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March 19th, 2020
Corona: Verstärkte Anstrengungen
19.03.20
von
Klaus Fischer
Die internationalen Gesundheitsbehörden und die Pharmaindustrie koordinieren ihre Tätigkeiten im Kampf gegen die COVID-19-Pandemie. Seitens der Innovative Medicines Initiative (IMI) läuft ein Call zur raschen Entwicklung von Therapeutika.
Die internationalen Gesundheitsbehörden und die Pharmaindustrie verstärken ihre Anstrengungen im Kampf gegen das Coronavirus (COVID-19). Wie die European Medicines Agency (EMA) berichtet, fand am 18. März ein weltweiter Workshop unter dem Dach der International Coalition of Medicines Regulatory Authorities (ICMRA) statt. Teilnehmer waren neben der EMA selbst die US Food and Drug Administration (FDA) sowie Repräsentanten von mehr als 20 nationalstaatlichen Arzneimittelaufsichtsbehörden, Experten der World Health Organization (WHO) und der Europäischen Kommission. Der Workshop diente zum Austausch von Informationen über die Entwicklung neuer Impfstoffe gegen COVID-19. Details dazu will die EMA in den nächsten Tagen veröffentlichen.
Noch bis 31. März läuft ein Call der Innovative Medicines Initiative (IMI) der EU-Kommission und des europäischen Pharmaindustrieverbands EFPIA im Zusammenhang mit Corona. Dabei geht es allerdings ausdrücklich nicht um Impfstoffe, sondern um die möglichst rasche Bereitstellung von Medikamenten gegen das Virus. Als Ziele nennt die IMI die Entwickung von Arzneimitteln zur Bekämpfung von Viren sowie von anderen Therapeutika, die bei der Eindämmung der Corona-Epidemie helfen können. Ferner geht es um die rasche Identifizierung von Wirkstoffkandidaten auf Basis verfügbarer Technologien. Schließlich behandelt der Call auch die Entwicklung schneller und zuverlässiger Corona-Tests. Die IMI selbst stellt für den Call ein Budget von 45 Millionen Euro zur Verfügung. Weitere Mittel bringen die EFPIA und die „Associated Partners“ der IMI auf, sobald sie unter den Einreichungen die vielversprechendsten Vorschläge ausgewählt haben. Nach Angaben der EFPIA haben bis dato 13 Pharmaunternehmen auf den Call reagiert. Dem Verband zufolge werden derzeit weltweit rund 30 antivirale Medikamente auf ihre Wirksamkeit gegen das Coronavirus getestet. Manche davon befinden sich noch in unterschiedlichen Stadien der (klinischen) Entwicklung, andere sind bereits auf dem Markt.
EFPIA-Generaldirektorin Nathalie Moll zufolge setzt sich die Branche zurzeit drei Prioritäten: erstens die Aufrechterhaltung der sicheren Versorgung der Patienten mit Arzneimitteln, zweitens die Unterstützung der Regierungen und der Gesundheitssysteme und drittens die Entwicklung von Impfstoffen, Diagnostika und Heilmitteln gegen das Coronavirus. Moll konstatierte, die IMI habe bei der Ebola-Epidemie im Jahr 2014 hunderte von Forschern mobilisiert und maßgeblich zu deren Eindämmung beigetragen. „Unsere Mitglieder arbeiten weiterhin rund um die Uhr an Innovationen, neuen Lösungen, Diagnostika, Impfstoffen und Arzneimitteln gegen die Pandemie. Wir werden nicht rasten und nicht ruhen“, versicherte Moll.
Laut einer Aussendung steht die EFPIA in ständigem Kontakt mit EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides, Binnenmarktkommissar Thierry Breton und dem für Krisenmanagement zuständigen Kommissar Janez Lenarčič. Nach den der EFPIA derzeit vorliegenden Informationen ist das Risiko kurzfristig eintretender Auswirkung des Coronavirus auf die Arzneimittelproduktion und -versorgung in Europa begrenzt. Von Arzneimittel- und Impfstoffknappheiten sei nichts bekannt, auch die EMA habe von derartigen Ereignissen keine Kenntnis. Überdies hätten die Pharmaunternehmen auch die längerfristige Verfügbarkeit ihrer Produkte untersucht. Dauere die Pandemie nicht noch „etliche“ Monate an, sei nicht mit Auswirkungen auf die Lieferketten zu rechnen.
