Archive - Jun 26, 2017

Wie das Gehirn einschläft

Forscher des IMP in Wien haben untersucht, wie das Gehirn zwischen Schlaf- und Wachzustand wechselt und die dynamischen Zustände des beteiligten neuronalen Netzwerks beschrieben.

 

Bei allen höheren Tieren, die ein Nervensystem besitzen, kommen abrupte Übergänge zwischen Schlaf- und Wachzuständen vor, zwischen denen sich die  Gehirnaktivitäten drastisch unterscheiden. Welche Mechanismen beim Einschlafen und Aufwachen wirksam sind, gibt den Neurowissenschaftlern aber nach wie vor Rätsel auf. In der Forschungsgruppe um Manuel Zimmer am  Institut für Molekulare Pathologie in Wien benützt man den Fadenwurm C. elegans als Modellsystem. Sein Nervensystem besteht aus lediglich 302 Zellen, deren Aktivität einzeln gemessen kann.

Für eine in der Fachzeitschrift Science veröffentlichte Studie wurden Schlaf- und Wachszustand der Würmer über die Zusammensetzung der zugeführten Luft kontrolliert: Die für gewöhnlich unter der Erde lebenden Organsimen mögen niedrige Sauerstoffkonzentrationen, bei einem Sauerstoffgehalt über 21 Prozent werden sie dagegen in einen Alarmzustand versetzt und wachen auf.

Annika Nichols, die Erstautorin der Arbeit und Doktorandin in Zimmers Arbeitsgruppe, beobachtete dabei, dass ein bestimmter Zelltypus (die sogenannten RIS-Zellen) sowohl im Schlaf- als auch im Wachzustand aktiv sein kann. Diese Zellen produzieren eine schlaffördernde Substanz, ihre Aktivität kann daher mit der Müdigkeit der Tiere in Zusammenhang gebracht werden. Eine Computeranalyse der Messergebnisse ergab aber, dass diese Zellen den Übergang in den Schlafzustand nicht zentral steuern, sondern vielmehr Selbstorganisationsprozesse zwischen den Neuronen initiiert und diese den kollektiven Übergang bewirken. Schlaf wird von den Wissenschaftlern als emergente Eigenschaft neuronaler Netzwerke beschrieben. Das dahinter liegende dynamische System wechselt dabei von einem globalen Zustand („Attraktor“) in einen anderen.

 

 

 

 

Weiter Krach um EMA-Sitz

Dass der Europäische Rat erst im November über den neuen Standort der European Medicines Agency (EMA) entscheidet, findet nicht die Gnade der Pharmaindustrie.

 

Der europäische Pharmaindustrieverband EFPIA grollt der hohen Politik. Mit Unwillen nehme die Branche zur Kenntnis, dass der Europäische Rat erst im November über den neuen Sitz der European Medicines Agency (EMA) entscheidet, hieß es in einer Aussendung: „Es erregt schwere Besorgnis, dass die Beratungen der Staats- und Regierungschefs nicht zur einer frühzeitigen Entscheidung über den neuen EMA-Standort geführt haben. Im Falle einer bewussten Behinderung oder eines Fehlschlags des Entscheidungsprozesses hat Europa keine Ausweichmöglichkeit.“

 

Freilich bräuchten die Verhandlungen über den Austritt Großbritanniens aus der EU (Brexit) ihre Zeit. Trotzdem müsse rasch über die EMA entschieden werden, weil Arzneimittel „sich direkt auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Bürger der EU wie auch Großbritanniens auswirken“. Mehr als zwei Jahrzehnte lang hätten die EU-Mitgliedsstaaten von der Tätigkeit der Agentur profitiert. Umso wichtiger sei es, zu gewährleisten, dass sie ihre Rolle auch weiterhin wahrnehmen könne, Brexit hin oder her. Laut EFPIA muss es deshalb Priorität haben, die „Unsicherheit über den Standort der EMA zu beseitigen und Übergangsbestimmungen für alle Fragen festzulegen, die die Sicherheit und die Gesundheit der Patienten betreffen könnten“.

