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April 27th, 2020

Bayer „gut gestartet“

Das Management des deutschen Chemiekonzerns gibt sich zufrieden mit dem ersten Quartal 2020. An der Ergebnisprognose für das Gesamtjahr hält es vorläufig fest.

 

Zufrieden mit dem ersten Quartal 2020 gibt sich das Management des deutschen Chemiekonzerns Bayer. Dessen Umsatz wuchs gegenüber dem ersten Quartal 2019 um 4,8 Prozent auf 12,84 Milliarden Euro. Das EBITDA erhöhte sich um 28,5 Prozent auf 3,77 Milliarden Euro, das EBIT um 40,4 Prozent auf 2,49 Milliarden Euro. Das Konzernergebnis beziffert Bayer mit 1,49 Milliarden Euro, was einem Anstieg um rund 20 Prozent entspricht. Zu dem Zuwachs trugen sämtliche Geschäftsbereiche bei. Im Bereich Crop Sciences meldet Bayer einen Umsatzanstieg um 5,7 Prozent auf 6,83 Milliarden Euro sowie eine Erhöhung des EBTDA um 13,5 Prozent auf 2,61 Milliarden Euro. Begründet wird dies insbesondere mit dem verstärkten Verkauf von Insektiziden und Fungiziden. Teilweise schlugen dabei auch vorgezogene Käufe infolge der COVID-19-Pandemie zu Buche.

 

Nach wie vor nicht ausgestanden sind die Querelen um das umstrittene Pflanzenschutzmittel Glyphosat. Mitte April lagen Bayer in den USA in diesem Zusammenhang rund 52.500 Klagen vor. Mit weiteren Klagen wird gerechnet. Der Konzern arbeitet nach eigenen Angaben an einer Lösung auf dem Verhandlungswege. Vorstandschef Werner Baumann zufolge wurden dabei „Fortschritte erzielt, bis der Ausbruch von COVID-19 und die globale Pandemie das Mediationsverfahren erheblich verlangsamt haben. Das Unternehmen wird weiterhin eine Lösung nur dann in Betracht ziehen, wenn sie wirtschaftlich sinnvoll und so strukturiert ist, dass zukünftige Fälle effizient zu einem Abschluss gebracht werden“. Laut Baumann gilt dies „mehr denn je vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden Rezession und teils erheblichen Liquiditätsherausforderungen“.

 

Beim Geschäft mit rezeptpflichtigen Medikamenten stieg der Umsatz um 3,9 Prozent auf 4,55 Milliarden Euro, das EBITDA um 7,3 Prozent auf 1,59 Milliarden Euro. Als eine der „Cash-cows“ erwies sich einmal mehr der Gerinnungshemmer Xarelto, bei dem ein Umsatzplus von 18,8 Prozent zu verzeichnen war. Kein Wunder ist daher, dass sich Bayer mit Zähnen und Klauen gegen den Versuch des US-amerikanischen Pharmaunternehmens Unichem sträubt, noch vor Ablauf des Xarelto-Patents im Jahr 2024 ein Generikum auf den Markt zu bringen. „Bayer ist überzeugt, gute Argumente zu haben, und beabsichtigt, sich entschieden zur Wehr zu setzen“, heißt es in der Quartalsmitteilung.

 

Um rund 13,5 Prozent auf 1,39 Milliarden Euro schließlich wuchs der Umsatz mit rezeptfreien Medikamente, das EBITDA in diesem Bereich erhöhte sich um 3,8 Prozent auf 301 Millionen Euro. Bayer begründet dies nicht zuletzt mit einem „erheblichen Anstieg der Nachfrage aufgrund der COVID-19-Pandemie zurückzuführen – unter anderem auch zur Bevorratung“.

 

Prognose bleibt aufrecht 

 

Noch nicht abschätzen lässt sich dem Konzern zufolge, wie sich die COVID-19-Pandemie auf das Ergebnis des Gesamtjahres auswirken wird. Weiterhin aufrecht bleibt bis auf Weiteres die Prognose vom Februar des heurigen Jahres. Dieser zufolge rechnet Bayer mit einem Umsatz von 44 Milliarden bis 45 Milliarden Euro. Gegenüber 2019 wäre das ein Plus von rund 3 bis 4 Prozent. Das EBITDA vor Sondereinflüssen möchte Bayer auf 12,3 Milliarden bis 12,6 Milliarden Euro steigern, 2019 waren es etwa 11,50 Milliarden Euro gewesen.