March 18th
Corona: BASF und Merck verschieben Hauptversammlungen
18.03.20
von
Klaus Fischer
Auf die Dividenden für 2019 heißt es vorerst warten, verlauteten die beiden Konzerne. Vorrang habe die Gesundheit der Beschäftigten - und jene der Aktionäre.
Bedingt durch die Corona-Epidemie verschieben die deutschen Chemiekonzerne BASF und Merck ihre Hauptversammlungen und damit auch die Auszahlung der Dividenden für 2019 auf unbestimmte Zeit. Die Hauptversammlung von Merck war für 24. April geplant, die von BASF für 30. April. BASF zufolge hat das Land Baden-Württemberg Veranstaltungen mit über 100 Teilnehmern bis 15. Juni 2020 verboten. Aufgrund der geltenden Rechtslage müsste der Konzern die HV binnen sechs Monaten nach Beginn des neuen Geschäftsjahres in Form einer Präsenzveranstaltung durchführen, also spätestens am 30. Juni. Ob dies erfolgen kann, ist derzeit offen. BASF betonte, die Gesundheit der Beschäftigten und der Aktionäre habe „höchste Priorität“.
Trotz eines um 38,1 Prozent auf 2,54 Milliarden Euro gesunkenen Jahresergebnisses hatte der Konzern angekündigt, die Dividende je Aktie um 3,1 Prozent auf 3,30 Euro steigern zu wollen. Vorstandschef Martin Brudermüller hatte 2019 als „herausforderndes Jahr mit starkem weltwirtschaftlichen Gegenwind“ bezeichnet. Und er hatte davor gewarnt, die Auswirkungen der Corona-Epidemie zu unterschätzen: Es sei nicht zu erwarten, „dass die Corona-Effekte im Jahresverlauf vollständig ausgeglichen werden können“.
Merck wird einer Aussendung zufolge so bald wie möglich einen neuen HV-Termin festlegen: „Zurzeit geht es darum, die Ausbreitung des Coronavirus soweit wie möglich zu verlangsamen und damit nach Möglichkeit einzudämmen. Dazu tragen wir auch mit diesem Schritt bei. Gesundheit und Sicherheit unserer Mitarbeiter und Aktionäre stehen hier für uns an erster Stelle.“ Merck hatte Anfang März bekannt gegeben, für 2019 eine Dividende von 1,30 Euro je Aktie auszahlen zu wollen. Diese wäre somit um rund vier Prozent höher ausgefallen als die Dividende für 2018. Das Konzernergebnis war um 60,9 Prozent auf 1,32 Milliarden Euro gefallen.
March 11th
EU-Industriestrategie: CEFIC zurückhaltend
11.03.20
von
Klaus Fischer
Der Chemieindustrieverband sieht in dem Dokument positive Ansätze. Allerdings bleibt deren Implementierung abzuwarten.
Zurückhaltend reagiert der europäische Chemieindustrieverband CEFIC auf die Industriestrategie, die Europäische Kommission am 10. März präsentierte. Einen „Green Deal“ ohne starke Industrie könne es nicht geben, betonte Generaldirektor Marco Mensink. Notwendig sei nun ein „sektoraler Green Deal für die chemische Industrie“. Dieser müsse alle relevanten Politikfelder zusammenführen, vom Chemikalienrecht über Handel, Steuern und Rechtsdurchsetzung bis zum Wettbewerb. Das Ziel müsse darin bestehen, Investitionen nach Europa zu bringen und Märkte für Erzeugnisse der Kreislaufwirtschaft sowie Produkte mit niedriger CO2-Bilanz zu schaffen. Erfreulich sei immerhin, dass die EU-Kommission die verstärkte Rechtsdurchsetzung als Säule ihres Programms zur Stärkung des Binnenmarktes verstehe. Abzuwarten bleibe, was das in der Praxis bedeute und wie sich digitale Werkzeuge beim Auffinden und Abstellen von Rechtsverletzungen bewähren werden. Zu begrüßen ist nach Ansicht Mensinks jedenfalls die Tatsache, dass die EU-Kommission die energieintensive Industrie, darunter die Chemiebranche, ausdrücklich als „unverzichtbar für die europäische Wirtschaft“ bezeichnet.
