Archive - Jun 22, 2017

Evonik darf Huber Silica übernehmen

Die EU-Kommission hat die 565-Millionen-Euro-Transaktion im Spezialchemikaliensektor unter Auflagen genehmigt.

 

Laut Entscheidung der EU-Kommission darf der deutsche Spezialchemikalienkonzern Evonik die Huber Silica übernehmen, den Silika-Geschäftsbereich des US-amerikanischen Konzerns J.M. Huber. Allerdings müssen die beiden Unternehmen Teile ihres Geschäfts mit gefällter Kieselsäure verkaufen. Diese wird unter anderem bei der Produktion von Beschichtungen, Farben, Reifen, Schaumverhütern und Zahnpasta verwendet. Hinsichtlich des Stoffes haben Evonik und Huber Silica vergleichsweise hohe gemeinsame Marktanteile. Ferner gibt es nur wenige alternative Hersteller, teilte die Kommission mit.

 

Um die Bedenken der Kommission gegen die Akquisition auszuräumen, bot Evonik an, sein Geschäft mit gefällter Kieselsäure für Dentalanwendungen in Europa, im Nahen Osten und in Afrika abzustoßen. Überdies will Huber Silica das Geschäft mit gefällter Kieselsäure für Schaumverhüter sowie mit hydrophober gefällter Kieselsäure im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) verkaufen. Die Produktionstechnologien sind laut EU-Kommission vollständig „zur Produktionsstätte eines geeigneten Käufers“ zu transferieren. Ferner werden Evonik und Huber Silica dem neuen Eigentümer „umfassende technische Unterstützung bieten und mit ihm eine vorübergehende Liefervereinbarung schließen“. Ausdrücklich hält die Kommission fest, dass es sich beim Erwerber um „einen etablierten Hersteller gefällter Kieselsäure mit bestehender Marktpräsenz im EWR handeln“ muss.

 

Unter diesen Voraussetzungen ist die Akquisition nach Ansicht der EU-Kommission wettbewerbsrechtlich unbedenklich. Ihr wurde diese am 27. April des heurigen Jahres gemeldet. Evonik einigte sich im Herbst vergangenen Jahres mit J.M. Huber. Der deutsche Konzern will mit der Übernahme seine Marktposition „in diesem profitablen und wenig zyklischen Geschäft vor allem in Nordamerika und Asien“ stärken, verlautete damals. Als Kaufpreis wurden 630 Millionen US-Dollar (565 Millionen Euro) genannt. Laut Evonik wächst der globale Silika-Markt mit jährlich vier bis sechs Prozent überdurchschnittlich stark.

 

 

 

Heftige Kritik an Shire

Mit dem Abbau von bis zu 650 Arbeitsplätzen in Orth an der Donau wolle der Pharmakonzern nur Steuern sparen, tadeln niederösterreichische Politiker und Arbeitnehmervertreter.

 

Ungehalten reagieren niederösterreichische Politiker und Arbeitnehmervertreter auf die Ankündigung des in Dublin ansässigen Pharmakonzerns Shire, in Orth an der Donau bis zu 650 Arbeitsplätze abzubauen. Wirtschaftslandesrätin Petra Bohuslav sprach von einem „Schlag ins Gesicht. Hier wurde mit Tabellen und Studien über die Zukunft von hunderten Familien entschieden. Diese Entscheidungen wurden von der internationalen Konzernzentrale getroffen. Die regionale Politik hatte keine Möglichkeit einzugreifen. Leider werden wir immer öfter mit derartigen Vorgehensweisen konfrontiert“. Bohuslav kündigte an, mit Shire Kontakt aufzunehmen, „um die Entscheidung zu hinterfragen und den betroffenen Mitarbeitern zu helfen“.

 

Landeshauptmannstellvertreterin Karin Renner zeigte sich „entsetzt“ über die Vorgangsweise Shires. Der Stellenabbau komme „beinahe einer Liquidation des Standorts gleich“. Einmal mehr würden „Arbeitsplätze rein steuerlichen und damit gewinnmaximierenden Überlegungen geopfert“. Das Werk in Orth sei „sehr erfolgreich unterwegs“. Doch gebe es in der EU „einen teils ruinösen Steuerdumpingwettbewerb, dem immer wieder Arbeitsplätze und damit auch Firmenstandorte zum Opfer fallen“.

 

Arbeiterkammerpräsident Markus Wieser verlautete, er habe „absolut kein Verständnis für die Kündigungen. Eine wirtschaftliche Schieflage ist nicht erkennbar“. Er unterstellte Shire, dass „die hochwertigen Arbeitsplätze nur aufgrund von Steuerbegünstigung ins EU-Ausland für Gewinnmaximierung verlagert werden“. Zum wiederholten Mal forderte Wieser, „diesen Praktiken einen Riegel vorzuschieben und einheitliche Steuersätze umzusetzen. Es kann nicht sein, dass die unterschiedlichen Steuerregelungen innerhalb der EU noch immer von Unternehmen dazu genutzt werden, heimische Arbeitsplätze zu gefährden und abzubauen“.

 

Im ersten Quartal 2017 verzeichnete Shire einen Umsatz von rund 3,4 Milliarden US-Dollar (3,0 Milliarden Euro), gegenüber dem ersten Quartal 2016 ein Plus von 110 Prozent. Bereinigt um die am 3. Juni des Vorjahres erfolgte Übernahme von Baxalta belief sich der Umsatzauf 1,8 Milliarden US-Dollar (1,6 Milliarden Euro), was einer Steigerung um rund 11 Prozent entspricht.

 

 

Aus Wirtschaftskreisen verlautete gegenüber dem Chemiereport, die Ansiedlung internationaler Konzerne sei stets eine riskante Sache. Daher empfehle es sich für die Wirtschaftspolitik, für die langfristige Sicherung von Arbeitsplätzen primär auf heimische Unternehmen zu setzen und diesen bestmögliche Rahmenbedingungen zu bieten. Dies sei Strategie, wie sie im Übrigen gerade Niederösterreich mit der Wirtschaftsagentur Ecoplus ohnehin erfolgreich verfolge.