Archive - Okt 2015

October 30th

Jubiläum in Krems

Die Fresenius Medical Care Adsober Tec GmbH feierte am 29. Oktober ihr fünfjähriges Bestehen. Das  in Krems angesiedelte Unternehmen fungiert als Kompetenzzentrum des weltweit tätigen Fresenius-Konzerns auf dem Gebiet der Adsorbertechnologie.

 

Entstanden war das Unternehmen aus der Firma Biotec Systems, einem Spin-off der Donau-Universität, das der heuer verstorbene ehemalige Leiter des Zentrums für Biomedizinische Technologie, Dieter Falkenhagen, 1999 gegründet hatte.  Von Anfang an fanden die Bemühungen, Adsorber für die extrakorporale Blutreinigung bei Leberschaden zur Marktreife zu entwickeln, die Unterstützung von Fresenius Medical Care (FMC), einem Marktführer auf dem Gebiet der Dialyse-Geräte. 2007 wurde Biotec Systems vollständig in den Konzern integriert, 2010 firmierte man in FMC Adsober Tec um und übernahm nach und nach auch andere Adsorber-Produkte, die etwa gegen Autoimmunerkrankungen oder schwere Störungen des Fettstoffwechsels zum Einsatz kommen. Heute sind sowohl Forschung und Entwicklung als auch Produktion von Adsorbern in Krems konzentriert, 55 Mitarbeiter haben hier ihren Arbeitsplatz gefunden.

Als Gratulanten stellten sich unter anderem Hans Penz (Präsident des niederösterreichischen Landtags), Reinhard Resch (Bürgermeister der Stadt Krems), Helmut Miernicki (Geschäftsführer der niederösterreichischen Wirtschaftsagentur Ecoplus), Michael Losch (Sektionschef im Wirtschaftsministerium), Viktoria Weber (Vizerektorin der Donau-Universität Krems), Rudolf Mallinger (Rektor der Karl-Landsteiner-Universität) und Ulrike Prommer (Geschäftsführerin der IMC FH JKrems) ein.

 

 

 

October 29th

Arzneimittelkosten: Fliegende Fetzen

Von „modernem Raubrittertum“ der Pharmaindustrie sprach heute die Vorsitzende des HV-Trägerverbands und Obfrau der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK), Ingrid Reischl. Ihr zufolge droht den Kassen wegen der steigenden Medikamentenkosten bis 2018 „eine Finanzierungslücke von insgesamt rund einer Milliarde Euro.“ Auf die WGKK entfielen davon um die 224 Millionen Euro. Der Grund für die ihr zufolge ausufernden Medikamentenkosten ist laut Reischl unter anderem, dass „dass Pharmafirmen ihre Präparate nach entsprechender Zulassung frei am Markt anbieten und nicht immer den Weg über die Aufnahme in den Erstattungskodex (EKO) gehen.“ Damit entzögen sie sich Verhandlungen über die Preise der jeweiligen Präparate.

 

Als Beispiel für einen Kostenverursacher nannte Reischl den Cholesterinsenker Repatha, der in der „Roten Box“ des EKO enthalten ist. Eine Therapie mit diesem Mittel koste „zwischen 615 und 1.035 Euro pro Patientin oder Patienten“. Eine herkömmliche Behandlung schlage dagegen lediglich mit 24 bis 53 Euro zu Buche. „Aufs Jahr gerechnet könnte allein der WGKK durch das neue Medikament ein Aufwand von bis zu 192 Millionen Euro entstehen“, fügte Reischl hinzu. Angesichts dessen könne die geplante ASVG-Novelle, mit der das Gesundheitsministerium der Pharmaindustrie einen jährlichen Rabatt von 125 Millionen Euro auf die Medikamentenkosten verordnen will, „nur ein erster Schritt in die richtige Richtung“ sein.

 

Konter der Industrie

 

Die Pharmaindustrie, die die Novelle für einen Verstoß gegen Verfassungs- und EU-Recht hält, ließ die Schelte nicht auf sich sitzen. Laut der Geschäftsführerin des Verbandes der chemischen Industrie Österreichs (FCIO), Sylvia Hofinger, kann Reischls fehlende Milliarde „nicht auf die Pharmawirtschaft rückgeführt werden. Hierfür sind andere Kostentreiber wie beispielsweise die eigenen Einrichtungen und Verwaltungskosten verantwortlich.“ Auch die vom HV kolportierte Steigerung der Medikamentenkosten um acht Prozent im heurigen Jahr ist laut Hofinger nicht nachvollziehbar. Tatsächlich müsse mit lediglich etwa fünf Prozent gerechnet werden. Im September seien die Kosten um rund 1,6 Prozent gestiegen. Reischl wolle mit ihren „Phantasiezahlen offensichtlich bewusste Irreführung“ betreiben.

