller von Pflanzenschutzmitteln. Und bei der diesjährigen Herbst-Pressekonferenz verweist denn auch Bayer-Vorstandsvorsitzender Werner Wenning auf eine weiterhin „große Zukunft“ für Agrobiotech-Produkte. Jedoch nicht, ohne auf das aktuelle Polit-Paradoxon hinzuweisen: „Sehen Sie, es wird gewünscht, dass wir einerseits die Erdöl-Derivate durch nachwachsende Rohstoffe ersetzen. Gleichzeitig“, und jetzt kommt der Bayer-Boss fast in Rage, „werden Rahmenbedingungen in Europa geschaffen, die genau das verhindern.“ Denn: Der Anbau von transgenen Ersatzpflanzen ist derzeit in der EU noch nicht erlaubt. Nur über den Umweg in Nordamerika gezüchteter Pflanzen lässt sich diese Forschung wieder „zurückgewinnen“. Und: „Biologisch“ angebaut sind diese Pflanzen für Biodiesel bzw. andere Getreidesorten für Biobenzin (Bioethanol) nur hoch subventioniert „rentabel“. Am Weltmarkt für Pflanzenschutz liegt CropScience gleichauf mit Syngenta, dahinter rangiert BASF. Gen-Forschung betreibt CropScience bei Reis, Raps, Baumwolle und Kartoffeln und erwartet aus seiner derzeitigen F&E-Pipeline bis 2011 ein Umsatzpotenzial von bis zu 2 Mrd €. Bis dahin werden aber noch einige politische Hürden zu überspringen sein. Generell werden gentechnisch veränderte Organismen (GVOs) seit der zweiten Hälfte der 1990er kommerziell vertrieben. Aktuell werden auf EU-Ebene laufend Gentech-Produkte zugelassen und Konzerne wie Monsanto, Pioneer (eine Tochter von DuPont) oder Syngenta haben auf Basis der „Freisetzungsrichtlinie“ derzeit insgesamt 30 Anträge auf Zulassung zum Import, zur Verarbeitung, als Lebens- oder Futtermittel oder zum Anbau gestellt. Derzeit ist in Brüssel – vor allem nach den neuen Machtverhältnissen in Deutschland – eine Tendenz auszumachen, GVOs nicht nur teilweise für den Import zuzulassen, sondern auch für den Anbau. Und zwar nicht nur für Futtermittel, sondern auch für Lebensmittel. Die Diskussion rund um die „Gentechnologie“ wird prinzipiell überaus diffus geführt: So wie im Energiebereich manch politischer Grande ein „Atom-freies Österreich“ forderte, folgt auf jede Import-Zulassung eines gentechnisch veränderten Futtermittels durch die EU prompt ein Aufschrei aus allen politischen Lagern in den Wiener Parteizentralen. Dass die in der österreichischen Landwirtschaft eingesetzten Futtermittel bereits nahezu ausschließlich gentechnisch verändert sind, wird konsequent ignoriert. Weiterhin wird lautstark ein „Gen-freies Niederösterreich“, ein „Gen-freies Oberösterreich“ gefordert. Dass sich politisch keine wie auch immer geartete Opposition zu dieser Sturheit bisher formierte, ist bemerkenswert. Vielleicht helfen einige Fakten: Aktuell ermöglicht gentechnisch verändertes Saatgut in der Landwirtschaft vor allem <b>mehr Kontrolle</b> gegenüber Unkraut und Insekten, höheren Output sowie ein flexibleres Saat-Management. Davon profitieren zunächst vor allem die Hersteller des genveränderten Saatgutes sowie die dieses einsetzenden Bauern durch <b>höhere Erträge bzw. geringere Kosten</b>. Auf längere Sicht soll sich dadurch aber insgesamt eine nachhaltigere Landwirtschaft und mehr Nahrungsmittel-Sicherheit einstellen, wovon nicht zuletzt die Entwicklungsländer profitieren würden. Denn durch höhere Hektar-Erträge würde nicht nur mit vorhandenen landwirtschaftlichen Nutzflächen auszukommen sein, mehr noch: Beispielsweise könnte durch gentechnisch veränderten Reis – den so genannten <i>golden rice</i> – der Vitamin A-Mangel für eine Viertel Milliarde Kinder behoben werden. Der Mangel an Vitamin A ist die Hauptursache für Blindheit in Asien. <hr> Die <b>8 führenden Länder in Sachen Agro-Biotech</b> sind die USA (59 % des weltweiten transgenen Saat-Anbaus), Argentinien (20 %) Kanada und Brasilien (jeweils 6 %), China (5 %), Paraguay (2 %) sowie Indien und Südafrika (jeweils 1 %). Angebaut wird ebenso in Uruguay, Australien, Rumänien, Mexiko, Spanien, den Philippinen, Honduras, Kolumbien und Deutschland. Mehr als ein Drittel der globalen transgenen Anbauflächen befanden sich 2004 in Entwicklungsländern. <b>2004</b> stammte der weltweite Ernteertrag bei Sojabohnen zu 56 %, bei Baumwolle zu 28 %, bei Raps zu 19 % und bei Mais zu 14 % aus transgenem Saatgut. Die weltweite Anbaufläche dieser vier Kulturpflanzen beläuft sich auf insgesamt 284 Mio. ha – 29 % davon wurden 2004 biotechnologisch bepflanzt. <hr> Die damit verbundenen <b>Ängste</b> betreffen vor allem eine mögliche Veränderung von Toxizität und Allergenität von Lebensmitteln, was allergische Reaktionen oder antibiotische Resistenzen hervorrufen könnte. Nicht vorhersehbare Konsequenzen eines Gen-Transfers von GVO zu traditionellen Kulturpflanzen werden ins Feld gebracht und das Aufkommen von „Super-Unkräutern“ befürchtet. Schließlich könnten GVOs auch die globale Biodiversität einschränken, was zu einer Abhängigkeit von wenigen Saat-Typen führen würde. <b>Patente</b> auf gentechnisch verändertes Saatgut würden zu hohen Kosten insbesondere für Dritte-Welt-Staaten führen und die Vorteile der neuen Pflanzen mehr als wettmachen. Zudem würde die Forschung des privaten Wirtschaftssektors primär auf hohe <b>Profite</b> abzielen – also vorrangig auf die Landwirtschaft in Europa und Nordamerika fokussiert sein. Das GM-Saatgut und die damit verbundenen Technologien bildeten 2004 einen Marktwert von rund 4,7 Mrd €. <hr> Laut International Service for the Acquisition of Agribiotech Applications (ISAAA) hat sich die weltweite Fläche, auf der gentechnisch verändertes Saatgut angebaut wird, von 1996 bis 2004 um den Faktor 47 auf 81 Mio ha erhöht. Angebaut werden derzeit von den rund 8,25 Mio Bauern in 17 Staaten primär Herbizid-tolerante Sojabohnen, gefolgt von Bt Mais, Bt Baumwolle und Herbizid-tolerantem Raps. In 14 Staaten werden mehr als 50.000 ha an Ackerland für die