 

 

April 22nd

SARS-CoV-2 und seine nächsten Verwandten

Durch Genomanalyse von SARS-CoV-2 und seiner Verwandten in anderen Säugetierarten zeichnen Wissenschaftler die Evolution des Virus nach.

In der Virologie lässt sich Evolutionstheorie im Kleinen betreiben. Vom Virus SARS-CoV-2 wird vermutet, dass es durch Mutation aus Betacoronaviren entstand, die Fledermäuse befallen. Auch wenn der tatsächliche Ursprung der gegenwärtigen Epidemie noch nicht rekonstruiert werden konnte und gegenwärtig allerlei Versionen dazu im Umlauf sind: Eine Reihe von erhobenen Indizien machen einen bestimmte Hergang plausibel. Mehrere wissenschaftliche Teams haben mittlerweile phylogenetische Stammbäume von SARS-CoV-2 veröffentlich und so seine Verwandtschaft mit Viren in anderen Säugetierarten gezeigt. Eine am 26. März in der Fachzeitschrift Nature erschienene Arbeit, die der australische Virologe Edward Holmes gemeinsam mit chinesischen Forschern verfasst hat, wies beispielsweise nach, dass unter der im Süden Chinas wildlebenden Population malaiischer Schuppentiere ein Coronavirus mit sehr ähnlichem Genom vorkommt. Vor allem diejenigen Sequenzen, die für die Proteindomäne zum Andocken an die Wirtszelle codieren, zeigen große Übereinstimmungen.

Seither ist das Schuppentier, das, obwohl geschützt, in Ostasien als Delikatesse gilt, als „Zwischenwirt“ der Übertragung auf den Menschen im Gespräch. Der Virus könnte also zunächst von Fledermäusen auf Schuppentiere und von diesen dann auf den Menschen übertragen worden sein. Ein Großmarkt in Wuhan, auf dem derartige Wildtiere gehandelt werden, ist zunächst als möglicher Übertragungsgort identifiziert worden, weil viele der ersten in Spitälern der Millionenstadt behandelten Patienten Kontakt zu diesem Markt hatten. Ein am 26. März im Magazin Cell veröffentlichter Artikel wies zudem darauf hin, dass Viren aus Umweltproben von diesem Markt eine hohe phylogenetische Übereinstimmung mit den ersten aus Patienten in Wuhan isolierten SARS-CoV-2-Exemplaren aufweisen. Auf solchen Wildtiermärkten, wie sie in Asien recht häufig sind, würden jedenfalls zahlreiche Tierarten aufeinandertreffen, die sonst keinen direkten Kontakt hätten, so die Experten, was eine Übertragung begünstige.

Andere Forscher weisen auf wesentliche Unterschiede im Genom der bisher bekannten nächsten Verwandten des humanen Virus in Fledermäusen und Schuppentieren hin, sodass beide nicht als direkte Überträger in Frage kämen. Zuletzt hat eine am 14. April in der Zeitschrift „Molecular Biology and Evolution“ von Forschern der University of Ottawa publiziert Arbeit Indizien dafür gesammelt, dass der Verdauungstrakt streunender Hunde als Ursprung des aktuellen Ausbruchs in Frage kommt

April 20th

ARDS-Wirkstoff für COVID-19-Patienten

Das Wiener Biotechnologie-Unternehmen Apeptico hat eine Fördervereinbarung mit der Europäischen Union geschlossen, um seinen in klinischer Entwicklung befindlichen Arzneimittelkandidaten Solnatide schneller für COVID-19-Patienten verfügbar zu machen.

Das Projekt war zuvor im Rahmen des Horizon-2020-Programms „Advancing knowledge for the clinical and public health response to the 2019-nCoV epidemic” unter die besten Bewerbungen gereiht und das Konsortium darauf hin eingeladen worden, seinen Kapazitäten in Richtung COVID-19 zu orientieren. Solnatide ist ein Peptid-basiertes Produkt, das gegen verschiedene lebendbedrohliche Zustände der Lunge entwickelt wird. Zwei abgeschlossene Phase-II-Studien zeigten die Wirksamkeit gegen akutes Lungenversagen (ARDS) und Lungenödeme nach einer Lungentransplantationen („primary graft dysfunction“).