 

Ungehalten reagierte auch der Generalsekretär des Pharmaindustrieverbands Pharmig, Jan Oliver Huber. „Frau Reischl, wir dürfen Sie daran erinnern, dass wir uns nach wie vor in einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit und in Gesprächen befinden! Ihre jüngsten Aussagen sind in dieser Form schlichtweg inakzeptabel“, verlautete er in einer Aussendung. Die Branche habe „für die nächsten drei Jahre Solidarbeiträge in dreistelliger Millionenhöhe angeboten. Es ist an der Zeit, dem Vertragspartner in laufenden Verhandlungen mehr Wertschätzung entgegen zu bringen.“ Huber wies insbesondere Reischls Kritik an den Kosten für das Hepatitis-C-Medikament Sovaldi zurück: Die Therapie mit diesem sei „unter Berücksichtigung des Heilungserfolges und der nötigen Therapiedauer günstiger als die letzten Präparate. Letztendlich war dies der ausschlaggebende Grund für die Aufnahme in den Erstattungskodex.“
 

 

Huber zufolge ist der Anstieg der Medikamentenkosten nicht zuletzt durch die Alterung der Bevölkerung bedingt: Derzeit würden etwa 63 Prozent der Medikamente Personen mit über 60 Jahren verschrieben. Dieser Anteil werde in den kommenden Jahrzehnten weiter wachsen.

 

 

 

October 28th

Josef Glößl übernimmt wichtiges Amt im FWF

BOKU-Vizerektor Josef Glößl wurde in die neu geschaffene Position eines Vorsitzenden der Delegiertenversammlung des Wissenschaftsfonds FWF gewählt.

 

Die mit 1. Oktober in Kraft getretene Novelle zum Forschungs- und Technologieförderungsgesetz (FTFG) sieht eine veränderte Struktur des Wissenschaftsfonds FWF vor. Eine zentrale Rolle kommt dabei der Delegiertenversammlung zu, die mit Repräsentanten von Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen beschickt wird. Eine der Aufgaben des Gremiums ist es, vier Mitglieder des Aufsichtsrats zu wählen sowie einen Dreiervorschlags für die Funktion des Präsidenten des FWF zu erstellen. Darüber hinaus beschließt die Delegiertenversammlung den FWF-Jahresbericht, gibt Stellungnahmen zu Arbeitsprogrammen und  Richtlinien für Förderungsprogramme ab und wählt Referenten für einzelne Wissenschaftsdisziplinen.

 

Neues Amt

Neu ist die Position eines Vorsitzenden der Delegiertenversammlung, in die in deren konstituierender Sitzung am 27. Oktober der Forschungs-Vizerektor der Wiener  Universität für Bodenkultur, Josef Glößl, gewählt wurde. Glößl ist Professor für Angewandte Genetik an der BOKU und gehörte bereits von 2000 bis 2008 dem Kuratorium des FWF-Kuratoriums an. Zu seiner Stellvertreterin wurde Christine Bandtlow, Professorin für Medizinische Biochemie und Vizerektorin für Forschung an der Universität Innsbruck gewählt.

Bis Ende Jänner steht nun die Konstituierung des FWF-Aufsichtsrats an, bis Ende April muss die Delegiertenversammlung diesem dann einen Dreiervorschlag für die Wahl des Präsidenten vorlegen. Daraus wird bis spätestens Ende Juli der neue Präsident des Wissenschaftsfonds gewählt.

