Archive - Sep 2017

September 28th

BASF verkauft Produktion in Pischelsdorf

BASF verkauft die in Pischelsdorf (Niederösterreich) angesiedelte Produktion von Dispersionen für die Papierbeschichtung an die Österreich-Tochter des britischen Spezialchemikalien-Herstellers Synthomer.

Hintergrund ist die Konzentration der Produktion mit Papierdispersionen, die BASF auf europäischem Boden künftig nur mehr an den Standorten Ludwigshafen (Deutschland) und Hamina (Finnland) herstellen wird. Die Produktionen in Gebze (Türkei) und Durban (Südafrika) bleiben davon unberührt.

Im Zuge der Transaktion übernimmt Synthomer die Anlagen zur Herstellung von Dispersion auf Styrol-Butadien-Basis und alle 42 am Standort beschäftigten Mitarbeiter. Als Verkaufspreis wurden 30 Millionen Euro bekannt gegeben. Die bisher ebenfalls in Pischelsdorf produzierten Styrol-Acrylat-Dispersionen sind nicht Bestandteil der veräußerten Geschäfte. Sie werden ebenfalls in Ludwigshafen zusammengeführt.

 

 

Wissenschaft und Festlichkeit auf den Österreichischen Chemietagen

Die 17. Österreichischen Chemietage boten der chemischen Forschung am Standort Salzburg die Möglichkeit, sich vor einer breiteren Fachöffentlichkeit zu präsentieren. Erstmals wurde auch eine Tür hin zur industriellen Chemie geöffnet.

 

Rund 400 Teilnehmer kamen vom 25. bis 27. September zu den von der Gesellschaft österreichischer Chemiker (GÖCH) veranstalteten 17. Österreichischen Chemietagen, deren Gastgeber in diesem Jahr die naturwissenschaftliche Fakultät der Universität Salzburg war. Die Forschungsschwerpunkte des Standorts prägten denn auch in besonderer Weise das Vortragsprogramm, dessen thematischer Bogen sich bis hin zu Bioanalytik und Metabolomik auf der einen und zu Materialchemie, Katalyse und Energiekonversion auf der anderen Seite spannte. Dem lokalen Organisationskomitee unter Nicola Hüsing und Oliver Diwald (beide Professoren im Fachbereich Chemie und Physik der Materialien ) war es gelungen, namhafte Referenten für „Plenary Lectures“ zu gewinnen, darunter den Oberflächenchemiker Hans Peter Steinrück (Universität Erlangen-Nürnberg) oder den Materialchemiker Maksym Kovalenko (ETH Zürich).

Eine Tür in Richtung Industrie wurde im Rahmen der traditionell akademisch orientierten Veranstaltung mit der Session „Industry meets University“ geöffnet, die von GÖCH-Präsident Ernst Gruber (Standortleiter des Lackherstellers Axalta in Guntramsdorf) moderiert wurde. Vertreter der Unternehmen Rembrandtin, Treibacher und Sandoz stellten die Entwicklungsaktivitäten ihrer Branchen vor und führten den zahlreichen anwesenden Jungchemikern die Perspektiven einer Industriekarriere vor Augen. Im Anschluss an die Vorträge entspann sich eine Diskussion über die Anforderungen, die Industrieunternehmen an die Curricula der chemischen Studienrichtungen stellen.

 

Der Kongress feiert

Im Rahmen eines Festakts gedachte die GÖCH ihres 120-jährigen Bestehens und vergab Förderungspreise für Masterarbeiten und Dissertationen, den Anton-Paar-Wissenschaftspreis (an den Analytiker Benedikt Warth) und den Habilitationspreis (an den Materialchemiker Thomas Berger). Wolfgang Meindl, ehemaliger Eigentümer der Loba Feinchemie und  heute als Business Angel für Startup-Unternehmen aktiv, wurde die Ehrenurkunde der Gesellschaft überreicht. Die Austrian Society for Analytical Chemistry (ASAC) vergab darüber hinaus den Feigl-Preis und den Junganalytiker-Preis. Günther Bonn (Universität Innsbruck) wurde in Anerkennung seines wissenschaftlichen wie wissenschaftspolitischen Engagements die Ehrenmitgliedschaft der ASAC zuerkannt.