Der Strategie zufolge soll Europas Industrie künftig „wettbewerbsfähig, grün und digital“ sein. Angekündigt wird unter anderem ein Aktionsplan zum Schutz von geistigem Eigentum. Ferner will die Kommission bis Mitte des Jahres ein Weißbuch vorlegen, in dem es um Wettbewersverzerrungen durch Subventionen in Drittstaaten ebenso geht wie um den Zugang zur öffentlichen Beschaffung und zu Förderungen in der EU. Weiters verspricht die Kommission, die „industrielle und strategische Autonomie“ der EU zu verbessern, nicht zuletzt durch einen Aktionsplan über kritische Rohstoffe und pharmazeutische Produkte. Hinsichtlich der Letzteren wird eine neue Pharmastrategie für die Europäische Union angekündigt. Um die Fortschritte bei der Umsetzung der Strategie kontinuierlich zu überwachen, soll bis September des heurigen Jahres ein „Industrial Forum“ eingerichtet werden. Als Teilnehmer sind Vertreter der Industrie, der Klein- und Mittelbetriebe (KMU), der Großunternehmen, der Sozialpartner, der Wissenschaft sowie der EU-Mitgliedsstaaten und der Gremien der EU selbst vorgesehen.
Den Binnenmarkt bezeichnet die Kommission als „eine der größten Errungenschaften“ der Europäischen Union. Allerdings sieht sie nach wie vor erhebliche Hindernisse für die Ausschöpfung seiner Möglichkeiten. Diese zu beseitigen, könnte ihren Berechnungen zufolge bis Ende des Jahrzehnts EU-weite Wohlstandsgewinne von rund 713 Milliarden Euro erbringen. Ausdrücklich spricht die EU-Kommission in diesem Zusammenhang das „Gold Plating“ an, also die überschießende Umsetzung von EU-Recht seitens der Mitgliedsstaaten. Dies betrachtet sie ebenso als Problem wie die unterschiedliche Auslegung von Rechtsvorgaben in den EU-Mitgliedsstaaten. Beiden Problemen will sie im Zuge der Umsetzung ihrer Industriestrategie zu Leibe rücken. Nicht zuletzt aus diesem Grund erarbeitete die Kommission im Zusammenhang mit der Industriestrategie einen „Action Plan for Better Implementation and Enforcement of single market rules“.
Binnenmarktkommissar Thierry Breton resümierte, Europa habe „die stärkste Industrie der Welt. Deren grünen und digitalen Wandel zu managen, bedarf radikaler Veränderungen. Und diese müssen jetzt beginnen.“
Zugänglich ist die Strategie unter https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/communication-eu-industrial-strategy-march-2020_de.pdf .
March 10th
EMA: Keine Arzneimittelengpässe durch Corona
10.03.20
von
Klaus Fischer
Zurzeit ist die Versorgung Europas mit Medikamenten durch die Epidemie nicht gefährdet, meldet die European Medicines Agency. Das für Krisenfälle zuständige EU-Gremium hat seine Arbeit aufgenommen.
Zurzeit gibt es in der EU und im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) keine durch die Corona-Epidemie bedingten Engpässe oder Versorgungsschwierigkeiten mit Arzneimitteln. Mit der weiteren Ausbreitung der Krankheit sind solche allerdings nicht auszuschließen, berichtet die European Medicines Agency (EMA). Bei einem ersten Treffen der EU Executive Steering Group zum Umgang mit Arzneimittelengpässen aufgrund höherer Gewalt wurden ihr zufolge mögliche Maßnahmen für den Umgang mit der Krise diskutiert.
Die Executive Steering Group werde Maßnahmen „identifizieren und koordinieren, um Patienten zu schützen, falls das Risiko von Versorgungsschwierigkeiten auftritt“. Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn Arzneimittelfabriken länger geschlossen bleiben oder der Transport von Medikamenten nicht möglich ist. Ferner würden die Patienten und die Angehörigen der Gesundheitsberufe in der Angelegenheit umfassend informiert, versicherte die EMA. Sie, die EMA, habe die Pharmaindustrie bereits an ihre Pflicht erinnert, jegliche möglichen Versorgungsengpässe den EU-Behörden zu melden. Außerdem seien die Branchenverbände ersucht worden, ihre Mitgliedsunternehmen darauf hinzuweisen, auf die Auswirkungen von Quarantänemaßnahmen in China oder anderen Ländern auf ihre Versorgungsketten zu achten. Überdies sollen die Unternehmen überprüfen, in wie weit sie in der Lage sind, möglichen Engpässen entgegenzuwirken und der EMA melden, welche Produkte eventuell knapp werden könnten.
