Archive - Jun 2017

June 28th

Finanzergebnis verbessert AIT-Bilanz 2016

Bewertungseffekte aufgrund gesetzlicher Änderungen erhöhten das Finanzergebnis um rund 1 Million Euro und glichen die Kosten für die anstehende Übersiedlung aus.

 

Das Jahresergebnis des Austrian Institute of Technology (AIT) stieg von 2015 auf 2016 von 3,1 Millionen Euro auf 3,6 Millionen, das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit von 3,2 auf 3,3 Millionen Euro. Das berichteten Aufsichtsratschef Hannes Androsch sowie die Geschäftsführer des Unternehmens, Anton Plimon (Kaufmännisches), Alexander Svejkovsky (Finanzen) und Wolfgang Knoll (Wissenschaft) bei der Bilanzpressekonferenz am 28. Juni. Geschuldet ist der Ergebniszuwachs dem Finanzergebnis. Wegen einer Änderung des Rechungslegungsgesetzes kam es zu massiven positiven Bewertungseffekten. Dadurch schnellte das Finanzergebnis von 19.000 Euro auf rund 1,1 Millionen Euro in die Höhe. Dank dessen war es möglich, den Rückgang des Betriebsergebnisses um rund 1 Million Euro oder etwa ein Drittel auszugleichen. Svejkovsky begründete diesen Rückgang auf Anfrage des Chemiereports mit der Vorbereitung der Übersiedlung der Wiener AIT-Standorte in die Giefinggasse im Nordwesten der Bundeshauptstadt. „Das ist durchaus planvoll passiert“, versicherte Svejkovsky. Laut Plimon wird die Übersiedlung bis März kommenden Jahres abgeschlossen.

 

Dass die Zahl der dem AIT erteilten Patente von 37 im Jahr 2015 auf 27 im Jahr 2016 fiel, wollte Knoll nicht überbewertet wissen: „Das ist kein Trend.“ Plimon ergänzte, das AIT habe 2016 „viele“ Patentanträge eingereicht: „Wir waren die Nummer 2 nach der Technischen Universität Wien.“ Als künftige wissenschaftliche Schwerpunkte des AIT nannte Knoll die Digitalisierung und die Dekarbonisierung. Die Digitalisierung „zieht sich durch alle unsere Centers durch. Das Center Digital Safety & Security wird eine unserer Geschäftseinheiten mit dem stärksten Wachstum sein“. Insbesondere setze das AIT auf die Themen Big Data Sciences und den Umgang mit komplexen Netzwerken. Bei der Dekarbonisierung behandle das AIT vor allem die Energieeffizienz.

 

Androsch zufolge wird der Aufsichtsrat des Unternehmens am Freitag dieser Woche dessen neue Strategie beschließen: „Wir gehen vom Stabilisierungskurs auf einen angemessenen Expansionskurs.“ Die Finanzierungsvereinbarung mit dem Finanzministerium werde demnächst abgeschlossen. Das AIT gehört zu 50,46 Prozent dem Bund und zu 49,54 Prozent der Industriellenvereinigung und erhält eine Basisdotierung, die etwa ein Drittel seiner Einnahmen ausmacht. Im Jahr 2016 belief sich diese auf 44,9 Millionen Euro.

 

Keine Neuigkeiten gibt es hinsichtlich der angekündigten Expansion des AIT in die Bundesländer. Androsch zufolge besteht die grundsätzliche Bereitschaft, „mit bestehenden Einrichtungen zusammenzuarbeiten“. Vereinbart sei aber noch nichts.

 

June 27th

FCIO: Innovationen sollen sich lohnen

Anlässlich des Jobabbaus bei Shire in Niederösterreich präsentiert der Fachverband der Chemieindustrie seine Forderungen zur Unterstützung der Pharmabranche.

 

Im Wesentlichen zwei Forderungen erhebt der Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO) anlässlich des geplanten Jobabbaus beim angloamerikanischen Pharmakonzern Shire in Orth an der Donau: Erstens sollen die (österreichischen) Krankenkassen die Kosten für neue Medikamente auch dann erstatten, wenn diese außergewöhnlich hoch sind. Zweitens wünscht der FCIO, dass die EU den Patentschutz für die Pharmaindustrie in der bestehenden Form aufrechterhält. Grundsätzllich brauche die Branche „eine Sicherheit, dass sich Innovation auszahlt“, verlautete FCIO-Geschäftsführerin Sylvia Hofinger in einer Aussendung.