 

 

 

September 27th

Vollgas mit LNG

Die Rohöl-Aufsuchungs-Gesellschaft hat die erste Tankstelle Österreichs für verflüssigtes Erdgas in Betrieb genommen.

 

Offiziell eröffnet wurde am 26. September im Hafen Enns die erste Tankstelle Österreichs für verflüssigtes Erdgas (LNG). Markus Mitteregger, der Generaldirektor der Rohöl-Aufsuchungs-AG (RAG), die die Anlage betreibt, will damit dazu beitragen, „LNG als umweltfreundlichen Kraftstoff in Österreich zu etablieren“. Ihm zufolge lassen sich mit LNG im Vergleich zu Diesel die Feinstaubemissionen um bis zu 95 Prozent vermindern, die Stickoxidemissionen um bis zu 77 Prozent und die CO2-Emissionen um etwa 20 Prozent. Ferner kann der Lärmausstoß im Vergleich mit einem Diesel-LKW um rund 50 Prozent gesenkt werden. Zu den Vorteilen des LNG-Antriebs gehört laut Mitteregger weiters, dass dieser anders als etwa Elektromotoren auch für Schwerlastkraftwagen bereits marktreif ist - und das auch für den Fernverkehr: „LNG ist der Kraftstoff der Zukunft. Und er ist sofort verfügbar.“ Laut Karl-Martin Studener, dem „Business Director“ von Iveco in Österreich, lassen sich mit LNG-LKWs seines Unternehmens Reichweiten von bis zu 1.500 Kilometern erzielen.

 

Je nach Bedarf möchte die RAG innerhalb der kommenden etwa fünf Jahre rund neun weitere LNG-Tankstellen im gesamten Bundesgebiet errichten und so ein flächendeckendes Netz zur Verfügung stellen. Notwendig dafür sei allerdings die Unterstützung durch die Politik, konstatierte Mitteregger. So müsse etwa weiterhin gewährleistet sein, dass für erdgasbetriebene Fahrzeuge nur die Erdgasabgabe zu entrichten ist, nicht aber die Mineralölsteuer. Studener plädierte für darüber hinausgehende Begünstigungen von LNG-LKWs, unter anderem eine Anschaffungsprämie ähnlich derer in Deutschland, die sich auf 18.000 Euro pro Fahrzeug beläuft. Auch eine „begünstigte Mautklasse“ für LNG-LKWs sollte ihm zufolge angedacht werden. Welche Kosten damit für das Bundesbudget verbunden wären, sei „schwer einzuschätzen“, verlautete Studener auf die Frage des Chemiereports: „Das hängt natürlich davon ab, wie hoch die Förderung ist und wie gut sie von den Flottenbetreibern angenommen wird.“

 

Der oberösterreichische Landeshauptmannstellvertreter Michael Strugl kündigte an, „einen Investitionsanreiz überlegen“ zu wollen: „Da sollte man natürlich wissen, was der Bund macht.“ Er, Strugl, werde bezüglich möglicher Steuererleichterungen und Förderungen jedenfalls „einen Vorschlag an den Bund“ richten.

 

An der Eröffnung der Tankstelle nahm auch die niederösterreichische Wirtschaftslandesrätin Petra Bohuslav teil. Ihr zufolge erhält der an der niederösterreichisch-oberösterreichischen Grenze gelegene Ennshafen durch die „neue LNG-Tankstelle der RAG ein weiteres Alleinstellungsmerkmal, das ihn einzigartig macht und seine Vorreiterrolle im Bereich der Infrastruktur einmal mehr bestätigt“.

 

 

 

September 25th

VCI fordert rasche Regierungsbildung

Nach der deutschen Bundestagswahl sollte die Politik keine Zeit verlieren, verlangen die Chemie- und die Pharmaindustrie.