Biotech-Ernten verwendet. <hr> Warum beschränkt sich der transgene Anbau auf nach wie vor so wenige Länder? Nun, zumeist werden Export-Verluste befürchtet, da die transgenen Erträge in den bisherigen Export-Destinationen nicht anerkannt würden. Ein Teufelskreis also. Dabei müssen transgene Pflanzen nicht notgedrungen in Lebensmittel münden. Am Beispiel Bt Cotton lässt sich vielmehr zeigen, wie Biotechnologie davon völlig verschiedene Wirtschaftszweige verändern kann. Denn: China – als Importeur von Baumwolle – investierte seit 1980 massiv in entsprechende Technologien, um die eigenen Anbauflächen für Baumwolle ertragreicher zu machen. Und genau das macht die dominante Textil-Export-Nation der Erde natürlich noch billiger in ihren Gestehungskosten. Gentechnik – als Terminus längst lieber verbannt und stattdessen mit „Biotechnologie“ ersetzt – kommt zudem beispielsweise in der Enzymforschung für Waschmittel sowie in der Entwicklung neuer Medikamente zum Einsatz. In diesen Bereichen stößt sich allerdings niemand an den biotechnologischen Eingriffen. Saubere Wäsche und genesene Menschen werden im öffentlichen Diskurs geschlossen akklamiert. <hr> <big><b> WAS GENTECHNISCH BEI PFLANZEN BEREITS MACHBAR IST – Beispiele der BASF Plant Science: </b></big> Ein Beispiel für verbesserte Anbaueigenschaften sind Pflanzen mit erhöhter Widerstandsfähigkeit gegenüber Trockenheit. In den vergangenen Jahren ist es gelungen, Gene zu identifizieren, die es der Laborpflanze Arabidopsis thaliana ermöglichen, Trockenperioden besser zu überstehen. Diese <b>Trockenheitstoleranz</b> wird nun auf Nutzpflanzen wie Mais, Soja oder Weizen übertragen. Im Bereich Ernährung arbeitet BASF an Pflanzen mit höherem Gehalt an <b>Vitaminen</b> oder an <b>Omega-3-Fettsäuren</b> zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Ein Beispiel, Pflanzen als „grüne Fabriken“ zu nutzen, sind <b>Kartoffeln</b>, die als nachwachsender Rohstoff zur Herstellung von Stärke für die Papier-, Textil- und Klebstoffindustrie eingesetzt werden. Hier ist es BASF Plant Science gelungen, den Anteil der erwünschten Stärkekomponente in den Kartoffeln auf fast 100 % zu steigern. Mit dieser Stärke lassen sich der Einsatz synthetischer Stoffe vermindern und Energie einsparen. Derzeit werden die Stärkekartoffeln an mehreren Standorten im Freiland getestet. Die Aminosäure <b>Lysin</b> ist ein wichtiger Bestandteil des Tierfutters. Ist sie nicht in ausreichender Menge vorhanden, treten Mangelerscheinungen bei den Tieren auf. In Kooperation mit Integrated Genomics in Chicago wurde das Genom des Bakteriums Corynebacterium glutamicum entschlüsselt und der gesamte Stoffwechsel des Bakteriums aufgeklärt. So konnte die Leistung der Bakterien verbessert und damit die biotechnologische Produktion von Lysin erheblich gesteigert werden. Seit den 1990ern werden Enzyme in der Tierernährung eingesetzt. Bei Schweinen und Geflügel reduziert <b>Phytase</b> die Ausscheidung von Phosphaten in der Gülle um etwa 30 %. Dadurch wird die Belastung von Böden und Gewässern (Eutrophierung) mit Phosphaten deutlich vermindert. Neben dem Gewinn für die Umwelt bringt der Einsatz des unter dem Handelsnamen Natuphos vertriebenen Enzyms für die Tierzüchter signifikante ökonomische Vorteile, da es die Verwertung des Futters durch die Tiere verbessert. Phytase wird fermentativ mit Hilfe des Pilzes Aspergillus niger produziert. Natuphos ist heute das wichtigste Enzym für den Einsatz im Tierfutter und wird in allen Regionen der Welt verwendet. Chirale Zwischenprodukte (<b>ChiPros</b>) werden hauptsächlich als Bausteine oder Hilfsstoffe bei der Herstellung pharmazeutischer und agrochemischer Wirkstoffe eingesetzt. Forschern der BASF ist es gelungen, chemo-enzymatische Verfahren zur Herstellung chiraler Amine, Alkohole, Epoxide und Säuren zu entwickeln. Mittlerweile wurden schon drei Produktionsanlagen mit einer Gesamtkapazität von über 4.000 t/Jahr in Betrieb genommen, in denen diese Technologie eingesetzt wird. <hr> <big><b> Gentechnikfrei? Bedingt machbar. Praktisch teuer. </b></big> Allein das Ansinnen, den weltweiten Siegeszug der Gentechnologie ausgerechnet durch ein Acht-Millionen-Volk durchkreuzen zu wollen, zeugt von Selbstbewusstsein. Ob wir das auch schaffen werden, wurde für den Futtermittelbereich jetzt erhoben. Und tatsächlich: Eine Umstellung auf „gentechnikfreie“ Futtermittel wäre in Österreich in der Milchproduktion – also der Rindermast – machbar. Bei der Haltung von Schweinen, Legehennen, Masthühnern und Puten dagegen wäre sie nach den strengen Codex-Richtlinien aber nur in Produktionsnischen möglich. In jedem Fall wäre mit einer spürbaren Kostensteigerung zu rechnen. Offen ist, ob diese Mehrkosten vom Konsumenten beim Lebensmitteleinkauf getragen werden. Oder beim Bauern hängen bleiben. <% image name="Getreidefeld" %><p> <small> Für Österreichs Bauern könnte die angepeilte Gentechnik-Freiheit enorme Einkommensverluste bedeuten. </small> Durchgeführt haben die Machbarkeitsstudie die AGES und die Wiener Universität für Bodenkultur im Auftrag der Agrarmarkt Austria. Die Labors erwähnen freilich auch, dass es bisher keinen Nachweis dafür gibt, dass nach Verfütterung gentechnisch veränderter Futtermittel eine Übertragung transgener DNA in das betreffende tierische Lebensmittel stattfindet. „Derzeit werden in Österreich in der konventionellen Tierfütterung über 600.000 t Sojaextraktionsschrot (SES) eingesetzt. 90 % davon sind als gentechnisch verändert deklariert. Eine der Aufgaben der Studie war es, die Verfügbarkeit von GVO-freien Rohstoffen und Zusatzstoffen für die Futtermittelherstellung zu prüfen", so Leopold Girsch, Bereichsleiter Landwirtschaft in der AGES. <b>Chance Biosprit.