Die bisher gesammelten klinischen Daten zeigen, dass es bei 20 Prozent der in Spitälern behandelten COVID-19-Patienten zu akutem Lungenversagen kommt, die eine der Hauptursachen für die hohe Sterblichkeit sein dürfte. Aus diesem Grund hat das österreichische Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) das Präparat auch für den „Compassionate Use“ (die „Anwendung aus Mitgefühl“ von nicht zugelassenen Arzneimitteln in besonders schweren Krankheitsfällen) für COVID-19-Patienten mit schwerer Lungendysfunktion zugelassen.

April 16th

Marinomed meldet „Rekordumsatz“

Mit 6,1 Millionen Euro verzeichnete das Wiener Biotechnologieunternehmen ein Umsatzplus von 30 Prozent. Wegen hoher Investitionen in Forschung und Entwicklung schreibt es vorerst weiter Verluste, erwartet aber für heuer eine gute Entwicklung. 

 

Einen „Rekordumsatz“ von 6,1 Millionen Euro meldet das Wiener Biotechnologieunternehmen Marinomed für 2019. Gegenüber 2018 ist das ein Plus von rund 30 Prozent. Operativ schreibt Marinomed allerdings weiterhin Verluste. Das Betriebsergebnis belief sich auf -6,2 Millionen Euro, verglichen mit -5,1 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2019. Zurückzuführen dürfte das nicht zuletzt auf die Investitionen in Forschung und Entwicklung sein, die sich von 2,9 auf 4,8 Millionen Euro fast verdoppelten. Das Jahresergebnis war mit -7,2 Millionen Euro ebenfalls nach wie vor negativ, aber deutlich besser als 2018, als -12,1 Millionen Euro verzeichnet wurden.

 

Für heuer erwartet Marinomed „erneut eine gute Auftrags- und Umsatzentwicklung“, hieß es in einer Aussendung. Und als Hoffnungsträger erweist sich gerade die COVID-19-Pandemie: Die Carragelose-Produkte des Unternehmens zeigten in klinischen Studien im Jahr 2014 bei Patienten, die mit anderen Coronaviren als SARS-CoV-2 infiziert waren, positive Wirkung. Zu dem neuen Virus gibt es noch keine Daten. Allerdings ist Marinomed nach eigenen Angaben in diesbezügliche Forschungen involviert. „Sollten sich auch hier ähnlich positive Effekte zeigen, gehen wir von einer weiteren Nachfragesteigerung auf globaler Ebene aus“, konstatierte CEO Andreas Grassauer. Dennoch erwartet er für 2020 und die Folgejahre weiterhin Verluste. Der Grund sind die „anhaltend hohen Aufwendungen für Forschung und Entwicklung“.

 

 

April 15th

COVID-19: Sanofi und GSK bündeln Kräfte

Mit Unterstützung des US-Gesundheitsministeriums wollen die beiden Pharmakonzerne bis Herbst 2021 einen Impfstoff gegen SARS-CoV-2 entwickeln.

 

Die Pharmakonzerne Sanofi und GSK wollen gemeinsam einen Impfstoff gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 entwickeln. Sie nutzen dabei das S-Protein des Virus als Antigen, das sie mithilfe einer rekombinanten DNA-Technologie erzeugen, hieß es in einer Aussendung. Sie erstellen eine genau genetische Kopie von Proteinen, die sich auf der Oberfläche des Virus befinden. Diese Kopie bringen sie als DNA-Sequenz in eine Baculovirus-Expressionsplattform ein, die ihrerseits das Antigen produziert. Mit dieser Plattform stellt Sanofi schon derzeit einen Grippeimpfstoff her, der in den USA zugelassen ist. GSK wiederum steuert im Rahmen der Kooperation seine Pandemie-Adjuvans-Technologie bei. Ein Adjuvans kann ermöglichen, mit einer geringeren Wirkstoffmenge pro Impfstoffdosis auszukommen. Mit derselben Wirkstoffmenge könnten somit mehr Menschen geschützt werden. Mit der klinischen Erprobung des neuen Impfstoffs möchten Sanofi und GSK im zweiten Halbjahr 2020 beginnen. Vorbehaltlich der Zustimmung der Gesundheitsbehörden könnte dieser im zweiten Halbjahr 2021 zur Verfügung stehen.