Die Industrieverbände ihrerseits hätten berichtet, es gebe zurzeit keine Versorgungsunterbrechungen, meldete die EMA. Kurzfristig sei aufgrund der vorhandenen Lagerbestände auch im Fall von solchen Unterbrechungen nicht mit Problemen zu rechnen. Blieben Fabriken jedoch länger geschlossen oder komme es zu logistischen Problemen oder Exportbeschränkungen, ließen sich Versorgungsschwierigkeiten nicht ausschließen.
EU-weit rund 15.000 Erkrankte
Unterdessen veröffentlichte das European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) seine neuesten Zahlen hinsichtlich der Ausbreitung des Coronavirus in der Europäischen Union und im Europäischen Wirtschaftsraum. Diesen zufolge waren am 10. März 14.890 Personen an COVID-19 erkrankt. Davon entfielen 9.172 auf Italien, 1.412 auf Frankreich und 1.139 auf Deutschland. Österreich lag mit 131 Fällen an neunter Stelle, jeweils einen Fall meldeten Liechtenstein und Litauen. Von den insgesamt 532 Todesfällen verzeichnete Italien 464, gefolgt von Frankreich mit 30 und Spanien mit 28 Opfern. Fünf Personen waren in Großbritannien an dem Virus gestorben, drei in den Niederlanden und zwei in Deutschland.
March 4th
Taten statt Sonntagsreden
04.03.20
von
Klaus Fischer
Laut Berechnungen im Auftrag der Pharmaindustrie bringen von ihr finanzierte klinische Studien Österreich einen volkswirtschaftlichen Nutzen von über 144 Millionen Euro pro Jahr. Daher gelte es, die Rahmenbedingungen für derartige Untersuchungen gründlich zu verbessern.
Tendenziell sinkt die Zahl der klinischen Studien, die in Österreich durchgeführt werden. Liefen 2013 noch 497 derartige Untersuchungen, waren es 2018 lediglich 455. Dies bedeutet gegenüber 2017 zwar einen Anstieg um zwei Studien. Und die Zahl der beantragten klinischen Untersuchungen erreichte 2018 mit 283 Stück den höchsten Wert seit 2013 (316 Stück). Für Entwarnung gibt es jedoch keinen Grund, betonten der Generalsekretär des Pharmaindustrieverbands Pharmig, Alexander Herzog, und Stefan Kähler, der Vorsitzende des Standing Committee Klinische Forschung der Pharmig, am 4. März in Wien. In Belgien etwa würden rund doppelt so viele Studen durchgeführt wie hierzulande, und das politische Klima sei „viel innovationsfreundlicher“, erläuterte Herzog: „In Österreich beschränkt sich die Politik zumeist leider auf Sonntagsreden.“ Dabei seien die Anzahl und der Durchsatz klinischer Studien mittlerweile ein relevanter Faktor für Entscheidungen über Investitionen in einem bestimmten Land: „Da geht es nicht nur darum, ob man einen Autobahnanschluss für seine Fabrik bekommt.“ Überdies mache sich an den medizinischen Universitäten eine gewisse Ausdünnung der Ressourcen bemerkbar. Sie tendierten zunehmend zur freilich unbedingt nötigen medizinischen Grundversorgung, was zulasten der ebenso dringend benötigten Forschung gehe. In Belgien stehe deutlich mehr Fachpersonal für die Forschung zur Verfügung, auch die Ethikkommissionen arbeiteten dort schneller: „Generell ist man als Industrie dort eher willkommen und wird weniger kritisch beäugt als in Österreich.“ Keine Rolle über die Entscheidung, eine klinische Studie in einem bestimmten Land durchzuführen, spielt laut Herzog, ob ein Pharmamaunternehmen dort seinen Stammsitz hat.