 

 

 

Rahmenpharmavertrag: Zeit wird knapp

Trotz der Auseinandersetzungen um die geplante ASVG-Novelle verhandeln der Pharmaindustrieverband Pharmig und der Hauptverband der Sozialversicherungsträger (HV) weiter über einen neuen Rahmenpharmavertrag. Das sagte Jan Oliver Huber, der Generalsekretär der Pharmig, dem Chemiereport heute bei einer Pressekonferenz in Wien. Laut Huber besteht die Möglichkeit zum Abschluss des Vertrages noch bis etwa Mitte November, da für diese Zeit die Behandlung der Novelle im Ministerrat geplant ist: „Es gibt somit noch etwas Zeit. Aber langsam wird es eng.“ Bei dem Vertrag geht es um den Beitrag der Pharmaindustrie zur Deckung der Arzneimittelkosten. Da bisher keine Einigung erfolgte, sandte das Gesundheitsministerium vergangene Woche die ASVG-Novelle in Begutachtung, mit der der Pharmaindustrie abgestufte Rabatte in der Höhe von insgesamt 125 Millionen Euro auf die Kosten für Medikamente vorgeschrieben werden sollen.

 

Bei der heutigen Pressekonferenz präsentierten die Pharmig, der Fachverband der chemischen Industrie Österreichs (FCIO) und das Forum der forschenden pharmazeutischen Industrie (FOPI) ein Rechtsgutachten zu der Novelle, das der Linzer Verfassungsjurist Michael Mayrhofer und sein Wiener Kollegen Mathis Fister erstellten. Den Rechtsexperten zufolge ist die Novelle aus mehreren Gründen verfassungswidrig. Sie greife unverhältnismäßig stark in das Recht auf Unversehrtheit des Eigentums ein, weil sie über den Erstattungskodex hinaus Rabatte festlegt. Mayrhofer hält dies für nicht gerechtfertigt, da der Kodex „ohnehin angemessene Arzneimittelkosten zum Ziel hat.“ Darum verletze die Novelle auch das Recht auf Erwerbsfreiheit und den Gleichheitsgrundsatz. Letzteres ist laut Mayrhofer auch deshalb der Fall, weil die Novelle „unsachliche Differenzierungen in Ansehung von Rabattsätzen und Sockelbeiträgen“ vorsehe. Bei der Pressekonferenz erläuterte Mayrhofer, die Rabattsätze hätten „vor wenigen Wochen noch ganz anders ausgeschaut. Deshalb können die jetzt geplanten Rabatte nicht sachlich gerechtfertigt sein.“

 

Mayrhofer sieht darüber hinaus auch das Recht der Europäischen Union verletzt: Innovative Medikamente würden mit besonders hohen Rabatten belastet. Dies mache es für Pharmaunternehmen unattraktiv, sie in Österreich anzubieten und verletze damit das Recht auf freien Warenverkehr. Zu guter Letzt habe das Gesundheitsministerium auch noch die Preistransparenzrichtlinie der EU verletzt bzw. „überhaupt nicht beachtet“. Diese schreibe die jährliche Prüfung der ökonomischen Rahmenbedingungen für allfällige Preisfestsetzungen vor. Überdies müsse den Unternehmen das Recht eingeräumt werden, Ausnahmen von Preisfestsetzungen zu beantragen. Beiden Anforderungen werde der Entwurf zur Novelle nicht gerecht.

 

Eigenartiges Rechtsverständnis“

 

FCIO-Geschäftsführerin Sylvia Hofinger fügte hinzu, Vertreter des Gesundheitsministeriums hätten den Entwurf öffentlich als „Druckmittel“ hinsichtlich der Verhandlungen über den Rahmenpharmavertrag bezeichnet: „Das ist schon ein eigenartiges Rechtsverständnis.“ Auch führe der Entwurf dazu, dass die Pharmaunternehmen „das Vertrauen in den Wirtschaftsstandort verlieren. Damit besteht die Gefahr, dass auch Investitionen verloren gehen.“

 

Ähnlich argumentierte FOPI-Vizepräsident Erich Eibensteiner. Ihm zufolge würde die Novelle den Forschungsstandort Österreich gefährden, den Zugang der Patienten zu innovativen Arzneien erschweren überdies die Rechts- und Planungssicherheit der Unternehmen in Frage stellen. Speziell hinsichtlich der Rechts- und Planungssicherheit sei eine „Anlassgesetzgebung wie diese immer ein Problem.“

 

Huber ergänzte, das Ministerium fordere insgesamt einen Rabatt von 125 Millionen Euro pro Jahr. Nach Angaben des HV mache das Defizit der Krankenkassen heuer rund 129 Millionen Euro aus. Dieser Abgang solle offenbar von der Pharmaindustrie ausgeglichen werden: „Die Rücklagen der Kassen von insgesamt etwa 1,6 Milliarden Euro anzutasten, ist dagegen kein Thema.“ 

October 23rd

Das innere Cannabis und die Bauchspeicheldrüse

Forscher der <a href=http://www.meduniwien.ac.at target=“_blank“>Medizinischen Universität Wien</a> haben festgestellt, dass der Gehalt an Endocannabinoiden im Blut schwangerer Frauen Einfluss auf die Entwicklung der Bauchspeicheldrüse der ungeborenen Kinder nimmt.

