Archive - Aug 24, 2017
Wenn die Politik auf den Roboter kommt
Am Eröffnungstag der Alpbacher Technologiegespräche zum Thema "Kooperation und Konflikt" setzten sich die politisch Verantwortlichen mit den Konsequenzen der durch Digitalisierung und vermehrten Roboter-Einsatz befeuerten gesellschaftlichen Dynamik auseinander.
In Vorwahlzeiten halten bisherige Koalitionspartner auch in Alpbach ihre Pressekonferenzen nicht mehr gemeinsam ab. Während Infrastruktur-Minister Jörg Leichtfried (SPÖ) die Einrichtung eines „Roboter-Rat“ benannten Beratungsgremiums unter der Leitung von TU Wien-Professorin Sabine Köszegi bekanntgab, trat Wirtschafts- und Wissenschaftsminister Harald Mahrer (ÖVP) gemeinsam mit Robert Jan Smits, Generaldirektor für Forschung und Innovation der Europäischen Union, vor die Öffentlichkeit. „Wenn wir mit 3,14 Prozent die zweithöchste Forschungsquote in der EU haben, aber im European Innovation Scoreboard auf Rang 7 liegen, sind Input und Output nicht stimmig“, zeigte sich Mahrer selbstkritisch. Um Innovationsführer zu werden, brauche man mehr Effizienz, mehr Offenheit und Internationalität und mehr Mut für Neues. „Wir leben teilweise in der Durchschnittsfalle und dieses Denken bringt uns nicht voran“, formulierte der Minister.
Um hier gegenzusteuern, forderte Mahrer, Forschungsmittel künftig in höherem Ausmaß kompetitiv zu vergeben und verstärkt auf Exzellenz zu setzen, anstatt „Steuergeld mit der Gießkanne zu verteilen.“ Als konkrete Maßnahmen kündigte Mahrer an, für Universitäten einen finanziellen Anreiz für eingeworbene ERC-Grants zu schaffen und noch im Herbst den ersten Call für ein spezielles Spin-off Fellowship-Programm starten zu wollen, für das insgesamt 15 Millionen Euro zu Verfügung stehen.
Vereint auf dem Eröffnungspodium
Auf dem Eröffnungspodium der Alpbacher Technologiegespräch waren die beiden Minister dann doch wieder vereint, zudem gesellten sich Bildungsministerin Sonja Hammerschmid, IV-Präsident Georg Kapsch und der „Doyen der Technologiegespräche“ (wie Forum Alpbach-Präsident Franz Fischler ihn nannte) Hannes Androsch zu ihnen. Während Androsch die „Gartenlauben-Mentalität“ vieler Zeitgenossen beklagte, merkte Kapsch an, man brauche sich darüber nicht zu wundern, wenn man jahrzehntelang die Leute dazu erziehe, dass der Staat ihnen alles abnimmt. Bezüglich Vorbilder wollte man am Podium nicht nur ins Silicon Valley blicken - weil jede Region ihren eigenen Weg finden müsse (Kapsch) und die Innovationsdynamik in Südostasien ohnehin viel größer sei (Mahrer). Hammerschmid nutzte das Podium, um die von ihr vorangetriebene Stärkung von „Digitalisierung als vierter Grundkompetenz“ bei Schülern hervorzuheben, aber auch um die Universitäten gegen den Vorwurf zu verteidigen, sie verstünden nicht mit der Industrie zu kooperieren. Leichtfried strich seinen Optimismus bezüglich der wirtschaftlichen Auswirkungen des Roboter-Einsatzes hervor: „Das bedeutet auch, dass wir in vielen Bereichen in Österreich wieder konkurrenzfähig werden, in denen wir es nicht mehr waren“, so der Infrastrukturminister.
Wann ist Roboter-Einsatz für den Menschen akzeptabel?
Mitglieder von Leichtfrieds Roboter-Rat kamen im anschließenden Podium zu Fragen des zunehmenden Einsatzes von Robotern in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen zu Wort. Detailliert fielen dabei etwa die Analysen von Martina Mara, Leiterin des Forschungsbereichs „Robo-Psychology“ am Ars Electronica Future Lab in Linz aus: Man müsse sich in der Entwicklung von autonom arbeitenden Maschinen fragen, welche Einsatzzwecke akzeptiert seien und welche nicht. Je näher man (etwa im Pflegebereich) dem Menschen komme, desto mehr Vorbehalte gebe es in der Bevölkerung. Allerdings könne gerade der Einsatz von Robotern in der Intimpflege ermöglichen, dass Menschen längere Zeit selbstbestimmt agieren, während sie sich bei Hilfe durch Pflegepersonal schämen würden. Was das Design von Robotern betrifft, riet Mara davon ab, diese allzu Menschen-ähnlich zu gestalten, da deren Einsatz für die meisten Menschen viel eher akzeptiert werde, wenn sie keine Schwierigkeiten damit bekämen, zwischen Mensch und Maschine unterscheiden zu können.