Mehr Personal, weniger Bürokratie
Kähler zufolge wäre es notwendig, auch in Österreich mehr Personal für die medizinische Forschung zur Verfügung zu stellen. Dabei gehe es nicht nur um die Ärzteschaft, sondern auch um „Study Nurses“, die die Studien organisatorisch begleiten und betreuen. Ferner müsse die Verwaltung vereinfacht werden, insbesondere, was die Vertragsgestaltung und die Kostenberechnung im Zusammenhang mit klinischen Studien betrifft. Benötigt werde überdies eine stärkere Vernetzung zwischen den Spitälern und den sonstigen Trägern des Gesundheitssystems. Verbessert werden müsse auch das „Image“ der klinischen Studien: „Das sind ja keine Feldtests.“ Weiters gelte es, das Bewusstsein des Personals in den Spitälern hinsichtlich der Vorteile der Studien für die Patienten zu steigern: „Oft werden Patienten, denen die Teilnahme an einer klinischen Untersuchung aller Wahrscheinlichkeit nach nutzen würde, nicht einmal gefragt, ob sie mitmachen möchten.“
Nutzen unbestritten
Keinen Zweifel gibt es laut Herzog und Kähler am wirtschaftlichen Nutzen von der Industrie bezahlter klinischer Studien für das Gesundheitswesen und die Volkswirtschaft Österreichs. Sie verwiesen in diesem Zusammenhang auf eine Studie des Instituts für pharmaökonomische Forschung (IPF) aus dem vergangenen Jahr, die Kähler als „bisher einzigartig“ bezeichnete. Sie bezieht sich auf den Fünf-Jahres-Zeitraum 2012 bis einschließlich 2017, in dem 15 international tätige Pharmaunternehmen mit einer kumulierten Marktabdeckung von rund 82,5 Prozent in Österreich 574 klinische Studien durchführten. Von diesen wurden im untersuchten Zeitraum 419 abgeschlossen, die übrigen 155 waren noch im Gange. Laut IPF-Geschäftsführerin Evelyn Walter ließ sich für das Jahr 2018 eine volkswirtschaftliche Wertschöpfung von etwa 144,2 Millionen Euro ermitteln. Die Zahl der durch die Studien abgesicherten Arbeitsplätze kann ihr zufolge mit 2.021 angegeben werden. Nach Angaben Walters trägt die Industrie im Rahmen ihrer klinischen Studien jedes Jahr Behandlungskosten von etwa 100,5 Millionen Euro: „Das entspricht 0,3 Prozent der aktuellen jährlichen Gesundheitsausgaben in Österreich.“
March 3rd
Sanochemia wird weitergeführt
03.03.20
von
Klaus Fischer
Die Mehrheit der Gläubiger des insolventen Wiener Pharmaunternehmens akzeptiert dessen Sanierungsplan. Bis auf Weiteres bleiben dessen 135 Arbeitsplätze erhalten.
Das insolvente Wiener Pharmaunternehmen Sanochemia wird weitergeführt, seine 135 Arbeitsplätze bleiben bis auf Weiteres erhalten. Das steht nach der Annahme des Sanierungsplans durch durch die Mehrheit der Gläubiger fest, berichteten der Kreditschutzverband von 1870 (KSV) und der Alpenländische Kreditorenverband (AKV). Die Annahme erfolgte am 3. März am Handelsgericht Wien.
Der KSV verwies auf die Mitteilung der Sanochemia vom 18. Feber, der zufolge die für die Sanierung notwendigen rund sechs Millionen Euro vom bisherigen Haupteigentümer B.E. Imaging, der Grazer EOSS Technologies Holding und der im Landesbesitz befindlichen Wirtschaft Burgenland GesmbH über die BEW Beteiligungs-GmbH (BEW) zur Verfügung gestellt werden. Die erforderlichen aktienrechtlichen Beschlüsse sind für die außerordentliche Hauptversammlung am 11. März in Eisenstadt angekündigt.
Laut dem AKV wird die angebotene Sanierungsplanquote von 20 Prozent in vier Tranchen ausbezahlt. Die ersten fünf Prozent bestehen in einer kurzfristig bezahlten Barquote: „Die weiteren 15 Prozent sollen binnen 12, 18 und 24 Monaten zu je fünf Prozent bezahlt werden.“
Sowohl der KSV als auch der AKV konstatierten, die Sanierung der Sanochemia sei im Interesse der Gläubiger. Laut dem KSV „ist der beschlossene Sanierungsplan die wirtschaftlich vorteilhafteste Lösung“. Dem AKV zufolge kann die „die Fortführung des Unternehmens als ‚positiv‘ bezeichnet werden“.