 

Zur ersten Forderung des FCIO erläuterte Hofinger, die Krankenkassen müssten „ihrer Aufgabe nachkommen, die von den Ärzten als wirkungsvoll und nötig verschriebenen Therapien für die Patienten zur Verfügung zu stellen“. Ohnehin unterstütze die Pharmaindustrie die Kassen bei der Deckung der Arzneimittelkosten. Hofinger verwies in diesem Zusammenhang auf die 125 Millionen Euro, die die Branche auf Basis des Rahmenpharmavertrags 2016 bereitstellte.

 

Was das EU-Patentrecht im Hinblick auf die Pharmaforschung angeht, plant die EU-Kommission eine Evaluierung und eventuell eine Überarbeitung der derzeitigen Vorschriften. Dies soll letztlich auch zu einer Senkung der Medikamentenkosten beitragen. Hofinger kann diesen Überlegungen jedoch wenig abgewinnen. Ihr zufolge „ermöglicht und belohnt das derzeitige Patentsystem die langjährige, intensive Forschungstätigkeit der Pharmaindustrie und garantiert damit die Wettbewerbsfähigkeit im Welthandel. Es bildet den Rahmen, der die EU an die Spitze der pharmazeutischen Innovation und unter die besten wissensbasierten Volkswirtschaften gebracht hat. Eine Veränderung des aktuellen Systems gefährdet unseren Wohlstand und unzählige Arbeitsplätze.“

June 26th

Wie das Gehirn einschläft

Forscher des IMP in Wien haben untersucht, wie das Gehirn zwischen Schlaf- und Wachzustand wechselt und die dynamischen Zustände des beteiligten neuronalen Netzwerks beschrieben.

 

Bei allen höheren Tieren, die ein Nervensystem besitzen, kommen abrupte Übergänge zwischen Schlaf- und Wachzuständen vor, zwischen denen sich die  Gehirnaktivitäten drastisch unterscheiden. Welche Mechanismen beim Einschlafen und Aufwachen wirksam sind, gibt den Neurowissenschaftlern aber nach wie vor Rätsel auf. In der Forschungsgruppe um Manuel Zimmer am  Institut für Molekulare Pathologie in Wien benützt man den Fadenwurm C. elegans als Modellsystem. Sein Nervensystem besteht aus lediglich 302 Zellen, deren Aktivität einzeln gemessen kann.

Für eine in der Fachzeitschrift Science veröffentlichte Studie wurden Schlaf- und Wachszustand der Würmer über die Zusammensetzung der zugeführten Luft kontrolliert: Die für gewöhnlich unter der Erde lebenden Organsimen mögen niedrige Sauerstoffkonzentrationen, bei einem Sauerstoffgehalt über 21 Prozent werden sie dagegen in einen Alarmzustand versetzt und wachen auf.

Annika Nichols, die Erstautorin der Arbeit und Doktorandin in Zimmers Arbeitsgruppe, beobachtete dabei, dass ein bestimmter Zelltypus (die sogenannten RIS-Zellen) sowohl im Schlaf- als auch im Wachzustand aktiv sein kann. Diese Zellen produzieren eine schlaffördernde Substanz, ihre Aktivität kann daher mit der Müdigkeit der Tiere in Zusammenhang gebracht werden. Eine Computeranalyse der Messergebnisse ergab aber, dass diese Zellen den Übergang in den Schlafzustand nicht zentral steuern, sondern vielmehr Selbstorganisationsprozesse zwischen den Neuronen initiiert und diese den kollektiven Übergang bewirken. Schlaf wird von den Wissenschaftlern als emergente Eigenschaft neuronaler Netzwerke beschrieben. Das dahinter liegende dynamische System wechselt dabei von einem globalen Zustand („Attraktor“) in einen anderen.

 

 

 

 

Weiter Krach um EMA-Sitz

Dass der Europäische Rat erst im November über den neuen Standort der European Medicines Agency (EMA) entscheidet, findet nicht die Gnade der Pharmaindustrie.

