Archive - Jun 21, 2017

„Restlverwertung“ in der Lebensmittelbranche

Was Österreichs lebensmittelverarbeitende Betriebe mit ihren Reststoffen und tun könnten, zeigt eine neue Studie.

 

So wirklich schlecht sind die lebensmittelverarbeitenden Betriebe in Österreich bei der Verwertung ihrer Reststoffe nicht unterwegs. Allerdings bestehen durchaus noch Verbesserungsmöglichkeiten. Das ist eine der wesentlichsten Behauptungen in einer neuen Studie mit dem Titel „Öko-Effizienz in der österreichischen Lebensmittelverarbeitung: Analyse, Bewertung, Optimierung der Massenflüsse von Lebensmitteln und festen Lebensmittelabfällen (Projekt ILMA)“. Finanziert wurde diese von der Altstoff Recycling Austria (ARA), der Verpackungskoordinierungsstelle (VKS), dem Umweltministerium und dem Land Oberösterreich.

 

Den Autoren zufolge gibt es in Österreich rund 3.500 lebensmittelverarbeitende Betriebe mit etwa 72.000 Beschäftigten und 16,4 Milliarden Euro Jahresumsatz. Unter anderem zeichnen sie für 580.000 Tonnen an tierischen Abfällen bzw. Nebenprodukten verantwortlich. Davon werden etwa 50.000 Tonnen auf dem Verbrennungsweg beseitigt. Weitere 132.000 Tonnen werden zur Strom- und Wärmegewinnung in Abfallverbrennungsanlagen genutzt bzw. in Biogas- und Kompostierungsanlagen verarbeitet sowie als organischer Dünger verwendet. Die übrigen 393.000 Tonnen kommen in die Tierkörperverwertung, die daraus unter anderem Hunde- und Katzenfutter sowie Knochen-, Blut- und Tiermehl herstellt. Übrigens: Von einem Schaf werden in Österreich im Durchschnitt rund 52 Prozent verzehrt, von einem Rind 54 Prozent, von einem Schwein 62 Prozent und einem Exemplar nicht näher spezifizierten Geflügels sogar 68 Prozent. Wie es in der Studie heißt, wäre es möglich, aus den anfallenden Schweineköpfen noch rund 40 Prozent Fleisch zu gewinnen. Aus Tierknochen ließen sich Brühen für Suppen erzeugen, Innereien könnten auch an spezialisierte (Gastronomie-)Betriebe verkauft werden. Sinnvoll wäre in manchen Fällen auch, die tierischen Abfälle „in den betriebseigenen Biogasanlagen“ energetisch zu verwerten.

 

Molke und Trester

 

Ausführlich geht die Studie weiters auf die Nutzung von Molke ein, deren Aufkommen bei rund 1,3 Millionen Tonnen liegt. Fast drei Viertel davon (393.200 Tonnen) werden zu Molkepulver, Lactose und Lactoalbumin verarbeitet, gelten also nicht als „tierisches Nebenprodukt“. In den Export gehen 138.000 Tonnen, in die Verfütterung bei Anliefer- und Mastbetrieben 98.000 Tonnen. Etwa 68.300 Tonnen werden in Biogasanlagen vergoren, weitere 22.000 Tonnen nutzt die Industrie für unterschiedliche Zwecke. Bei nur 11.500 Tonnen oder knapp einem Prozent der Gesamtmenge erfolgt die Verarbeitung zu Molkegetränken. Der Studie zufolge ist es ferner möglich, aus zu 90 Prozent entmineralisierter Ziegen-Süßmolke hitzestabiles Ziegen-Süßmolkenpulver herzustellen. Überdies könnten Süß- und Sauermolke Kaffeeobers ersetzen oder den Ertrag bei der Käseproduktion steigern. Denkbar ist auch bei der Molke die energetische Verwertung in Biogasanlagen. An der Technischen Universität Graz wurde des Weiteren ein Verfahren zur Erzeugung von Bioplastik entwickelt, das auch Molke nutzt. Allerdings „konnten jedoch noch keine Informationen gefunden werden, dass dies auch in der (österreichischen) Praxis umgesetzt worden ist“, resümieren die Studienautoren.

 

Was Rückstände aus der Obst- und Gemüseverarbeitung sowie der Wein-, Obstessig- und Schnapserzeugung betrifft, schätzen die Autoren das Gesamtaufkommen auf etwa 102.500 Tonnen. Zurzeit werden diese Agrarabfälle hauptsächlich zur „Kompostierung, Vergärung, als Futtermittel für Vieh, für die Pektingewinnung (aus Zitrus-, Rüben- und Apfeltrestern), als Düngemittel“ sowie für die Strom- und Wärmeerzeugung genutzt. Auch die Kosmetikindustrie hat für manche dieser Substanzen Verwendung. „Für einige Rückständefraktionen (z.B. Obst- und Gemüsetrester) bestehen derzeit noch keine weitgehend etablierten Verwertungsoptionen, da die Untersuchungen oft noch im Forschungsstadium sind“, heißt es in der Studie.

 

Manche Hindernisse

 

Einer Verwertung nicht immer entgegenkommend sind laut den Autoren manchmal die gesetzlichen Vorgaben. Hinzu kommt dabei, dass manche Vorschriften in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich gestaltet sind. Überdies rechnet sich auch nicht jeder Verwertungsweg für jede Betriebsgröße: „Für kleinere Betriebe wäre eine Kooperation eventuell eine Option, um neue Vertriebsschienen zu erschließen und so Nebenprodukte weitergehend vermarkten zu können. Auch Förderungen durch die öffentliche Hand könnten zur Erfüllung der Vorgaben unterstützen.“