</b> „In der Milcherzeugung kommt man mit gutem Grundfutter sehr weit. Hier steht mit proteinhältigen Substituten wie Raps, Sonnenblumen oder Lupine und gentechnikfreiem SES ausreichend Ersatz für GVO-Soja zur Verfügung. Diese Substitute fallen auch als Pressrückstände bei der Erzeugung von Biotreibstoff an und sind hochwertige Eiweißfuttermittel“, so Girsch. Mit der verpflichtenden Biotreibstoff-Beimischung könnten diese Substitute bis 2007/08 etwa 40 % der Sojaschrot-Importe ersetzen. <b>Vitaminmangel.</b> Wesentlich schwieriger sei die Umstellung in der Schweine- und Geflügelhaltung. „In diesem Bereich ist in einer wettbewerbsfähigen Tierernährung der Einsatz von Sojaextraktionsschrot und Futterzusatzstoffen generell notwendig und unverzichtbar“, sagt Girsch. Viele dieser Zusatzstoffe wie die Vitamine B2 und B12 oder Aminosäuren wie Lysin und Tryptophan seien derzeit ausschließlich aus Erzeugung mit GVO verfügbar. Gemäß EU-Verordnung 1829/2003 werden Futtermittel, die keine als GVO deklarierten Zusatzstoffe enthalten, nicht als GVO-Futtermittel gekennzeichnet. Der viel strengere österreichische Lebensmittelcodex fordert jedoch für die Auslobung gentechnikfrei eine GVO-Freiheit auch in der Erzeugung der verwendeten Zusatzstoffe. Diese dürfen nicht mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt werden. Die der Studie zu Grunde liegende Einschätzung von Anbau, Handel und Verfügbarkeit von Rohstoffen umfasst einen Bereich von 20-100 % des Futtermittelbedarfs in Österreich. An Hand einer Trendrechnung kommen die Autoren zum Schluss, dass längerfristig eine eingeschränkte Verfügbarkeit von GVO-freien Futtermittel-Rohstoffen (vor allem Sojabohnen und Mais) zu erwarten ist. Sie verweisen darauf, dass der Anteil von gentechnisch veränderten Sojabohnen bereits 2003 rund 50 % des weltweiten Anbaus ausmachte. Bis 2008 soll dieser Anteil voraussichtlich auf etwa 70 % ansteigen. Weiters wird angemerkt, dass derzeit nicht prognostiziert werden kann, ob mittel- und längerfristig gentechnikfreie Rohstoffmengen für den österreichischen Bedarf zu verträglichen Kosten tatsächlich verfügbar sein werden. <b>Begrenzungen.</b> Gentechnikfreiheit in Futtermitteln erfordert getrennte, geschlossene Produktionsprozesse. Das bedeutet, dass vom Anbau über den Transport, die Lagerung, die Bearbeitung und Verarbeitung des Futtermittels bis hin zur Verfütterung am landwirtschaftlichen Betrieb eine eigene, kontrolliert gentechnikfreie Schiene aufgebaut werden muss. Eine Umstellung auf derartige geschlossene Produktionsprozesse sei prinzipiell machbar, bräuchte aber bei der Milcherzeugung mindestens sechs Monate. In der Rindermast hingegen seien mindestens zwei Jahre zu erwarten. Die Umstellung verursache jedenfalls hohe zusätzliche Kosten. Beim Einsatz von SES-hältigen gentechnikfreien oder nicht deklarationspflichtigen Futtermitteln ergeben sich den Berechnungen zufolge Mehrkosten bis zu 8 % und mehr. Die Mehrkosten variieren je nach Produktionszweig (Milchvieh, Rindermast, Schwein, Legehenne, Masthuhn und Pute) deutlich. Je höher der Eiweißbedarf in der Ration ist (am höchsten bei Pute, am geringsten bei Rindern), desto höher sind die Zusatzkosten. <b>Plus 15 %.</b> Die Mehrkosten in der Futtermittelerzeugung und am Bauernhof entstehen laut Studie vor allem durch erhöhte Rohstoffkosten (der Mehrpreis für gentechnikfreien SES betrug 2003 und 2004 durchschnittlich 15 %). Zu Buche schlagen auch der erhöhte logistische Aufwand (Transport, Lagerung, Bearbeitung und Verteilung), die Kontroll- und Untersuchungskosten, weiters die Umstellungskosten sowie notwendige Investitionen (z. B. zusätzlicher Silo). Erwartet werden auch ein erhöhter Aufwand für die Verwaltung und Dokumentation sowie Mehrkosten für den Zukauf von Tieren (bei Einhaltung des österreichischen Codex). Als besonders heikel werden mögliche Kosten für Haftungsübernahmen auf Grund von eventuellen Verunreinigungen und Verschleppungen in der Wertschöpfungskette gesehen. Der Geschäftsführer der AMA Marketing, Stephan Mikinovic, kommentiert: „Die Studie zeigt, dass man die Unterschiede in den Produktionszweigen berücksichtigen muss. Daher sollten auch die einzelnen Branchen gehört werden. Bemerkenswert sei zudem, dass in anderen EU-Ländern die GVO-Freiheit in Lebensmitteln kaum ein Thema sei. <hr> <big><b> Gentech-Verbot: „Gut fürs Geschäft.“ </b></big> <i>Jungbunzlauer ist lange und erfolgreich in der Biotech-Szene verankert. Der Weltmarktführer in Sachen Zitronensäure profitiert dabei von den strengen Gentech-Gesetzen in der EU.</i> Die Biotech-Branche spricht nicht gerne über Geschäftliches. Je länger man dabei ist, desto weniger. Bei Jungbunzlauer ist das nicht anders. Es steckt zuviel Entwicklungsarbeit und Know-how hinter dem Unternehmen, um leichtfertig mit Informationen um sich zu werfen. Früher, als der Betrieb noch seinen Stammsitz in Pernhofen hatte, behielt man die Dinge lieber für sich. Heute liegt das Zentrum des Konzerns in Basel und – so sagt man – ist noch etwas verschlossener geworden. Zu berichten gäbe es aber genug: Jungbunzlauer hat sich darauf spezialisiert, Zitronensäure und andere organische Verbindungen fermentativ herzustellen und spielt dabei international in vorderster Reihe mit. Das weltweit größte Zitronensäurewerk steht im Stammwerk in Niederösterreich. Die Geschichte des Unternehmens reicht bis 1867 zurück als man im böhmischen Jung Bunzlau mit einer Alkoholdestillationsanlage begann. 