 

Sanofi-CEO Paul Hudson konstatierte, angesichts der Corona-Pandemie könne „kein Unternehmen im Alleingang handeln. Aus diesem Grund ergänzt Sanofi weiterhin sein Fachwissen und seine Ressourcen mit Mitstreitern wie GSK, mit dem Ziel, ausreichende Mengen an Impfstoff herzustellen und zu liefern, die helfen, dieses Virus zu stoppen“. GSK-Chefin Emma Walmsley geht angesichts der Zusammenarbeit davon aus, „dass wir die weltweiten Anstrengungen, einen Impfstoff zu entwickeln, beschleunigen können, um so viele Menschen so schnell wie möglich vor COVID-19 zu schützen“.

 

Für die Entwicklung des Impfstoffs haben Sanofi und GSK eine „Joint Collaboration Task Force“ geschaffen. Geleitet wird diese von den Chefs der Impfstoffsparten der beiden Konzerne, David Loew von Sanofi und Roger Connor von GSK. Finanzielle Unterstützung kommt von der US-amerikanischen Biomedical Advanced Research and Development Authority (BARDA), die dem Gesundheitsministerium untersteht.

 

 

 

April 14th

CEFIC: Gemeinsam gegen COVID-19

In einem Schreiben an die Wirtschaftsminister der EU-Mitgliedsstaaten verwenden sich der Chemieindustrieverband und andere Wirtschaftsorganisationen für Freihandel statt Protektionismus.

 

Die Wirtschaftsminister der EU-Mitgliedsstaaten müssen alles tun, um den ungehinderten Güterverkehr innerhalb Europas sowie mit Drittstaaten zu gewährleisten. Das fordert der Chemieindustrieverband CEFIC gemeinsam mit dem Pharmaindustrieverband EFPIA und einer Reihe weiterer Branchenvertretungen. In einem Schreiben an die Minister heißt es, die Industrie arbeite rund um die Uhr, um die Produktion zu steigern und die Versorgung mit notwendigen Arzneimitteln sowie Schutzausrüstung wie Corona-Tests, Masken, Handschuhen und Anzügen, aber auch Beatmungsgeräten, sicherzustellen.

 

Verständlicherweise seien die Gesundheitssysteme unter Druck. Dennoch gehe es nicht an, dass einzelne Mitgliedsstaaten protektionistische Maßnahmen setzten, etwa Exportverbote. Dergleichen bringe mehr Schaden als Nutzen mit sich. Kurzfristig drohten Versorgungsengpässe sowie Unterbrechungen von Distributionskanälen. Ferner bestehe das Risiko, Vergeltungsmaßnahmen anderer Mitgliedsstaaten herauszufordern. All das führe zu Verzögerungen mit dem Nachschub der benötigten Güter sowie zu unnötigen Kosten, und das zu einer Zeit, wo die Unternehmen genug damit zu tun hätten, die weltweite Versorgung zu verbessern und nachhaltig wirksame Auswege aus der Krise zu finden. Mittelfristig würden Innovationen behindert und das Erzeugen von Arzneimitteln einschließlich Generika gefährdet.

 

Notwendig ist laut CEFIC und den anderen Industrieverbänden statt dessen die verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Regierungen und den Unternehmen in der EU. Die Mitgliedsstaaten seien aufgefordert, von Export- sowie Importbeschränkungen einschließlich Verpflichtungen zur Lagerhaltung Abstand zu nehmen. Selbiges müsse bei der Zusammenarbeit mit den Handelspartnern der Europäischen Union gelten, etwa den USA, Indien, China, Malaysia und der Russländischen Föderation. Zölle auf Arzneimittel und Schutzausrüstung seien abzuschaffen. Die Zollbehörden müssten angewiesen werden, elektronische Dokumente zu akzeptieren. Ferner sei die 1994 bestehende „Zero-for-Zero“-Initiative der Welthandelsorganisation WTO hinsichtlich der Verzollung von Chemikalien und Pharmazeutika „auf sämtliche Pharma- und Medizinprodukte“ auszuweiten. Und schließlich verlangen die Industrieverbände, die Investitionen in kritische Sektoren in Europa zu verstärken.

 

„Um der Pandemie Herr zu werden, brauchen wir weltweite Kooperation, die gemeinsame Nutzung von Ressourcen und erhebliche Investitionen“, betonen die Wirtschaftsvertreter. Die derzeitige Verstärkung nationalstaatlich orientierter Handelspolitiken führe dagegen zu einem Nullsummenspiel, das den Kampf gegen COVID-19 eher behindere als fördere.