 

Unser Körper produziert Substanzen, die den Inhaltsstoffen (sogenannte Endocannabinoide) von Cannabis ähnlich und an zahlreichen physiologischen Prozessen beteiligt sind. Unter anderem regulieren sie Fruchtbarkeit, Entwicklung des Zentralen Nervensystems, Schmerzempfinden, Appetit, Immunreaktion und Energiehaushalt. Nun hat ein Forschungsteam um Tibor Harkany vom Zentrum für Hirnforschung an der MedUni Wien gemeinsam mit einem internationalen Konsortium herausgefunden, dass die Stoffgruppe auch die Zusammensetzung und Größe der Insulin-bildenden
Langerhansschen Inseln in der Bauchspeichel beeinflusst. Durch Veränderung der Endocannabinoid- Signale konnten die Insel-Zellen fast nach Belieben moduliert werden und bildeten funktionierende pankreatische Zellcluster aus.

Ein zu hoher Anteil von Endocannabinoiden im Blut könnte somit die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass Kinder später Schwierigkeiten bei der Verarbeitung von Glucose haben  und somit einem höheren Diabetes-Risiko ausgesetzt sind. Die Studie zeigte aber auch, dass die Einnahme von ungesättigten Omega-3-Fettsäuren – wie sie zum Beispiel in Fischöl enthalten sind – den  Endocannabinoid-Spiegel von Müttern und Babys senken und so eine gut funktionierende Bauchspeicheldrüse ausbilden.

October 22nd

Greenpeace liefert „Nullmeldung“

Erbost reagiert Christian Stockmar, der Obmann der Industriegruppe Pflanzenschutz (IGP), auf eine Aussendung von Greenpeace. Darin hatte es geheißen, bei einer Untersuchung von Äpfeln auf Pestizidrückstände in elf europäischen Ländern inklusive Österreichs seien in 83 Prozent von 126 Proben „Rückstände nachgewiesen“ worden. Etwa zwei Drittel der Proben „waren sogar mit zwei oder mehr Substanzen belastet. Österreich lag mit durchschnittlich 2,8 Rückständen pro konventionellem Apfel im Mittelfeld.“ Keine Rückstände habe dagegen „Bio-Obst“ aufgewiesen. Wie Greenpeace selbst einräumte, lagen die Werte sämtlicher Rückstände „unter den zulässigen Höchstmengen. Doch die Grenzwerte gelten nur für die einzelne Substanz. Über die Wechselwirkung von mehreren Wirkstoffen ist wenig bekannt.“

 

Für IPG-Obmann Stockmar zeigt der sogenannte „Greenpeace-Apfeltest“ jedoch lediglich eines: „Die Argumentationsarmut bei Greenpeace wird zunehmend mit beliebigen und unwissenschaftlichen Schlussfolgerungen kaschiert.“ Da die festgestellten Rückstände unter den gesetzlichen Grenzwerten liegen, habe Greenpeace „leider eine Nullmeldung“ geliefert. Stockmar erläuterte, die Entwicklung eines Pflanzenschutz-Wirkstoffes dauere rund zehn Jahre. Für die Zulassung müsse ein Unternehmen den Behörden Daten und Fakten im Ausmaß „mehrerer hunderttausend Seiten“ vorlegen. Dem gegenüber komme der „Apfeltest“ auf gerade einmal 30 Seiten. Insgesamt handle es sich um nichts weiter als um „Panikmache und einen unangebrachten Versuch der Skandalisierung.“

 

Und Stockmar fügte hinzu: Die Zulassungen für Pflanzenschutzmittel seien schon jetzt äußerst streng. Bei weiteren Verschärfungen ließen sich ein „Innovationsstopp und in der Folge gefährliche Indikationslücken in der Phytomedizin“ nicht ausschließen. Gegen „zahlreiche Schädlinge und Krankheiten“ stünden bereits derzeit keine Mittel zur Verfügung.