1962 stieg man ins heutige Hauptgeschäft Zitronensäure ein, 1986 begann das Unternehmen das Verdickungsmittel Xanthan herzustellen. In den letzten zehn Jahren wurde die Produktpalette um Gloconate und organische Salze beständig erweitert. Neben Pernhofen unterhält Jungbunzlauer Werke in Frankreich, Deutschland und Kanada. Zitronensäure wie auch die gesamte Produktpalette findet vor allem in der Lebensmittelindustrie Verwendung. Zwei Drittel der Gesamtproduktion werden für die Herstellung von Getränken und Nahrungsmitteln benötigt. Weiters werden die Produkte in der Pharmaindustrie, in Hygieneprodukten und in Reinigungsmitteln eingesetzt. Die Herstellung funktioniert durchgehend auf der fermentativen Gewinnung der Verbindungen aus Mikroorganismen. Ähnliche Verfahren – gleiche Absatzmärkte: So bleibt alles gut überschaubar. Ausbeute und Qualität der Produkte hängen dabei von den eingesetzten mikrobiellen Stämmen ab. Durch die strenge österreichische und EU-Gesetzgebung ist man bei Jungbunzlauer angewiesen, Stammoptimierungen mit klassischen Selektionsmethoden und ohne den Einsatz effizienterer gentechnischer Verfahren durchzuführen. Auf den ersten Blick ein Wettbewerbsnachteil. Jedoch: Für Jungbunzlauer ist die „natürliche“ Produktionsweise „ein besserer Schutz als der Zoll“, wie es aus dem Unternehmen heißt. Denn: Zitronensäure-Hersteller, die sich der modernen Gentechnologien längst bedienen, können auf den heimischen Märkten nichts verkaufen. Und so bleibt die entscheidende Konkurrenz de jure außen vor. Die Grundprinzipien der Produktion blieben im Laufe der Jahre stets gleich, sehr viel hat sich aber an der gesamten Technologie des Werkes geändert. Vor allem, was den Umgang mit Ressourcen und Abfällen betrifft. Das Zitronensäure-Werk in Pernhofen betreibt eine eigene Abwasserreinigungsanlage nur für betriebliche Abwässer. Das entstandene Biogas wird entschwefelt, der gewonnene Schwefel weiterverwendet. Die anfallende Biomasse wird als Futtermittelzusatzstoff weiterverkauft. Bei Jungbunzlauer hat man den Stand der Wissenschaft in die Praxis umgesetzt und ist dafür auch von der EU durch die Aufnahme in die „best available technology“ Dokumente ausgezeichnet worden. <% image name="Zuckerruebe" %><p> <small> Zitronensäure-produzierende Mikroorganismen wachsen auf Nährlösungen, die in der Regel aus Zuckerrüben oder Glukose bestehen. </small> Die Hürden der Grünen Biotechnologie

Von Zaubereien an der Oberfläche

Eindrücke vom diesjährigen H.F.Mark-Symposium des ofi – dem Österreichischen Forschungsinstitut für Chemie und Technik: Was passiert, wenn funktionale Moleküle mit cleverer Methodik an unterschiedlichste Werkstoffe andocken. Von Zaubereien an der Oberfläche <% image name="Zucker" %><p> <small> Kohlehydrate wie etwa Zucker als bioverträgliche Träger in der Medizin. </small> Öffnen, binden, andocken – nein, sagen Sie lieber pfropfen. Den Ring knacken, den Initiator vorschicken, das smarte Monomer nachhaken. Sodann: Adsorbieren oder abweisen. Geschmeidig sein, kratzfest oder haften bis ans Ende aller Tage. <i>Hard or soft?</i> Biokompatibel oder mikrobizid. Primär gilt: Polymere werden in ihrer Funktion von ihrer Oberfläche bestimmt, also von physikalischen, chemischen und biologischen Wechselwirkungen von Molekülen mit der Polymeroberfläche. Auch, wenn man es nicht unbedingt sieht: Jede Oberfläche steht in permanenter Reaktion. Das ist das eine. Das andere ist, ein Polymer als Trägermaterial zu verwenden, auf dem bestimmte reaktive Gruppen den Hafen für wiederum sehr bestimmte Ankergruppen bilden. Was das in der Praxis bedeutet, schildert Heinrich Gruber vom Institut für Angewandte Synthesechemie an der TU Wien: „Wir haben auf Basis von Methacrylsäurederivaten von leicht zugänglichen Kohlehydraten wie Zucker neue hydrophile Träger polymerisiert, deren Morphologie und Partikelgröße gezielt gesteuert werden kann. Aufgrund ihrer Bioverträglichkeit sind diese Kohlehydrat-Träger für die Medizin sehr interessant.“ Als extracorporale Blutreinigung etwa: „Indem am Träger immobilisierte Antikörper eingesetzt werden, können toxische Substanzen gezielt aus dem Blut entfernt werden.“ Diese patentierte Methode soll künftig vor allem in Intensivstationen eingesetzt werden, um bei Schockzuständen und Multiorganversagen Hilfe zu leisten. Entwickelt wurde sie gemeinsam mit Dieter Falkenhagen von der Donau-Universität Krems. <b>Grafting.</b> Aktuell ist vor allem die Veredelung von Kunststoffoberflächen das Gebot der Materialwissenschaft. Dafür stehen zweierlei Methoden zur Verfügung, wie Franz Stelzer vom Institut für Chemische Technologie organischer Stoffe an der TU Graz ausführt: „Die Oberfläche kann entweder photochemisch verändert, indem Radikale in der Gasphase – dem Plasma – gebildet werden und diese sodann als zusätzliche Schicht die Kunststoffoberfläche bedecken.“ Zum anderen bedienen sich die Wissenschaftler gerne jener Reaktion, die heuer auch mit dem Chemie-Nobelpreis belohnt wurde – dem so genannten Graften mittels „Ringöffnender Olefin Metathese Polymerisation“ (ROMP). „Dabei dockt ein Monomer an das Radikal eines Initiators an – wird also aufgepfropft. Deutlich unempfindlichere, aber dennoch hochaktive Initiatorsysteme machen derzeit auch eine Pfropfung im Inneren von Schläuchen oder anderen Hohlkörpern möglich.“ Sinn macht das vor allem für die biozide Ausrüstung von Kunststoffen. Und dafür hat Stelzer gemeinsam mit seinen Industriepartnern – KeKelit und Anton Paar – auch ein Patent erhalten. Dabei trifft die Chemie gewissermaßen auf die Mikrobiologie. Denn wenn es gelingt, den für das Grafting notwendigen Initiator zu immobilisieren, so sind diese Oberflächen durch das damit aufgepfropfte Additiv – klassische Biozide sind etwa Silber- und Zinksalze, zinnorganische Verbindungen, Chlorphenole, Heterocyclen sowie kationische Tenside – garantiert bakterienfrei. Durch eine Wechselwirkung mit der Cytoplasmamembran der Bakterien entsteht ein <i>very high killing factor</i>. <b>Selbstreiniger.