 

 

April 10th

Sanofi: Hydroxychloroquin für 50 Länder

Der französische Pharmakonzern stellt 100 Millionen Dosen seines Medikaments zur Verfügung, das als mögliches Mittel gegen COVID-19 gilt. Er warnt jedoch vor dessen Nebenwirkungen.

 

Der französische Pharmakonzern Sanofi stellt 50 Ländern 100 Millionen Dosen seines Arzneimittels Hydroxychloroquin zur Verfügung. Dieses gilt als einer der Hoffnungsträger zur Bekämpfung der Corona-Pandemie (COVID-19). Zurzeit wird es unter anderem gegen rheumatoide Arthritis sowie Malaria eingesetzt. Klinische Tests bezüglich seiner Wirksamkeit gegen COVID-19 ergaben bisher ein uneinheitliches Bild, weitere Studien sind im Gange. Sanofi verlautete in einer Aussendung, falls sich das Mittel als wirksam und sicher erweise, werde es Regierungen in aller Welt zur Verfügung gestellt.

 

Ausdrücklich betonte der Konzern, die Sicherheit der Patienten müsse oberste Priorität haben. Hydroxychloroquin habe nachweislich eine Reihe schwerer Nebenwirkungen und müsse mit Vorsicht angewandt werden: „Nicht jedermann kann dieses Medikament einnehmen.“ Als bekannt gilt unter anderem, dass die langfristige Einnahme zu Schädigungen der Netzhaut führen kann.

 

Sanofi-Chef Paul Hudson betonte, die COVID-19-Pandemie sei eine „beispiellose gesundheitliche und wirtschaftliche Krise, die die Grundlagen der internationalen Solidarität und der Zusammenarbeit zwischen den Staaten erschüttert“. Da sich das Virus nicht um Grenzen kümmere, sollten die Mitglieder des Gesundheitswesens von den Behörden bis zur Pharmaindustrie dies auch nicht tun. Notwendig sei die wohlkoordinierte internationale Zusammenarbeit, um den Patienten zu helfen.

 

 

 

 

April 9th

COVID-19: Pharmaindustrie sieht „gesellschaftliche Verantwortung“

Laut dem Branchenverband Pharmig unterstützen die Unternehmen den Kampf gegen die Pandemie nicht nur mit der Entwicklung neuer Medikamente.

 

Erfreut zeigt sich der österreichische Pharmaindustrieverband Pharmig über die weltweiten Initiativen der Branche, so rasch wie möglich Medikamente gegen COVID-19 verfügbar zu machen. Er verweist unter anderem auf den US-amerikanischen Konzern Gilead, der angekündigt hatte, 1,5 Millionen Dosen seines in Entwicklung befindlichen Wirkstoffs Remdesivir für klinische Studien kostenlos bereitzustellen. Bis Oktober möchte Gilead 500.000 Dosen des Mittels erzeugen, bis Jahresende eine Million Dosen. Gilead zufolge wurden bereits mehr als 1.700 Personen mit Remdesivir behandelt.

 

Pharmig-Generalsekretär Alexander Herzog bezeichnete dies als „dankenswertes Beispiel gesellschaftlicher Verantwortung“. Beim seinerzeitigen Auftreten von SARS- und MERS-Viren habe Gilead an „vielversprechenden Medikamenten“ gearbeitet und könne nun auf den damaligen Ergebnissen aufbauen. Laut Herzog „besteht damit die Hoffnung, schneller als sonst zu einem erfolgreichen Ergebnis zu gelangen. Diesen Vorteil sehen wir bei einigen derzeit laufenden Entwicklungsprojekten, was uns folglich hoffen lässt, umso schneller Corona-Patienten mit Behandlungsoptionen versorgen zu können“. Einmal mehr verwies Herzog darauf, dass die Entwicklung eines Arzneimittels üblicherweise rund zwölf Jahre dauert. 

 

Auch jenseits der Arbeit an Arzneimitteln gegen COVID-19 unterstützt die Pharmaindustrie den Kampf gegen die Erkrankung, ergänzte der Pharmig-Generalsekretär. Er verwies darauf, dass Bayer Atemschutzmasken und Einmalhandschuhe an das Wiener AKH lieferte, Novartis 30.000 Schutzmasken für Klinikpersonal in Tirol zur Verfügung stellte und AstraZeneca dem Österreichischen Roten Kreuz „eine größere Anzahl solcher Masken“ liefert. Richter Pharma wiederum habe die Dienstwagen der Welser Polizei mit Handdesinfektionsmitteln ausgestattet. All dies seien „erfreuliche Beiträge, die dazu dienen, die derzeitige Krise in Österreich und in der ganzen Welt zu bewältigen“, resümierte Herzog.