 

„Schwierige Koalitionsverhandlungen“ in Deutschland erwartet der Verband der Chemischen Industrie (VCI). Hauptgeschäftsführer Utz Tillmann zufolge sollte die Bildung einer stabilen Regierung dennoch möglichst rasch erfolgen. „Jede Woche zählt, wenn es darum geht, Deutschland zukunftsfähig zu machen.“ Einmal mehr forderte Tillmann aus gegebenem Anlass, neue Ökostromanlagen aus dem Bundesbudget zu fördern und damit die Unternehmen zu entlasten. Weiters wiederholte er den Wunsch des VCI nach einer „steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung“.

 

Ähnliches war vom Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) zu hören. Auch dessen Vorstandsvorsitzender Martin Zentgraf verlangte, „zügig eine stabile Regierung zu bilden, die sich den gravierenden gesundheitspolitischen Fragestellungen widmet“. Denn „die Sicherstellung einer verlässlichen und hochwertigen Arzneimittelversorgung ist auch in Zukunft kein Selbstläufer“. Den Pharmaunternehmen müssten ihre Erzeugnisse „angemessen“ vergütet werden. Nur so ließen sich innovative Medikamente den Patienten rasch zur Verfügung stellen.

 

September 21st

Wenn Zucker und Eiweiß sich verbinden

Wiener Biowissenschaftler haben eine Technologie-Plattform entwickelt, mit der sich Glykosylierungsmuster von Proteinen in Proteom-weiten Studien ermitteln lassen, und damit ein neues Forschungsfeld am Vienna Biocenter aufgebaut.

 

Glykosylierung, also die kovalente Bindung von Kohlenhydraten an bestimmte Aminosäuren, ist die häufigste posttranslationale Modifikation, mit der Proteine nach ihrer Synthese in den Ribosomen verändert werden. Durch derartige Modifikationen werden die Aktivitäten der Proteine in vielen wichtigen biologischen Prozessen beeinflusst. Die Identifikation und funktionale Deutung zahlreicher Glykosylierungen ist aber nach wie vor unbetretener wissenschaftlicher Boden.

Wissenschaftler der am Vienna Biocenter angesiedelten Forschungseinrichtungen IMBA (Institut für Molekulare Biotechnologie), IMP (Institut für Molekulare Pathologie, GMI (Gregor-Mendel-Institut für molekulare Pflanzenbiologie) sowie der Universität für Bodenkultur Wien haben nun einen  neuartigen quantitativen Ansatz entwickelt, mit dessen Hilfe Glykoproteine in Proteom-weiten Studien identifiziert und die gebunden Zuckerreste den richtigen Stellen im Protein zugeordnet werde können.

 

Open Access zu quantitativer Methodik

Die dafür entwickelte Technologie-Plattform „SugarQb“ steht als Open-Access-Plattform nun allen Forschern zur Verfügung, die an der Identifikation komplexer Zuckerstrukturen mitwirken wollen. „Es wäre großartig, wenn sich möglichst viele Forscherteams an der Kartierung dieses wissenschaftlichen Neulands beteiligen – denn zu entdecken gibt es vieles“, sagt dazu Johannes Stadlmann, der gemeinsam mit Karl Mechtler, dem Leiter der Proteinchemie-Facility von IMBA und IMP, wesentlich zum Aufbau des neuen Forschungsfelds beigetragen hat. Finanziert wurde dies unter anderem durch den 2014 an IMBA-Direktor Josef Penninger verliehenen Wittgensteinpreis. Penninger wollte damit ein „wichtiges Pioniergebiet der Lebenswissenschaften“ erschließen, „das in so vielen Bereichen neue Erkenntnisse liefern kann.“

Die Originalpublikation “Comparative glycoproteomics of stem cells identifies new players in ricin toxicity” ist am 20. September in der Zeitschrift “Nature“ erschienen.

 

 

 

September 20th

Monsanto: Bayer erwartet Verzögerung

Die Übernahme des US-amerikanischen Agrokonzerns dürfte Anfang 2018 statt Ende 2017 genehmigt werden, hieß es beim „Future of Farming Dialog 2017“.