 

 

October 21st

ASVG-Novelle: Rechtsstreit droht

Die Pharmaindustrie wird die in Begutachtung befindliche ASVG-Novelle bezüglich der Rabattierung der Arzneimittelkosten notfalls rechtlich bekämpfen. Gleichzeitig sollen die Verhandlungen mit dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger (HV) über einen neuen Rahmenpharmavertrag fortgesetzt werden. Das betonten Pharmig-Präsident Robin Rumler, Generalsekretär Jan Oliver Huber sowie die Geschäftsführerin des Fachverbandes der chemischen Industrie Österreichs (FCIO), Sylvia Hofinger, heute bei einem Pressegespräch in Wien. Laut Rumler fordert das Gesundheitsministerium von der Branche einen „Zwangsbeitrag“ von 125 Millionen Euro pro Jahr zur Deckung der Arzneimittelkosten. Dies würde jedoch zu einer Reduktion der Investitionen in Österreich führen und damit letztlich Arbeitsplätze gefährden. Es bestehe die Gefahr, dass rund fünf bis zehn Prozent der 18.000 Arbeitsplätze in der Pharmaindustrie „langfristig nicht mehr nachbesetzt werden.“ Sein eigenes Unternehmen, Pfizer Österreich, plane den Ausbau seiner Aktivitäten. Mit dem Entwurf zur ASVG-Novelle „wird man sich das überlegen müssen. Zurzeit bringen Pharmaunternehmen gerne neue Produkte in Österreich auf den Markt. Wenn die ASVG-Novelle kommt, ist nicht auszuschließen, dass das künftig nicht mehr so ist.“

 

Huber sprach von einer „ungeheuren Attacke auf die soziale Marktwirtschaft“. Die Novelle stärke das „Machtmonopol“ des HV weiter: „Statt sich ein Gesetz zu bestellen, sollte der HV endlich daran gehen, die Krankenkassen zu reformieren.“ Diese leisteten sich über 153 eigene Gesundheitseinrichtungen, darunter „etliche Parallelveranstaltungen zum niedergelassenen Bereich“, die schwerlich notwendig seien. Der kurzzeitige HV-Vorsitzende und nunmehrige ÖVP-Generalsekretär Peter McDonald selbst habe die Kuranstalten in Frage gestellt und sei dafür „vor allem von Arbeitnehmerseite geprügelt“ worden: „Es ist schon sehr bedauerlich, wenn man solche Fragen nicht einmal mehr öffentlich ansprechen darf.“ Wie Huber hinzufügte, wolle der HV seinen Hauptsitz um 25 Millionen Euro generalsanieren: „Wahrscheinlich wird das aber 50 bis 75 Millionen Euro kosten. Und dafür braucht man unser Geld.“

 

Weiterwursteln und abzocken“

FCIO-Geschäftsführerin Hofinger erläuterte, ein mittelständisches Unternehmen koste die geplante ASVG-Novelle rund eine halbe Million Euro pro Jahr, ein Großunternehmen etwa 25 Millionen Euro: „Das politische Signal ist also: Wirtschaftlicher Erfolg wird bestraft. Bei solchen Eingriffen verlieren die Unternehmen das Vertrauen in den Standort.“ Ihr zufolge ist die Novelle verfassungswidrig, weil sie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt: Die Pharmaindustrie müsste damit weit mehr an den HV bezahlen, als sie an Kosten verursacht. Laut Hofinger ist es höchste Zeit, die Kassen zu reformieren: „Es kann nicht sein, dass das Weiterwursteln der Kassen durch das Abzocken der Unternehmen finanziert wird.“

 

Trotz dieser scharfen Töne zeigten sich Rumler und Huber gesprächsbereit: Die Pharmaindustrie stehe für weitere Verhandlungen mit dem HV über einen neuen Rahmenpharmavertrag zur Verfügung. Eine gesetzliche Regelung des Beitrags zur Deckung der Arzneimittelkosten wolle sie dagegen nicht. Wie Huber dem Chemiereport erläuterte, brächte ein Gesetz keine Vorteile, da bei einer solchen „alle möglichen Interessengruppen“ mitreden würden. Über den Rahmenpharmavertrag hingegen verhandelten mit dem HV und der Pharmaindustrie nur die tatsächlich Betroffenen: „Und wir wissen schon, worum es geht.“ Der Vertrag habe sich jahrelang bestens bewährt. Es sei unverständlich, nun eine andere Regelung anzustreben.