 

Der europäische Pharmaindustrieverband EFPIA grollt der hohen Politik. Mit Unwillen nehme die Branche zur Kenntnis, dass der Europäische Rat erst im November über den neuen Sitz der European Medicines Agency (EMA) entscheidet, hieß es in einer Aussendung: „Es erregt schwere Besorgnis, dass die Beratungen der Staats- und Regierungschefs nicht zur einer frühzeitigen Entscheidung über den neuen EMA-Standort geführt haben. Im Falle einer bewussten Behinderung oder eines Fehlschlags des Entscheidungsprozesses hat Europa keine Ausweichmöglichkeit.“

 

Freilich bräuchten die Verhandlungen über den Austritt Großbritanniens aus der EU (Brexit) ihre Zeit. Trotzdem müsse rasch über die EMA entschieden werden, weil Arzneimittel „sich direkt auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Bürger der EU wie auch Großbritanniens auswirken“. Mehr als zwei Jahrzehnte lang hätten die EU-Mitgliedsstaaten von der Tätigkeit der Agentur profitiert. Umso wichtiger sei es, zu gewährleisten, dass sie ihre Rolle auch weiterhin wahrnehmen könne, Brexit hin oder her. Laut EFPIA muss es deshalb Priorität haben, die „Unsicherheit über den Standort der EMA zu beseitigen und Übergangsbestimmungen für alle Fragen festzulegen, die die Sicherheit und die Gesundheit der Patienten betreffen könnten“.

 

Gemäß dem Beschluss des Europäischen Rates können sich die Mitgliedsstaaten bis 31.Juli als neuer Sitz der EMA und der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) bewerben. Beide Institutionen sind derzeit im Londoner Bürokomplex Canary Wharf im ehemaligen Hafengebiet der britischen Hauptstadt angesiedelt. In Zukunft werden sie dem gegenüber in unterschiedlichen Mitgliedsstaaten ansässig sein. Bis spätestens 30. September übermittelt die EU-Kommission ihre Bewertung der Bewerbungen an den Europäischen Rat. Ferner wird diese Bewertung veröffentlicht.

 

Drei Stufen

 

Der Europäische Rat entscheidet im November, wobei ein dreistufiges Wahlverfahren gilt und Großbritannien nicht wahlberechtigt ist. Zuerst wird über die EMA entschieden. Im ersten Wahlgang hat jeder Mitgliedsstaat eine Stimme zu je sechs Stimmpunkten. Drei der Punkte davon muss er der seiner Ansicht nach besten Bewerbung geben, zwei der zweitbesten und einen der drittbesten. Sämtliche Punkte müssen vergeben werden, damit die Stimme eines Staates gültig ist. Gewählt ist jener Standort, der je drei Punkte von mindestens 14 Mitgliedsstaaten erhält.

 

Trifft dies auf keinen Standort zu, kommt es zu einem zweiten Wahlgang. Daran nehmen die drei Standorte mit den höchsten Punktezahlen teil. Haben mehr als drei Bewerbungen diese Zahl erreicht, sind sie alle in der zweiten Runde vertreten. In dieser hat jeder Staat eine Stimme zu einem Stimmpunkt. Gewählt ist der Standort, der mit mindestens 14 Stimmen die absolute Mehrheit der Stimmen der 27 wahlberechtigten Staaten erreicht. Entfällt auf keine der Bewerbungen die absolute Mehrheit, erfolgt ein dritter Wahlgang unter den beiden bzw. bei Gleichstand unter allen Höchstbewerteten. Auch dabei haben die Staaten jeweils eine Stimme zu einem Stimmpunkt. In dieser Runde entscheidet die relative Mehrheit, bei Gleichstand das Los.

 

Jener Staat, der als neuer Sitz der Arzneimittelagentur ausgewählt wurde, muss seine allfällige Kandidatur um die EBA zurückziehen. Deren Standort wird ebenso ermittelt wie jener der EMA.

 

Merck baut Spittal aus

Am Kärntner Standort des deutschen Pharmakonzerns ging ein neues Fertigungs- und Verwaltungsgebäude in Betrieb.