 

Die Übernahme von Monsanto durch zwischen Bayer könnte sich verzögern. Beim „Future of Farming Dialog 2017“ des deutschen Chemiekonzerns sagte der für den Bereich Crop Science zuständige Vorstand Liam Condon, der Abschluss der Transaktion sei „statt zum Jahresende 2017 nun Anfang 2018 zu erwarten“. Condon bezog sich auf die sogenannte „eingehende Prüfung“ des Vorhabens, die die EU-Kommission am 22. August eingeleitet hatte. Laut Condon beantragte Bayer am 18. September, „die Prüffrist um zehn Werktage bis zum 22. Januar 2018 zu verlängern. Damit soll eine der Größe der Transaktion angemessene Prüfung ermöglicht werden“. Grundsätzlich komme Bayer in der Angelegenheit voran, betonte Condon. Das Unternehmen habe „bei fast allen der rund 30 relevanten Behörden die Genehmigungen beantragt und bereits von über einem Drittel grünes Licht erhalten“.

 

Seitens der Kommission liegt bis dato keine Stellungnahme vor. Die Einleitung der „eingehenden Prüfung“ begründete die Behörde Ende August mit dem unzureichenden Eingehen der beiden Konzerne auf ihre Bedenken. Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager verlautete damals: „Saatgut und Pestizide sind für Landwirte und letztlich auch für die Verbraucher von entscheidender Bedeutung. Wir müssen auf diesen Märkten einen wirksamen Wettbewerb sicherstellen, sodass Landwirte Zugang zu innovativen Produkten und einer besseren Qualität haben und Produkte zu wettbewerbsfähigen Preisen kaufen. Gleichzeitig müssen wir ein Umfeld wahren, in dem Unternehmen innovativ tätig sind und in verbesserte Produkte investieren.“

 

September 19th

BASF will Solvays Polyamidgeschäft

Laut einer Vereinbarung der beiden Riesen bezahlt BASF 1,6 Milliarden Euro. Der Abschluss der Transaktion ist für das dritte Quartal 2018 geplant.

 

Um rund 1,6 Milliarden Euro will BASF das integrierte Polyamidgeschäft von Solvay übernehmen. Die beiden Chemiekonzerne haben bereits eine diesbezügliche Vereinbarung geschlossen, meldete BASF in einer Presseaussendung. Dieser zufolge soll die Transaktion im dritten Quartal 2018 abgeschlossen werden. BASF zufolge erwirtschaftete Solvay im Polyamidgeschäft 2016 rund 1,3 Milliarden Euro und 200 Millionen Euro EBITDA. Etwa 2.400 Personen sind in diesem Bereich weltweit tätig, in Frankreich sind es 1.300. Sie arbeiten in zwölf Fabriken, in zehn technischen Beratungszentren und an vier Forschungs- und Entwicklungsstandorten.

 

Wie üblich, bedarf auch diese Transaktion der Genehmigung durch die zuständigen Behörden. Notwendig ist laut BASF auch die „formelle Zustimmung eines Joint-Venture-Partners“. Solvay muss überdies die „relevanten Sozialpartner“ zu Rate ziehen.

 

Für BASF ist die Polyamid-Sparte von Solvay nach eigenem Bekunden interessant, weil mit deren Erwerb „der Zugang zu den wichtigen Wachstumsmärkten in Asien und Südamerika weiter ausgebaut werden“ kann. Auch würde „das Portfolio von BASF für technische Kunststoffe ergänzt und die Position als Anbieter von Lösungen für die Transport-, Bau- und Konsumgüterindustrie sowie für weitere industrielle Anwendungen gestärkt“. Ferner erwartet sich BASF eine Stärkung der Wertschöpfungskette, weil die Erzeugungskapazitäten für Polyamide stiegen und es zu einer „Rückwärtsintegration in den wesentlichen Rohstoff Adipodinitril (ADN )“ käme.

September 18th

Österreichische Chemietage 2017

Die „Österreichischen Chemietage“, die von 25. bis 28. September an der Uni Salzburg stattfinden, haben sich heuer gleich mehrere Brückenschläge zum Ziel gesetzt: zu benachbarten Disziplinen, vom Jungchemiker zum erfahrenen Forscher und von der universitären Forschung zur Industrie.