 

Konter der Kassen

Aus Sicht des HV sind die Verhandlungen indessen gescheitert. In einer Aussendung verlautete die Vorsitzende des HV-Trägervereins, Ingrid Reischl, die gleichzeitig Obfrau der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) ist, es sei zu „keiner Einigung für eine Fortführung“ des Vertrags gekommen. Reischl kritisierte die Aussagen Rumlers, Hubers und Hofingers als „unseriöse Anschuldigungen“. Die im ASVG-Entwurf vorgesehenen Rabatte sieht Reischl nur als „ersten Schritt“.

 

Unterstützung der Grünen

Unterstützung für die Pharmaindustrie kam dagegen von der Gesundheitssprecherin der Grünen im Nationalrat, Eva Mückstein. Ihr zufolge sollten die „Beteiligten zurück an den Verhandlungstisch, um eine für beide Seiten faire Lösung auszuarbeiten.“ An einem neuen Rahmenpharmavertrag müssten sich freilich „alle Pharmafirmen“ beteiligen, „was in den letzten Jahren nicht der Fall war und der Vorzug der gesetzlichen Lösung ist.“ Mückstein fügte hinzu, der Sozialversicherungsbereich gehöre endlich reformiert: „Die Zusammenlegung der Krankenkassen, die Sanierung des zersplitterten Gesundheitswesens und die Planungs-, Finanzierungs- und Versorgungsverantwortung aus einer Hand sind dringend anzugehen, um Einsparungen und mehr Effizienz im Gesundheitswesen zu erreichen.“

 

 

October 20th

ASVG-Novelle „verfassungs- und EU-Rechts-widrig“

Als „verfassungswidrigen Eingriff in Grundrechte und Verstoß gegen EU-Recht“ brandmarkt der Fachverband der chemischen Industrie Österreichs (FCIO) die Novelle zum ASVG, die seit gestern in Begutachtung ist. Die Novelle sieht vor, dass die Pharmaindustrie den Krankenkassen für die Jahre 2016 bis 2018 einen Rabatt in der Höhe von 125 Millionen Euro auf die Arzneimittelkosten zu gewähren hat. Dieser „Finanzierungssicherungsbeitrag“ ist im jeweiligen Folgejahr nachträglich zu entrichten, wobei jeweils per 1. September eine Vorauszahlung von 80 Prozent zu erfolgen hat. Bei Fristversäumnis kann der Hauptverband (HV) der Sozialversicherungsträger dem jeweiligen Unternehmen einen Aufschlag von zehn Prozent auf seinen Beitrag verrechnen. Jedem Unternehmen wird bezogen auf den Gesamtumsatz ein freier „Sockelbetrag“ von drei Millionen Euro gewährt, davon zwei Millionen für Medikamente im Grünen Bereich des Erstattungskodex sowie eine Million für Arzneien im Gelben und Roten Bereich des Kodex. Für Umsätze über den Freibetrag hinaus ist ein Rabatt von drei Prozent plus zehn Prozent Umsatzsteuer (USt.) für Medikamente aus dem Grünen Bereich, von sieben Prozent plus zehn Prozent USt. für Medikamente aus dem Gelben und Roten Bereich sowie von 15 Prozent plus USt. für Arzneien, die nicht im Kodex aufgeführt sind, zu gewähren.

 

FCIO-Geschäftsführerin Sylvia Hofinger kritisiert den „Finanzierungssicherungsbeitrag“ als „Zwangsrabatt“, der den Wirtschaftsstandort Österreich schädige. Ihr zufolge hätten „namhafte Verfassungsjuristen in einem Gutachten festgestellt, dass der Entwurf gegen die Eigentumsgarantie, die Erwerbsfreiheit und den Gleichheitsgrundsatz verstößt und im Widerspruch zum EU-Recht steht.“ Laut Hofinger argumentieren der HV und das für die ASVG-Novelle verantwortliche Gesundheitsministerium mit „überhöhten Wachstumsraten“ bei den Arzneimittelkosten, die sich laut den Erläuterungen zur Novelle im zweiten Halbjahr 2014 auf „über acht Prozent“ belaufen hätten. Dem gegenüber gehe der HV für 2016 von einer Steigerung um „lediglich 5,4 Prozent“ aus, betont Hofinger.