Sandoz: Dreistellige Millionenstrafe in den USA
03.03.20
von
Klaus Fischer
Wegen illegaler Preisabsprachen mit Generikaherstellern zahlt die Novartis-Tochter 195 Millionen US-Dollar und schließt einen Vergleich zum Aufschub strafrechtlicher Verfolgung.
Für illegale Preisabsprachen zahlt die Novartis-Tochter Sandoz eine Strafe von 195 Millionen US-Dollar (175 Millionen Euro). Laut dem US-amerikanischen Justizministerium ist die Zahlung Teil eines Vergleichs zum Aufschub strafrechtlicher Verfolgung. Sandoz ist in vier Fällen aus den Jahren 2013 bis 2015 angeklagt. Bei jedem davon geht es dem Ministerium zufolge um kriminelle Absprachen mit Generikaherstellern. Die Preismanipulationen betrafen Medikamente im Gesamtwert von mehr als 500 Millionen US-Dollar (450 Millionen Euro). Sandoz sicherte dem Ministerium zufolge zu, rückhaltlos mit den Ermittlungsbehörden zu kooperieren.
Der Leiter der Antitrust-Abteilung im Justizministerium, Makan Delrahim, sprach von einem „wichtigen Schritt, um sicherzustellen, dass die Preise für Generika durch Wettbewerb und nicht durch Absprachen festgesetzt werden, sowie zur Ausrottung von Verbrechen gegen amerikanische Käufer lebenswichtiger Medikamente“. Sandoz und andere Unternehmen hätten solche Absprachen über Jahre hinweg getroffen. Seine Behörde werde die verantwortlichen Unternehmen und Personen weiterhin verfolgen, kündigte Delrahim an. Wie das Ministerium ergänzte, bekannte sich der vormalige Sandoz-Manager Hector Armando Kellum bereits schuldig, ebenso wie zwei weitere Führungskräfte an den Verbrechen beteiligter Unternehmen. Ara Aprahamian, ein ehemaliger Manager einer in New York ansässigen Pharmafirma, sei im Februar angeklagt worden und warte auf seinen Prozess.
Carol Lynch, die Chefin von Sandoz Inc., verlautete in einer Aussendung, ihr Unternehmen nehme die Einhaltung des Wettbewerbsrechts sehr ernst. Die Verbrechen, um die es in der Vereinbarung mit dem Justizministerium gehe, stünden „in vollem Widerspruch zu den Werten unseres Unternehmens“. Für einen weiteren Vergleich mit der Zivilrechtsabteilng des Justizministeriums stellte Sandoz nach eigenen Angaben 185 Millionen US-Dollar (167 Millionen Euro) bereit. Ausdrücklich betonte das Unternehmen, die in die Verbrechen involvierten Personen würden nicht mehr von Sandoz beschäftigt.
February 26th
Gesundheits-„Watchdog“ unter neuem Namen
26.02.20
von
Klaus Fischer
Das Ludwig-Boltzmann-Institut for Health Technology Assessment (LBI-HTA) wird per 1. März zum „Austrian Institute for Health Technology Assessment“ (AIHTA). Auch weiterhin wird es neue Therapien kritisch prüfen.
Ab 1. März fungiert das Ludwig-Boltzmann-Institut for Health Technology Assessment (LBI-HTA) unter der Bezeichnung „Austrian Institute for Health Technology Assessment“ (AIHTA). An den grundsätzlichen Aufgaben des in unterschiedlichen Formen seit 2006 bestehenden Instituts seit ändert sich jedoch nichts, erläuterten dessen Direktorin Claudia Wild und ihre Stellvertreterin Ingrid Zechmann-Koss bei einer Pressekonferenz in Wien. Auch weiterhin wird die „Watchdog“ des österreichischen Gesundheitswesens neue Therapien und Behandlungsmethoden auf ihre Wirksamkeit und ihre Kosteneffizienz prüfen. Die Empfehlungen des AIHTA sollen der Gesundheitspolitik helfen, die verfügbaren finanziellen Mittel möglichst wirkungsvoll im Sinne der Patienten einzusetzen. Wild zufolge handelt es sich beim Health Technology Assessment (HTA) um eine „sehr rigide Methode. Das muss auch so sein, weil grundsätzlich Märkte zerstört werden können“. Das AIHTA könne für seine Vorbringungen von der Pharmaindustrie auch geklagt werden, was bisher allerdings noch nie erfolgt sei. Im Zuge des Aufkommens neuer Ansätze wie Gentherapien verändert sich auch die Methode des HTA. Grob gesprochen, stellt das Institut fest, was die Anbieter einer neuen Therapie versprechen und überprüft dann in Feldversuchen, ob die Versprechen in der Behandlungspraxis eingehalten werden. Dazu werden Patientengruppen über bestimmte Zeiträume beobachtet. Auf Anordnung des Gesundheitsministeriums geht mittlerweile jede medizinische Leistung im Spitalsbereich über den Tisch des künftigen AIHTA, betonte Wild.