Die Österreichischen Chemietage, die im Zwei-Jahres-Rhythmus von der „Gesellschaft österreichischer Chemiker“ (GÖCH) veranstaltet werden, sind als Leistungsschau der heimischen Universitätschemie fest im akademischen Geschehen verankert. Turnusmäßig an einem der österreichischen Universitätsstandorte ausgetragen, wird das Programm auch stets von den wissenschaftlichen Schwerpunkten des Veranstaltungsorts mitgeprägt. Mit Salzburg ist in diesem Jahr eine Stadt an der Reihe, an der gar kein eigenes Vollstudium der Chemie angeboten wird. „Dennoch ist hier eine Reihe bekannter Chemiker tätig, deren Forschungen wichtige Pfeiler der Materialwissenschaften oder der Molekularen Biologie sind“, sagt dazu Nicola Hüsing, selbst Professorin für Materialchemie und Vorsitzende des „Scientific Committee“, das für die inhaltliche Gestaltung der diesjährigen Chemietage verantwortlich zeichnet. Dieser Umstand ist vielleicht mit ein Grund dafür, dass an der Uni Salzburg eine besonderes Gespür für die gegenwärtige Bandbreite chemischer Forschungen und ihre Verbindungen zu benachbarten Disziplinen besteht. „Wir haben uns in unserer Schwerpunktsetzung von dem Gedanken leiten lassen, dass Chemie ein Querschnittskonzept für zahlreiche Aktivitätsfelder ist – von den Lebenswissenschaften bis zum Design neuartiger Materialen“, erklärt Oliver Diwald, der Mitglied des Scientific Committee und einer der Vizepräsidenten der GÖCH ist. Dies komme im Motto „Chemie schafft gute Verbindungen“ in schönem Doppelsinn zum Ausdruck. „Es gibt ja Leute, die der Meinung sind, dass die klassischen naturwissenschaftlichen Fächer obsolet sind und durch neue Studienrichtungen ersetzt werden sollten“, so Diwald, der in dieser Sache ganz anderer Meinung ist: „Wir denken, dass die kanonische Chemie weiter gelehrt werden muss, weil sie unverzichtbares Wissensgut liefert, ohne das die gegenwärtigen Herausforderungen nicht zu bewältigen sind.“

 

Schwerpunkte zu Materialforschung und Bioanalytik

Dem Scientific Committee fiel die Aufgabe zu, die eingereichten Vorträge und Posterbeiträge in thematisch miteinander verbundenen Sessions zu gruppieren und durch die Einladung von Plenarreferenten besondere Akzente im Programm zu setzen. Die Schwerpunkte des Forschungsstandorts Salzburg und die Reputation ihrer Vertreter zogen in diesem Jahr eine große Bandbreite an Themenvorschlägen an. Eigene Vortragsstränge werden sich beispielsweise mit „Chemie und Energie“ und dem weiten Feld neuartiger Materialien, beispielsweise mit porösen Werkstoffen, beschäftigen – jenen Gebieten also, in denen Hüsing und Diwald selbst zuhause sind. Dazu konnte mit Martin Winter vom MEET Batterieforschungszentrum der Universität Münster einer der renommiertesten Forscher auf dem Gebiet der elektrochemischen Energiespeicherung und –wandlung insbesondere für Lithium-Ionen Akkus und Superkondensatoren und mit Hans-Peter Steinrück (Professor an der Universität Erlangen-Nürnberg und korrespondierendes Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften im Ausland) ein international ausgewiesener Oberflächenchemiker als Plenarreferenten gewonnen werden.

Aber auch die der molekularbiologischen Forschung zuordenbaren Chemiker an der Universität Salzburg wie Christian Huber oder Chiara Cabrele haben sich in die Arbeit des Scientific Committee maßgeblich eingebracht – wovon unter anderem Sessions zu Bioanalytischer Chemie oder der Plenarvortrag von Christian Becker (Institut für Biologische Chemie, Universität Wien) über die (Semi-)Synthese von posttranslational modifizierten Proteinen zeigen. Ebenso sind Organische und Anorganische Chemie, Katalyseforschung, Polymer- und Elektrochemie in den Vorträgen und Postersessions vertreten.