 

Der deutsche Pharmakonzern Merck eröffnete am 23. Juni am Standort Spittal an der Drau ein neues Fertigungs- und Verwaltungsgebäude mit 4.500 Quadratmetern an Produktions-, Büro- und Technikflächen. Mit der 7,5-Millionen-Euro-Investition kann die Produktion von 2,2 auf drei Milliarden Tabletten pro Jahr gesteigert werden. Ferner steigt der Mitarbeiterstand von 400 auf 450. Insgesamt ist Merck damit nach eigenen Angaben in Österreich der siebtgrößte Arbeitgeber im Pharmasektor. Laut Klaus Raunegger, dem Leiter des Standorts in Spittal, will der Konzern seine dortige Produktion mittel- bis langfristig auf rund fünf Milliarden Tabletten pro Jahr erweitern.

 

Der Neubau hat acht Geschoße. Auf drei davon finden sich Reinraum-Produktionsflächen mit insgesamt 1.500 Quadratmetern. Somit „vergrößert sich die bisherige Reinraumfläche am Standort um 33 Prozent und beträgt nunmehr 6.000 Quadratmeter“, verlautete Merck. In drei weiteren Stockwerken sind „Technikzonen“ angesiedelt. Auf einer Etage finden sich Büros, im Dachgeschoß hat Merck eine Kantine samt Terasse eingerichtet.

 

Bei der Feierstunde anwesend war auch Vertreter der Bundes- und Landespolitik: Lobende Worte für Merck fanden Wirtschaftsminister Harald Mahrer und Landeshauptmann Peter Kaiser.

 

June 23rd

AMAG eröffnet Kaltwalzwerk

Mit der 300-Millionen-Euro-Anlage verdoppelt sich die Produktionskapazität auf 300.000 Jahrestonnen.

 

Der Aluminiumkonzern AMAG eröffnete am 22. Juni sein neues Kaltwalzwerk am Standort Ranshofen. Ihm zufolge handelt es sich um die derzeit modernste derartige Anlage in Europa. Mit der 300-Millionen Euro-Investition entstehen rund 450 neue Arbeitsplätze. Die Produktionskapazität der AMAG für Aluminiumbleche und -bänder verdoppelt sich durch das binnen 16 Monaten errichtete Werk auf über 300.000 Tonnen.

 

Laut Vorstandschef Helmut Wieser eröffnen sich mit dem Ausbau „insbesondere in den Bereichen Automobil, Luftfahrt, Nutzfahrzeuge, Verpackung und Maschinenbau neue Absatzpotenziale“. In den vergangenen zehn Jahren investierte die AMAG insgesamt rund eine Milliarde Euro, von der 900 Millionen auf Österreich entfielen. Zu den größten Projekten zählte neben dem neuen Kaltwalzwerk ein Warmwalzwerk, das im September 2014 ebenfalls in Ranshofen in Betrieb ging.

 

 

 

 

50 Jahre Transalpine Ölleitung

Die bedeutenste Pipeline zur Versorgung Österreichs ging vor einem halben Jahrhundert in Betrieb.

 

Sie ist die wichtigste Pipeline zur Versorgung Österreichs mit Erdöl - und sie ist heuer seit 50 Jahren in Betrieb: die Transalpine Ölleitung (TAL), die von Triest nach Deutschland und in die Tschechische Republik führt. Bei Würmlach im Gemeindegebiet von Kötschach-Mauthen an der italienisch-österreichischen Grenze zweigt von der TAL die Adria-Wien-Pipeline nach Schwechat ab. Über den deutschen Strang werden weiters die Raffinerien in Karlsruhe, Burghausen, Lenting, Vohburg und Neustadt an der Donau versorgt. Ferner werden über die Mero-Pipeline die tschechischen Erdölaufbereitungsstätten Litvinov und Kralupy beliefert. Insgesamt flossen seit 1967 über 1,4 Milliarden Tonnen Rohöl über die TAL. Zu deren Ausgangspunkt im Hafen von Triest gelangte das Öl in mehr als 19.000 Tankern. Bayern und Baden-Württemberg werden mit Rohöl zu 100 Prozent über die TAL versorgt. An der Belieferung Österreichs hat die Leitung einen Anteil von etwa 90 Prozent, an jener Tschechiens rund 50 Prozent.

