Archive - Nov 16, 2015

Culik: „Biobasierte Industrie ist die Zukunft“

Österreich gehört in der biobasierten Industrie (BBI) zu den weltweit führenden Staaten. Wir sollten uns bemühen, dass das auch so bleibt.“ Das sagte der Obmann des Fachverbandes der chemischen Industrie Österreichs (FCIO), Hubert Culik, beim Stakeholder-Dialog Biobasierte Industrie in Wien. Culik erläuterte, bis 2045 werde die Weltbevölkerung um etwa zwei Milliarden Personen auf neun Milliarden Menschen anwachsen. Diese benötigten pharmazeutische Produkte, Kraft- und Brennstoffe, Nahrung, Kleidung sowie eine ganze Reihe weiterer Konsumgüter, „und für deren Herstellung sind nun einmal chemische Stoffe notwendig.“ Mit der nach wie vor dominierenden Petrochemie allein könnten diese jedoch nicht bereitgestellt werden. Daher sei es notwendig, auch andere Stoffe zu nutzen.

Freilich stelle die Ressourcenproblematik auch in der BBI einen „Flaschenhals“ dar, räumte Culik ein: „Daher müssen wir die Biomasse kaskadisch nutzen, was ja auch am meisten Wertschöpfung bringt.“ Letzten Endes werde der Ersatz der fossilen Rohstoffe durch biogene Materialien indessen die Zukunft sein, gab sich Culik überzeugt. Er rief die Politik dazu auf, der Wirtschaft die notwendigen langfristig stabilen Rahmenbedingungen für Investitionen in neue Verfahren und Produkte zu bieten. Ohne „Planungssicherheit“ seien diese nicht möglich. Die seinerzeitige „Berg- und Talfahrt“ bei den Bestimmungen zur Beimischung biogener Kraftstoffe zu konventionellem Benzin und Diesel war laut Culik ein abschreckendes Beispiel.

 

Theodor Zillner vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT), das den Stakeholder-Dialog mitveranstaltete, sicherte zu, im Rahmen seiner Möglichkeiten auf noch bessere Bedingungen für die BBI hinzuwirken. Beispielsweise bestünden Überlegungen, die Beschaffung der öffentlichen Hand am Bestbieterprinzip statt am Billigstbieterprinzip auszurichten. Laut Zillner würde dies zusätzliche Marktchancen für biobasierte Produkte eröffnen, die üblicherweise „ein bisschen“ teurer seien als herkömmliche Erzeugnisse. Wenig Hoffnung gibt es laut Zillner dagegen für eine ökologische Steuerreform, in deren Rahmen die BBI entlastet werden könnte. Es habe keinen Sinn, „zehn Jahre lang mit dem Finanzministerium über dieses Thema zu diskutieren, und am Ende kommt dann wieder nichts heraus.“ Zillner riet, statt dessen die Vorteile biobasierter Produkte verstärkt zu kommunizieren. Wie er hinzufügte, bestehen für die Herstellung solcher Produkte bisweilen gesetzliche Einschränkungen. Werde beispielsweise zur „Fütterung“ von Algen CO2 aus Kraftwerksabgasen eingesetzt, so gelte dieses als Abfallstoff. Das bedeute, „man darf mit so einem Verfahren nur Bioplastik erzeugen, aber keine Lebensmittel.“

 

Spinner“ oder „Visionär“?

 

Der niedrigere Ölpreis, der auch die Beschaffungskosten für die Produkte der petrochemischen Industrie der dämpft, ist für die BBI übrigens nicht mehr das große Problem, betonte Mathias Drexler von der ACIB GmbH. Der biobasierten Industrie gehe es „um langfristige Ziele, und die Schwankungen des Ölpreises sind eine eher kurzfristige Angelegenheit.“ Außerdem sei Erdöl nun einmal ein begrenzt verfügbarer Rohstoff, was der BBI auf lange Sicht Wettbewerbsvorteile biete. Laut Johann Zimmermann von der NAKU GmbH ist der Ölpreis zwar nach wie vor eine nicht zu unterschätzende Markteintrittsbarriere. Eine wesentliche Rolle spielen aber auch Emotionen: „Es ist natürlich ein Unterschied, ob mich ein potenzieller Kunde als Spinner betrachtet oder als Visionär.“