 

„Industry Meets University“

Auch GÖCH-Präsident Ernst Gruber betont den interdisziplinären Aspekt des Programms der diesjährigen Veranstaltung: „Die österreichischen Chemietage symbolisieren den fach- und bereichsübergreifenden Brückenschlag innerhalb des weiten Tätigkeitsbereichs der Chemie. Das heurige Motto ‚Von den Biowissenschaften zum Material‘ steht ganz im Zeichen dieser generellen Querschnittsverbindung.“ Dass mit Gruber, im Hauptberuf Standortleiter des Lackherstellers Axalta in Guntramsdorf, in der laufenden Amtsperiode wieder ein Industrievertreter als Präsident der Gesellschaft fungiert, hat auch auf das Programm abgefärbt. „Es war unser erklärtes Ziel, industrielles und chemisches Treiben miteinander zu verbinden“, erzählt Diwald. Ein eigener Programmpunkt „Industry Meets University“ versammelt Vorträge der F&E-Verantwortlichen von Rembrandtin, Treibacher und Sandoz, die nicht nur über die Forschungsarbeit der von ihnen repräsentierten Unternehmen sondern auch über die Erwartungshaltung, die man in der Industrie an die Chemie-Ausbildung hat, sprechen werden.

„Der Titel ‚Von den Biowissenschaften zum Material‘ ist Programm“, meint auch Hubert Culik, Vorstand des Lackunternehmens Helios Group und Obmann des Fachverbands der Chemischen Industrie in Österreich: „Wir sind auch in der Industrie aufgefordert, uns mit Chemie in dieser ganzen Bandbreite zu beschäftigen.“ Culik gefällt, dass die Chemietage nun einen stärkeren Industriebezug haben: „Die Zusammenarbeit zwischen Lehre, Forschung und Industrie ist besonders wichtig und muss noch stärker gefördert werden“, so Culik. Den Manager freut aber auch, dass die diesjährige Veranstaltung gemeinsam mit der Swiss Chemical Society (SCS) Veranstaltet wird: „Es ist wichtig über den eigenen Tellerrand hinauszublicken.“ „Die SCS hat sich bei der Gestaltung des Programms stark eingebracht, ebenso erwarten wir Gäste aus Italien, Tschechien, der Slowakei und Ungarn“, hebt auch Diwald die internationale Ausrichtung der Chemietage hervor.

 

Viele Arten von Brückenschlägen

Das Miteinander der verschiedenen chemischen Professionen ist GÖCH-Präsident Ernst Gruber ein besonderes Anliegen: „Verbindungen schaffen heißt aber auch: vom Mittelschullehrer zum Hochschullehrer, vom Jungchemiker zum erfahrenen Forscher oder von der universitären Forschung zur Privatindustrie. All diese Netzwerke gilt es, funktionsübergreifend zu fördern und zu stärken.“ Gerade deshalb wolle man auch versuchen, mit dem verstärkten Beitrag der industriellen Forschung einen neuen Schwerpunkt zu etablieren. Gruber: „Der kompetente Chemiker ist gefragt – ganz besonders auf den österreichischen Chemietagen.“

Aktiv in der Programmgestaltung eingebunden waren dementsprechend nicht nur die einzelnen Arbeitsgruppen der GÖCH, die eigene Minisymposia am ersten Konferenztag organsiert haben, sondern auch die „Jungchemiker“ in der GÖCH, die mehrere Programmschwerpunkte gestaltet haben: Im Minisymposium „Chemistry a-side“ werden Themen abseits der traditionellen Chemie beleuchtet, bei „Careers in Concept“ erzählen Chemiker über ihren ganz persönlichen Werdegang, im Rahmen des „Career Day“ werden Workshops zu Foresight Management und Arbeit 4.0 angeboten. Zum traditionellen Rahmenprogramm der Chemietage gehört schließlich auch die Verleihung einer ganzen Reihe von Preisen (siehe Info-Box), deren Gewinner (Melanie Hall, Andreas Orthaber, Benedikt Warth, Thomas Berger) zu „Invited Lectures“ eingeladen wurden.