 

Gefeiert wurde der 50. „Geburtstag“ der 753 Kilometer langen Leitung am 22. Juni mit einem Festakt in Tristach bei Lienz. Wie General Manager Alessio Lilli erzählte, war im vergangenen Jahr mit 41,4 Millionen Tonnen Rohöl ein neuer Rekorddurchsatz zu verzeichnen. Investiert wurden in den drei Zielländern 2016 insgesamt rund 25 Millionen Euro, von denen vier Millionen auf Österreich entfielen. Heuer liegt das Investitionsvolumen auf einem ähnlichen Niveau. Die Schwerpunkte sind laut Lilli „weiterhin Sicherheit, Umweltschutz und die Integrität unserer Anlagen“.

 

Betrieben wird die Leitung von der TAL-Group, die aus drei Ländergesellschaften in Deutschland, Österreich und Italien besteht. An der Gruppe beteiligt sind die OMV, Shell, die russländische Rosneft, die italienische ENI, C-BLUE LIMITED (Gunvor), BP, Exxon Mobil, Phillips 66/Jet, die französische Total und MERO ČR. Insgesamt hat die TAL-Group rund 220 Mitarbeiter, in Österreich sind es 25. Ihren Hauptsitz hierzulande hat das Unternehmen in Kienburg, dem südlichsten Ortsteil von Matrei in Osttirol.

 

 

June 22nd

Evonik darf Huber Silica übernehmen

Die EU-Kommission hat die 565-Millionen-Euro-Transaktion im Spezialchemikaliensektor unter Auflagen genehmigt.

 

Laut Entscheidung der EU-Kommission darf der deutsche Spezialchemikalienkonzern Evonik die Huber Silica übernehmen, den Silika-Geschäftsbereich des US-amerikanischen Konzerns J.M. Huber. Allerdings müssen die beiden Unternehmen Teile ihres Geschäfts mit gefällter Kieselsäure verkaufen. Diese wird unter anderem bei der Produktion von Beschichtungen, Farben, Reifen, Schaumverhütern und Zahnpasta verwendet. Hinsichtlich des Stoffes haben Evonik und Huber Silica vergleichsweise hohe gemeinsame Marktanteile. Ferner gibt es nur wenige alternative Hersteller, teilte die Kommission mit.

 

Um die Bedenken der Kommission gegen die Akquisition auszuräumen, bot Evonik an, sein Geschäft mit gefällter Kieselsäure für Dentalanwendungen in Europa, im Nahen Osten und in Afrika abzustoßen. Überdies will Huber Silica das Geschäft mit gefällter Kieselsäure für Schaumverhüter sowie mit hydrophober gefällter Kieselsäure im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) verkaufen. Die Produktionstechnologien sind laut EU-Kommission vollständig „zur Produktionsstätte eines geeigneten Käufers“ zu transferieren. Ferner werden Evonik und Huber Silica dem neuen Eigentümer „umfassende technische Unterstützung bieten und mit ihm eine vorübergehende Liefervereinbarung schließen“. Ausdrücklich hält die Kommission fest, dass es sich beim Erwerber um „einen etablierten Hersteller gefällter Kieselsäure mit bestehender Marktpräsenz im EWR handeln“ muss.

 

Unter diesen Voraussetzungen ist die Akquisition nach Ansicht der EU-Kommission wettbewerbsrechtlich unbedenklich. Ihr wurde diese am 27. April des heurigen Jahres gemeldet. Evonik einigte sich im Herbst vergangenen Jahres mit J.M. Huber. Der deutsche Konzern will mit der Übernahme seine Marktposition „in diesem profitablen und wenig zyklischen Geschäft vor allem in Nordamerika und Asien“ stärken, verlautete damals. Als Kaufpreis wurden 630 Millionen US-Dollar (565 Millionen Euro) genannt. Laut Evonik wächst der globale Silika-Markt mit jährlich vier bis sechs Prozent überdurchschnittlich stark.

 

 

 

Heftige Kritik an Shire

Mit dem Abbau von bis zu 650 Arbeitsplätzen in Orth an der Donau wolle der Pharmakonzern nur Steuern sparen, tadeln niederösterreichische Politiker und Arbeitnehmervertreter.