Zechmeister-Koss zufolge gelang es dem LBI-HTA in den 14 Jahren seiner Tätigkeit, HTA „zum unverzichtbaren Bestandteil der gesundheitspolitischen Entscheidungsfindung zu machen“. Dies sei von den Eigentümern des Instituts offenbar auch gewünscht und helfe, das solidarische Gesundheitssystem weiterhin zu erhalten. Die Eigentümer des Instituts sind das Gesundheitsministerium, der Dachverband der Sozialversicherungsträger und die Gesundheitsfonds der neun Bundesländer. Sie haben zugesagt, dieses vorerst bis einschließlich 2026 mit 1,36 Millionen Euro pro Jahr zu finanzieren. Davon entfallen 16 Prozent auf das Ministerium und je 42 Prozent auf den Dachverband sowie auf die Bundesländer. Ab 2023 sind Verhandlungen über die weitere Finanzierung des AIHTA angesagt.
Getrieben wird das HTA laut Wild von der High-Tech-Medizin. Diese sei mit sehr hohen Kosten verbunden, denen oft zwar ein gewisser Nutzen gegenübersteht, aber bisweilen nicht der von der Pharmaindustrie behauptete. Letzten Endes gehe es dem AIHTA sowie den Schwesterorganisationen in den anderen europäischen Ländern darum, „die Spreu vom Weizen zu trennen“ und die Finanzierung von Scheininnovationen durch die öffentliche Hand zu verhindern. In etwa 90 Prozent der Fälle seien die Entscheidungsträger im Gesundheitssystem bisher den Vorschlägen des LBI-HTA als Vorgängerorganisation des AIHTA gefolgt. Zunehmend wichtig für das HTA wird die internationale Zusammenarbeit, die künftig weiter verstärkt werden soll, ergänzte Zechmeister-Koss. Mehrere Länder hätten gemeinsam gegenüber den großen Pharmakonzernen nun einmal mehr Verhandlungsmacht als einzelne Staaten, zumal, wenn es sich um kleinere Staaten wie etwa Österreich handle.
Wild ergänzte, das AIHTA sei angehalten, alle seine Erkenntnisse auch weiterhin zu veröffentlichen. Dafür werde nicht zuletzt der wissenschaftliche Beirat des Instituts Sorge tragen: „Wir wollen bleiben, wie wir sind und weiter austeilen.“ Wünschenswert wäre laut Wild die verstärkte Zusammenarbeit mit den Medizinern in den österreichischen Krankenhäusern: „Für uns ist wichtig, zu wissen, ob wir die richtigen Fragen stellen, also die Fragen, die für die Praxis relevant sind. Bisher gehen wir auf die Mediziner zu. Es wäre hilfreich, wenn sich diese verstärkt an uns wenden würden.“
February 21st
Leitfaden zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen präsentiert
Ist es möglich, die Menge an Lebensmittelabfällen zu reduzieren, indem man Verpackungen optimiert und so das Gesamtsystem ökologisch und ökonomisch verbessert? Dieser Frage ging das Projekt „Stop Waste – Save Food“ nach, dessen Ergebnisse am 20. Februar präsentiert wurden.