Kritik an PIC

Der Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO) beklagt den mit der Verordnung bezüglich des Exports gefährlicher Stoffe verbundenen Aufwand sowie unklare Vorgaben.

 

Bei der Umsetzung der „Prior Informed Consent Regulation“ (PIC-Regulation) der Europäischen Union ist nicht alles eitel Wonne, heißt es seitens des Fachverbandes der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO) auf Anfrage des Chemiereport. Laut einem Bericht der EU-Chemikalienagentur ECHA von vergangener Woche sind die Notifikationen von Exporten gefährlicher Stoffe von 2014 bis 2016 um 74 Prozent gestiegen.

 

Wie der FCIO kritisiert, bringen die mit der Verordnung verbundenen Pflichten allerdings „einen stetig zunehmenden administrativen Aufwand mit sich“. Die Verordnung diene dazu, das „Rotterdamer Übereinkommen“ umzusetzen. Jedoch erweise sich die Chemikalienliste zu PIC als „wesentlich umfangreicher, als es das Rotterdamer Übereinkommen vorsieht. Unsicherheiten bei der Erfüllung der Pflichten ergeben sich vor allem dort, wo Stoffgruppen ohne namentlich gelistete Chemikalien betroffen sind“. Dieses Problem zeige die im ECHA-Bericht erwähnte „Art und Anzahl der Anfragen sowie die hohe Anzahl der unnötigen Notifikationen“.

 

Ferner seien die Leitfäden für die Industrie „kompliziert und missverständlich“. Dem Wunsch nach „einfachen, praxistauglichen Formaten, ähnlich denen, die es für die REACH-Verordnung“, sei die ECHA leider nicht nachgekommen. „Es ist zu hoffen, dass die ECHA in den kommenden drei Jahren bis zum nächsten Bericht für mehr Klarheit und Rechtssicherheit bei den Unternehmen und den Behörden sorgt“, resümiert der Verband.

September 13th

Ohne Not kein Verbot

Die EU-Kommission oder die Mitgliedsstaaten dürfen das Inverkehrbringen gentechnisch veränderter Lebensmittel nicht unter Hinweis auf das Vorsorgeprinzip verbieten, urteilt das Europäische Gericht.

 

Das Vorsorgeprinzip erlaubt der EU-Kommission oder den EU-Mitgliedsstaaten nicht, durch Sofortmaßnahmen das Inverkehrbringen gentechnisch veränderter Lebensmittel zu verbieten. Auch ein Verbot des Anbaus gentechnisch veränderter Pflanzen ist nicht zulässig. Das besagt ein Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union, das am 13. September bekannt gegeben wurde.

 

Laut dem Gerichtshof sind solche Maßnahmen ausschließlich dann erlaubt, wenn „erwiesenermaßen davon auszugehen ist, dass ein genetisch verändertes Erzeugnis wahrscheinlich ein ernstes Riskio für die Gesundheit von Mensch oder Tier oder die Umwelt darstellt“. Das Vorsorgeprinzip alleine reiche indessen nicht aus: „Dieses Prinzip kann zwar das Ergreifen vorläufiger Risikomanagementmaßnahmen bei Lebensmitteln im Allgemeinen rechtfertigen, doch es erlaubt nicht, die Bestimmungen für genetisch veränderte Lebensmittel beiseite zu lassen oder zu ändern – insbesondere zu lockern –, da diese Lebensmittel vor ihrem Inverkehrbringen bereits einer umfassenden wissenschaftlichen Bewertung unterzogen wurden.“

 

So habe etwa die EU-Kommission 1998 das Inverkehrbringen einer genetisch veränderten Maissorte erlaubt. Sie stützte sich dabei auf eine Stellungnahme des Wissenschaftlichen Ausschusses „Pflanzen“, der zufolge kein Grund zu der Annahme besteht, dass die betreffende Sorte für den Menschen oder die Umwelt gefährlich ist. Allerdings verbot die italienische Regierung 15 Jahre später den Anbau des Maises und verwies dabei auf das Vorsorgeprinzip. Gegen Landwirte, die das Verbot verletzten, wurde ein Strafverfahren eingeleitet - zu Unrecht, wie nun das Europäische Gericht urteilte.

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