Archive - Feb 8, 2018

Datum

Planmäßiger Abschluss

Lanxess hat das Phosphoradditiv-Geschäft von Solvay übernommen.

 

Wie geplant, hat der deutsche Spezialchemie-Konzern Lanxess das Phosphorchemikalien-Geschäft des belgischen Chemiekonzerns Solvay übernommen. In den Kauf einbezogen ist auch der Produktionsstandort von Solvay in Charleston im US-amerikanischen Bundesstaat South Carolina. Etwa 90 Beschäftigte erzeugen dort Phosphorchlorid und eine Reihe von Folgeprodukten, darunter Flammschutz-Additive sowie Substanzen zur Erzeugung von Agrochemikalien.

 

Mitte November vergangenen Jahres hatten sich die beiden Unternehmen hinsichtlich der Akquisition geeinigt. Nun liegt das Placet aller zuständigen Behörden vor, verlautete Lanxess. Der Jahresumsatz der übernommenen Geschäftsbereiche von Solvay wird mit rund 65 Millionen Euro beziffert.

Chemiepolitik: Es grünt so grün

Lead: „Chemie als Teil der Lösung“ für eine ganze Reihe von Problemen ist das Motto der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr. Einer der Höhepunkte könnte die „Green Chemistry“-Konferenz Anfang November werden.

 

Das Programm der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2018 steht fest - zumindest, was die Chemiepolitik betrifft. Wie Thomas Jakl, der Leiter der zuständigen Abteilung V / 5 im Umwelt- - pardon, natürlich Nachhaltigkeitsministerium - erläutert, steht sie unter dem Motto „Chemicals are part of the solution“. Jakl formuliert das so: „Wir wollen einen positiven innovativen, chemiefreundlichen Zugang.“ Dem diene insbesondere auch die „Green-Chemistry-Konferenz“ am 5. und 6. November in Wien. Beteiligt sind neben dem Ministerium die ISC3-Initiative, die Europäische Umweltagentur EEA und die UNIDO, die Entwicklungshilfe-Organisation der Vereinten Nationen. Als einer der Hauptreferenten hat sich John Warner angesagt, der gemeinsam mit Paul Anastas den Begriff „Green Chemistry“ kreierte. Jakl zufolge soll die Konferenz nicht zuletzt zeigen, was unter diesem Begriff zu verstehen ist und wie es mit der Rohstoffbasis aussieht. Denn die sattsam bekannte Teller-versus-Tank-Diskussion ein weiteres Mal aufzuwärmen, habe keinen Sinn. Umso weniger, als in der Green Chemistry ohnedies vor allem biotechnologisch generierte Materialien zum Einsatz gelangen sollen. Doch nicht nur technische Aspekte stehen bei der Konferenz auf dem Programm. Ein weiteres wichtiges Thema ist, ob der Einsatz von Green Chemistry den Unternehmen auch in Hinblick auf regulatorische Belange Vorteile bringen könnte. „Eine der Fragen ist, ob das Chemikalienmanagementsystem REACH und die übrige Gesetzgebung im Chemiebereich ausreichen Raum für Innovationen bieten“, erläutert Jakl. Sinnvoll könnte es beispielsweise sein, einschlägigen Unternehmen einfacheren Zugang zum Zulasssungssystem für neue Stoffe zu bieten sowie ihnen längere Zulassungsfristen oder reduzierte Zulassungsgebühren zu gewähren.

Ein weiterer Programmpunkt in der österreichischen „Presidency“ wird im September die Präsentation der ersten Ergebnisse des seit rund anderthalb Jahren laufenden „Human Biomonitoring“-Programms der Europäischen Union sein. Dieses zielt darauf ab, die Belastung der EU-Bürger durch chemische Stoffe zu erfassen und, so weit möglich, zu verringern. Laut Jakl geht es unter anderem darum, ob die Methodik zur Durchführung des Monitorings feststeht, ob die zu überwachenden Substanzen ausgewählt sind, ob sich sämtliche derzeit noch 28 EU-Mitgliedsstaaten beteiligen und ob ein tauglicher Auswertungsalgorithmus geschaffen wurde, um die wirklich wichtigen Substanzen herauszufinden. Weiters soll geklärt werden, ob sich bereits Trends in der Belastungssituation abzeichnen.