Sanochemia mit leichtem Umsatzplus
24.08.17
von
Klaus Fischer
Das Humangeschäft legte im dritten Quartal des Geschäftsjahres 2016/17 zu, das Veterinärgeschäft blieb stabil. Im Bereich Produktion verschob sich eine Lieferung auf das vierte Quartal, das „umsatzstark“ werden soll.
Im dritten Quartal des Geschäftsjahres 2016/17 erwirtschaftete das Wiener Pharmaunternehmen Sanochemia einen Gesamtumsatz von rund 27,2 Millionen Euro, verglichen mit 26,7 Millionen Euro im Vergleichszeitraum des Geschäftsjahres 2015/16. Dieses Plus um etwa 1,8 Prozent führt Sanochemia hauptsächlich auf neue Umsätze im Bereich Human mit dem makrozyklischen MR-Kontrastmittel Cyclolux zurück. Diesbezügliche Zuwächse gab es in Deutschland sowie in den „neu erschlossenen“ Märkten Israel, Indonesien und Irak. Geplant ist, das Mittel künftig auch in den USA und in China anzubieten.
Etwa 4,8 Millionen Euro Umsatz erzielte Sanochemia im Veterinärbereich, was etwa dem Wert des Vorjahreszeitraums (4,9 Millionen Euro) entspricht.
Im Bereich Produktion lagen die Quartalsumsätze bei 3,5 Millionen Euro und somit um etwa 1 Million Euro unter dem Vorjahres-Vergleichswert. Sanochemia begründet dies mit der Verschiebung einer größeren Lieferung von Galantamin vom dritten ins vierte Quartal.
Das vierte Quartal des Geschäftsjahres 2016/17 werde „ein insgesamt umsatzstarkes“, kündigte Sanochemia an.
24.08.17
von
Klaus Fischer
Keiner besonders tiefen Einschnitte bedarf das österreichische Gesundheitssystem, folgern Sozialminister Stöger und Gesundheitsministerin Rendi-Wagner aus der lange erwarteten Studie der London School of Economics. Kritiker bezweifeln deren Sinn insgesamt.
Es soll sich nicht all zu viel ändern im österreichischen Gesundheitssystem und auch nicht allzu schnell. So lautet, kurz gefasst, die Schlussfolgerung Sozialminister Alois Stögers und Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagners aus dem rund 1.400 Seiten langen „Review of Austria's Social Insurance and Health Care System“. Dieser wurde in den vergangenen anderthalb Jahren von der London School of Economics and Political Science (LSE) im Auftrag Stögers erstellt und am 24. August in Wien präsentiert.
Dem Minister zufolge zeigt das Konvolut vor allem eines: „Österreichs Sozialversicherungssystem steht hervorragend da. Aber es gibt gewisse Ungerechtigkeiten.“ So würden manche der Einrichtungen unter dem Dach des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger (HV) alle Personengruppen versichern, andere dagegen nur Berufstätige. Auch würden trotz gleicher Beiträge unterschiedliche Leistungen angeboten. Das müsse und werde sich ändern, kündigte Stöger an und setzte hinzu: „Die Verwaltungskosten brauchen den Vergleich nicht zu scheuen. Das war mir wichtig.“ Laut LSE betragen diese etwa 3,7 Prozent der gesamten Gesundheitskosten. Studienautor Elias Mossialos zufolge ist damit „kein europäisches Land hinsichtlich der Verwaltungskosten besser als Österreich“.
Unter den vier von der LSE vorgeschlagenen Modellen zur Restrukturierung des Systems präferieren Stöger und Rendi-Wagner das Modell 4. Dieses wird in einem Schreiben Mossialos' an Stöger wie folgt beschrieben: „Dieses Modell zielt darauf ab, das derzeitige Sozialversicherungssystem durch mehr Risikostrukturausgleich zwischen den Krankenversicherungsträgern zu verbessern und die Koordination zwischen den Trägern durch die Einrichtung gemeinsamer Servicezentren zu erhöhen. Die thematische Ausgestaltung dieser Zentren würde von einer Arbeitsgruppe bestimmt werden (unter Einbeziehung von Hauptverband, Gesundheits- und Sozialministerium). Die Aufteilung der Kompetenzen läge jedoch in der Verantwortung der Träger. Die Teilnahme wäre zwar freiwillig, jedoch sollten die Träger durch entsprechende Anreize dazu angeregt werden, da nur durch eine aktive Beteiligung Doppelgleisigkeiten vermieden werden können.“ Mit anderen Worten: Es bleibt im Wesentlichen alles beim Alten. Nur die Zusammenarbeit zwischen den Trägern soll verbessert werden - durch neue, zusätzliche Einrichtungen.
