Archive - Nov 10, 2017

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Weiter Krach um Glyphosat

Der neue Vorschlag der EU-Kommission bezüglich Zulassungsverlängerung erhielt nicht die notwendige Zustimmung. Auch im Berufungsausschuss des zuständigen Expertengremiums zeichnet sich diese nicht ab.

 

Unerwartet kam das Ergebnis eher nicht: Die EU-Kommission scheiterte am 9. November mit ihrem neuesten Vorschlag bezüglich der Zulassung für Glyphosat. Statt um zehn Jahre sollte diese nun um fünf Jahre verlängert werden, also bis zum 15. Dezember 2022. Dies hätte der Forderung entsprochen, die das EU-Parlament am 24. Oktober erhob. Doch bei der Abstimmung im Standing Committee on Plants, Animals, Food and Feed (PAFF Committee) kam die notwendige „qualifizierte Mehrheit“ der Stimmen der EU-Mitgliedsstaaten (55 Prozent der Staaten, die 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren) auch diesmal nicht zustande. Für den Kommissionsvorschlag stimmten 14 Staaten, darunter Großbritannien, die Niederlande, Schweden, Spanien und Ungarn. Neun Staaten lehnten den Vorschlag ab, unter ihnen Österreich, Belgien, Frankreich, Griechenland und Italien. Fünf weitere Staaten enthielten sich der Stimme, darunter Deutschland, Polen und Portugal.

Am Zug ist nun der Berufungsausschuss, der am 28. November tagt. Die EU-Kommission kündigte an, ihm einen neuerlichen Vorschlag zur Zulassungsverlängerung zu unterbreiten. Ergibt sich im Berufungsausschuss keine qualifizierte Mehrheit, kann die Kommission die Verlängerung auch selbst beschließen. Tut sie dies nicht, läuft die Zulassung am 15. Dezember des heurigen Jahres aus. Restbestände des Mittels dürften dann noch binnen anderthalb Jahren verbraucht werden, das heißt bis Mitte 2019. Dass sich im Berufungsausschuss eine qualifizierte Mehrheit findet, ist allerdings kaum zu erwarten: An der Haltung Deutschlands wird sich nichts ändern, bis die neue Bundesregierung gebildet ist. Die französische Regierung wiederum ist gespalten: Umweltminister Nicolas Hulot ist für eine Verlängerung um maximal drei Jahre, Landwirtschaftsminister Stéphane Travert dagegen für fünf bis sieben Jahre, Premierminister Édouard Philippe für höchstens vier Jahre.

 

Die Reaktionen auf das gestrige Abstimmungsergebnis im PAFF erfolgten erwartungsgemäß. Die Industriegruppe Pflanzenschutz (IGP) sprach von einem „unwürdigen Polit-Schauspiel“, das „dem Landwirtschafts-, Wirtschafts-, Forschungs- und Wissenschaftsstandort Europa sowie dem Ansehen der EU-Behörden“ schade. Wissenschaftliche Fakten würden ignoriert, das „zutiefst verwerfliche Spiel der NGOs mit der Angst der Menschen und die Panikmache gefördert“. Und IGP-Obmann Christian Stockmar fügte hinzu: „Gemäß dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand würde nichts gegen eine Wiederzulassung für 15 Jahre sprechen.“

 

Seitens der NGOs war von einem „Misstrauensvotum der Mitgliedstaaten gegen die Zulassungsbehörden“ die Rede. Die EU-Kommission müsse „nun den endgültigen Ausstieg vorschlagen“.

 

Karin Kadenbach, Abgeordnete der SPÖ zum EU-Parlament, verlautete: „Wir brauchen so schnell wie möglich ein Verbot des Pflanzengifts. Im EU-Parlament haben wir uns bereits auf den Kompromiss einigen können, dass ab 15. Dezember 2022 das Pestizid europaweit verboten werden soll und für eine sofortige Beschränkung bei der Verwendung des Stoffes gestimmt – allerdings ohne die Stimmen von ÖVP und FPÖ.“ Kadenbach zufolge muss „mit der Salamitaktik der ewigen Glyphosat-Verlängerung Schluss sein muss. Das sehen auch viele Bürger so: Mehr als 1,3 Millionen Menschen haben bereits die Europäische BürgerInneninitiative für ein Verbot unterzeichnet“.