</b> Manche Verbindungen haben für Lacke oder Kunststoffe äußerst unerwünschte Reaktionsfolgen. Übel spielt ihnen etwa die Photokatalyse von Titandioxid (TiO<small>2</small>) mit – eine Reaktion, die man etwa mit dem Rosten von Eisen vergleichen kann. War man lange bemüht, diesen Effekt zu minimieren, nutzt man ihn heute vermehrt für unterschiedliche Anwendungen, wie Tino Kuhn von der deutschen Kronos International schildert. „Als Photokatalysator kann TiO<small>2</small> als vielfältiges Reinigungsmittel herhalten, indem es schädliche organische Verbindungen im Abwasser, in Abgasen oder auf Oberflächen abbaut.“ Man muss den Katalysator eben nur durch eine Schutzschicht vom tragenden Polymer abschirmen. <% image name="Wassertropfen" %><p> <small> Geheimnisvolle blaue Perlen? Nein, die Wassertropfen prallen auf der imprägnierten Holzoberfläche ab, nachdem sie durch eine nanopartikuläre Oberflächenbeschichtung zur superhydrophoben Oberfläche wurde. </small> Während die Selbstreinigung durch den bekannten Lotuseffekt von einer superhydrophoben Oberflächenstrukturierung ausgelöst wird – das Wasser perlt ab und nimmt dabei den Schmutz mit –, erzielt Titandioxid denselben Effekt durch eine superhydrophile Beschichtung: Wassertropfen zerfließen dabei zu einem einheitlichen Film. Im Klartext sind das dann beschlagsfreie Scheiben, stets saubere Rückspiegel beim Auto, selbstreinigende Hochhausfenster, Lärmschutzwände, Plastikfolien oder Jalousien. Letzter Schrei von Kronos: KRONOS-VP 3655. Dabei handelt es sich um die Entwicklung eines photokatalytischen TiO<small>2</small> für Wandfarben, das bereits im sichtbaren Licht wirksam wird – also auch bei einer Glühbirne in geschlossenen Räumen – und so für eine spürbar bessere Raumluft sorgt. Das Licht aktiviert dabei den Katalysator in der Farbe und baut sodann an der Grenzfläche laufend die freischwebenden Stoffe der Raumluft ab. <b>Nanofibres.</b> Themenwechsel. Sprechen wir von Oberflächen in Reibung. Und schon haben wir das Problem der elektrisch geladenen Polymere. Ein Problem insbesondere für die Halbleiterindustrie, deren hochsensible Chipsätze auf die Antistatik ihrer Umgebung angewiesen sind. Die Klosterneuburger Electrovac bastelt derzeit nicht nur am Börsengang, sondern forscht in Person von Ernst Hammel auch an der antistatischen Ausrüstung von Polymeroberflächen – an Kohlenstoff-Nanofasern, deren Leitfähigkeit jene der gängigen technischen Ruße bei weitem übertrifft. <% image name="Wasserstoffproduktion" %><p> <small> Steam Methane Reformer (SMR): Aus Erdgas wird hochreiner Wasserstoff produziert. </small> Technische Ruße werden im industriellen Maßstab insbesondere von Degussa hergestellt. Und zwar durch die Pyrolyse von Erdöl und Erdgas. Anders ausgedrückt: „In regelrechten CO<small>2</small>-Schleudern im Kraftwerksmaßstab.“ Anstatt Öl und Gas zu verbrennen werden bei dem von Electrovac patentierten CVD-Verfahren so genannte Nanofibres aus Methan (CH<small>4</small>) synthetisiert. Als angenehmes „Abfallprodukt“ wird dabei Wasserstoff (H<small>2</small>) freigesetzt und der CO<small>2</small>-Ausstoß im Vergleich zu herkömmlichen Steamreformern um ein Drittel reduziert. Der CVD-Reaktor wird derzeit gemeinsam mit der OMV und Messer Austria auf seinen großindustriellen Einsatz getestet: „Die OMV benötigt jeden Tag rund 100 t Wasserstoff, der derzeit CO<small>2</smal>-intensiv via Steamreformer generiert wird. Unsler CVD-Reaktor könnte dabei jährlich 36.500 t CO<small>2</small> einsparen.“ Denkbar ist, diesen Prozess auch bei der thermischen Biomasseverwertung einzusetzen – also bei der Umwandlung von Biogas zu verwertbarem Erdgas. Potenzielle Anwendungen für die Nanofibres sind elektrochemische und Gasphasen-Wasserstoff-Speicher, Verbundmaterialien, Kondensatoren, Lithium-Ionen-Batterien, protonenaustauschende Membrane und Brennstoffzellen. Insbesondere als antistatische Verbundmaterialien könnten die Nanofibres künftig in ähnlichen Mengen gebraucht werden wie derzeit Ruß. <b>Plasmaschichten.</b> Mit funktionellen Beschichtungen durch CVD-Verfahren beschäftigt sich auch Guido Ellinghorst vom Fraunhofer Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (IFAM) in Bremen. Bei diesen Verfahren werden die jeweiligen Prozessgase – beispielsweise O<small>2</small>, N<small>2</small>, H<small>2</small>O, NH<small>3</small> oder Luft für die Aktivierung von Oberflächen – in einem Plasmareaktor durch eine Elektrode dazu angeregt, auf die Polymere einzuwirken. Als Resultat entstehen so etwa Easy-to-clean-Beschichtungen auf Textilien, besondere Beschichtungen für den neuen Airbus, Kratzschutz für Handydisplays oder antibakterielle Schichten für Katheter. <hr> <small> Die <b><u>Chemical Vapor Deposition</u></b> (CVD) ist auf deutsch unter der chemischen Gasphasenabscheidung bekannt, deren wichtigste Anwendung die Waferbeschichtung ist. An der Oberfläche eines Substrates wird dabei aus der Gasphase eine Feststoffkomponente abgeschieden. </small> <hr>

„Diagnosen werden ab 2010 sprunghaft besser.“

Der Chemie Report sprach mit Paul Smit, der für Philips Medical Systems die Strategie- und Geschäftsentwicklung verantwortlich zeichnet. „Diagnosen werden ab 2010 sprunghaft besser.“ <% image name="Smit" %><p> <small> Paul Smit: „Jeder Euro für die integrierte Bildgebung spart drei Euro an Spitalskosten.“ </small> <i>In wie weit ist die integrierte Bildgebung bereits Realität im klinischen Alltag, sodass Befunde über verschiedene Instrumente hinweg präsent bleiben?</i> Die beiden Standards DICOM (Digital Imaging and Communications in Medicine) und IHE (Integrating the Healthcare Enterprise) haben sich mittlerweile in der medizinischen Welt durchgesetzt. Wir können heute sagen: Alle Geräte sprechen dieselbe Sprache, verstehen die gleiche Syntax. Die Integration der Instrumente ist hier schon sehr weit gediehen. Nicht zuletzt sind es meist Gesetze, die dabei als Vorantreiber fungieren – in den USA wird gerade geregelt, inwieweit Patienten Zugang zu ihren Gesundheitsdaten haben dürfen. All das braucht standardisiertes Vorgehen. Und nicht zuletzt ein Business Process Reengineering – was für viele Krankenhäuser die eigentliche Herausforderung ausmacht. <i>Wie sieht es mit der Vernetzung der Kliniken aus – gibt es bereits Kliniken, die externe Praxen, Labordaten, Röntgenbilder, Images aus Computertomographen etc. vernetzen?