Archive - Dez 2017

Datum

Dezember 5th

Biobasierte Industrie: Noch weit zu gehen

Die Verwendung von Biomaterialien in der Chemieindustrie nimmt zu. Doch das hat bisweilen seine Tücken, hieß es beim Stakeholderdialog Biobased Industry in Wien.

 

Zumindest eines wurde beim Stakeholderdialog Biobased Industry des Fachverbandes der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO), des Technologieministeriums (BMVIT) und der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) deutlich: Der Weg zur biobasierten Industrie ist noch einigermaßen weit - und er könnte so manche Windung aufweisen. Zwar hat die Verwendung agrarischer Rohstoffe in der Chemieindustrie in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen, erläuterte FCIO-Obmann Hubert Culik. Auch bei diversen Förderprogrammen stehen einschlägige Forschungs- und Entwicklungsvorhaben hoch im Kurs. Wirtschafts- sowie umweltpolitisch wiederum besteht das Ziel, ab 2050 so weit wie möglich ohne fossile Rohstoffe auszukommen. Doch wie das realistischer Weise erfolgen kann, weiß bis dato niemand. „Haben wir überhaupt genug agrarische Ressourcen? Wenn wir nicht ordentlich haushalten, eher nicht“, warnte Culik und verwies auf Tierisches: „Wenn man früher ein Schwein geschlachtet hat, hat man alles davon verwertet.“

 

In dieser Weise vorzugehen, sei auch hinsichtlich der biobasierten Industrie gefragt: „Wir müssen die Biomasse kaskadisch verwerten, also stofflich wie auch energetisch.“ Und dafür müsse es auch entsprechende Anreize sowie klare rechtliche und regulatorische Rahmenbedingungen geben. Die seinerzeitigen Beimischungsregeln für Biosprit seien „eher verwirrend“ gewesen. Schließlich gelte es, eine Weltbevölkerung von rund 7,6 Milliarden Menschen zu versorgen. „Das geht nur ressourcenschonend. Wir müssen mit wirklich nachhaltigen Rohstoffen arbeiten. Nur dann gehen wir einer guten Zukunft entgegen“, betonte Culik.

 

Klein ist fein

 

Wie die Angelegenheit seiner Meinung nach funktionieren könnte, schilderte Johan Sanders von der Universität Wageningen in Holland. Sollten ab 2050 auch nur 30 Prozent der voraussichtlich benötigten fossilen Rohstoffe durch biobasierte Substanzen ersetzt werden, würden von den letzteren nicht weniger als 20 Milliarden Tonnen gebraucht. Davon entfielen rund vier bis fünf Millarden Tonnen für Nahrungs- und Futtermittel, zwei Milliarden Tonnen auf Holzwerkstoffe, Papier und Textilien sowie vier Milliarden Tonnen auf Brennholz. Das funktioniere nur mit radikalen Effizienzverbesserungen bei der Bereitstellung wie auch bei der Verwendung: „Wir müssen alle Biomassebestandteile nutzen, und zwar die richtigen Komponenten für die richtigen Zwecke.“ Und es sei natürlich darauf zu achten, die Fertilität des Bodens zu erhalten. Ein durchschnittlicher Erwachsener in der EU verzehre heute Nahrungsmittel mit einem Energiegehalt von rund 2.000 Kalorien pro Tag. Der Energieaufwand, um diese zu erzeugen, sei aber etwa 20 Mal so hoch. „Könnten wir ihn um den Faktor 2 senken, hätten wir genug Energie, um alle Autos in der EU mit Biosprit zu betreiben“, rechnete Sanders vor.

 

Er plädierte dafür, biochemische Produktionsanlagen eher klein auszulegen, statt Großfabriken zu errichten. Das ermögliche eine sichere Erzeugung auch der Basischemikalien zu niedrigeren Kosten als derzeit. Ferner verringere sich die Abhängigkeit von der Infrastruktur großer Anlagen - nicht zuletzt wegen niedrigerer Transportkosten. Eine These, die indessen nicht bei allen Teilnehmern auf uneingeschränkte Zustimmung stieß. „Wenn wir nach 200 Jahren Industrialisierung draufkommen, dass die Economies of Scale doch nicht funktionieren, dann kann etwas nicht stimmen“, so das Geraune in der Kaffeepause.

Dezember 1st

Neuer Studiengang für die „Chemische Industrie 4.0“

Ab Herbst 2018 wird an der IMC FH Krems ein Bachelor-Studiengang „Applied Chemistry“ angeboten, der eine fundierte Ausbildung in den chemischen Basisfächern mit Kompetenzen zu IT-unterstützten Methoden verbindet.

Das Anforderungsprofil an Fachkräfte der chemischen Industrie hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. An die IMC FH Krems wurde daher immer öfter herangetragen, dass die Betriebe der Branche Mitarbeiter mit einem Ausbildungsprofil benötigen, das heute schwer zu finden ist: Fundiertes Wissen in den Basisfächern der Chemie (Allgemeine, Analytische, Anorganische, Organische, Physikalische Chemie und Biochemie), verknüpft mit dem Beherrschen Computer-unterstützter Arbeitsmethoden des Molecular Modelling, der Prozessanalyse und des Prozessmanagements.

In diese Lücke stößt der Bachelor-Lehrgang „Applied Chemistry“ vor, der ab Herbst 2017 an der IMC FH Krems angeboten wird. Auf das Vermitteln des Basiswissens in Chemie und angrenzenden Fächern (Mathematik, Informatik, Statistik, Physik) wird dabei  eine fundierte praktische Ausbildung in Verfahrenstechnik und instrumenteller Analytik aufgesetzt und mit dem Aneignen von Kompetenzen in Chemometrie, Big Data Analysis, IT- Prozessoptimierung sowie In-silico-Methoden in der Wirkstoffsynthese verknüpft.

 

Zwei Vertiefungsrichtungen möglich

Im letzten Studiensemester können die Studenten zwischen zwei Vertiefungsmodulen wählen: „Instrumental Analysis and Chemometrics“ bereitet mit vertieften Kenntnissen der instrumentellen Analytik und der statistischen Auswertung von Messergebnissen auf berufliche Aufgabenstellungen in den Bereichen Produktsicherheit, Umweltanalytik, pharmazeutische und forensische Analytik sowie Polymeranalytik vor. „Chemical Simulations and Data Analysis“ vermittelt Kompetenzen im Bereich der computergesteuerten Simulation von chemischen Prozessen, wie sie für die Steuerung von Anlagen in der Prozessindustrie erforderlich sind. Die Vermittlung von Soft Skills, Chemikalienrecht, Prozessmanagement sowie betriebswirtschaftlichen Grundbegriffen rundet das Curriculum ab.

Der Vollzeit-Studiengang ist auf sechs Semester angelegt und wird in englischer Sprache abgehalten. Das Land Niederösterreich unterstützt das Programm mit einer Anschubfinanzierung von rund 2,4 Millionen Euro.

 

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