 

Gemäß dem Beschluss des Europäischen Rates können sich die Mitgliedsstaaten bis 31.Juli als neuer Sitz der EMA und der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) bewerben. Beide Institutionen sind derzeit im Londoner Bürokomplex Canary Wharf im ehemaligen Hafengebiet der britischen Hauptstadt angesiedelt. In Zukunft werden sie dem gegenüber in unterschiedlichen Mitgliedsstaaten ansässig sein. Bis spätestens 30. September übermittelt die EU-Kommission ihre Bewertung der Bewerbungen an den Europäischen Rat. Ferner wird diese Bewertung veröffentlicht.

 

Drei Stufen

 

Der Europäische Rat entscheidet im November, wobei ein dreistufiges Wahlverfahren gilt und Großbritannien nicht wahlberechtigt ist. Zuerst wird über die EMA entschieden. Im ersten Wahlgang hat jeder Mitgliedsstaat eine Stimme zu je sechs Stimmpunkten. Drei der Punkte davon muss er der seiner Ansicht nach besten Bewerbung geben, zwei der zweitbesten und einen der drittbesten. Sämtliche Punkte müssen vergeben werden, damit die Stimme eines Staates gültig ist. Gewählt ist jener Standort, der je drei Punkte von mindestens 14 Mitgliedsstaaten erhält.

 

Trifft dies auf keinen Standort zu, kommt es zu einem zweiten Wahlgang. Daran nehmen die drei Standorte mit den höchsten Punktezahlen teil. Haben mehr als drei Bewerbungen diese Zahl erreicht, sind sie alle in der zweiten Runde vertreten. In dieser hat jeder Staat eine Stimme zu einem Stimmpunkt. Gewählt ist der Standort, der mit mindestens 14 Stimmen die absolute Mehrheit der Stimmen der 27 wahlberechtigten Staaten erreicht. Entfällt auf keine der Bewerbungen die absolute Mehrheit, erfolgt ein dritter Wahlgang unter den beiden bzw. bei Gleichstand unter allen Höchstbewerteten. Auch dabei haben die Staaten jeweils eine Stimme zu einem Stimmpunkt. In dieser Runde entscheidet die relative Mehrheit, bei Gleichstand das Los.

 

Jener Staat, der als neuer Sitz der Arzneimittelagentur ausgewählt wurde, muss seine allfällige Kandidatur um die EBA zurückziehen. Deren Standort wird ebenso ermittelt wie jener der EMA.

 

Merck baut Spittal aus

Am Kärntner Standort des deutschen Pharmakonzerns ging ein neues Fertigungs- und Verwaltungsgebäude in Betrieb.

 

Der deutsche Pharmakonzern Merck eröffnete am 23. Juni am Standort Spittal an der Drau ein neues Fertigungs- und Verwaltungsgebäude mit 4.500 Quadratmetern an Produktions-, Büro- und Technikflächen. Mit der 7,5-Millionen-Euro-Investition kann die Produktion von 2,2 auf drei Milliarden Tabletten pro Jahr gesteigert werden. Ferner steigt der Mitarbeiterstand von 400 auf 450. Insgesamt ist Merck damit nach eigenen Angaben in Österreich der siebtgrößte Arbeitgeber im Pharmasektor. Laut Klaus Raunegger, dem Leiter des Standorts in Spittal, will der Konzern seine dortige Produktion mittel- bis langfristig auf rund fünf Milliarden Tabletten pro Jahr erweitern.

 

Der Neubau hat acht Geschoße. Auf drei davon finden sich Reinraum-Produktionsflächen mit insgesamt 1.500 Quadratmetern. Somit „vergrößert sich die bisherige Reinraumfläche am Standort um 33 Prozent und beträgt nunmehr 6.000 Quadratmeter“, verlautete Merck. In drei weiteren Stockwerken sind „Technikzonen“ angesiedelt. Auf einer Etage finden sich Büros, im Dachgeschoß hat Merck eine Kantine samt Terasse eingerichtet.

 

Bei der Feierstunde anwesend war auch Vertreter der Bundes- und Landespolitik: Lobende Worte für Merck fanden Wirtschaftsminister Harald Mahrer und Landeshauptmann Peter Kaiser.