</i> Weltweit würde ich sagen, dass zwischen 20 und 30 % aller Krankenhäuser ausreichend vernetzt sind. Oft wird heute noch eine Art duales System gefahren: Ältere Geräte liefern noch keine digitalen Daten, sondern analoge Filme – um diesen auch weiterhin verwenden zu können, wird dabei mit dem Standard PACS (Picture Archiving and Communication System) an DICOM angedockt, sodass die Bildgebung sowohl als Film als auch in digitaler Form vorliegt. Der Markt für die integrierte Bildgebung wächst aber jährlich zwischen 7 und 10 %, sodass etwa ab 2020 eine vollständige digitale Vernetzung im medizinischen Alltag erreicht werden wird. <i>In welchen Bereichen sehen Sie aktuell die größten Umsatz-Zuwächse bzw. Potenziale?</i> Computertomographie und Nuklearmedizin weisen derzeit mit 10 bis 15 % das größte Wachstum auf. Die Technologieentwicklung ist in diesen Bereichen überaus schnell: Computertomographen sind heute deutlich schneller und genauer als noch vor wenigen Jahren – ein Herz kann mittlerweile binnen sechs Sekunden gescannt werden. Die Geräte können daher für die Erste-Hilfe-Diagnose verwendet werden. In der Nuklearmedizin liefert die Positron Emission Tomography (PET) die Chance für die sehr frühe Krebserkennung. Insgesamt werden in Europa derzeit einige Tausend Computertomographen und einige Hundert PET-Systeme von uns jährlich ausgeliefert. Wir sind hier die Nummer Drei am Markt und wachsen sehr stark. Indem die Magnetresonanz strahlungsfrei arbeitet sehen wir hier in 10 bis 20 Jahren die große Zukunft der Bildgebung: Heute noch sehr teure und große Geräte werden deutlich kleiner und spezifischer, also etwa nur für das Gehirn abgestellt sein. <i>Die diagnostische Praxis weitergedacht: Wohin tendiert die klinische Forschung?</i> Der Trend geht eindeutig in Richtung früherer und genauerer Diagnosen. Vor allem bei sehr teuren Krankheiten wie Darmkrebs oder Lungenkrebs lässt sich dadurch die durchschnittliche Lebenserwartung um bis zu 9 Jahre erhöhen. Aber hier stehen wir noch am Anfang – einige sehr teure und lange Studien müssen uns zuvor noch die entsprechenden Sicherheiten liefern. Aber Sie können damit rechnen, dass ab 2010 Diagnosen sprunghaft besser werden. Und damit werden auch die allgemeinen Gesundheitskosten sinken, weil dadurch enorme Beträge in den Spitälern eingespart werden können – eine Computertomographie zu machen und dadurch richtige Behandlungen zu machen ist ungleich billiger als einige Tage Spitalsaufenthalt aufgrund falscher Diagnosen. Zu erwähnen sind hier ebenso die Molekularagenten. Dabei handelt es sich um Kontrastmedien, die sich an Krankheitsherden anhaften – an Tumoren etwa – und sodann leuchten. Wenn Sie so wollen: Biochips, die eine in-vivo-Messung ermöglichen. Wir entwickeln diese Systeme derzeit gemeinsam mit Schering und rechnen mit der Marktzulassung ab 2010. <i>Sind Lab on Chip-Systeme für Philips ein relevantes Forschungsfeld? </i> Ja, hier entwickeln wir tatsächlich derzeit ein Produkt. Dabei handelt es sich um sehr schnelle Genanalysen bei Sepsis-Erkrankungen. Das Produkt ist dabei vollintegriert, das heißt, man gibt die Blutprobe hinein und erhält ohne weiteres Zutun binnen zwei Stunden ein Ergebnis. Wir wollen es in 2 bis 3 Jahren auf den Markt bringen.

Tibotec meldet Erfolge gegen HI-Virus

Die belgische <a href=http://www.tibotec.com>Tibotec</a> war in Phase 2b mit zwei HIV-Präparaten erfolgreich: TMC114 und TMC125 zeigen Aktivität gegen wirkstoffresistentes HIV. Tibotec meldet Erfolge gegen HI-Virus <% image name="Aidstest" %><p> Tibotec präsentierte seine primären Ergebnisse aus der POWER 2-Studie zur 24-wöchigen Wirksamkeit und Sicherheit von TMC114, einem Proteasehemmer (PI) bei behandlungserfahrenen Patienten sowie die ersten klinischen Langzeitergebnisse von TMC125, einem Nicht-Nukleosid-Reverse-Transkriptase-Hemmer (NNRTI) bei NNRTI-resistenten HIV-1-Patienten. Sowohl TMC114 als auch TMC125 werden derzeit in Phase III-Studien untersucht. Bei der Untersuchung zu <b><u>TMC114</u></b> handelt es sich um eine Studie zu TMC114 in Kombination mit Ritonavir (TMC114/R) bei mit mindestens 1 PI, 1 NNRTI und 1 NRTI erfahrenen Patienten, die eine oder mehrere primäre PI-Mutationen aufwiesen. Die Ergebnisse zeigten, dass 62 % der Patienten eine Verringerung der Viruslast von 1 log10 oder mehr in der höchsten Dosierungsgruppe im Vergleich zu 14 % in der Kontrollgruppe erzielten. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Kopfschmerzen und Übelkeit. TMC114/R wird derzeit in Phase III sowohl an behandlungserfahrenen wie behandlungsnaiven HIV-1-infizierten Patienten untersucht. <b><u>TMC125-C223</u></b> war eine Dosisfindungsstudie an HIV-1-infizierten Patienten mit weitgehender Behandlungserfahrung und erwiesener NNRTI-Resistenz sowie 3 oder mehr PI-Mutationen. Bei diesen NNRTI-resistenten Patienten fiel die Reduktion der Viruslast bei jenen Patienten, die TMC125 in Kombination mit einer optimierten Basisbehandlung erhielten, beim primären Endpunkt nach 24 Wochen bedeutend höher aus als bei der aktiven Kontrollgruppe. Die am häufigsten beobachteten Nebenwirkungen waren Durchfall und Ausschläge. Das Programm der klinischen Phase III zu TMC125 startete letzten Monat. Als Hintergrund-Proteasehemmer wird TMC114 eingesetzt. Zum ersten Mal werden hiermit zwei neue Antiretroviren- Prüfmedikamente in Kombination an sehr behandlungserfahrenen Patienten untersucht.