 

Ungehalten reagieren niederösterreichische Politiker und Arbeitnehmervertreter auf die Ankündigung des in Dublin ansässigen Pharmakonzerns Shire, in Orth an der Donau bis zu 650 Arbeitsplätze abzubauen. Wirtschaftslandesrätin Petra Bohuslav sprach von einem „Schlag ins Gesicht. Hier wurde mit Tabellen und Studien über die Zukunft von hunderten Familien entschieden. Diese Entscheidungen wurden von der internationalen Konzernzentrale getroffen. Die regionale Politik hatte keine Möglichkeit einzugreifen. Leider werden wir immer öfter mit derartigen Vorgehensweisen konfrontiert“. Bohuslav kündigte an, mit Shire Kontakt aufzunehmen, „um die Entscheidung zu hinterfragen und den betroffenen Mitarbeitern zu helfen“.

 

Landeshauptmannstellvertreterin Karin Renner zeigte sich „entsetzt“ über die Vorgangsweise Shires. Der Stellenabbau komme „beinahe einer Liquidation des Standorts gleich“. Einmal mehr würden „Arbeitsplätze rein steuerlichen und damit gewinnmaximierenden Überlegungen geopfert“. Das Werk in Orth sei „sehr erfolgreich unterwegs“. Doch gebe es in der EU „einen teils ruinösen Steuerdumpingwettbewerb, dem immer wieder Arbeitsplätze und damit auch Firmenstandorte zum Opfer fallen“.

 

Arbeiterkammerpräsident Markus Wieser verlautete, er habe „absolut kein Verständnis für die Kündigungen. Eine wirtschaftliche Schieflage ist nicht erkennbar“. Er unterstellte Shire, dass „die hochwertigen Arbeitsplätze nur aufgrund von Steuerbegünstigung ins EU-Ausland für Gewinnmaximierung verlagert werden“. Zum wiederholten Mal forderte Wieser, „diesen Praktiken einen Riegel vorzuschieben und einheitliche Steuersätze umzusetzen. Es kann nicht sein, dass die unterschiedlichen Steuerregelungen innerhalb der EU noch immer von Unternehmen dazu genutzt werden, heimische Arbeitsplätze zu gefährden und abzubauen“.

 

Im ersten Quartal 2017 verzeichnete Shire einen Umsatz von rund 3,4 Milliarden US-Dollar (3,0 Milliarden Euro), gegenüber dem ersten Quartal 2016 ein Plus von 110 Prozent. Bereinigt um die am 3. Juni des Vorjahres erfolgte Übernahme von Baxalta belief sich der Umsatzauf 1,8 Milliarden US-Dollar (1,6 Milliarden Euro), was einer Steigerung um rund 11 Prozent entspricht.

 

 

Aus Wirtschaftskreisen verlautete gegenüber dem Chemiereport, die Ansiedlung internationaler Konzerne sei stets eine riskante Sache. Daher empfehle es sich für die Wirtschaftspolitik, für die langfristige Sicherung von Arbeitsplätzen primär auf heimische Unternehmen zu setzen und diesen bestmögliche Rahmenbedingungen zu bieten. Dies sei Strategie, wie sie im Übrigen gerade Niederösterreich mit der Wirtschaftsagentur Ecoplus ohnehin erfolgreich verfolge.

 

 

 

 

 

June 21st

„Restlverwertung“ in der Lebensmittelbranche

Was Österreichs lebensmittelverarbeitende Betriebe mit ihren Reststoffen und tun könnten, zeigt eine neue Studie.

 

So wirklich schlecht sind die lebensmittelverarbeitenden Betriebe in Österreich bei der Verwertung ihrer Reststoffe nicht unterwegs. Allerdings bestehen durchaus noch Verbesserungsmöglichkeiten. Das ist eine der wesentlichsten Behauptungen in einer neuen Studie mit dem Titel „Öko-Effizienz in der österreichischen Lebensmittelverarbeitung: Analyse, Bewertung, Optimierung der Massenflüsse von Lebensmitteln und festen Lebensmittelabfällen (Projekt ILMA)“. Finanziert wurde diese von der Altstoff Recycling Austria (ARA), der Verpackungskoordinierungsstelle (VKS), dem Umweltministerium und dem Land Oberösterreich.