 

Kür und Pflicht

 

Und das ist nur die „Kür“ des Präsidentschaftsprogramms, also jener Teil, den Österreich aus eigenem Antrieb durchzuführen gedenkt. Was das Pflichtprogramm betrifft, steht nicht zuletzt das Abarbeiten von Vorschlägen der Kommission zu rechtlichen und regulatorischen Themen auf der Tagesordnung. Im zweiten Quartal erwartet wird Jakl zufolge eine Neufassung der Verordnung zu den „Persistent Organic Pollutants“ (POPs). So sind etwa die Anhänge hinsichtlich der Verbote von Substanzen zu erweitern. Ferner ist die auf europäischer Ebene bereits bestehende Arbeitsgruppe zu den persistenten Bioakkumulatoren gibt, formal bei der Chemikalienagentur ECHA in Helsinki einzurichten. Möglicherweise wird die Kommission auch einen Vorschlag zu Einwegplastik präsentieren. Eine diesbezügliche Ankündigung erging im Rahmen der kürzlich publizierten Plastikstrategie. „Da werden wir schauen, was kommt. Gesehen haben wir noch nichts“, konstatiert Jakl pragmatisch.

Mitteilungen der EU-Kommission sind unter anderem zur Überarbeitung von REACH („REACH-Refit“) sowie zum „Fitnesscheck“ bezüglich der Chemiegesetzgebung außerhalb von REACH angekündigt. Die Kommission plant, diese bei einer „High-Level-Konferenz“ gemeinsam mit der österreichichen Präsidentschaft vorzustellen, die aller Wahrscheinlichkeit nach im Oktober stattfindet. Weil insbesondere auch die skandinavischen Staaten an dieser Thematik höchst interessiert sind, werden sie auf Initiative Jakls in die Organisation der Konferenz eingebunden.

Das „Pflichtprogramm“ bildet die inhaltliche Grundlage für die Schlussfolgerungen, die auf dem Umwelt-Rat der EU im Dezember beschlossen werden sollen. Im Oktober und November sind diese in der Ratsarbeitsgruppe Umwelt zu verhandeln und so weit wie möglich zu finalisieren.

Laut Jakl hat auch die Chemieindustrie bereits ihre Wünsche kundgetan. Und manche davon sind ihm zufolge unkontroversiell. So müsse beispielsweise eine Lösung für Chemikalien gefunden werden, die in jenen Produkten enthalten sind, die in die EU importiert werden. Schließlich gehe es nicht an, dass ein und derselbe Stoff in der EU ein aufwändiges Zulassungsverfahren zu durchlaufen habe, aber ohne entsprechende Zulassung importiert werden könne. Ferner steht die Entflechtung der Bestimmungen von REACH und der Vorgaben zum Arbeitnehmerschutz auf der Agenda. Zurzeit sieht REACH für eine Reihe von Substanzen Grenzwerte vor, die an Arbeitplätzen einzuhalten sind. Jakl: „Da sagen viele zu recht, es gibt außerhalb von REACH entsprechende rechtliche Schutzvorgaben.“ Um Unsicherheiten und Doppelgleisigkeiten zu vermeiden, gibt es ihm zufolge zwei grundsätzliche Möglichkeiten: „Entweder man `kassiert´ die einschlägigen Bestimmungen in REACH. Oder man sagt: REACH ist überall dort anzuwenden, wo ein Risiko auftritt. Somit ist REACH auch ein Arbeitssschutzinstrument.“ In diesem Fall müssten die einschlägigen Bestimmungen des Chemikalienmanagemensystems adaptiert werden, damit die Chemiebranche bewährte Verfahren und Prozesse weiter verwenden könne.

Offen ist, ob die EU-Kommission noch ihren seit längerem angekündigten Vorschlag zur „Chemical Strategy: Towards a non-toxic environment“ vorlegt. Dessen Sinnhaftigkeit lässt sich laut Jakl diskutieren: „Schon allein der Titel ist problematisch. Die Minimierung von bestimmten Substanzen ist ja gut und schön, aber `not-toxic´ ist einfach nicht möglich.“

 

Minamata und SAICM

 

Bleiben noch jene Dinge, die auf UN-Ebene zu erledigen sind. Auf dem Programm steht insbesondere die zweite Vertragsstaatenkonferenz der Minamata-Konvention zum Schutz vor Quecksilber. Ferner ist eine Vertragsstaatentagung zum freiwilligen globalen Chemikaliensicherheitsprogramm SAICM abzuhalten. Dieses läuft 2020 aus. Während der der Tagung könnten erste Entscheidungen fallen, wie es danach weitergeht.

Zu guter Letzt ist geplant, dass das Management Board der ECHA im Lauf der „Presidency“ Wien besucht. Über zu wenig Arbeit dürften sich Jakl und sein Team heuer daher kaum zu beklagen haben.