Die Tulln-Connection

Zuerst war die Universität, dann kamen die Fachhochschule und die ersten Unternehmensansiedelungen. Jetzt expandiert der Forschungsstandort Tulln weiter. Trotz des schlechten Geredes: Mit grüner Biotechnologie lässt sich in Österreich nicht nur forschen, sondern auch Geld verdienen. Zwei Portraits. Die Tulln-Connection <% image name="Reagenzglaeser" %><p> <small> Mit Bio-Analytik erfolgreich: Biopure und Romer Labs. </small> Martin Freudenschuss ist äußerst zuversichtlich. „Hier wird es bald neue Spin-offs geben“, prophezeit er. Er ist eben mit seinem Arbeitgeber Biopure und dessen Partnerunternehmen Romer Labs in das Erdgeschoss des neuen Technologiezentrums in Tulln eingezogen. In den oberen Geschossen wäre noch Platz für Unternehmensgründungen. Biopure ist ein gutes Beispiel, wie solche funktionieren können. Als Freudenschuss im Jahr 2000 mit seiner Dissertation am angrenzenden IFA, dem Interuniversitären Department für Agrarbiotechnologie, begann, hatte er „das Glück am richtigen Ort zur richtigen Zeit zu sein“. Labors wie jene am IFA benötigen chemische „Standards“ – hochreine Substanzen, die in der Chemie eine ähnliche Rolle einnehmen wie der Urmeter für metrische Messsysteme. Bei Mykotoxinen, an denen in Tulln gearbeitet wird, gab es keine Anbieter und die eigene Herstellung solcher Substanzen war aufwendig und teuer. Die Idee, eine Firma zu gründen, die dieses Geschäftsfeld abdecken würde, gab es daher schon lange, jedoch scheiterte ein früherer Versuch das entsprechende Reinigungsverfahren umzusetzen. Freudenschuss schaffte es in den ersten fünf Wochen seiner Doktorarbeit und reinigte 500 mg Deoxinivalenol. Das Projekt wurde wieder attraktiv. Innerhalb eines Jahres war die Firmengründung vollzogen. Zu diesem Zeitpunkt konnte man bereits eine zweite Substanz anbieten. Der Break Even war nach drei Jahren erreicht. Heute beschäftigt Biopure eine Handvoll Mitarbeiter und hat mehr als 50 verschiedene Produkte im Sortiment – als Festsubstanz wie auch in genau spezifizierten Lösungen. Freudenschuss leitet die Produktentwicklung. <b>Exzellentes Umfeld.</b> Erfolgreiche Gründungen sind stark von den Rahmenbedingungen abhängig: Biopure konnte sich an der Universität einmieten, auf die vorhandene Infrastruktur zurückgreifen und an Geräten arbeiten, die sich ein junges Unternehmen sonst nicht leisten könnte. Ohne der Öffnung der Universitäten wäre das nicht möglich gewesen. Starthilfe gab es durch ein FFF-Projekt mit einer Laufzeit von drei Jahren. Damit konnte man die Produktentwicklung finanzieren. Mittlerweile ist man an einem EU-Projekt beteiligt. Finanzielle Rückendeckung gab es auch von der Erber AG, dem Eigentümer des Futtermittelherstellers Biomin, auf die man bei Ausfall der Förderungen hätte zurückgreifen können. „Ohne diese Versicherung hätte sich wohl niemand über die finanziellen Hürden getraut.“ „Prinzipiell“ sagt Gustav Kichler, COO bei Romer Labs, „lebt eine solche Neugründung von den handelnden Personen.“ Im Fall der Biopure waren es der Chef des IFA Analytikzentrums Rudolf Krska und Erich Erber, die das Projekt vorantrieben. Mit Krska hätte man einen Vollprofi im Projekteschreiben dabei gehabt, ohne dessen Routine die Zusage des FFF-Projektes nicht so schnell zustande gekommen wäre. <b>Symbiotische Firmenbeziehungen.</b> Mit Biopure ist der Diagnostikhersteller Romer Labs eng verbunden. Romer Labs stellt Analysekits für Futtermittel- und Lebensmittelproben her, darunter auch immunochromatographische Säulchen, die einen Substanznachweis schon in wenigen Minuten bringen. 1982 in den USA als Servicelabor für die Mykotoxindiagnostik gegründet, wurde Romer 1999 von der Erber AG übernommen und damit in Marketing und Vertrieb zum internationalen Akteur. Gleichzeitig mit der Ansiedelung im niederösterreichischen Herzogenburg erschloss die Firma mit einem Forschungszentrum in Singapur einen dritten Standort. Heute liegt der Umsatz von Romer Labs bei 4,5 Mio €. Die Forschungsausgaben machen davon etwa 5 % aus, wobei ein großer Anteil aus Fördertöpfen noch nicht eingerechnet ist. Das Verhältnis zur Schwesterfirma Biopure ist symbiotisch. „Biopure ist unser Partner für die Referenzmaterialien und Romer ist der Vertriebspartner für die weltweite Distribution der Produkte“, meint Kichler. Mittlerweile ist Romer in mehr als 70 Ländern präsent. Das Unternehmen exportiert 90 % seiner Waren. <b>Forschung bis zur Produktreife. </b> Die Ideen- und Entwicklungsschmiede für Romer Labs ist das am IFA angesiedelte Labor der Christian Doppler Forschungsgesellschaft, bei der das Unternehmen seit sieben Jahren Mitglied ist. Dort studiert ein kleines Team den Abbau von Mykotoxinen durch Mikroorganismen, um daraus Strategien für die Vermeidung von Kontaminationen zu erarbeiten. Romer erwartet sich daraus die Entwicklung neuer Schnelltests. Die Ausgaben eines laufenden Projektes teilen sich dabei die Gesellschaft, deren Mitglieder sich aus Wirtschaft, öffentlicher Hand und Wissenschaft zusammensetzen, und das beteiligte Unternehmen untereinander auf. In den ersten beiden Jahren übernimmt der Firmenpartner 30 % der Kosten, ab dann wird die Forschung zu gleichen Teilen finanziert. Das wissenschaftliche Team selbst ist an der Universität angestellt und arbeitet selbstständig. Die groben Vorgaben kommen von Romer Labs. Damit nicht am Markt vorbeigeforscht wird, legt man Wert darauf, dass zwischen Unternehmen und Forschung ein beständiger Informationsaustausch herrscht. Das mache die Zusammenarbeit bis zur Produktreife auch sehr spannend: „Es ist für die Forscher irrsinnig motivierend, einen Prototyp an die Firma weiterreichen zu können.“ <b>Potenzial in der Mykotoxinforschung.</b> Zum Kundenkreis zählen neben wissenschaftlichen Einrichtungen hauptsächlich Routinelabors von Lebensmittelkonzernen, deren Qualitätskontrolllabors Analysen durchführen müssen oder staatliche Einrichtungen, die Grenzwerte überwachen. Durch relativ strenge EU-Regelungen konnte man auf diesem Sektor einen großen Markt erschließen. In den USA beliefert man vor allem die Getreideindustrie mit einer speziell auf die dortigen Grenzwerte abgestimmten Produktpalette. Allzu leicht ist der Export in die USA allerdings nicht: Seit dem 11. September 2001 ist es schwieriger nach Amerika zu schicken. So ist es zwar erlaubt, das sensible Material ins Land zu schicken, Zollkontrollen verzögern Lieferungen aber oft um einige Wochen. Romers Strategie für die Zukunft ist es, das derzeitige Arbeitsfeld weiter auszubauen. „Um kompetitiv bleiben zu können,“ sagt Kichler „muss man über den Tellerrand der Mykotoxinforschung hinausschauen.“ Zukünftig könnte man sich in der Lebensmitteldiagnostik engagieren, das würde auch bedeuten, neue Bande, mit Firmen die in diesem Sektor tätig sind, zu knüpfen. Biopure bedient als Referenzmittelhersteller einen anderen Markt und verfolgt die Strategie, tiefer in das Forschungsfeld Mykotoxine vorzudringen. Etwa in der weiteren Veredelung, also Aufreinigung dieser Substanzen. Bislang hält man bei 98 % Reinheitsgrad. Zukünftig ist es durchaus vorstellbar, auch für den humanmedizinischen Bereich zu produzieren. Die Warendistribution würde dann auch über „Katalogfirmen“ abgewickelt werden können, die Biopures Produkte in ihr Portfolio aufnehmen. Entsprechende Projekte werden bereits angestrengt, genaueres will Freudenschuss aber noch nicht preisgeben. Ziel ist es, Ende 2006 in diesem Marktsegment die Weltmarktführerschaft zu erreichen.