 

Den Autoren zufolge gibt es in Österreich rund 3.500 lebensmittelverarbeitende Betriebe mit etwa 72.000 Beschäftigten und 16,4 Milliarden Euro Jahresumsatz. Unter anderem zeichnen sie für 580.000 Tonnen an tierischen Abfällen bzw. Nebenprodukten verantwortlich. Davon werden etwa 50.000 Tonnen auf dem Verbrennungsweg beseitigt. Weitere 132.000 Tonnen werden zur Strom- und Wärmegewinnung in Abfallverbrennungsanlagen genutzt bzw. in Biogas- und Kompostierungsanlagen verarbeitet sowie als organischer Dünger verwendet. Die übrigen 393.000 Tonnen kommen in die Tierkörperverwertung, die daraus unter anderem Hunde- und Katzenfutter sowie Knochen-, Blut- und Tiermehl herstellt. Übrigens: Von einem Schaf werden in Österreich im Durchschnitt rund 52 Prozent verzehrt, von einem Rind 54 Prozent, von einem Schwein 62 Prozent und einem Exemplar nicht näher spezifizierten Geflügels sogar 68 Prozent. Wie es in der Studie heißt, wäre es möglich, aus den anfallenden Schweineköpfen noch rund 40 Prozent Fleisch zu gewinnen. Aus Tierknochen ließen sich Brühen für Suppen erzeugen, Innereien könnten auch an spezialisierte (Gastronomie-)Betriebe verkauft werden. Sinnvoll wäre in manchen Fällen auch, die tierischen Abfälle „in den betriebseigenen Biogasanlagen“ energetisch zu verwerten.

 

Molke und Trester

 

Ausführlich geht die Studie weiters auf die Nutzung von Molke ein, deren Aufkommen bei rund 1,3 Millionen Tonnen liegt. Fast drei Viertel davon (393.200 Tonnen) werden zu Molkepulver, Lactose und Lactoalbumin verarbeitet, gelten also nicht als „tierisches Nebenprodukt“. In den Export gehen 138.000 Tonnen, in die Verfütterung bei Anliefer- und Mastbetrieben 98.000 Tonnen. Etwa 68.300 Tonnen werden in Biogasanlagen vergoren, weitere 22.000 Tonnen nutzt die Industrie für unterschiedliche Zwecke. Bei nur 11.500 Tonnen oder knapp einem Prozent der Gesamtmenge erfolgt die Verarbeitung zu Molkegetränken. Der Studie zufolge ist es ferner möglich, aus zu 90 Prozent entmineralisierter Ziegen-Süßmolke hitzestabiles Ziegen-Süßmolkenpulver herzustellen. Überdies könnten Süß- und Sauermolke Kaffeeobers ersetzen oder den Ertrag bei der Käseproduktion steigern. Denkbar ist auch bei der Molke die energetische Verwertung in Biogasanlagen. An der Technischen Universität Graz wurde des Weiteren ein Verfahren zur Erzeugung von Bioplastik entwickelt, das auch Molke nutzt. Allerdings „konnten jedoch noch keine Informationen gefunden werden, dass dies auch in der (österreichischen) Praxis umgesetzt worden ist“, resümieren die Studienautoren.

 

Was Rückstände aus der Obst- und Gemüseverarbeitung sowie der Wein-, Obstessig- und Schnapserzeugung betrifft, schätzen die Autoren das Gesamtaufkommen auf etwa 102.500 Tonnen. Zurzeit werden diese Agrarabfälle hauptsächlich zur „Kompostierung, Vergärung, als Futtermittel für Vieh, für die Pektingewinnung (aus Zitrus-, Rüben- und Apfeltrestern), als Düngemittel“ sowie für die Strom- und Wärmeerzeugung genutzt. Auch die Kosmetikindustrie hat für manche dieser Substanzen Verwendung. „Für einige Rückständefraktionen (z.B. Obst- und Gemüsetrester) bestehen derzeit noch keine weitgehend etablierten Verwertungsoptionen, da die Untersuchungen oft noch im Forschungsstadium sind“, heißt es in der Studie.

 

Manche Hindernisse

 

Einer Verwertung nicht immer entgegenkommend sind laut den Autoren manchmal die gesetzlichen Vorgaben. Hinzu kommt dabei, dass manche Vorschriften in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich gestaltet sind. Überdies rechnet sich auch nicht jeder Verwertungsweg für jede Betriebsgröße: „Für kleinere Betriebe wäre eine Kooperation eventuell eine Option, um neue Vertriebsschienen zu erschließen und so Nebenprodukte weitergehend vermarkten zu können. Auch Förderungen durch die öffentliche Hand könnten zur Erfüllung der Vorgaben unterstützen.“

 

Seiten