In einer gemeinsamen Veranstaltung des Kunststoff-Clusters und des Fachverbands der Chemischen Industrie (FCIO) legten die beteiligten wissenschaftlichen Einrichtungen den gemeinsam mit Unternehmenspartnern und Stakeholdern aus Verbänden und Verwaltung erstellten Leitfaden vor, der die Quintessenz des dreijährigen Kooperationsprojekts zusammenfasst. Thomas Gröger, der seitens des Kunststoff-Clusters der niederösterreichischen Wirtschaftsagentur ecoplus für die Koordination des von der FFG geförderten Projekts verantwortlich war, betonte, dass man dabei versucht hat, die gesamte Wertschöpfungskette – von der Lebensmittelproduktion bis zum fertigen Produkt beim Konsumenten miteinzubeziehen.
Manche Partner wie Costantia Flexibles, Rewe International, die Spar Warenhandels AG oder den Konfitürenhersteller Staud’s mussten nicht lange zum Mitmachen überredet werden. Nur die intensive Zusammenarbeit entlang der Supply Chain könne dazu beitragen, Lösungen zu finden, die den komplexen, einander teilweise widersprechenden Zielsetzungen gerecht würden – so die Quintessenz zweier von FCIO-Geschäftsführerin Sylvia Hofinger moderierten Podiumsdiskussionen, die die Veranstaltung umrahmten.
Vertreter der wissenschaftlichen Partner des Projekts (Denkstatt Gmbh, die BOKU-Institute für Abfallwirtschaft sowie das Institut für Lebensmitteltechnologie, OFI) präsentierten die Inhalte des erstellten Leitfadens. Dafür wurden Verpackungsvarianten für verschiedene Lebensmittelgruppen technisch getestet und einer umfassenden Ökobilanz unterzogen. Zudem gab es umfangreiche Konsumentenbefragungen zu Akzeptanz von und Umgang mit verpackten Lebensmitteln. In vielen Fällen ergaben sich, dass ein wesentlich besserer ökologischer Fußabdruck zu erzielen ist, wenn mithilfe des klugen Einsatzes von Verpackungslösungen Lebensmittelabfälle vermieden werden als wenn ganz auf Verpackungen verzichtet wird.
Hohe Auszeichnung für IST-Forscher
Der am IST Austria tätige Biophysiker Gašper Tkačik wird für seine Arbeiten zur mathematischen Modellierung biologischer Netzwerke mit dem Ignaz-Lieben-Preis der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ausgezeichnet.
Tkačiks Forschung beschäftigt sich mit der mathematischen Modellierung von biologischen Netzwerken. Derartige Netzwerke bestehen auf unterschiedlichen hierarchischen Ebenen: Zwischen Molekülen, die an chemischen Reaktionsketten teilnehmen, zwischen miteinander wechselwirkenden Genen, zwischen Neuronen im Zentralnervensystem, zwischen miteinander kooperierenden Organsimen. Allen diesen Systemen gemeinsam ist, dass sie Information verarbeiten und in dieser Eigenschaft mit technischen Systemen verglichen werden können. Tkačiks Gruppe bedient sich dazu Methoden aus der Informationstheorie sowie aus statistischer Physik und Biophysik. Aktuelle Projekte beschäftigen sich etwa mit der Codierung visueller Reize in der Retina, mit der genetischen Regulation während der frühen Embryonalentwicklung oder mit der Evolution der Genregulation. Letztlich zielt Tkačiks Arbeit darauf ab, allgemeine Prinzipien dessen freizulegen, was als „biological computation“ bezeichnet wird.
Tkačik studierte Physik an der Universität Ljubljana und an der Princeton University, wo er 2007 promovierte. Von 2008 bis 2010 hatte er eine Postdoc-Stelle an der University of Pennsylvania in Philadelphia inne. 2011 kehrte er als Assistant Professor am IST Austria nach Europa zurück und baute hier die Forschungsgruppe „Theoretical Biophysics and Neuroscience“ auf, seit 2017 ist er zum Professor aufgerückt.
Über den Lieben-Preis
Der mit 36.000 US-Dollar dotierte Ignaz L. Lieben-Preis ist nach den Gründern des Bankhauses Lieben benannt. Er wird seit 1865 von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften an Wissenschaftler unter 40 Jahren vergeben, die in den Bereichen Chemie, Physik und Molekularbiologie forschen. Unter den prominentesten Preisträgern waren Lise Meitner, Marietta Blau, Viktor Hess und Otto Loewi. Der 1979 geborene Tkačik ist der bisher jüngste Preisträger.
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