 

Reformieren statt abkassieren

Und sie fügt hinzu: Die Pharmaindustrie habe dem HV ein „dynamisches Modell“ für einen freiwilligen Solidarbetrag angeboten. Dieses beinhalte neben einem „großzügigen Basisbeitrag zusätzliche Zahlungen bei Erreichen eines bestimmten Wachstums. Das Modell ist faktenbasiert sowie fair und transparent und bietet für alle Seiten Planbarkeit.“ Der HV habe dieses Angebot jedoch abgelehnt. Laut Hofinger zeigt das, „dass es lediglich darum geht, von strukturellen finanziellen Problemen im Bereich der Krankenkassen abzulenken: Noch immer leistet sich Österreich 22 verschiedene Kassen mit stark steigenden Verwaltungsausgaben und großzügigen Pensionsregelungen, teure eigene Einrichtungen und einen überdimensionierten Spitalsbereich.“

Sie fordert Gesundheitsministerin Sabina Oberhauser daher auf, den Begutachtungsentwurf zurückzuziehen. Stattdessen müssten nun endlich die „oftmals angekündigten Strukturreformen“ bei den Sozialversicherungsträgern durchgezogen werden.

 

Kranke Kassen 

Ähnlich argumentierte kürzlich der Pharmaindustrieverband Pharmig. Bei einem Hintergrundgespräch lehnte Generalsekretär Jan Oliver Huber den „Zwangsrabatt“ vehement ab. Auch ihm zufolge ist das Defizit der Kassen zumindest nicht ausschließlich durch die Arzneimittelkosten begründet. Manche der Anstalten leisteten sich teure Einrichtungen, deren Notwendigkeit nicht offensichtlich sei. Als Beispiel nannte Huber das Hanusch-Krankenhaus der Wiener Gebietskrankenkasse, das mit rund 50 Millionen Euro pro Jahr ein gehöriges Scherflein zu deren jährlichem Defizit beitrage. Und das sei nur eine von etlichen „Parallelveranstaltungen“ zu Einrichtungen der öffentlichen Hand. Hubers Kritik: „Insgesamt haben wir im Gesundheitssektor eine aufgeblähte Struktur, die ganz offensichtlich keine Top-Resultate bringt.“ Der HV solle daher Reformen einleiten, statt über die Arzneimittelkosten zu klagen. Nicht infrage kommt laut Huber, „dass wir als Pharmaindustrie für Aufwendungen der Kassen abseits der Medikamentenkosten bezahlen. Das wäre wirtschaftlich unverantwortlich.“

 

Kritik von der IV

Vehement abgelehnt wird der Entwurf auch von der Industriellenvereinigung (IV). Laut Generalsekretär Christoph Neumayer leisten die Pharmaunternehmen „bereits seit Jahren einen überproportionalen Beitrag zur Sanierung der Krankenkassen“. Es gehe nicht an, dass sie nun auch für die „Reformversäumnisse in zahlreichen Bereichen“ buchstäblich zur Kasse gebeten würden. Neumayer zufolge liegt „die im Regierungsprogramm vorgesehene Studie zu Effizienzsteigerungen bei den Sozialversicherungsträgern bis heute nicht vor. Der gesetzliche Verwaltungskostendeckel für die Sozialversicherung ist vor Jahren ausgelaufen.“ Das Gesundheitsministerium solle daher nicht die Pharmaindustrie weiter belasten, sondern für Ordnung bei den Krankenkassen sorgen: „Es gilt, in allen Bereichen der Krankenversicherung notwendige Reformen anzugehen sowie insbesondere auch bei Organisation und Verwaltung der Sozialversicherung, etwa bei Personal und eigenen Einrichtungen, konsequent Effizienzsteigerungen zu realisieren.“

 

Zores für Leitl

Pikant ist die Angelegenheit übrigens für Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl. Als Kammerchef hat er die Interessen der FCIO-Mitglieder und damit auch der Pharmaindustrie zu vertreten. Gleichzeitig ist Leitl indessen auch Obmann der Sozialversicherungsanstalt (SVA), die dem HV angehört. In dieser Funktion wiederum muss er dem HV und damit den Krankenkassen das Wort reden. Schon macht daher das böse Wort die Runde, der Kammeroberste sei gut beraten, sich einen anständigen Vorrat an „Pillen gegen Schizophrenie“ zuzulegen - ob diese nun rabattiert zu bekommen seien oder nicht. Denn in den anstehenden Debatten werde es für ihn schwierig, auseinanderzuhalten, welche Position er aktuell vertreten müsse.