 

 

April 8th

ERC: Ferrari geht im Streit

Der Präsident des European Research Council ist nach nur drei Monaten zurückgetreten. Er verweist auf ein angeblich torpediertes COVID-19-Programm, seine Gegner attestieren ihm schwere Pflichtversäumnisse.

 

Nach nur drei Monaten ist der Präsident des European Research Council (ERC), Mauro Ferrari, zurückgetreten. In einem Brandbrief, der dem Chemiereport vorliegt, beschuldigt er seine Ex-Kollegen, seine „idealistischen Bemühungen“ im Kampf gegen die Corona-Pandemie aus rein formalen Gründen torpediert zu haben. Er habe ein spezielles ERC-Programm zu COVID-19 aufsetzen wollen, was angesichts der absehbaren gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen „Verwüstungen“ durch die Pandemie wohl mehr als gerechtfertigt gewesen sei. Sein Ziel habe darin bestanden, den besten einschlägigen Wissenschaftlern der Welt Fördermittel zur Verfügung zu stellen.

 

Mit dem Hinweis, das ERC verfolge einen „Bottom-up“-Ansatz und mache Wissenschaftlern keine inhaltlichen Vorgaben, sei dies indessen einstimmig abgelehnt worden. Jedoch habe ihn EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen persönlich um seinen Rat hinsichtlich der Pandemie gefragt. Binnen dreier Tage habe er, Ferrari, daraufhin ein Programm erarbeitet. Dieser direkte Kontakt mit der Präsidentin sei ihm im ERC schwer verübelt worden. Letzten Endes habe er „das Vertrauen in das System verloren“. Es mangle den EU-Mitgliedsstaaten offenbar völlig an der Koordination ihrer Vorgangsweisen gegen COVID-19, gerade auch im wissenschaftlichen Bereich. Statt dessen würden Finanzhilfen blockiert und Grenzen einseitig geschlossen: „Ich fürchte, ich habe genug gesehen von der europäischen Wissenschaftspolitik und den politischen Operationen der EU.“

 

Nun kehre er zurück an die „Front im Kampf gegen COVID-19“ und verlasse Brüssel, wo sich seine politischen Fähigkeiten als „offenbar unzulänglich“ („clearly inadequate“) erwiesen hätten.

 

Sparsam mit der Wahrheit

 

Die Reaktion des ERC erfolgte umgehend: Ferraris Darstellung habe mit den Tatsachen nichts zu tun. Bereits am 27. März hätten ihn alle 19 aktiven Mitglieder des Scientific Council des ERC zum Rücktritt aufgefordert. Ausschlag gebend seien vier Gründe gewesen: Erstens habe Ferrari den Sinn des ERC und dessen Rolle im Kontext des EU-Forschungs-Rahmenprogramms Horizon 2020 nicht im mindesten begriffen. Zweitens müsse ihm ein Mangel an Engagement für das ERC vorgeworfen werden: Er habe an einer ganzen Reihe wichtiger Sitzungen nicht teilgenommen und statt dessen viel Zeit in den USA verbracht. Das Programm und die Mission des ERC zu vertreten, sei ihm dagegen nicht in den Sinn gekommen. Drittens habe Ferrari etliche persönliche Initiativen innerhalb der EU-Kommission gestartet und seine Position missbraucht, um eigene Ideen zu vertreten statt das ERC. Zu schlechter Letzt sei Ferrari umfangreichen externen wissenschaftlichen wie auch wirtschaftlichen Vorhaben nachgegangen und habe diesen öfters Vorrang gegenüber seinen Verpflichtungen beim ERC eingeräumt. Sein Rücktritt am 7. April sei somit faktisch die Folge eines einstimmigen Misstrauensvotums.