Stöger kündigte an, in den kommenden Wochen ein „Sozialversicherungsstrukturgesetz“ vorzulegen. Dieses solle „zur Zusammenarbeit verpflichten“. Er versicherte, dadurch die Verwaltungskosten um rund 120 Millionen Euro pro Jahr oder zehn Prozent vermindern zu können. Abschaffen will Stöger die Selbstbehalte, weil diese „nur die Schwerkranken treffen“ und daher ungerecht seien. Rendi-Wagner fügte hinzu, sie werde ebenfalls in den kommenden Wochen ein „bundesweit einheitliches österreichisches Krankenanstaltengesetz mit verbindlichen Vorgaben“ präsentieren. Dieses soll einheitliche Qualitätsstandards in allen österreichischen Spitälern etablieren. Zu deren Kontrolle plant Rendi-Wagner eine unabhängige „Bundesagentur für Qualitätssicherung und Pflege“.
Stöger räumte ein, dass der Beschluss der Gesetze schwerlich noch vor der Nationalratswahl am 15. Oktober erfolgen dürfte. Aber das sei egal: „Ein gutes System braucht Sorgsamkeit im Umgang.“
Grundsätzliche Zustimmung
Zumindest grundsätzliche Zustimmung kam von „schwarzer“ Seite. ÖAAB-Bundesobmann August Wöginger und Generalsekretär Karl Nehammer verlauteten: „Die Studie stellt Österreich ein äußerst positives Zeugnis aus. Auch die im internationalen Vergleich niedrigen Verwaltungskosten zeigen, dass der eingeschlagene Reformweg der österreichischen Sozialversicherung bereits nachhaltige Wirkung zeigt. Im Sinne der besten Gesundheitsversorgung aller österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unterstützen wir auch die weiteren Bestrebungen des Hauptverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger betreffend Leistungsharmonisierung und Aufgabenbündelung voll und ganz.“ Ähnlich ließ sich Wirtschaftsbund-Generalsekretär Peter Haubner vernehmen: Der HV unter dem vom Wirtschaftsbund installierten Neo-Obmann Alexander Biach leiste „gute Arbeit“: „Dieser Reformweg ist konsequent weiterzuverfolgen, damit das österreichische Gesundheitssystem auch in Zukunft auf höchstem Niveau und mit solider Finanzierung aufrechterhalten werden kann.“
„Thema verfehlt“
Weniger freundlich äußerten sich dagegen die Vertreter der Pharmaindustrie. Laut der Geschäftsführerin des Fachverbandes der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO), Sylvia Hofinger, dient die Studie „in erster Linie der Beschönigung der bisherigen Gesundheitspolitik. Statt einer dringend notwendigen Reform verordnen sich die kranken Kassen mit dieser Studie nur ein wirkungsloses Placebo.“ Die Autoren hätten ihr Thema verfehlt, „da laut Regierungsvorhaben ganz konkret Kostendämpfungs- und Einsparungsmöglichkeiten in den Bereichen Verwaltung und Beschaffung erhoben werden sollten. Während mehrere Studien, etwa der Wirtschaftskammer oder der Industriellenvereinigung, den von der Pharmaindustrie wiederholt aufgezeigten, dringenden Handlungsbedarf bei den Sozialversicherungen bestätigen, wird die Studie unter dem Motto „Evolution statt Revolution“ nun zur Rechtfertigung für das Festhalten an den bestehenden Ineffizienzen verwendet.“
Hofinger hegt den „Verdacht, dass die Studienautoren blind den Zahlenspielereien des Hauptverbandes Glauben geschenkt haben, der besonders bei den Kosten des Verwaltungsapparates so manchen Posten auslässt und ihn unter „sonstige betriebliche Aufwendungen“ verbucht. Mit derartigen intransparenten Kalkulationen wird dem österreichischen System in internationalen Vergleichen fälschlicherweise ein gutes Zeugnis ausgestellt, obwohl die tatsächlichen Verwaltungskosten laut Gesundheitsökonomen deutlich höher liegen“.
Heftige Kritik kam auch vom Sozialsprecher der NEOS, Gerald Loacker. Ihm zufolge ist der Nutzen der dem Vernehmen nach 630.000 Euro teuren Studie „gleich null. Alles, was diese aufzeigt, war schon vorher bekannt. Die Vielzahl an Lösungsvarianten ohne klare Handlungsanleitung machen die Studie nur zu weiterer Munition für sozialpartnerschaftliche Grabenkämpfe in Rot und Schwarz.“ Bekanntlich wolle die SPÖ „die Unfallversicherung einsparen und die ÖVP möchte die Sonderträger für Selbstständige, Bauern und Beamte absichern. Verlierer sind schlussendlich immer die Versicherten selbst“. Überhaupt nicht befasst habe sich die LSE mit den 15 Krankenfürsorgeanstalten der Länder und Gemeinden. Nach Ansicht der NEOS handelt es sich dabei um „Privilegienstadel“, die „sofort aufgelöst“ gehören.