RAG will Degussa-Anteile von E.ON

Der deutsche <a href=http://www.rag.de>RAG</a>-Konzern steht kurz vor der vollständigen Übernahme von <a href=http://www.degussa.de>Degussa</a>: Für 2,8 Mrd. Euro will man die von <a href=http://www.eon.de>E.ON</a> gehaltenen Degussa-Anteile übernehmen. RAG will Degussa-Anteile von E.ON Dazu wurde ein entsprechendes Eckpunktepapier vereinbart. Die RAG hielt bisher 50,1 % am weltgrößten Spezialchemiekonzern. Weitere 43 % lagen bei E.ON. Die Übernahme soll bis Juli 2006 abgeschlossen sein. Für die außen stehenden Aktionäre kündigte RAG ein öffentliches Kaufangebot von 42 €/Aktie an. Weiters sei ein Squeeze-Out vorgesehen. <% image name="Degussa" %><p> "Mit der geplanten vollständigen Übernahme der Degussa AG schaffen wir das Fundament für die erfolgreiche Zukunft des RAG-Konzerns. Sie ist ein Meilenstein auf dem Weg an die Börse", so der RAG-Vorstandsvorsitzende und frühere Bundeswirtschaftsminister Werner Müller. Der Vorsitzende der IG BCE, Hubertus Schmoldt, sprach von einer "wichtigen Wegmarke für die Weiterentwicklung der RAG zu einem Energie-, Chemie- und Immobilienkonzern".

Dezember 19th

Neue Rolle des Proteins Raf-1 entdeckt

Wie Leberzellen auf Signale zur Aktivierung eines Selbstzerstörungsprogramms reagieren, wird vom Protein Raf-1 maßgeblich mitbestimmt. Diese bisher unbekannte Funktion des ­Signalmoleküls hat eine Gruppe des Campus Vienna Biocenter in Mäusezellen entdeckt. Neue Rolle des Proteins Raf-1 entdeckt <% image name="Maus" %><p> Wenn es der Leber schlecht geht, wird mit dem programmierten Zelltod (Apoptose) ein Schutzmechanismus aktiviert. So werden infizierte oder beschädigte Leberzellen in den Tod getrieben. Für die Aktivierung der Apoptose sind <b><u>Fas-Rezeptoren</u></b> an der Oberfläche der Leberzellen entscheidend: Sie empfangen das als FasL bezeichnete Signalmolekül und initiieren anschließend die Selbstzerstörung der Zelle. Eine Gruppe um Manuela Baccarini von den Max F. Perutz Laboratories an der Uni Wien konnte nun zeigen, dass die Menge an Fas-Rezeptoren auf der Zellmembran <b><u>vom Protein Raf-1 reguliert</u></b> wird: Zellen besitzen bis zu 5 x mehr Fas-Rezeptoren, wenn sie kein Raf-1 herstellen können. Die Ergebnisse liefern eine Erklärung für die vor einiger Zeit entdeckte Tatsache, dass Raf-1 gerade in der Embryonalentwicklung eine wichtige Funktion hat. Dann verhindert es nämlich die zu dem Zeitpunkt ungewollte Aktivierung des Zelltod-Programms durch das Signalmolekül FasL. Jetzt ist geklärt, dass dieser Effekt durch die Regulierung der Anzahl der dafür zuständigen Rezeptoren auf der Zelloberfläche erfolgt. Zur korrekten Funktionsweise der Fas-Rezeptoren gehört auch, dass sie nach Bindung des FasL-Signalmoleküls und Aktivierung der Apoptose in das Zellinnere transportiert werden. Dort werden sie quasi recycled und wieder funktionstüchtig an die Zelloberfläche zurück transportiert. Während dieses Vorgangs wird die Signalübetragung unterbrochen. Wenn aber Raf-1 fehlt, dann werden die Rezeptoren nicht in das Zellinnere aufgenommen. Sie bleiben im aktivierten Zustand auf der Zelloberfläche und bewirken ein kontinuierliches Initiieren der Apoptose. Bei Erkrankungen der Leber kann das über die Fas-Rezeptoren aktivierte Schutzprogramm nun ganz verschiedene Rollen haben. So zerstört es etwa bei Infektionen oder Abstoßreaktionen ­aus Selbstschutz ­ weitere Leberzellen, die durch moderne Medikamente eigentlich gerettet werden könnten. In dieser Situation ist es wichtig, dieses Programm zu stoppen. Anders bei Lebertumoren: Diese bewirken eine Schwächung des Fas-abhängigen Selbstschutzes und können so stetig wachsen. Hier wäre eine Stärkung des Schutzprogramms wünschenswert, so dass die Tumorzellen abgetötet werden. Die Erkenntnisse aus dem Projekt bieten einen Ansatz für künftige Therapien bei verschiedensten Lebererkrankungen.

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