 

Die von Ferrari erwähnte Initiative in Sachen COVID-19 habe das Scientific Council nicht unterstützt, „weil dies nicht unsere Aufgabe ist und die Generaldirektion Forschung und Innovation, mit der wir verbunden sind, bereits sehr aktiv neue diesbezügliche Programme entwickelt“. Über 50 ERC-Programme mit einem Gesamtvolumen von etwa 100 Millionen Euro im Zusammenhang mit COVID-19 seien im Laufen oder bereits abgeschlossen: „Wir bedauern daher Herrn Professor Ferraris Stellungnahme, die bestenfalls sparsam mit der Wahrheit umgeht.“

 

Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende der League of European Research Universities (LERU) und Präsident der Sorbonne, Jean Chambaz. Dass Ferrari nach nur drei Monaten von den USA aus seinen Rücktritt als ERC-Präsident erklärt habe, sei „bedauerlich, aber unvermeidbar“. Ferrari erzähle seine eigene Geschichte, zeige aber gerade damit sein mangelndes Verständnis für den Ansatz des ERC. Dieses werde weltweit für seine Erfolge bewundert: „Im Rahmen des Investitionsplans der EU zum Kampf gegen die derzeitige Krise sollte es daher noch stärker unterstützt werden. Alles Übrige ist unerheblich.“

 

 

Langfristiger Wachstumskurs bei Boehringer Ingelheim

Boehringer Ingelheim hat inmitten verstärkter Bemühungen um eine Therapie gegen COVID-19 zwar seine jährliche Bilanzpresskonferenz abgesagt, aber dennoch seine Bilanzzahlen für 2019 veröffentlicht.

Bereinigt um Währungseffekte konnte das Unternehmen im vergangenen Jahr den Umsatz um 5,7 Prozent auf 19 Milliarden Euro steigern. Auf Gruppenebene wurde ein Betriebsergebnis von 3,8 Milliarden Euro erzielt, das ergibt ein Ergebnis nach Steuern von 2,7 Milliarden Euro (gegenüber 2,1 Milliarden im Jahr 2018). Die Eigenkapitalquote erhöhte sich mit Jahresende im Vergleich zum Vorjahr von 40 auf 44 Prozent (2018: 40 Prozent).

Wichtigster Wachstumstreiber war dabei das Geschäft mit Humanarzneimitteln, mit dem 14 Milliarden Euro oder 74 Prozent des Gesamtumsatzes erwirtschaftet wurden – ein währungsbereinigtes Wachstum von 8,0 Prozent. Umsatzstärkstes Medikament war Jardiance, mit dem Patienten mit Typ-2-Diabetes behandelt werden. Im Geschäftsbereich Tiergesundheit wurde ein Umsatz von 4 Milliarden Euro erwirtschaftet, was ein währungsbereinigtes Minus von 0,7 Prozent darstellt. Gestiegene Erlöse im Haustiersegment konnten hier eine auf den Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest zurückgeführten Rückgang bei Arzneimitteln für Schweine nicht wettmachen. In der Biopharmazeutischen Auftragsproduktion wurde im Jahr 2019 ein Umsatz von 786 Mio. Euro (währungsbereinigt +7,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr) erzielt.  

 

Investitionen in Forschung und Infrastruktur – und die Bekämpfung von COVID-19

Die Investitionen von Boehringer Ingelheim im vergangenen Geschäftsjahr waren auf einen langfristige Wachstumskurs ausgerichtet. 3,5 Milliarden Euro flossen in Forschung und Entwicklung, das entspricht 18,2 Prozent des Umsatzes und einer Steigerung von 9,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. 1,1 Milliarden Euro wurden in Sachanlagen investiert.

Die gute, durch die Geschäftsentwicklung 2019 erwirtschaftete Kapitalbasis ermöglichte es dem Unternehmen eigenen Angaben zufolge, ein „Globales Unterstützungsprogramm“ zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie aufzusetzen. Wissenschaftler von Boehringer Ingelheim beteiligen sich an der Suche nach virusneutralisierenden Antikörpern und durchsuchen die Molekülbibliothek des Konzerns nach Substanzen, die das Virus bekämpfen könnten. Darüber hinaus ist man an mehreren Forschungskonsortien beteiligt, die beispielweise von der Innovative Medicines Initiative der EU oder der der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung getragen werden.

Neben den Forschungsaktivitäten umfasst das „Globale Unterstützungsprogramm“ einen Spendenfonds in Höhe von 5,8 Millionen Euro, bezahlten Urlaub für die 51.000 Mitarbeiter, die sich als freiwillige Helfer engagieren sowie einen Hilfsfonds in Höhe von 580.000 Euro für Sozialunternehmer in Kenia und Indien.

 

 

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