 

 

 

October 15th

Insekten als Futtermittel

Das vom Wiener Unternehmen Eutema gemanagte Projekt „Proteinsect“ untersucht, wie Insekten als proteinreiche und ressourcenschonende Nahrungsquelle für Tiere genutzt werden können. Nun wurde das Wissenschaftsmagazin <a href=http://news.sciencemag.org/europe/2015/10/feature-why-insects-could-be-ideal-animal-feed target=“_blank“>„Science“</a> auf das Vorhaben aufmerksam.

 

In einem umfangreichen Feature beschreibt die Fachzeitschrift, wie europäische Landwirte und Unternehmen vom Know-Transfer mit afrikanischen und asiatischen Farmen profitieren, der im Rahmen des Projekts organisiert wird. „In diesen Ländern werden Insekten bereits für die Aquakultur gezüchtet – mit erfolgsversprechenden Fütterversuchen“, erzählt Georg Melzer-Venturi von dem auf Forschungsmanagement spezialisierten Unternehmen Eutema, das federführend am Projekt beteiligt ist. Nach Melzer würden Insekten ein bisher unterschätztes ernährungspolitisches Potenzial darstellen. Während Menschen in westlichen Kulturkreisen noch vor dem Verzehr der Tiere zurückschrecken würden, könnten sie schon bald als Futtermittel Verwendung finden und so zur Verringerung des landwirtschaftlichen Flächenverbauchs beitragen.

Doch auch hier gilt es derzeit noch, Hürden auf politischer Ebene zu überwinden. Erst jüngst betonte die EU-Lebensmittelbehörde EFSA in einer Stellungnahme, dass das Risiko der Verfütterung von Insekten und ihren Larven von der jeweils verwendeten Spezies abhänge und hielt fest, dass es weiterer Studien wie „Proteinsect“ bedürfe, bevor man zu breitflächiger Verfütterung an Nutztiere oder Fisch übergehen könne.

 

 

 

 

October 12th

OMV und Borealis kooperieren weiter

Die OMV und die Borealis setzen ihre Kooperation fort. Die entsprechenden Verträge wurden bis 2028 verlängert, teilten die beiden Unternehmen in einer Aussendung mit. Vereinbart wurde dieser zufolge im Wesentlichen, dass die OMV weiterhin aus ihren Raffinerien in Schwechat und Burghausen in Bayern Ethylen und Propylen an die Borealis liefert. Diese verarbeitet die beiden Monomere zu Polyethylen (PE) und Polypropylen (PP) weiter. Der Aussendung zufolge ist die Borealis der weltweit zweitwichtigste Anbieter dieser Grundmaterialien für die Kunststoffindustrie.

 

Laut Manfred Leitner, dem zuständigen Vorstand der OMV, setzt diese mit der Vertragsverlängerung „den bisher erfolgreichen Weg einer profitablen Partnerschaft mit Borealis konsequent fort. Zudem leisten OMV und Borealis damit einen wichtigen Beitrag zur Standortsicherung von Schwechat und Burghausen.“ Markku Korvenranta, der für Basischemikalien verantwortliche Vorstand der Borealis sprach von einem „wichtigen Beitrag zur Sicherung des Industriestandortes Europa.“

 

Die Borealis hat Kunden in rund 120 Staaten und erwirtschaftet mit ihren 6.500 Mitarbeitern einen Jahresumsatz von etwa 8,3 Milliarden Euro. Sie gehört zu 64 Prozent der International Petroleum Investment Company (IPIC) mit Sitz im Emirat Abu Dhabi am Persischen Golf und zu 36 Prozent der OMV. Die IPIC ist an der OMV mit 24,9 Prozent beteiligt. Immer wieder gab es Gerüchte, sie wolle die Borealis vollständig übernehmen, was von der OMV jedoch abgelehnt wird. 

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